Eine Mikro-Fräsmaschine von Lorch, die es nie gab ...

Begonnen von wefalck, 14. April 2016, 17:24:29

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

wefalck

Eigentlich wollte ich ja endlich mit SMS WESPE weitermachen, aber ich habe damit verschiedene technische Probleme und dann kam dieses Projekt dazwischen: eine Mikro-Fräsmaschine aus Teilen von einer alten Uhrmacherdrehbank.

Die komplexe, manuelle Bearbeitung kleinster Teile auf der Fräsmaschine erfordert leichtgängige und doch präzise Schlittenführungen und möglichst geringe zu bewegende Massen. Die Schlitten einer Uhrmacherdrehbank erfüllen diese Bedingungen. Darüber hinaus sollten Werkstück und Werkzeug but beobachtbar sein.

Fräsmaschinen nach Art der Aciera oder Sixis 101 sind ideale Produkte zur komplexen Bearbeitung kleiner Teile, aber für meine Werkstatt immer noch zu groß (was auch den Preis einschließt). Konstruktiv ebenfalls interessant wären die Koordinatenbohr- und Fräsmaschinen der SIP (Société Genevoise d'Instruments de Physique), die aber heute außerordentlich rar sind. Alle Maschinen sind massive konstruiert und schwer, da die Massenträgheit Vibrationen verringert und somit präzisere Teile gefertigt werden können.


Aciera F1 Fräsmaschine (Quelle: http://www.lathes.co.uk/aciera/)


Sixis 101 Fräsmaschine (Quelle: http://www.lathes.co.uk/sixis/)


SIP Koordinatenbohrmaschine (Quelle: http://www.lathes.co.uk/sip/)

Ein besonderes Charakteristikum dieser Maschinen ist, daß der Tisch in x-Richtung nicht horizontal angebracht ist, sondern vertikal vor der Säule. Dies erlaubt die bequeme Einrichtung einer vierten und fünften Bearbeitungsachse. Allerdings hat diese Konstruktion aber auch den Nachteil, daß die Bewegung in der y-Achse nicht durch den Tisch, sondern durch den Spindelkopf erfolgen muß. Dies wiederum macht es zwar nicht zwingend notwendig, daß Spindel und Antriebsmotor eine Einheit bilden, aber es ist bequemer. Der klassische Antrieb über ein Riemenvorgelege ist schwieriger, weil sich der Winkel zwischen den Rollen beim Vorschub in y-Richtung und damit die Riemenspannung verändert. Die SIP-Koordinatenbohrmaschinen wurden deshalb auch mit einem Antrieb über eine biegsame Welle geliefert.

Eine Uhrmacherdrehbank wäre ein guter Ausgangspunkt hinsichtlich der Präzision der Führungen und lager, nur fehlt eben eine Achse der Bewegungsrichtungen. Inzwischen gibt es sogar Umbausätze für Uhrmacherdrehbänke aus chinesischer Fertigung mit denen man diese zu einer Vertikalfräsmaschine umrüsten kann. Allerdings ist bei diesen Maschinen der Tisch in konventioneller Weise angeordnet.


Umrüstung einer modernen chinesischen Uhrmacherdrehbank zu einer Vertikalfräsmaschine

In meinem Fundus haben sich über die Jahr(zehnt)e die Teile für mehrere Drehbänke mit D-Bett in allerdings in sehr unterschiedlichem Erhaltungszustand angesammelt. Mancher 'Schrott' wurde auch geziehlt erworben. Aus diesen Teilen soll nun mit möglichst wenig Aufwand eine Mikro-Fräsmaschine aufgebaut werden.

Als 'Pflichtenheft' habe ich mich auf folgende Dimensionen festgelegt: die Maschine soll Teile von bis zu 20 mm x 20 mm x 20 mm bearbeiten können. Dazu ist eine Bewegung in den x-, y- und z-Achsen von jeweils ca. 40 mm erforderlich. Darüberhinaus soll als vierte Achse eine Rotation um 360° ermöglichen und diese Drehung auch möglichst unter Belastung erfolgen können, um Rundfräsarbeiten durchführen zu können. Die Rotationsachse soll um 90° von der Vertikalen in die Horizontale geschwenkt werden können (5. Bewegungsachse). Alle diese Bewegungen sollten mit Teilen Uhrmacherdrehbank möglich sein, so daß es nicht nötig ist, Schwalbenschwanz-Schlitten o.ä. neu anzufertigen.
Das Rückgrat der Fräsmaschine ist ein spezielles Bett, das ich kürzlich erwerben konnte und das eigentlich für den Aufbau der Drehmaschinen als Bohrmaschine gedacht ist. Da eine Ende paßt in einen Drehbankfuß, der in diesem Fall vermutlich von einer Pultra-Drehbank (http://www.lathes.co.uk/pultra/page8.html) stammt.


Säule und Standfuß

Ein anderes Kernstück ist der Kreuzschlitten einer Lorch, Schmidt & Co.-Drehbank. Dieser stellt die x- und z-Achse der zukünftigen Fräsmaschine dar.


Kreuzschlitten für eine D-Bett Uhrmacherdrehmaschine

Die y-Achse der Fräsmaschine wird vom Unterschlitten eines Kreuzschlittens einer WW-Drehbank von Lorch, Schmidt & Co. gebildet, den ich als Schrott vor einiger Zeit günstig bekommen habe. Für diesen Schlitten muß die Zustellspindel samt Lagerung und Mikrometer neu angefertig werden. Eine Uhrmacherdrehbank-Supportschleifspindel für 6 mm-Spannzangen wird als Frässpindel dienen. Damit ist man etwas im maximalen Durchmesser der Fräser limitiert, aber die Maschine ist ohnehin nur für leichte Fräsarbeiten gedacht. Auf der anderen Seite habe ich vor Jahren eine Aufnahme für 6 mm-Fräser für die Drehbank gemach, um Fräsarbeiten mit Hilfe eines Vertikalschlittens durchführen zu können (bevor ich eine Fräsmaschine besaß).


Unterschlitten einer WW- Uhrmacherdrehmaschine und Supportschleifspindel


Zukünftige Disposition der y-Achse der Fräsmachine

Die vierte und fünfte Achse der Fräsmaschine wird durch den bereits vor längerer Zeit aus einer alten 6 mm-Supportschleifspindel gefertigten Teilapparat () gebildet. Dieser wird zunächst einfach auf den Support geschraubt werden, so wie das für eine Drehbank der Fall wäre. Das gibt eine Menge Flexibilität, da in jedem beliebigen Winkel zwischen parallel und senkrecht zur Frässpindel eingerichtet werden kann. Allerdings ist die Einstellung etwas zeitaufwendig und wird mit Winkellehren vorgenommen werden müssen.


Säule, Kreuzschlitten und Teilapparat zusammengebaut


Säule, Kreuzschlitten und Teilapparat zusammengebaut

Soweit die bereits vorhandenen Teile, die zu einem späteren Zeitpunkt noch etwas aufpoliert werden müssen.

Fortsetzung folgt ...
www.maritima-et-mechanika.org
www.imago-orbis.org
www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de

wefalck

Nach einer reisebedingten Unterbrechung ist es weitergegangen ...

******************

Um die y-Achse an der Säule befestigen zu können, wird ein Adapter gebraucht. Dieser besteht im wesentlichen aus einem rechteckigen Aluminium-Block mit einer Bohrung für die Säule, auf den der alte Unterschlitten der WW-Drehbank geklemmt werden kann. Die y-Achse läßt sich so um etwa 15 mm auf dem Adapter verschieben, um eine größere Ausladung zu erreichen. Eigentlich war eine rechteckige Paßfeder vorgesehen die verhindern sollte, daß sich der Block auf der Säule dreht. Es scheint aber, daß bereits die zwei Madenschrauben den Block ausreichend klemmen. Die Praxis wird zeigen, ob das tatsächlich der Fall ist. Zunächst wurde der Block genau winklig gefräst. Das 20 mm-Loch wurde auf einer Planscheibe in der Uhrmacherdrehbank genau senkrecht zur Ober- bzw. Unterfläche des Blocks gebohrt und dann auf leichten Pressitz ausgedreht.


Bohren des Adapters für die y-Achse

Der Aluminium-Block wurde mit 6 mm-Sechskantschrauben auf der Planscheibe befestigt. Zum Glück wurde eine entsprechende Bohrung für den Anzugsbolzen gebraucht. Weitere Schrauben verhindern ein Drehen des Blocks während der Bearbeitung und dienen dem Ausgleich der Unwucht.


Ausbohren des Adapters für die y-Achse

Auf der Fräsmaschine wurde dann eine genaue Passung für den Unterschlitten gefräst. Nachdem die funktionelle Bearbeitung fertig war, wurden noch einige Kanten der Ästhetik wegen mit einer Hohlkehle versehen. Für solche gelegentlichen Fräsarbeiten in Aluminium verwende ich billige Profilfräser für die Holzbearbeitung ...


Fräsen der Hohlkehlen


Der fertige Adapterblock

Die Lorch, Schmidt & Co. Frässpindel wird zwischen zwei Winkelprofilen geklemmt werden, die auf den Unterschlitten geschraubt werden. Die Klemmung erfolgt durch einen Exzenterhebel. Ich hatte gehofft, für die Winkelprofile die von einem Vorbesitzer des Unterschlittens eingebrachten Gewindebohrungen verwenden zu können. Diese paßten allerdings nicht mit den Winkelprofilen aus meinem Vorrat zusammen, so daß ich neue Gewindebohrungen einbringen mußte. Die gewalzten Winkelprofile wurden als Paar rechtwinklig mit einem Einzahnfräser gefräst.


Winklig-fräsen der Winkelprofile


Winkelprofile zur Klemmung der Frässpindel


Winkelprofile zur Klemmung der Frässpindel

Das folgende Bild zeigt, wie der motorisierte Fräskopf einmal aussehen wird. Der Supportschleifer meiner Uhrmacherdrehbank ist ähnlich aufgebaut und wurde zur Demonstration hier eingebaut.


Provisorischer Aufbau der motorisierten Frässpindel


Fortsetzung folgt ...
www.maritima-et-mechanika.org
www.imago-orbis.org
www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de

Mariposa

Hallo Wefalck,

das ist total interessant! Besonders toll finde ich, dass Du alte Teile verwertest.
Die sind klasse - ich mag so altes Zeug und hier, dass das alles mal wieder ein kleines Format hat.
Viel Erfolg weiterhin beim Bau!

Gruß, Angela

wefalck

Danke für das Interesse   :P

**********************

... dieser Tage bin ich richtig grün geworden vor Ärger  ;(: vor einiger Zeit fing der schöne Sherline-Motor (https://www.sherlinedirect.com/index.cfm?fuseaction=product.display&Product_ID=405) meiner Wolf, Jahn & Co.-Fräsmaschine, den ich mir vor ca. 15 Jahren aus den USA habe kommen lassen, an ungewöhnliche Geräusche zu machen.


Sherline-Motor, wie ich ihn an meiner Dreh- und Fräsmachine verwende

Eine Untersuchung ergab, daß die Kohlen völlig abgenudelt waren und er auf den Kontaktplättchen der Kohlen lief. Kosten des Ersatzteils in den USA: 25$ plus Versand - der Importeur für den deutschsprachigen Raum bei Wien hatte keine vorrätig. Also die eBucht auf- und abgesucht und schließlich beim Chinamann mit einer ungefähren Größe fündig geworden und bestellt. Danach drei Wochen Fräspause.
Neue Kohlen auf Maß geschliffen und eingesetzt. Der Motor lief wieder, aber ein bißchen laut. Ich dachte schon an Lagerprobleme. Vor einer Woche dann, wieder mitten im schönsten Fräsen, die klassischen Geräusche von 'Bürstenfeuer' und dann 'peng' - nichts ging mehr. Kohlenschacht aufgemacht: die erste Kohle war schon wieder zur Hälfte abgenudelt und bei der zweiten der Kontaktdraht abgerissen. Also die ganze Motorhalterung samt Vorgelege abgebaut um den Motor genauer zu untersuchen. Mit einem HNO-Spiegel aus den überkommenen Beständen meines Vaters versucht am Ende des Kohlenschachtes eine Bestandsaufnahme des Kollektors zu machen. Nicht viel zu sehen. Als nächster Schritt blieb also nur, den Motor auseinanderzunehmen. Natürlich waren alle Schrauben und Muttern zöllig, wie sich das für Produkte aus den USA gehört. Dafür gab es in meiner ansonsten recht gut bestückten Werkstatt keine Schraubenschlüssel. In der Stadt für teures Geld einen 3/8"" Steckschlüssel gekauft, für den Schraubenkopf mit 5/16" paßt der 8 mm-Schlüssel - dabei habe ich etwas interessantes gelernt: in den USA haben der Sechskantkopf einer Schraube und die dazugehörige Mutter nicht die gleiche Schlüsselweite  8O.
Der Motor war mit Kohlenstaub angefüllt, mit dem ich mir auch die Werkstatt eingesaut habe. Nachdem ich den Anker etwas gesäubert hatte (und danach wie nach dem Bekohlen eines Schiffes aussah) wurde das Problem klar. Am Kollektor waren mehrere Lamellen ausgerissen, ebenso wie einige der Kontakte zu den Wicklungen - Totalschaden des Ankers   :5:


Zerfledderter Kollektor des Sherline-Motors

In meinen Vorräten befand sich noch ein alter Kondensator-Motor, den ich ursprünglich zusammen mit meiner Dixi-Fräsmaschine bekommen hatte, aber wegen schlechter Regelbarkeit nicht weiterverwendet habe. Da ich für die WJ&Co.-Fräsmachine aber ein gutes Vorgelege habe, spielt die Drehzahlregelung keine so große Rolle. Also die Motorhalterung umgebaut, um sie für den neuen Motor passend zu machen, dann wieder alles zusammengebaut und verkabelt. Das angenehme ist, daß ein Kondensator-Motor, da er keine Bürsten hat, viel leiser läuft, als ein Kollektormotor.


Kondensator-Motor mit Betriebskondensator (unten)

Also wieder freudig losgefräst. Aber nach zwei Stunden ging nichts mehr. Der Motor brummte nur noch mit 50Hz wollte aber nicht mehr drehen  :roll:  Die Motorhalterung angefaßt und zurückgezuckt, die war richtig heiß. Wahrscheinlich zu wenig Belüftung im Dauerbetrieb. Das hat wohl dem Kondensator das Leben gekostet (der aber wohl auch schon ein paar Jahre auf dem Buckel hatte). Die Wicklung scheint jedenfalls noch ok zu sein. Jetzt muß ich versuchen, einen 7µF-Betriebskondensator aufzutreiben - also wieder für eine Weile Fräspause ...  :rolleyes:
www.maritima-et-mechanika.org
www.imago-orbis.org
www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de

wefalck

Der neue Kondensator ist gestern aus Irland(!) geliefert worden - nun schnurrt er wieder, der Motor.  :D

Demnächst mehr ...
www.maritima-et-mechanika.org
www.imago-orbis.org
www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de

pucki

Vielleicht solltest du den Teilchen ein Lüfter spendieren. Etwas mehr Kühlung kann eigentlich NIE schaden ;)

Ansonsten finde ich es super was du dir da so zurecht baust. Wirst sicher sehr oft von dein Freunden darum beneidet ;) WEITER SO   :klatsch:  :klatsch:  :klatsch:

Gruß

   Pucki
Ich bin PucKi, ein älterer Mann und überzeugter Single, der immer noch versucht ein perfektes Modell zu bauen.

wefalck

Der Motor hat ein angebautes Lüfterrad, aber ich habe ihn wohl zu sehr 'eingepackt' um die offene Konstruktion vor Spänen zu schützen. Kondensatoren halten nicht ewig und dieser hier hatte sicher schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel. Ich habe jetzt ein Themometer installiert und höre bei 40°C auf zu arbeiten.
www.maritima-et-mechanika.org
www.imago-orbis.org
www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de

Schwarz-Brot

Du kannst den Kondensator auch etwas auslagern an einen kühleren Ort, um ihn nicht zu kochen. Der Motor selbst wird auch bei Wicklungstemperaturen bis 80°C völlig unproblematisch sein, wahrscheinlich auch deutlich darüber noch. Ich würde es nicht übertreiben bei alten Geräten. Bei Belastungstests für Motoren aus aktueller Produktion fahren wir Asynchronmotoren bis sie ausfallen. Dabei halten alle locker Kerntemperaturen weit über 100°C aus. Der Kondensatormotor ist ja auch lediglich eine Asynchronmaschine.

Klasse Projekt.

wefalck

Ja, ich weiß, nach den Datenblättern sollten viele dieser (neuen) Motoren 120°C aushalten. Ich habe aber ein Platzproblem mit dem 'Auslagern' des Kondensators. Werde also in Zukunft Fräspausen einlegen ...
www.maritima-et-mechanika.org
www.imago-orbis.org
www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de

wefalck

Während ich also auf den Ersatz-Kondensator für den Motor wartete, habe ich mich mit der Vorschubspindel für die y-Achse beschäftigt. Die meisten WW-Uhrmacherdrehbänke haben dort ein etwas ungewöhnliches Gewinde mit 4,5 mm Durchmesser und 1 mm Steigung. Dem alten Kreuzschlitten-Rest, den ich für die y-Achse verwende, fehlte die Spindel, so daß diese neu angefertigt werden muß. Die ursprüngliche Spindel muß auch dünner gewesen sein, so um die 4 mm Durchmesser, da die Bohrung im Schlitten nur 4,3 mm groß war. Da ich einen Gewindebohrer und ein Schneideisen für das 4,5 mm x 1 mm Linksgewinde habe, wurde die y-Achse für dieses Maß adaptiert.




Einrichtung der WW-Uhrmacherdrehbank für das Gewindeschneiden

Zunächst wurde die Spindel selbst hergestellt. Die Uhrmacherdrehbänke haben in der Regel nur Gleitlager (die allerdings sehr präzise hergestellt sind) für die Spindeln. Ich habe zwar solche Lager schon einmal für die Fräsmachine gemacht, aber so ganz seidenweich laufen diese nicht, da ich nicht über die entsprechenden Schleifeinrichtung verfüge. Daher wird die y-Achse zwei Miniatur-Druckkugellager bekommen. Für die Spindel bin ich von einem 5 mm-Präzisionsrundstab aus Stahl ausgegangen. Dieser wurde auf 4,5 mm abgedreht und dann die Drehbank für das Schneiden des Linksgewindes eingerichtet. Um das Durchbiegen der langen, dünnen Spindel während des Schneidens zu reduzieren, wurde sie möglichst dicht mit der festen Lünette abgestützt.


Die erste Zustellung


Das fast fertig geschnittene Gewinde

Für ein Linksgewinde muß in Richtung des Reitstocks gearbeitet werden. Da der Durchzug des Riementriebes an der WW-Drehbank zu gering ist, wurde das Gewinde von Hand geschnitten. Dazu hatte ich mir schon vor längerer Zeit einen Adapter für eine Handkurbel gemacht. Das Gewinde wurde mit vollen Schnitten ausgearbeitet, bis es zu etwa 90% fertig war.


Nachschneiden und Kalibrieren des Gewindes mit einem Schneideisen im Reitstock

Das Gewinde wurde mit einem Schneideisen im Reitstock fertig geschnitten un kalibriert. Letzteres schien notwendig, da die lange, dünne Spindel beim Schneiden mit einem Stahl doch etwas seitlich ausweicht und damit bauchig wird. Allerdings wurde schon bei den letzten Schnitten das Gewinde jeweils mehrfach ohne weitere Zustellung so lange überdreht, bis kein Span mehr abgenommen wurde.


Das fertige Spindelgewinde

Fortsetzung folgt ...
www.maritima-et-mechanika.org
www.imago-orbis.org
www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de

jaykay

 
Ich bin gleichermaßen begeistert und neidisch auf das was Du hier ( und auch schon in deinen vorangegangenen Werkzeug-Bauberichten ) machst!
Würde ich auch gerne können. Manchmal kann ich den Beschreibungen nicht mal ganz folgen...:-)

wefalck

Ich bin auch purer Autodidakt in dieser Hinsicht ... man muß nur wollen und in das kalte Wasser springen ...

****************************************

Die lange Bohrung für die Vorschubspindel in dem alten Kreuzschlitten wurde auf 5 mm aufgebohrt, wobei die DIXI-Fräsmaschine (http://www.maritima-et-mechanika.org/tools/horologicalmillers.html) als Horizontalbohrmaschine herhalten mußte.


Aufbohren der Spindelbohrung

Der Verfahrweg des Kreuzschlittens in der Konfiguration wie sie hier verwendet werden konnte war zu kurz und mußte deswegen verlängert werden. Die Frässpindel sollte eine gesamte Planscheibe, die im Teilkopf aufgespannt ist bestreichen können, so daß eine Verfahrweg von wenigstens 50 mm notwendig ist. Das Verlängerungsteil ist ein recht komplexes Frästeil aus aluminium. Es wird mit dem Kreuzschlitten durch zwei Paßstifte und zwei Senkkopfschrauben befestigt. Die Löcher dazu hatte schon ein Vorbesitzer angebracht.


Unterseite des Verlängerungsstückes


Oberseite des Verlängerungsstückes

An die Verlängerung wird eine Lagerplatte für die Vorschubspindel geschraubt. Uhrmacherdrehbänke haben normalerweise hier eingeschliffene Gleitlager und das Lagerspiel wird über eine Hülsenmutter mit einem Feingewinde eingestellt. Ich habe an statt dessen zwei Miniatur-Druckkugellager von 10 mm Außendurchmesser eingebaut, die auf einen Übertragungsring auf die Spindel wirken. Die gesamte Spindellagerung ist 12 mm lang.


Zentrierung des rohen Blocks für das Spindellager


Spindellager außen fertig gedreht

Die Lagerplatte wurde aus einem Stück Aluminium-Stangenmaterial von 15 mm x 15 mm Querschnitt hergestellt. Das abgelängte Material wurde vierkantig gefräst und dann in das große Vierbackenfutter der Uhrmacherdrehbank gespannt. Nach sorgfältigem Zentrieren wurde die Außenkontur des eigentlichen Lagergehäuses angedreht. Anschließend wurde die Lagerplatte mit diesem Rund in das Dreibackenfutter aufgenommen und die Lagerfläche plangedreht. In der gleichen Aufspannung wurde sodann die Bohrung für die Spindel hergestellt und entsprechend ausgerieben.


Ausreiben der Spindelbohrung

Damit ist sichergestellt, daß die Führung der Spindel genau senkrecht auf der Aufspannfläche der Lagerplatte steht. Weiterhin wurde der eigentliche Lagersitz auf den Durchmesser der Kugellager ausgedreht und auf etwas unter 12 mm Tiefe ausgedreht, so daß den Kugellagern ein leichte Vorspannung gegeben werden kann. Durch Abdrehen des Druckstückes auf der Spindel kann dies später noch korrigiert werden.


Ausdrehen der Kugellagersitze

Schließlich wurde die Lagerplatte noch etwas kosmetisch der Schlittenverlängerung angepaßt.


Anpassen der Lagerplatte an die Schlittenverlängerung

Fortsetzung folgt ...
www.maritima-et-mechanika.org
www.imago-orbis.org
www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de

bughunter

Sehr feine Arbeit :P
Es macht Spaß, Dir zuzusehen!

Viele Grüße,
Bughunter

Wikipedia sagt: "Ein Modell ist ein vereinfachtes Abbild der Wirklichkeit."
Deshalb baue ich lieber verkleinerte Originale.

mause

Kapitän Nemo baut wieder eine neu Teufelsmaschine.  :D
Sehr schön und lehrreich für den Unwissenden, also mich.

<°JMJ-
<°JMJ-

wefalck

Teufelsmaschine ? Maschinenstürmer, eh ?  ;)

*************************************

Die originale Spindelmutter scheint ein Gewinde von 4 mm x 1 mm gehabt zu haben. Daher wurde sie mit 3,7 mm, dem Kerndurchmesser für das neue 4,5 mm x 1 mm-Spindelgewinde ausgebohrt. Kleine Oberlächenschäden wurden durch leichtes Überdrehen entfernt.


Teile der Spindel und des Drucklagers

Ein probeweiser Zusammenbau zeigte, daß alles nach Plan funktionierte. Die Kugelkurbel wurde zugekauft und wird mit zwei Madenschrauben festgesetzt – im Gegensatz zu der alten Lorch-Praxis mit einem Kegelstift.


Spindel eingebaut, es fehlt aber noch der Skalenring

Fortsetzung folgt ...
www.maritima-et-mechanika.org
www.imago-orbis.org
www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de

wefalck

Nach reisebedingten Unterbrechungen geht es nun mit etwas weiter, an das ich mich bisher noch nicht gewagt hatte:

Exkurs: Herstellung eines konkaven Rändelrädchens

Es ist heute nahezu unmöglich konkave Rändelrädchen zu bekommen, die man zur Herstellung der konvexen Rändrierung benötigt, wie man sie an vielen alten feinen Werkzeugmaschinen sieht. Wenn ja, dann auch nur zu einem Preis, der sich für die Hobby-Werkstatt verbietet. Daher habe ich mich entschlossen selbst ein solches Rändelrädchen herzustellen. Es gibt im Internet dafür einige Beispiele. Die Rädchen haben normalerweise einen gewissen Durchmesser, um zu verhindern, daß die Bohrung bei der Belastung durch das Rändrieren zusammengedrückt wird. Ich habe mich aber entschlossen, dem Rädchen einen Durchmesser von nur 10 mm bei einer Bohrung von 6 mm zu geben, um seine Masse gering zu halten, da die Heizleistung meines Brenners für das nachfolgende Härten begrenzt ist. Außerdem hatte ich ein passendes Reststück von einem Schaublin-Spannzangenrohling, von dem ich annahm, daß es sich gut härten lassen würde.


Wälzfräsen des Rändelrädchens auf der Fräsmaschine

Im Internet wird vorgeschlagen, einen gewöhnlichen Gewindebohrer als behelfsmäßigen Wälzfräser zu verwenden. Das würde eigentlich zu einer schrägen Rändrierung oder Kordierung führen, aber bei einer Steigung von 0,4 mm z.B. bei einem M2-Gewindebohrer fällt die Schräge kaum auf und man kann damit leben. Der einfachste Weg den Rohling bei Wälzen zu halten schien natürlich der Rändrierhalter für die Uhrmacherdrehbank, den ich schon vor etlichen Jahren angefertigt hatte. Das bedeutete allerdings, daß das Wälzen nicht in der Drehbank vorgenommen werden konnte, da es schwierig gewesen wäre den Halter auf seine Seite zu montieren. Die Bearbeitung in der Drehbank hätte den Vorteil gehabt, daß der Gewindebohrer durch den Reitstock hätte abgestützt werden können. Eigentlich wäre die DIXI-Horizontalfräsmaschine die Ideale Maschine für den Zweck, aber diese hat keinen Gegenhalter. Am Ende war es am einfachsten, den Rändelhalter auf der Vertikalfräsmaschine einzuspannen.


Wälzfräsen im Detail

Der Rohling wurde gebohrt und auf 6 mm ausgerieben. Nach etwas zusätzlichem Polieren lief der Rohling leicht auf der Welle des Rändelhalters. Nun wurde ein älterer M2-Gewindebohrer möglichst kurz in die Spindel der Fräsmaschine gespannt und so zugestellt, daß das obere, der Spindel am nächsten gelegene Ende arbeitet. Anfangs wurde die Drehzahl der Spindel gering gehalten und der Gewindebohrer mit wenig Vorschub in den Rohling gefahren. Nach jeder Zustellung machte der Rohling mehrere Umdrehungen, bis kein Abtrag mehr sichtbar war. Nachdem sich das Muster ausgebildet hatte wurde die Spindeldrehzahl erhöht und der schrittweise Vorschub von 0,03 mm auf 0,05 mm erhöht. Dabei wurde reichlich WD40 aufgesprüht, um die Späne auszutragen, die dann abgewischt wurden. Der erste Versuch zeigt, wie wichtig der Späneaustrag ist, um ein sauberes Muster zu erzeugen. Der zweite Versuch am gleichen Rohling war dann erfolgreich.


Das fertige konkave Rändelrädchen


Nach der spanenden Bearbeitung wurde das Rändelrädchen gehärtet, indem es zur Rotglut erhitzt und dann in Eiswasser abgeschreckt wurde. Da mein Brenner keine sehr große Leistung hat, wurde es vorher mit dem Heißluft-Lötgerät auf 450°C vorgeheizt. Vor dem Härten wurde das Rädchen mit Seife abgerieben, um der Zunderbildung entgegenzuwirken. Nach Reinigung wurde es dann mit dem Heißluft-Lötgerät auf eine strohgelbe Farbe angelassen. Ein Test mit einer Feile zeigte, daß der Härtevorgang im Prinzip erfolgreich war. Wie hoch die Standzeit ist wird sich dann zeigen. Allerding werde ich für das gegenwärtige Projekt auch höchsten drei solcher Rändel anbringen müssen.


Rändelrädchen in seinem Halter für die Uhrmacher-Drehbank

Fortsetzung folgt ...
www.maritima-et-mechanika.org
www.imago-orbis.org
www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de

wefalck

Für die Skalentrommel der der y-Achse hatte ich ein Stück Rundmessing von 21 mm zur Hand. Dieses wurde im Dreibackenfutter auf beiden Seiten plangedreht und dann für die 5 mm-Spindel gebohrt und ausgerieben. Ein Ende wurde dann 8 mm tief so ausgedreht, daß es über das Spindellager geschoben werden kann.


Vorbereiten des Rohlings für die Skalentrommel

Der Rohling wurde dann auf einen Spannschaft mit 5 mm Durchmesser gespannt, um die Außenseite bearbeiten zu können. An einem Ende ist der bewußte konkave Rändelring. Dafür wurde ein Ring von 1,2 mm Breite und 1 mm Höhe stehen gelassen und beiden Seiten etwas angefast.


Außenbearbeitung des Skalentrommel

Der Schnellwechselstahlhalter der Uhrmacherdrehbank wurde nun gegen den Rändelhalter ausgetauscht. Das Rändelrad wurde zunächst auf den vorgedrehten Ring zentriert und dann vorsichtig bei geringer Umdrehung des Werkstückes zugestellt. Das Rändelrad faßt die angefasten Kanten rasch und die Rändrierung entwickelt sich langsam. Wie erwartet, ist der Prozeß eine Mischung aus spanender Bearbeitung und spanloser Umformung. Das relativ weiche Messing fließt in das Muster des Rändelrades. Es wurde reichlich mit WD40 geschmiert/gespült und bei höherer Umdrehungszahl das Rändelrad zugestellt, bis sich das konvexe Muster vollständig eingestellt hatte.


Rändrieren der Skalentrommel

Fortsetzung folgt ...
www.maritima-et-mechanika.org
www.imago-orbis.org
www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de

wefalck

Um die Skala zu gravieren, wurde der Rohling nun mit dem Aufspanndorn in den Teilapparat auf der Fräsmaschine gespannt. Ein 15° Frässtichel wurde zum Gravieren verwendet. In der gleichen Aufspannung wurde die Bohrung für die Fesstellschraube eingebracht.


Einrichtung zum Gravieren der Skalentrommel


Gravieren der Skalentrommel

Die Zahlen wurden mit Schlagstempeln in einer provisorischen Aufspannung in einem Schraubstock aufgebracht. Zur Führung dient ein speziell angefertigter Block, der sicherstellt, daß die Stempel genau senkrecht auftreffen.


Einrichtung zum Stempeln der Nummern

Schließlich wurde die Skalentrommel wieder in den Aufspanndorn genommen, um die Gravierungen und Stempelungen durch leichtes überdrehen zu versäubern.


Versäubern der gravierten und gestempelten Skalentrommel

Die zwei Teile der Skalentrommel wurden nun auf der Drehbank abgestochen, wobei eine Juweliersäge als Werkzeug verwendet wurde. Zum Schluß wurden die Teile entfettet und die Skala mit schwarzer Farbe ausgelegt. Nach dem Trocknen der reichlich aufgetragenen Farbe wurde die Trommel mit feinstem Schleifpapier überschliffen.


Auslegen der Gravierungen mit Lackfarbe

Fortsetzung folgt ...
www.maritima-et-mechanika.org
www.imago-orbis.org
www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de

bughunter

Perfektion im Detail :P Da schaut man wirklich gern zu!
Das wird ja ein edles Maschinchen :1:

Viele Grüße,
Bughunter

Wikipedia sagt: "Ein Modell ist ein vereinfachtes Abbild der Wirklichkeit."
Deshalb baue ich lieber verkleinerte Originale.

wefalck

Danke ! Man tut was man kann ...

***************************

Und dann noch ein paar Bilder, die die einzelnen Komponenten der y-Achse zeigen. In der ersten Abbildung sind auch die Teile der Friktionsbremse für die Skalentrommel zu sehen, ein kurzes Stück rundes Plexiglas und eine Madenschraube. Mit der Madenschraube kann der Anpreßdruck des Plexiglas-Druckstücks und damit die Reibung eingestellt werden.


Teile der y-Spindel


Spindel zusammengebaut


Die Spindel an ihrem Arbeitsplatz

Fortsetzung folgt ...
www.maritima-et-mechanika.org
www.imago-orbis.org
www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de

jaykay


pucki

Ja das ist wundervoll obwohl ich fair zugeben muss, das ich von den Ausführungen nur ca. 50 % (sehr eigennützig geschätzt ;) ) verstehe.

Trotzdem oder vielleicht genau deshalb schaue ich bei seinen Berichten immer doppelt gerne zu.

Also brav weitermachen  :klatsch:

Gruß

   Pucki
Ich bin PucKi, ein älterer Mann und überzeugter Single, der immer noch versucht ein perfektes Modell zu bauen.

wefalck

Ein etwas später Dank für den freundlichen Kommentar  :winken:

**************

Nachdem nun die weitgehend Internet-freien Sommerferien hinter mir liegen, geht es nun in der Werkstatt und in den Foren weiter:

Die Frässpindel wird zwischen den Backen des Y-Schlitten mit einem exzentrischen Bolzen festgestellt. Dieser Bolzen wird durch einen Kugelhebel bedient. In meiner Grabbelkiste fand sich ein halbwegs passender Exzenterbolzen. Wie so oft, wäre es aber wahrscheinlich am Ende einfacher gewesen, von einem simplen Stück Rundstahl auszugehen. Der Exzenter wurde etwas überarbeitet, indem das Teil mit einer Messingblechbeilage im Dreibackenfutter gespannt wurde.


Einfache Methode zum exzentrischen Spannen

Der Kopf des Kugelhebels wurde mit Hilfe der Eigenbau-Radiendrehvorrichtung (http://www.maritima-et-mechanika.org/tools/radiustool/radiustool.html) hergestellt. Der Durchmesser des Drehstahls wurde so gewählt, daß er der Einschnürung unter der Kugel entsprach. Nach dem Drehen wurde das Teil mit Naßschliffpapier und Stahlwolle unterschiedlicher Gradatation geglättet und anschließend mit Polierpaste auf Hochglanz gebracht. Die folgenden Bilder zeigen die verschiedenen Schritte des Bearbeitungsprozesses.












Fortsetzung folgt ...
www.maritima-et-mechanika.org
www.imago-orbis.org
www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de

wefalck

Der Kugelkopf-Hebel wurde aus einem Stück Rundstahl in mehreren Schritten herausgearbeitet: zunächst wurde der zylindrische Ansatz angedreht, der später in das entsprechende Loch des Bolzen eingepreßt werden wird;



mit diesem Ansatz wurde der Rohling in eine Spannzange aufgenommen und der Schaft konisch gedreht, wobei der Teil für den Kopf zylindrisch gelassen wurde;



der konische Teil wurde sodann mit dem Handrehstichel tailliert;



schließlich wurde der Kugelkopf mit der Kugeldreheinrichtung geformt.





Das Werkzeug war dabei ein speziell zugeschliffener 2 mm-HSS Rundstahl, um den scharfen Ansatz zwischen Schaft und Kugel erzeugen zu können. Der Hebel wurde wiederum mit Naßschliffpapier und Stahlwolle geglättet und dann poliert.


Fertiger Kugelkopf-Hebel


Der exzentrische Hebel and seinem Arbeitsplatz

Fortsetzung folgt ....
www.maritima-et-mechanika.org
www.imago-orbis.org
www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de

wefalck

Vor einiger Zeit konnte ich zu einem guten Preis einen Lorch, Schmidt & Co. Kreuzschlitten in der Ausführung 'rechts vom Arbeitenden' erwerben, wie er für dieses Projekt gebraucht wurde. In Deutschland arbeiteten die Uhrmacher traditionell mit dem Spindelstock auf der rechten Seite und nicht, wie sonst bei den meisten Drehbänken, auf der linken Seite. Manche älteren Uhrmacher folgen noch dieser eingeübten Praxis, während die Jüngeren heute wohl durchweg mit dem Spindelstock auf der linken Seite arbeiten. Aus diesem Grunde sind die Spindelstöcke und Kreuzschlitten in der Ausführung 'rechts vom Arbeitenden' meist günstiger zu haben.


Tatsächlich ein Kreuschlitten 'links vom Arbeitenden', aber ich habe Vergessen, vom verwendeten Kreuzschlitten ein 'vorher' Bild zu machen

Der Kreuzschlitten sah von außen ziemlich mitgenommen aus, befand sich mechanisch aber in einem guten Zustand. Die Spindeln und Spindelmuttern waren nicht ausgeleiert, sondern fast ohne Spiel. Ich habe den Kreuzschlitten in seine Einzelteile zerlegt und die abblätternde Vernickelung weitgehend durch Überschleifen mit feinem Naßschliffpapier entfernt und die Teile anschließend poliert. Danach wurden alle Teile gründlich gereinigt.


Zerlegter Kreuzschlitten

Beide Spindeln haben die bei diesen Kreuzschlitten übliche Steigung von 0.75 mm. Das ist rechnerisch eigentlich nicht sehr praktisch, aber ich habe mich bei meiner kleinen Drehbank daran gewöhnt. Etwas unpraktisch für die Umwidmung des Kreuzschlittens war allerdings, daß die Skalenscheibe der y-Achse (die spätere z-Achse der Fräsmaschine) in 15 Teile geteilt, d.h. für die Durchmesserreduktion beim Drehen graduiert war. Beim Einsatz in der Fräsmaschine würde diese Teilung zu Verwirrung führen. Da ich außerdem gerne an der z-Achse eine konische Skalenscheibe zum besseren Ablesen aus der Vertikalen haben wollte, habe ich eine neue angefertigt und die alte auf die y-Achse umgesteckt.


Konisches Drehen des neuen Skalenringes für die z-Achse

Dazu wurde ein Stück 20 mm-Rundmessing gebohrt und auf 4 mm für den Spindelschaft ausgerieben. Der Rohling wurde zur weiteren Bearbeitung auf einen 4 mm-Drehdorn aufgezogen – ich habe eine ganze Sammlung von Drehdornen für die Uhrmacherdrehmaschine, die offenbar ursprünglich zu einer Zahnradfräsmaschine gehörten, sehr praktisch. Der Oberschlitten wurde auf 45° verstellt, um den Konus drehen zu können. In der gleichen Aufspannung und Einrichtung der Drehbank wurden die Skalenlinien graviert. Praktischerweise läßt sich ja der Spindelstock einer Uhrmacherdrehbank auch als Teilkopf verwenden. Die 60 Löcher des Teilkreises im Schnurlauf waren in diesem Fall praktisch, da eine 15er Teilung notwendig ist. Als Gravierwerkzeug wurde ein um 90° verdreht eingespannter spitzer Drehmeißel verwendet.




Gravieren der Skala auf der Drehbank

Fortsetzung folgt ....
www.maritima-et-mechanika.org
www.imago-orbis.org
www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de