Hafenszene, Wikingerzeit, ca 1000 AD

Begonnen von Hans, 08. Januar 2017, 20:26:57

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Hans

Auf der Zinnfigurenmesse in Kulmbach 2015 erstand ich eine "Knarr", ein Wikinger-Handelsschiff von Germania im Maßstab 1/72. Im Frühjahr 2016 ging ich es dann endlich an. Das Schiff hat als Vorbild das Wrack "Skuldelev 1", heute im Museum in Roskilde. Es gibt/gab zumindest zwei Nachbauten, einer davon umsegelte die Welt. Das Schwierige für mich als Nicht-Schiffbauer war das Rigg des Schiffes, hier half dann entsprechende Literatur, Fotos und Buch zu den Nachbauten und Diskussionen hier an Board. Nachdem das Modell ein Wasserlinienmodell ist (eigentlich schade..... :12: :D ), war die Präsentation im Diorama ein Muss.

Nachvollziehbare Kaianlagen gibt es in Haithabu, sowohl in der arch. Fachliteratur als auch als Rekonstruktionsvorschlag vor Ort an der Schlei. Ich beschloss aber, die Häuser als kleine Zwischenlagerhäuser nach vorne ans Ufer zu verlegen, das Modell wäre zu gross mit den Originalmassen. Die Planung des Aufbaus wurde ständig geändert, erst dachte ich, ich komme mit einem Haus und ein/zwei Handelsständen gut hin - aber die Stände waren zu gross und es sah auch so nicht gut aus. Es entstand deshalb diese strenge T-Anordnung, ein Winkel wirkte einfach nicht und liess auch wieder die Größe explodieren.

Hier nun das Ergebnis. Vieles stammt aus Bausätzen, anderes wieder nicht. Der Steg entstand in mehreren Versionen, bis er mir dann gefiel.

Stückliste (so ungefähr)
Schiff: Germania, Resin.  Boot und Einbaum: Selbstbau, Balsa. Steg: Eigenbau, Balsa. Zaun und Weg: Fredericus Rex. Resinzaun erhitzt und gebogen. Häuser: Fredericus Rex, aber geändert und mit neuen Dächern in Holz. Einmal gelaserte Schindeln (auch F.R.), einmal Holzstäbchen. Figuren sind von Hecker und Munich, die meisten Figuren aber von Kalmar.  Handelsgut von Norsemen, Kalmar, Nicolai und auch wieder F.R. Segel des Schiffs nach etlichen Versuchen aus Stoff und Papier dann aus Tamiya 2K-Putty (flach gewalzt und gefaltet). Holzrahmen von Bösner (Objektrahmen), darin MDF-Platte. Landschaft aus Sculpturblock. Wasser ist Deluxe Solid Water, darüber Lukas Kristallgel. Das stellt alle anderen transparenten Gels in den Schatten: Gut modellierbar, wirklich kristallklar und sehr hart sowie schnelle Trocknung. Streumaterial als Grundmasse Chinchilla Sand, vermischt noch mit Reinhartshagen Turf. Dann alles möglich drauf: Heki Feldpflanzen, Grasbüschel von F.R. (Green Line) und viel Zeug von Polák. Farben für Landschaft und Gebäude Öl, Farben für Figuren und Schiff: Acryl von Andrea, Vallejo Air und wenig Vallejo "Normal". Verdünner immer Ultimate Airbrush Thinner.

Die Literaturliste ist lang, da ich zB zu Wikingerkleidung bislang keine Quellen hatte, hauptsächlich harte Literatur wie zB die "Textilfunde in Haithabu". Deswegen bau ich ja so Zeugs, die Recherche macht mir mehr Spass als das Bauen....  :6:



Drausicht. Der Rahmen ist 42x 42 cm.



Die Rah ist nur halb herabgelassen, um die Ausladung nicht zu behindern.







Der Fachmann erkennt, dass die Tatinger Ware (zinnfolienverzierte Keramik) zu alt ist für 1000, schaut aber halt gut aus... :D












Und hier die Szenerie in Haithabu im Sommer: Das Boot ist das Beiboot von Gokstad, der Einbaum direkt aus dem Hafenschlick in Haithabu.

Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

Graf Spee

Sieht wirklich sehr gut aus.
Alles macht, so wie es da zu sehen ist, ein echt realistischen, stimmigen und gut durchdachten Eindruck. :respekt:
Mir gefällt´s und ich geh dann mal wieder Bilder gucken. :6:

:winken:
Handle nur nach derjenigen Maxime,
durch die zugleich wollen kannst,
das sie ein allgemeines Gesetz werde.



bughunter

Vor kurzem hatte ich das Glück, diese kleine Szenerie mit eigenen Augen sehen zu können :P
Was mir sofort ins Auge stach, war die Wasserdarstellung, in dieser Klarheit wirklich selten gesehen. Ich bin ja nicht so der Dioramenbauer und Figurenbemaler, aber die vielen Details und Figuren sind Klasse! Ich bin schon mehrfach hoch- und runtergescrollt und finde immer wieder neue Details. Trotz der Vorliebe für Recherche (Du hast mir bei meinen Projekten ja schon sehr oft geholfen :P) meisterlich gebaut :meister:
Danke für Zeigen!

Viele Grüße,
Bughunter

Wikipedia sagt: "Ein Modell ist ein vereinfachtes Abbild der Wirklichkeit."
Deshalb baue ich lieber verkleinerte Originale.

mhase

Hallo Hans,

absolut top! Und das selbst unter Makrobedingungen. Chapeau!

M.

(P.S) Ich hätte demnächst die eine oder andere Figur in 1772 anzumalen....

Jensel1964

Ich bin schwerstens beeindruckt, Hans. Du hast die Latte für mein Jütland-Diorama enorm hoch gelegt.  :8:
Und Du hast sogar die Holzzapfen  im Steg dargestellt.  :rolleyes: Ich werde meinen Steg nochmal nacharbeiten.....
Wie hast Du die Weidenflechtzäune hergestellt? Draht?
Besonders beeindruckt bin ich von Deinen Figuren. Ich hab grad welche in 1:35 bemalt und fand das schon schwierig. Die 1:72er Erfahrung steht mir noch bevor.....
Ich finde Dein Diorama sehr, sehr schön und inspirierend.
Jens  :winken:

coporado

WOW - was für ein schönes Dio! Mal was anderes und toll umgesetzt. Auch schön, dass der historische Bezug zum Original bei einigen Komponenten des Dios vorhanden ist!  :klatsch: :klatsch: :klatsch:

Wie hast du den Rahmen abgedichtet um das Solid Water am auslaufen zu hindern?

Tolle Arbeit und danke fürs Zeigen!

Gruß
Sascha  :winken:
Gruß
Sascha  :winken:

...und weißt du keinen Rat, nimm Draht!

Bongolo67

Hallo Hans,

was für eine wunderbare und liebevoll gestaltete Szene! :klatsch:
Da kann man die Augen immer wieder aufs Neue auf Spaziergang schicken - einfach toll! :P

Gruß

Ulf

Hans

Danke für die lobenden Worte:

- Zum Weidenflechtzaun: Den gibt's von Green Line (Fredericus Rex), ist aus Resin. Ich hab ihn mit dem Heissluftfön erhitzt und gebogen. Ich wollte ihn selber machen wie auf den Museumsdios, aber hatte kein geeignetes Material. Draht geht aber auch wirklich gut.

- Abdichtung: Von unten und von oben mit Heisskleber und danach noch oben eine wirklich dicke Schicht an Baummarkt-Acrylfarbe in weiss.

H.
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

wefalck

Da kann ich mich den Vorrednern in deren Eulogie nur anschließen  :klatsch:
www.maritima-et-mechanika.org
www.imago-orbis.org
www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de

104FAN

Wirklich ein super Diorama man sieht bei jedem ansehen wieder was neues.  :meister:
Vor allem das daß im Maßstab 1/72 ist. Ich bin voll geplättet. :klatsch:o
_____________________________________________

                                                                        
"Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile" (Aristoteles)
    Das Leben ist tragisch, aber meist am Rand der Komik

Uwe K.

Ja meine Herren, da bekomme ich ja Schnappatmung - allerfeinstes Kino!!!

b.l.stryker

Ein sehr schöne Dio mit vielen schönen Details und eine super Wasserdarstellung. Ob sie nun im Original zu der Zeit so klar gewesen wäre, kann ich nicht beurteilen, aber es schaut gut aus.

Ein Frage bliebe nur, wie das Schiff am Steg festgemacht ist (wenn überhaupt)?
Glück Auf, Björn


Floppar

Moin Hans,

ich kann mich hier nur anschließen und dein sehr schönes Diorama einfach nur bewundern!  :P :1:

wefalck

"Ob sie nun im Original zu der Zeit so klar gewesen wäre ..." - auch damals, wie schon Millionen Jahre vorher ist Wasser klar, wenn man nicht darin herumrührt oder wenn das Wetter ruhig ist  :pffft:   Fahr mal an's Haddebyer Noor ...
www.maritima-et-mechanika.org
www.imago-orbis.org
www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de

Gilmore

Das ist ja affenstark! Alles sieht total echt aus, eine lebendige Szene, wo man beim Betrachten das damalige Leben ein Stück nachvollziehen kann.
Ich bin multitasking-fähig. Ich kann alle anfallenden Arbeiten gleichzeitig liegenlassen.

springbank

#15
Großartig Hans, :P :P :P :P :P

Vor allem wenn man den Masstab bedenkt... Die Figuren das Wasser, das Schiff einfach alles sehr stimmig fabelhaft lackiert und umgesetzt ...
Bin begeistert :1:

gruß
Daniel
"Schulz was machen sie'n da?
An Drachen lass ich steigen..
Ne tatsächlich, ich dachte schon Sie sägen ne Wolke durch.."



Hans

ZitatEin Frage bliebe nur, wie das Schiff am Steg festgemacht ist (wenn überhaupt)?

Erwischt!  :D. Ich grübel noch über die "Festmacher" am Steg. Ich such da noch bei den "Holzfunden in Haithabu".
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

USronald

Gruss, Ronald

- Meine 1:55n3 ACW anlage: http://youtu.be/I3qV380BOnw

- www.metusajunction.blogspot.nl

wefalck

Dein Photo aus Haithabu zeigt eine moderne Klampe am Ende des Steges  :pffft:

Wir wissen natürlich nicht wirklich, wie diese Schiffe gehandhabt wurden. Nicht unwahrscheinlich ist, daß sie, wenn möglich. teilweise auf das Ufer/den Strand gezogen wurden. Da es wohl seinerzeit noch keine so von der Marine geprägten und kategorischen Vorstellungen von (guter) Seemannschaft gab, könnten solche Probleme auch ad hoc gelöst worden sein: man machte fest an was gerade zur Hand kam. Umgekehrt müßte es auch am Boot entsprechende Festmachepunkte gegeben haben.
www.maritima-et-mechanika.org
www.imago-orbis.org
www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de

f1-bauer

Servus Hans,
sehr beeindruckendes Werk. Da ist so viel los, dass ich gar nicht weiß, wo ich zuerst hinsehen soll. Trotzdem aber nicht überladen, eben angenehm belebt. Das Wasser, das Schiff, die Details auf dem Schiff, die Figuren, die Gebäude, einfach alles schön anzusehen  :klatsch:  und es ist spannend, was es noch alles zu entdecken gibt. Das ganze Dio ist so toll gemacht  :klatsch:  :meister:  dass ich jetzt wieder Bilder schauen gehe.

Auf dem Bayeux-Wandteppich sind drei Arten das anlandens zu sehen, einmal "einfach auf den Strand fahren", einmal mit Anker und ziemlich genau in der Mitte des Teppichs binden sie Schiffe an einem Holzpfosten an. Da könnte sogar am Pfosten ein (eisener ?) Ring im Spiel sein, ist schwer zu erkennen. Dabei gehen die Taue von der Spitze des Bugs zum Pfosten. Es ist auf dem Teppich aber nicht zu erkennen, wie die Taue am Bug befestigt sind. Die Methode war also damals zumindest schon bekannt.

Gruß
Jürgen  :winken:

Dragon666

Hi folks... Moin Hans...
...ein tolles Dio hast Du da in den Rahmen gestellt. Es sieht alles sehr stimmig aus. Und das Wasser ist der Hammer.
Es hat mich sofort an eine Szene in einem Wikingermuseum in Dänemark erinnert.
Ich hab sogar noch ein paar Fotos gefunden.
Da stellt sich die Szene ähnlich dar wie auf Deinem Diorama. Nur halt nicht so komprimiert.




Gruß Drachili
Mein Portfolio

Hans

ZitatDein Photo aus Haithabu zeigt eine moderne Klampe am Ende des Steges  ...
Umgekehrt müßte es auch am Boot entsprechende Festmachepunkte gegeben haben.

Eben, Wefalck. Deshalb suche ich ja in der Fachliteratur nach einer solchen Klampe. Und Festmachpunkte am Boot gibts auch keine, auch keine Rekonstruktionsvorschläge.
Die schwerst beladenen Händler an Land zu ziehen widerspricht aber der derzeitigen Annahme, dass der eigentliche Handelsplatz eben der Steg gewesen sei. Der wird nicht ohne Grund so ein Mordsding gewesen sein, im Original war er noch größer. Falls ich nicht schlauer werde, verwende ich die Klampe.


Ist das in der Nähe von Ringkøbing? Eines fehlt mir nämlich noch in meiner Sammlung. Oder es gibt eins, dass ich noch gar nicht kenne.
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

Dragon666

Nach Dänischen Massstäben könnte man sagen, dass das in der Nähe von Ringkøbing liegt  :D

Das ist Borkhawn ganz am unteren Zipfel des Ringkøbing Fjords. Ein kleines aber feines Wikingermuseum wie ich finde.

Die Bilder sind aber schon ein paar Jahre älter. Ich hab keine Ahnung wie es da heute aussieht.
Gruß Drachili
Mein Portfolio

AnobiumPunctatum

 :klatsch: Klasse Diorama. Die Takelage ist dir richtig gut gelungen. Besonders die aufgemalte Verzierung (Gokstad vermute ich mal) gefällt mir ausgesprochen gut.

Befestigungspunkte am Schiff gibt es ausreichend. Eine Leine durch ein geöffnete Rojepforte und die Bordwand geschlungen fertig. Am Steg kannst Du das Schiff mit einem großen Stein, um den das andere Ende der Leine geschlungen wurde, festmachen. Vielleicht gab es auch irgendwo einen eisernen Ring, durch den das Tau geschlungen wurde.
:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

Uwe B.

#24
Hallo Hans,

ich kann mich meinen Vorrednern nur anschließen - ein wunderschönes Diorama. Einfach nur gut, mangels Fachwissen über diese Epoche kann ich da nicht mehr zu beisteuern. Wirklich allererste Sahne.
:klatsch: :klatsch: :klatsch:

Aber Dein Faible für die Recherche kann ich nachvollziehen. Macht mir auch mindestens genau so viel Spaß wie der eigentliche Modellbau. Schön auch, wenn der Modellbauer, so wie Du, sein neu erworbenes Wissen dann auch in den Galeriebeitrag einbaut und uns Mitleser an seinen Gedanken während des Baus teilhaben läßt. 
:P

LG - Uwe
MSV - einmal ein Zebra, immer ein Zebra