Modellboard

Modelle und Reviews => Bauberichte => Thema gestartet von: hwe in 12. Februar 2006, 16:11:16

Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 12. Februar 2006, 16:11:16
Hallo Miteinander!

Ich habe inzwischen eine Weile als "stummer Zaungast" speziell bei den Schiffsmodellbauern mitgelesen und inzwischen ist bei mir quasi auch ein Knoten geplatzt.

Der Hintergrund ist der: ich habe vor ungefähr zwanzig Jahren mit dem Modellbau aufgehört, obwohl ich damals bereits 2 erste Preise in Plastikmodellbauwettbewerben gewonnen hatte (1977 und 1980, Matchbox). - Die Ursache hierfür war der Schmerz, den ich erlitt, als mir bei einem Umzug das Regal, in dem alle meine Modellschiffe standen, umstürzte. - Das Regal konnte ich auffangen, bevor es mich traf. Aber die Schiffe waren bereits alle ins rutschen geraten und so stürzten sie alle zu Boden. - Den Bruch könnt ihr euch ungefähr vorstellen. - Ich besass damals etwa 10 Segelschiffsmodelle, von denen einige fertig und die meisten fast fertig waren. - Kunststoffmasten vertragen einen Sturz aus 1,60 Meter Höhe auf nackten Boden erfahrungsgemäß nicht besonders gut.  ;(  trinken  :blaw:  :blaw:  :blaw:
Die Wrackhalde besitze ich heute noch. - Ich kann mich nicht aufraffen wieder so viel Zeit und Mühe da nocheinmal hinein zu investieren, aber zum wegwerfen ist es mir dann doch wieder zu Schade.

 :blabla:

Thema wechsel: Schon damals verliebte ich mich in den gigantischen Bausatz der Soleil Royal von Heller.  :respekt:  - Im Pospekt sah sie (fertig gebaut) einfach toll aus. - Gesagt, getan ich kaufte mir (alles noch vor dem Crash) den Bausatz und fing ganz zaghaft damit an, indem ich zunächst einmal die beiden Rumpfhälften zusammenklebte und mit den normalen Modellbaufarben von aussen bemalte.

Dann passierte etwas, mit dem ich nicht gerechnet hatte.  *dummi*  - Ich fuhr mit meinem Leistungskurs (Gymnasium) für 14 Tage nach Paris. Dort hatte ich dann irgendwann die Idee, dass - wenn die Franzosen irgendwo ein wirklich tolles Marinemuseum haben müssten, es sich vermutlich in Paris befinden müsste. - Also fragte ich bei unserem Hotel an der Rezeption, ob sie für mich herausfinden könnten, ob es irgendwo so etwas wie ein (ich bemühte meine sparsamen französisch-Kenntnisse) "Musee de la Marine" gäbe? - Es dauerte gar nicht lange und schwupps, hatte man die Antwort: Am Trocadero, Metro-Station Trocadero. Müsse relativ einfach zu finden sein. - Als ich dort ausstieg, war es tatsächlich leicht. Das Museum heisst: "Musee de la Marine" und ist von der Metro ausgeschildert. - Zunächst einmal geniesst man die tolle Aussicht auf den Eiffelturm und dann geht es hinein ins Museum.

Drinnen befand ich mich damals plötzlich in sowas wie dem "Paradies".  :love:  - Was da an Schiffen herumstand und in welcher Qualität die Modelle gebaut waren, war einfach absolut phantastisch!  :meister:  :meister:  :meister:  - Hier ein Tip: Wann auch immer irgendeiner von Euch die Gelegenheit bekommt, nach Paris ins Marinemuseeum zu kommen, sollte da UNBEDINGT hingehen! - Es lohnt sich für Modellbauer auf jeden Fall!

Jedenfalls sah ich dann dort zum ersten Mal auch eine authentisch gebaute Soleil Royal. - Sofort verfluchte ich die "Sparfüchse" aus der Chefetage von Heller!  :12:  :5:   :aerger:  :haudrauf:  - Das Original der Soleil Royal besass *OFFENE* Heckgalerien!!!!  X(  :9:  :15:

Ich habe damals dort Fotos gemacht und wer mag, kann diese hier finden (Fotogalerie): Modellmarine (http://www.modellmarine.de)

Als ich wieder nach Hause kam, stand mein Entschluß bereits fest, ich würde meine Soleil Royal mit offenen Heckgalerien bauen!

Also ging ich gleich ans Werk und sägte mit einem feinen Laubsägeblatt die Galerien sauber aus. - Das Ergebnis könnt ihr noch auf den Bildern im folgenden Posting betrachten.

Dann experimentierte ich noch ein bisschen mit Ölfarben am Rumpf herum. Und dann kam der bereits oben erwähnte große Crash.

Dann... 20 Jahre Pause. :santa:  :laaaang:  :10:

Und jetzt... habe ich wieder genug Zeit und Mut gefunden, um wieder mit dem Modellbau anzufangen. Ich werde keine Plastikbausätze mehr bauen. - Mit einer einzigen Ausnahme: Die Soleil Royal! - Die Bauberichte der anderen hier haben mir wieder den Mut gegeben, dieses Bauvorhaben wieder anzugehen. - Ihr werdet also quasi fast von Anfang mit dabei sein, wenn ich meine Soleil baue. - Von dem, was ich damals mit dem Bausatz veranstaltet habe (ich meine speziell die Suche nach dem richtigen Blauton...), werde ich einiges wieder rückgängig machen müssen. In anderen Dingen habe ich mich bereits zu einigen "Abkürzungen" entschlossen, so dass ich hoffe, doch relativ flott mit dem gesamten Bausatz voran zu kommen.

Im nächsten Beitrag werde ich mit Fotos den aktuellen Bauzustand, wie ich also den Bausatz nach 20 Jahren wieder vorgefunden habe, für euch dokumentieren.

Ciao, bis zum nächsten Posting,

HWE   :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: AnobiumPunctatum in 12. Februar 2006, 16:57:01
Hi HWE,

willkommen im Club. Die wievielte Soleil ist es dann, die im Board gebaut wird? Ich freue mich schon auf Deinen Baubericht. Insbesondere Deine Lösung mit den offenen Galerien interessiert mich, da ich dafür bislang noch keine brauchbare Idee hatte.
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: StiftRoyal in 12. Februar 2006, 17:34:58
Das müßte jetzt die dritte sein. Also Konkurenz belebt das Geschäft ;) . Mal sehen was du so zu bieten hast-bin schon gespannt.
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: kalli in 12. Februar 2006, 20:59:28
Ich bin auch schon sehr gespannt auf deinen Baubericht.  :9:

Mich würde mal interessieren mit welchen Modellen du bei den Plastikmodellbauwettbewerben gewonnen hast?
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 13. Februar 2006, 07:39:21
Hi!

Wie ich schon in der Einleitung schilderte, hatte ich ca. 20 Jahre Pause mit meiner Soleil.

Auf den folgenden Bildern zeige ich ungeschönt, wie so ein Modell aussieht, wenn man es einige Jahre nicht entstaubt hat. - Dazu muss ich erwähnen, vor einigen Jahren hatte ich es schon einmal entstaubt, damals war es noch viel schlimmer...

Hier der Zustand von vor etwa einer Woche. - Zuerst mit Staub...

(Hier erstmal 4 Bilder, Dienstag Abend kommen noch ein paar weitere...)

Auf dem ersten Bild kann man schön erkennen, wieviel Staub sich im Rumpf angesammelt hatte. Links neben dem Rumpf kann man schon die Backbord-Galerie liegen sehen, bereits von den falschen "Blenden" befreit. Auch der Heckspiegel, noch etwas weiter links, ist bereits auf die vermutlich korrekte Breite reduziert.

Auf dem zweiten Bild ist ein kleiner Überblick zu sehen. Wie man sieht, hatte ich auch die Steuerbord-Galerie von Unrat befreit. An den Karton gelegt, sieht man die Abziehbilder. - Sind ganz schön gelb geworden! - Da werde ich mir etwas einfallen lassen müssen. Weiter vorne im Bild sind die Decks. Leicht gegeneinander verschoben, damit man den Staub schön sehen kann... ;)

Das Dritte Foto zeigt den Rumpf von vorne. - Es tut mir sehr Leid, was die Qualität des Fotos angeht. - Ich habe eine berechtigte Abneigung gegen Autofokus-Kameras. - Wer richtig hinschaut sieht, dass sich das Spielzeug auf den Karton im Hintergrund schraf gestellt hatte... - Weswegen ich das Foto trotzdem zeige? - Auch hier sieht man schön die Staubschicht entlang der Bordwand. - Der Blitz hellt den Staub zusätzlich auf.

Das vierte (und vorerst letzte) Bild zeigt wieder die Decks und wie ihre Überlappung Muster aus Staub hat enstehen lassen...
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Burkhardt in 13. Februar 2006, 08:27:00
Löle,


das liest sich doch gut an;) Ich bin immer erstant wie viele Bastler sich dieses Schiff aussuchen! Ich schaue auf alle fälle weiter rein in deinen Bericht.

Zu den Bildern hab ich Dir eine PN (Private Nachricht) gesendet!


Gruß
Burkhardt
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 13. Februar 2006, 09:38:27
Hi Kalli,

ZitatOriginal von kalli
Ich bin auch schon sehr gespannt auf deinen Baubericht.  :9:

Mich würde mal interessieren mit welchen Modellen du bei den Plastikmodellbauwettbewerben gewonnen hast?

Das erste hat mich selbst sehr erstaunt. - Es war ein winziger blauer Bugatti von Matchbox. - Sicher nicht das teuerste Modell in dem Wettbewerb. - Aber ich war noch sehr jung und lieferte eine sehr saubere Arbeit ab.

Das zweite Siegermodell war ein Kenworth (? - Kann auch ein Mack oder irgendein anderer Truck mit einer langen Schnauze gewesen sein, ich habe in der langen Zeit schlicht die Marke vergessen) Truck, bei dem ich die Türen aufsägte und in offenem Zustand wieder einklebte. Die Fahrerkabine ein bisschen "belebt", sonst sehr sauber gebaut. Dazu hatte ich ihn von einer Zugmaschine zu einem riesigen "Abschleppwagen" umgebaut (Scratch-Built).

Auf der Ladefläche des Trucks stand dann ein schwarzer Uralt-Ford ("Black Widow") als fiesen Dragster umgebaut. - Mit riesigen Hinterreifen, Mörder-Lufthutze und einem riesigen verchromten Motor darin.
Das ansonsten schwarze Auto war mit einem aufgemalten (frei Hand!) Spinnennetz und dem Namen "Black Widow" verziert.

Das alles 1980. :-)

Dieses Modell war nicht das einzige, was ich damals eingereicht hatte. - Es waren auch eine Menge Panzer, Flugzeuge und sogar ein Segelschiffsmodell (mittelgroße Cutty Sark, von Revell) mit dabei.

Gewonnen habe ich aber mit der obigen Truck/Dragster Kombi.

Frage damit zur Zufriedenheit beantwortet? ;)

Ciao,

HWE

PS: Meine ganze Liebe gilt trotzdem den Segelschiffsmodellen...
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 13. Februar 2006, 14:38:50
Hi Fans der Soleil Royal!

(Vorsicht! - Dieser Teil ist sehr lang geworden!)

Ich hatte zwischendurch ein bisschen Zeit und so habe ich (weil ich gerade nicht an die Bilder herankomme) mich entschlossen, einiges über den Background und die Planung des Modells vom Stapel zu lassen.


Gedanken über das Ziel


An dieser Stelle will ich einiges über die Grundlagen und Gedanken schreiben, die ich mir vor dem Bau eines Modells
mache. - Ein wirklich gutes Modell zeichnet sich dadurch aus, dass es eine genau definierte Situation darstellt und dies
dann aber auch bis zur letzten Konsequenz!

Der Maßstab steht bei so einem Bausatz natürlich bereits von vornherein fest.
Eine Entscheidung ist damit bereits gefällt. Aber es bleiben noch nahezu unendlich viele
andere Entscheidungen offen.

Eine meiner Ideen war es lange Zeit, die Holzmodelle in Paris zu imitieren. Das Modell
so stark wie möglich auf "Holz" zu trimmen, bis selbst ein Fachmann es schwer hat festzustellen,
ob es sich nun um ein Holz- oder ein Plastik-Modell handelt.

Diese Lösung habe ich lange favorisiert. - Ich wollte meine Qualitäten als Plastik-Modellbauer
damit beweisen.

Inzwischen habe ich eine ganz andere Idee...

Denn wenn ich ein Schiff bauen will, was so sehr nach Holz aussieht, wieso baue ich es dann nicht sofort in Holz?
Das spart eine Menge Zeit!


Vor- und Nachteile eines Plastikmodells und das Ziel

Welche Vor- und Nachteile besitzt ein Plastik-Modell?

Nun, es gibt einen ganz offensichtlichen Nachteil: Man ist gezwungen, es anzumalen, damit es gut aussieht.

Warum also sollte ich den Nachteil nicht in einen Vorteil umwandeln?

Das Schiff so darstellen, wie ich es mit einem Museumsmodell aus Holz niemals tun würde, weil es mir
dazu viel zu Schade wäre?! - Nachdem ich in Zukunft nur noch in Holz bauen will und die Soleil mein letztes
Plastik-Schiff werden soll...

... war meine neue Wahl damit eigentlich schon gefallen.  

Fazit: Ich will das Schiff in Aktion zeigen. Und zwar richtig! - So, wie es sich nach einigen Monaten auf See dargestellt
haben könnte.

Die Farben verwaschen. Ein leichter Algen- (und Muschel- ?) Bewuchs am Rumpf.
Rostflecken an den Ankern. Schmutz, der aus den Speigatten geflossen ist. Überall Kratzer, Dreck und Gebrauchsspuren!


"Camera, Lights, Action!"

Und auch noch richtige Aktion auf dem Schiff!

Das Schiff soll sich in schwerer See und starkem bis mäßigen Wind unter Marssegeln einem Feind gefechtsbereit nähern.

Dabei ist zu beachten, dass bei so schwerer See die Kanonenluken des untersten Batteriedecks sicher nicht geöffnet wurden.
Sonst würde das Schiff dasselbe Schicksal ereilen, wie damals die Wasa... (Herr Mondfeld hat Unrecht mit seiner Behauptung,
man müsse ein Schiff entweder mit allen ausgerannten Kanonen zeigen, oder mit allen Kanonen drin. - Das ist Unfug und ich
kann es beweisen! Ich habe einen zeitgenössischen Stich zuhause, auf dem ein holländisches Schiff genau in oben beschriebener
Situation gezeigt wird. - Ich werde den Stich zum Beweis einscannen und hier demnächst zeigen! [in diese Nachricht,
an dieser Stelle via Link einhängen, aber lasst mir ein bisschen Zeit!])

Diese Situation hilft mir so nebenbei beim Bau des Modells. Sie bietet für mich einen, nicht unerwünschten, Nebeneffekt.

Denn von den locker 2300 Einzelteilen des Bausatzes, so habe ich mir mal ausgerechnet, entfallen alleine ungefähr 700 Teile
auf die Kanonen. Dazu kommt, dass Heller das unterste Batteriedeck nicht mit Planken graviert hat und es ohnehin beim
fertigen Modell, selbst wenn alle Luken geöffnet sind, kaum eine Chance gibt, irgendetwas sinnvolles im Deck zu sehen, oder
zu erkennen. - Auf diesem Deck viel Aufwand zu betreiben ist reichlich unnötig. - Warum also nicht gleich alles dicht machen,
viel Arbeit sparen und obendrein eine authentische Situation zeigen?


Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Modelldarstellung ist, dass damals die Schiffe mit reichlich Besatzung bemannt waren.

Wie war das noch auf der Victory? - 1000 Seesoldaten plus Besatzung?

Die Soleil Royal war nur wenig kleiner und dafür vermutliich schwieriger zu segeln. - Das Deck muss in einer Kampfsituation
von Menschen nur so gewimmelt haben!

Also sehe ich bereits eine größere Ausgabe für Figuren auf mich zukommen, wenn ich das nicht irgendwie "umbiegen" kann.
Ich denke bereits darüber nach, selbst Figuren für diese Aufgabe herzustellen...

Was das anmalen der Figuren angeht, habe ich Glück. Ich hatte zeitweilig auch noch das Hobby flache und vollplastische
Zinnfiguren (historische und Fantasy) zu sammeln und anzumalen. Und das sogar kommerziell. - Also: andere Leute haben mir
dafür Geld gezahlt, dass ich ihnen die Figuren bemalt habe... Ich sehe in diesem Bereich also nicht wirklich große Probleme
für mich.

Spannender wird die Bemalung des Schiffes selbst.


Die Realitätsnähe des Bausatzes

Der Bausatz der Soleil Royal ist ja bekannt für seine starke Holzmaserung. - Die macht das Plastik so schön "unplastikhaft".
Gemeinerweise ist aber genau das ein Fehler des Modells!- Was ich im folgenden beweisen möchte.

Schon damals wussten die Menschen, dass ein glatter Rumpf besser durch das Wasser geht, als ein rauher.

Einfach nur ein Beispiel:

Wenn ich mir die Fotos vom Holzmodell des "Holländischen Zweideckers von 1660/70" (Delius Klasing Verlag, Heinrich Winter)
anschaue, dann sehe ich, bis auf die Nieten, einen absolut glatten Rumpf!

Auch die deutlichen Vertiefungen (Rillen/Fugen) zwischen den einzelnen Planken, die an der Soleil eigentlich so authentisch wirken, sind in Wahrheit ein großer Schmonzes! - Das tut mir jetzt sehr Leid das so zu sagen, aber man muss sich einfach mal die Proportionen des Modells vor Augen halten.

Das Modell ist im Maßstab 1:100 konstruiert. - Das bedeutet, alles, was es am Original gab, muss ich um den Faktor 100 verkleinern,
damit es am Modell korrekt dargestellt wird.

Jetzt meine Frage: Wie groß darf ein Spalt im Original zwischen zwei Holzbrettern (Planken) sein, damit das Schiff dicht ist?

Schade. - Der Spalt muss deutlich unter 1 mm liegen, sonst zieht der Kahn Wasser wie ein Sieb!

Um einen 1 mm Spalt an der Soleil korrekt darzustellen (der ja eigentlich nichtmal sein darf) muss ich den einen Millimeter
durch 100 teilen, um im richtigen Maßstab zu bleiben. - Ein Ein-Millimeter Spalt darf am Modell dann nur 0,01 Millimeter
groß sein. - Wie groß sind aber die Spalten am Bausatz von Heller?

An meinem Bausatz, würde ich sagen, sind sie etwa 0,1 Millimeter breit. - Das bedeutet auf das Original zurück gerechnet,
dass das Schiff Spalten im Rumpf hatte, mit einer Breite von: 10 Millimetern Breite! - Hey, das ist ein Zentimeter!
Was glaubt Heller wohl, wie dicht ein Schiff mit 1 Zentimeter breiten Spalten ist?

Jetzt kann man mir damit kommen, dass man damals ja die Spalten mit Werg und Teer und Pech verfugt hat. - Ja, hat man.
Aber schon damals wusste man, dass man weniger Arbeit beim abdichten hat, wenn man präziser arbeitet. - Also werden die
Spalten so klein wie möglich gewesen sein. Auch heute bauen Schiffbauer, die Schiffe aus Holz bauen, so "stramm", dass das Holz
nur ein bisschen durch das Wasser quellen muss, um Dicht genug zu sein.

Mein Fazit lautet: Der Rumpf sollte wirklich möglichst glatt sein. So, wie die Modelle der Soleil im Marinemuseum in Paris (die
sollte man im Zweifelsfall immer als Referenz hernehmen),so, wie das Modell des holländischen Zweideckers damals in Berlin.

Dieser Zweidecker war im Maßstab 1:21 gebaut. - Der zeitgenössische Modellbauer hatte also die Gelegenheit, Fugen (sofern vorhanden)
fünfmal so groß darzustellen, wie das bei Heller's Soleil der Fall ist. - Hat er das getan? - Nein! - Der Rumpf ist (bis auf die
Nieten) glatt wie ein Babypopo!

Ich gebe zu, aus (Plastik-)modellbauerischer Sicht ist das hart. - Denn gerade die Fugen sehen so schön aus und erwecken erst den Eindruck,
dass es sich um ein Holzmodell handelt. - Die korrekte Vorgehensweise wäre jedoch, alles zu verspachteln und vollkommen glatt
zu schleifen!

Die zweite Herausforderung besteht darin, dann im nachhinein *trotzdem* den Eindruck zu erwecken, dass das Schiff aus Holz ist!

Das bedeutet, man muss sämtliche Holzteile durch reine Bemalung so aussehen lassen, als wären sie aus Holz!

Immerhin ist die Bemalung eigentlich relativ einfach.


Die richtige Farbgebung

Das Unterwasserschiff ist korrekt angemalt, wenn man es schön weiß malt. Damals hat man definitiv das billige (und giftige)
Bleiweiss verwendet, um Schiffen im Unterwasser-Bereich ein Anti-Fouling (so der Fachbegriff) zu verpassen.

Die Frage ist natürlich, wie lange so ein Anstrich damals wohl gehalten hat? - Bei einem Modell, wie  ich es vor habe,
ist es also durchaus legal, einges an "Verwaschung" zu zeigen.

Der restliche Teil des Schiffes war vermutlich entweder geölt (hält Wasser ab), oder mit Teer oder Pech Wasserdicht gemacht und
gleichzeitig auch geschwärzt.

Ich könnte mir gut vorstellen, dass man die Planken, speziell im Unterwasser-Bereich und bis zu den ersten Barkhölzern geteert
hatte. - Die Barkhölzer selbst waren vermutlich eher nur geölt, denn sie hatten unter anderem ja die Funktion einer "Stoßstange".

Kleine Rempler von anderen (kleineren) Schiffen, sollten damit abgefangen werden, genauso natürlich auch Beschuß knapp oberhalb
der Wasselinie. Solche Rempler waren vermutlich alltäglich, wenn so ein Schiff auf Reede lag und ausgerüstet wurde. - Dann kamen
ständig Boote an und legten am Schiff an und bei Seegang hat man sich sicher nicht dauernd problemlos freihalten können.
Gut man kannte auch damals schon Fender, aber: hey, das war ein Kriegsschiff ("Unkaputtbar"), kein Porzellanservice!

Schrammen in den untersten Barkhölzern waren also vermutlich eher die Regel als die Ausnahme.

Und wenn ich schon vorher weiss, dass ich an einer Stelle dauernd "Macken" ins Holz bekomme, dann werde ich mir die einfachste und
billigste Lösung suchen, wie man die wieder "rausbekommt". - Nämlich einfach mit einem ölgetränkten Lappen mal drüber gehen!
Das ist einfacher, als permanent Teer zu kochen und dann mit dem heissen Zeug aussenbords zu klettern... - Aber vielleicht
irre ich mich hier? (Historisch fundierte Hinweise willkommen!)

Die Barkhölzer sollte man also relativ "naturbelassen" zeigen, speziell die untersten dürfen jedoch sogar Schrammen besitzen.

Ansonsten scheinen dicke Nagel- oder Nietenköpfe am Rumpf in dieser Zeit durchaus authentisch zu sein. - Dem Modell von Heller
gehen sie jedoch leider vollkommen ab. - Hier ist eine Stelle, an der es unbedingt nachzubessern gilt! Der Rumpf wird also doch
nicht vollkommen glatt!


Die gelben Streifen

Und jetzt kommen wir zu den berühmt-berüchtigten "gelben Streifen".

Diese Streifen sind authentisch. So viel ist klar. Die typische Warnfarbe der Natur - Gelb-Schwarz gestreift - wurde so von Tigern
und Wespen und Bienen auf die Schiffe übertragen. - Schiffe mit diesem gelb-Schwarzen Muster sahen schon auf weite Distanz
gefährlich aus.

Und das beste daran: Gelb war relativ billig und leicht herzustellen! - Hier hat Herr Mondfeld recht. - Die Menschheit kennt Ocker
(laut den letzten Berichten, die ich dazu gesehen habe) anscheinend schon seit fast 100.000 Jahren!

Und so ist Ocker mit Sicherheit die billigste und am besten verfügbare gelbe Farbe gewesen, die man damals kannte.
Nachdem Ocker auch noch mineralisch ist, ist es lichtecht und recht haltbar. - Das einzige Problem dürfte gewesen sein, dieses
Ocker so mit einem "Klebstoff" zu vermischen, dass er nicht auffiel (die Farbe veränderte) und trotzdem auch bei schwerem Wetter
nicht vom Schiff gewaschen wurde.

Wir dürfen also davon ausgehen, dass die damaligen Schiffe ihre "gelben" Streifen durch satte Anwendung von Ocker erhielten.

Ein quietschiges Zitronengelb, oder Chrom- oder Cadmiumgelb sind mit Sicherheit absolut falsch.

Ocker ist eine relativ warme, erdige Farbe, mit leichtem Stich ins rote - Je nach Qualität und Herkunft/Mischung.

Die "gelben" Streifen dürfen also auch am Modell satt mit Ocker gemalt werden. - Damit wurde mit Sicherheit jede Spur von
"Holzartigkeit" dem ohnehin glatten Rumpf an dieser Stelle genommen. - Hier darf das Plastik ausnahmsweise mal richtig glatt
sein. - Das Einzige, was der Modellbau-Freak an dieser Stelle wieder zeigen könnte, sind die vermuteten "Auswaschungen" des
Ocker. - Es darf also fleckig sein.

Mir blutet selbst das Herz dabei, wie ich diese Zeilen schreibe, denn die tolle Holzmaserung an dem Bausatz war einer der
Gründe, wieso ich mich überhaupt in das Modell verliebt hatte...


Matte Farben, oder eher glänzend?

Was weiter wichtig ist, ist die Frage: "Waren die Farben eher wie heutige 'Lacke' (glänzend), oder eher stumpf und matt?"

Wenn ich mir die oben genannten Zutaten so ansehe, bin ich ziemlich fest davon überzeugt, dass die Farbgebung eher matt war.
Auch wenn Lacke ein Plus an "Wasserdichtigkeit" bieten, so gab es damals viel zu wenige echte Lacke. Die gab es ausserdem
eher nur in homöopatischen Mengen (Zu teuer, aus China). - Ausserdem reissen Lacke viel zu schnell ein, wenn das
darunterliegende Holz arbeiten muss. - Und wo wird Holz wohl mit am meisten arbeiten müssen? - Naja. Ein Kriegsschiff scheint
mir jedenfalls nicht der geeignete Ort zu sein, um teure und hochempflindliche Materialien zu verwenden, wie man sie sonst
nur für Schmuckgegenstände hergenommen hat...

Ich vermute, die einzigen Teile (neben den Metallen), auf denen so etwas wie ein Glanz zu sehen war, waren die lackierten Kabinen
der Schiffsführung (innen), oder die schwarz geteeren Teile des Rumpfes.

Die Decks und Masten waren in bekannten Farben gestrichen, oder Natur belassen, so wie man es gerade brauchte.


Was für ein Rot wurde verwendet?

Das verwendete Rot für das Holz um die Kanonen dürfte ebenfalls (aus Kostengründen) Ocker gewesen sein. - Roter Ocker, oder gebrannter
Ocker ist leicht zu besorgen (wenn man sowieso schon Ocker gewinnt) oder herzustellen (gelben Ocker erhitzen). Dabei wird die
Farbe ebenfalls fast blutrot, geht aber mehr ins orange-braune. - Ich glaube kaum, dass man da noch größere Klimmzüge wegen der
Farben machte. - Aber auch da lasse ich mich gerne vom Gegenteil überzeugen. - Allerdings gebe ich zu bedenken, dass eine der
seltensten und teuersten Farben Purpur war. - Die Farbe der Könige! - Wenn es ein anderes, billigeres Rot gab, was kann das
gewesen sein?


Und was für ein Blau kam zum Einsatz?

Und nun kommen wir zum spannensten Farbproblem überhaupt!

Blau!

Auch hier denke ich, dass der Autor, dessen Artikel Herr Mondfeld für sein Buch bemüht hat, Recht hat.

Blau war damals extremst schwer zu erhalten. Die einzigen Blautöne, die mir noch einfallen, sind Kobalt-Blau, das sogenannte
Preussisch-Blau und die Blautöne auf Prozellan (Auch aus China?!). - Die Porzellan-Farbtöne entstehen erst durch den Brennvorgang
im Ofen. - Ein Weg, der mit den Schiffen wohl kaum zu praktizieren war.

Kobalt-Blau ist zwar sehr schön, aber auch extrem giftig. - Nachdem man damals keine Bedenken hatte, Schiffe mit Bleiweiss und
Grünspan (Marine in Nord- und Ostsee) zu bemalen, könnte ich mir auch eine Bemalung mit Kobalt vorstellen. - Allerdings weiss ich
zur Zeit nicht, wie selten Kobalt tatsächlich ist. - Ich denke nämlich. SEHR selten! - Also vermutlich ebenfalls eine Sackgasse.
Bleibt noch "Preussisch-Blau". - Nachdem Preussen und Frankreich relativ gute Beziehungen zu der Zeit unterhielten, oder zumindestens
die Preussen den Franzosen nacheiferten, kann ich mir gut vorstellen, dass beide dieselbe "Quelle" für Blau besassen. Nicht umsonst
heisst auch heute noch die Tinte: "Königsblau".

Künstler, Maler aller Epochen, haben eigentlich immer ihre Farben selbst angemischt. - Die Mischung war ein großes Geheimnis!
Erst in den letzten hundert Jahren hat sich das geändert. Deswegen ist es durchaus möglich, dass ein Königshaus ein schönes Blau
herstellen konnte und alle anderen nicht. - Ich halte also die blauen Planken der französischen Schiffe keineswegs für reine Phantasie.

Die Frage ist nur: Wie sah das Blau aus? - War es licht und hell, oder dunkel, fast schwarz? War es lasierend oder deckend? Ging es
ins aquamarine, grüne oder eher in Richtung Indigo/Preussischblau?

Ich tendiere zu der Vermutung, dass die ursprüngliche Farbe ein dunkelblau war, wie das Preussischblau, oder pures Indigo. Nachdem beide
Farben, wenn sie pur aufgetragen werden, fast schwarz sind, hege ich die Vermutung, dass man diese Basisfarbe mit einem Weiss (Bleiweiss?)
quasi "aufgehellt" hat.

Ich gehe weiter davon aus, dass diese Mischungen niemals genau den gleichen Farbton wieder trafen. Und wie hell, oder dunkel das Blau
ausfiel, hing mit der Mondphase und dem mittleren Springniedrigwasser in Südkaledonien zusammen. - Mit anderen Worten: Keine Ahnung.
Es gab wahrscheinlich schon ein allgemein festgelegtes Mischungsverhältnis. Jedoch wird die Qualität der Bestandteile geschwankt haben.
Es kann also sein, dass es zwar ein passables Blau gab, dieses aber ein wenig "gescheckt" war.

Ein weiterer Aspekt ist die Farbechtheit. - Wieviel Licht und wieviel Seewasser vertrug dieses Blau?

Ich gehe auch hier davon aus, dass es, aufgrund seiner Seltenheit, noch nicht so gut erforscht war und schnell an Deckkraft und Leuchtkraft
verlor.- Zumindestens sollte es für mein geplantes Modell OK sein, wenn ich ein uneinheitliches, fleckiges und verwaschenes Blau zeige.

Auch hier bin ich für Einwände und Ideen offen. - Wenn möglich, bitte fachlich gut recherchiert und am besten bereits bewiesen! ;)



Schlußbemerkungen

So. Jetzt bin ich mit meinem kleinen Einstiegs-Exkurs über die Soleil erstmal fertig.
Ich bin auf eure Meinungen und Einwände gespannt. Ich würde mich sehr freuen, wenn mir der Eine oder Andere noch einen Tipp geben
könnte, wie ich das Schiff noch authentischer hinbekommen kann. - Das Schiff darf und wird am Ende jede Menge "Gebrauchsspuren" aufweisen.
Das ist etwas, was ich bei einem Museumsmodell normalerweise nie tun werde. - Dies ist meine letzte Chance dafür, deswegen will ich
sie auch nutzen. Und es würde mich sehr freuen, wenn ich ein schönes Modell am Ende herausbekomme.

In diesem Sinne, bis zum nächsten Baubericht!

Ciao,

HWE
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Hans in 13. Februar 2006, 16:04:02
Nett...aber wirklich zu lang, sei nicht böse. So ohne Bild und Absatz...da fällt einfach das Lesen am Bildschirm arg schwer.

Grüße,
Hans
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 13. Februar 2006, 18:52:23
ZitatOriginal von Hans Trauner
Nett...aber wirklich zu lang, sei nicht böse. So ohne Bild und Absatz...da fällt einfach das Lesen am Bildschirm arg schwer.

Grüße,
Hans


Hmmm. Ich hatte schon überlegt, es ein wenig zu unterteilen. - Quasi Kapitel draus zu machen.

Ich habe dann jetzt Zwischenüberschriften eingefügt, ich hoffe, so ist es ein bisschen übersichtlicher...

Ansonsten lautet mein Tip: Ausdrucken! ;)

Ciao,

HWE
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Merkabach in 14. Februar 2006, 11:13:26
Gebe Dir recht nur in einem Punkt Wiederspruch dort aber wirklich:
ZitatWie war das noch auf der Victory? - 1000 Seesoldaten plus Besatzung?
das stimmt so nicht !!!
Besatzungsstärke eher : 850 Mann Offizieren und Mannschaften (darunter 131 Marineinfanteristen)
Bei der Soleil Royale dürfte der Besatzungsstand etwas höher sein!
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 14. Februar 2006, 11:33:42
ZitatOriginal von Merkabach
Gebe Dir recht nur in einem Punkt Wiederspruch dort aber wirklich:
ZitatWie war das noch auf der Victory? - 1000 Seesoldaten plus Besatzung?
das stimmt so nicht !!!
Besatzungsstärke eher : 850 Mann Offizieren und Mannschaften (darunter 131 Marineinfanteristen)
Bei der Soleil Royale dürfte der Besatzungsstand etwas höher sein!

Meine Aussage war auch nur eine Hausnummer aus dem Kopf (20 Jahre alt...).  :rolleyes:

Um es genau zu wissen  *dummi*  habe ich die folgende Seite besucht:

H.M.S. Victory.COM (http://www.hms-victory.com/index.php?option=content&task=category§ionid=9&id=96&Itemid=67)

und das gefunden:

The Battle of Trafalgar Muster Roll
 
This muster roll contains details of the entire ship's crew at the Battle of Trafalgar, including name, rank, age and nationality. HMS Victory had a crew of 820 men commanded by Captain Thomas Masterman Hardy. There were 9 Commissioned Officers, 21 Mishipmen and 77 Non-commissioned Warrant and Petty Officers, the rest of the crew comprised of Able and Ordinary Seaman, Landsmen, supernumeries and 31 boys.

Also within this complement was a detachment of 146 Royal Marines from the Chatham Division, commanded by Captain Charles Adair.

Apart from the 700 English, Irish, Scots and Welsh, 18different nationalities were represented on the Victory, at the Battle of Trafalgar.

She suffered some of the worst casualties of the Allied Fleet at the battle with 57 of her crew killed or dying of their wounds a few days later, and a further 102 wounded.


Das macht bei mir dann jetzt:

820 Personen. - Inklusive der 146 Royal Marines.  :baby:

Wieso ist deiner Meinung nach auf der Soleil Royal der Besatzungsstand noch höher gewesen?
Wegen der älteren Technik? (Brauchten noch mehr Muskelkraft. - Würde ich jetzt vermuten)

Ciao,

HWE
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Hans in 14. Februar 2006, 11:41:42
Zur Frage des Farbtons Blau.

Immer wieder spielt da 'Preussisch Blau' und Indigo eine Rolle. Das ganze stammt aus der Tuchfärberei. Der Wirkstoff von Indigo entspricht chemisch exakt dem des Färberwaids. Die Indigo-Exporte des 18. Jahrhunderts machten Blau zu einer massenhaft verfügbaren Farbe, Färberwaid stand nicht in den Riesenmengen zur Verfügung, die Preussens Heere brauchten. Wie gesagt, zum Tuchfärben. Eure Jeans werden heute noch mit Indigo bzw. einem chemisch identischen Farbstoff gefärbt.

Nur: Zum Farbansetzen eignet sich Indigo so nicht. Der Färbstoff ist nämlich eine wasserklare Flüssigkeit, die erst im Stoff beim Trocknen durch Oxidation sich blau verfärbt. Diese Oxidation muss gestoppt = fixiert werden, sonst wirds fast schwarz.

Es handelt sich also um eine körperlose Farbe, kein Pigment. Selbst wenn die Flüssigkeit blau wäre, wie Tinte, ist es noch keine Farbe. Was man tun könnte, und was man im 19. Jahrhundert mit den ebenfalls körperlosen Anilin-Farben auch machte, ist das 'Auflacken'. Da werden reinweisse Pigmente quasi gefärbt. So werden auch heute noch die eine oder andere Ölfarbe hergestellt.

Ob aber im 18.Jahrhundert dies bereits möglich war, weiss ich nicht. Ich glaube eher nicht.

Grüße
Hans
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Merkabach in 14. Februar 2006, 11:43:57
Ich meine mich zu errinnern das auf französischen Schiffen die Besatzungsstärke immer etwas höher war als auf vergleichbaren englischen Schiffen.
Bin mir aber nicht 100% sicher  *dummi* (auch)  X(
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 14. Februar 2006, 12:17:55
ZitatOriginal von Hans Trauner
Zur Frage des Farbtons Blau.

Immer wieder spielt da 'Preussisch Blau' und Indigo eine Rolle. Das ganze stammt aus der Tuchfärberei. Der Wirkstoff von Indigo entspricht chemisch exakt dem des Färberwaids. Die Indigo-Exporte des 18. Jahrhunderts machten Blau zu einer massenhaft verfügbaren Farbe, Färberwaid stand nicht in den Riesenmengen zur Verfügung, die Preussens Heere brauchten. Wie gesagt, zum Tuchfärben. Eure Jeans werden heute noch mit Indigo bzw. einem chemisch identischen Farbstoff gefärbt.

Nur: Zum Farbansetzen eignet sich Indigo so nicht. Der Färbstoff ist nämlich eine wasserklare Flüssigkeit, die erst im Stoff beim Trocknen durch Oxidation sich blau verfärbt. Diese Oxidation muss gestoppt = fixiert werden, sonst wirds fast schwarz.

Es handelt sich also um eine körperlose Farbe, kein Pigment. Selbst wenn die Flüssigkeit blau wäre, wie Tinte, ist es noch keine Farbe. Was man tun könnte, und was man im 19. Jahrhundert mit den ebenfalls körperlosen Anilin-Farben auch machte, ist das 'Auflacken'. Da werden reinweisse Pigmente quasi gefärbt. So werden auch heute noch die eine oder andere Ölfarbe hergestellt.

Ob aber im 18.Jahrhundert dies bereits möglich war, weiss ich nicht. Ich glaube eher nicht.

Grüße
Hans

Hallo Hans,

die Soleil Royal stammt aus dem ausgehenden 17.Jhdt. - Also noch etwas eher. - Aber nachdem auf den Bauplätzen sowieso jede Menge Bleiweiss zur Verfügung stand, kann ich mir gut vorstellen, dass man die beiden versucht hat, mit einander zu vermengen. - Es wäre mal ganz interessant zu erfahren, wie so ein Experiment ausfallen würde. :-)

Ich denke, ich werde mich mal mit einer Kunstakademie deswegen in Verbindung setzen. - Das ist jetzt kein "Flachs", ich nehme das Thema recht ernst. - Eigentlich bin ich der Ansicht, müsste man das doch relativ leicht feststellen können, wenn man die Bestell- und Liefer-Listen der französischen Kriegshäfen mal durchgehen würde. - Da müssen solche Blau-Substanzen doch irgendwo auftauchen, oder?

Ciao,

HWE
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 14. Februar 2006, 12:58:46
ZitatOriginal von Merkabach
Ich meine mich zu errinnern das auf französischen Schiffen die Besatzungsstärke immer etwas höher war als auf vergleichbaren englischen Schiffen.
Bin mir aber nicht 100% sicher  *dummi* (auch)  X(

Hi Merkabach,

mir stellt sich ein bisschen die Frage, ob die Soleil Royal und die H.M.S. Victory überhaupt *vergleichbar* sind. - Immerhin liegen da 100 Jahre Weiterentwicklung in Waffen-, Segeltechnik und Schiffbau dazwischen... - Stell' Dir vor, dur würdest mit heutigen Automatischen Gewehren gegen eine Truppe aus dem ersten Weltkrieg antreten. - Mit einschüssigen Hinterladern...  :pffft:

Auch wenn die Schiffe ähnlich groß sind und über ähnlich viele Kanonen verfügen, so sind sie doch ganz unterschiedlich in den Details. - Ich vermute, die Victory wäre Kreise um die Soleil gesegelt und hätte sie dabei am ausgestreckten Arm verhungern lassen. (Geschütze mit größerer Reichweite, Durchschlagskraft und Zielgenauigkeit.)  X(

Die Victory ist mehr die perfekte Tötungsfabrik. - Die Soleil stammt eher noch aus einer Zeit, wo man Macht zeigen wollte (repräsentieren). - Umsonst war die nicht so stark verziert. - Siehe auch die Vasa.
Da war die Präsentation wichtiger als die technische Funktion. - Also genau das, was einem Marketingleute auch heute noch versuchen zu verkaufen... ;-))))  :haudrauf:

Ciao,

Herbert
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: kalkleiste in 14. Februar 2006, 13:11:06
Hallo, hwe,
ich bin zwar ein Flugzeugfan, aber Deine Überlegungen ,wie Dein Modell auszusehen hat, lesen sich imho wie ein Krimi und sind meiner Meinung nach nicht zu lang; lass dich mal durch die bilderfixierten Poster hier nicht verunsichern  :D .

Zu Deinen Überlegungen in Sachen blauer Farbe möchte ich was beisteuern;

Kobaltblau wurde von den Chinesen schon um die ca. 500 nach Christus von den Chinesen verwendet.
Das geriet dann in Vergessenheit und es wurde 1777 wiederentdeckt.

Jetzt kommt´s: Ein Verfahren zur industriellen Herstellung wurde von einem Franzosen namens
               Louis-Jaques Thenard gegen 1790 entwickelt.

Der hat sich nach Chemie Lexikon an dem Zeug dumm und dusslig verdient.

Cobaltblau wird mit der 1,4-fachen Gewichtsmenge Öl als Künstlerölfarbe gemischt.
Ich kann mir vorstellen, daß die Franzosen damit zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen haben, falls sie Cobaltblau für die Soleil Royal verwendet haben:
1. imprägnierende Wirkung durch das Öl;
2. eine sehr kräftige licht-, luft-, alkalien-, temperaturschwankungs- und gegen die meisten Säuren beständige Farbe; also ideal für das rauhe Seeklima.

Leider habe ich keinen Hinweis gefunden, daß tatsächlich Cobaltblau verwendet wurde, aber ehrlichgesagt habe ich auch nicht sonderlich gesucht; Du als Schiffsexperte weißt da sicher besser, wo du suchen mußt.

Ansonsten bin ich auf die Fortsetzung Deines Bauberichtes sehr gespannt.

Neugierige Grüße von der
Kalkleiste
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 14. Februar 2006, 13:15:29
ZitatOriginal von Hans Trauner
Zur Frage des Farbtons Blau.

Immer wieder spielt da 'Preussisch Blau' und Indigo eine Rolle. Das ganze stammt aus der Tuchfärberei. Der Wirkstoff von Indigo entspricht chemisch exakt dem des Färberwaids. Die Indigo-Exporte des 18. Jahrhunderts machten Blau zu einer massenhaft verfügbaren Farbe, Färberwaid stand nicht in den Riesenmengen zur Verfügung, die Preussens Heere brauchten. Wie gesagt, zum Tuchfärben. Eure Jeans werden heute noch mit Indigo bzw. einem chemisch identischen Farbstoff gefärbt.

Grüße
Hans

Hallo Hans,

wenn ich das nochmal so lese, dann stolpere ich über zwei Dinge.  :meld:

Erstens: Was ist "Färberwaid" ?  *dummi*

Zweitens: Du schreibst, Indigo war erst im 18.Jhdt verfügbar. - Damit scheidet Indigo für die Soleil eigentlich aus, denn die wurde (wenn ich mich richtig erinnere) gegen 1669 gebaut.  ;)

War es also doch eher Färberwaid?  ?(

Wäre toll, wenn Du da etwas Licht drauf werfen könntest!  :woist:

Danke & Ciao,

HWE
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: kalkleiste in 14. Februar 2006, 13:19:36
Hi, hwe,
vergiß meine Ausführungen über Kobaltblau; bei Baujahr 1669 kommt dieses Pigment selbstredend nicht in Frage!

Sorry,
die Kalkleiste
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Hans in 14. Februar 2006, 13:28:21
Herbert, Färberwaid ist DIE Färbepflanze für blaue Stoffe, bevor eben der Massenexport aus Indien bei Indigo einsetzte. Wie gesagt, chemisch identisch. Preussisch Blau , dieser Ausdruck stammt eben von den Indigo-gefärbten preussischen Uniformen des 18. Jahrhunderts. Für die Soleil spielen diese Begriffe deshalb keine Rolle.

Eine Lösung, welches Pigment denn nun für den blauen Anstrich diente, hab ich auch nicht. Ob nun zB mit Waid 'aufgelackte' Pigmente (zB Kalk) oder wie eben genannt Cobald oder Malachite etc etc. keine Ahnung. Ich glaube aber, dass das ganze nicht so kompliziert war und auch nicht so unmöglich teuer, wie es immer mit Angabe 'Mondfeld' geschrieben wird. Bereits in der Antike gabs blaue Anstriche, ich kann ja mal nachgucken, welches Pigment da verwendet wurde. Edit: Es war oft Azurit.

Grüße
Hans
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Falko in 14. Februar 2006, 14:52:49
Kremer-Pigmente liefert zwar in der Hauptsache Pigmente für Wand- und Tafelmalerei,
auf dieser Seite (http://www.kremer-pigmente.de/pigmen01.htm) könnte bei der Menge an Querverweisen was für deine Suche dabei sein.
Im Zweifel gibts ganz unten noch eine Literaturempfehlung.
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Hans in 14. Februar 2006, 15:15:28
Zeigt aber auch die Problematik. Keiner der genannten Pigmente bis auf Azurit, Malachit und Lapislazuli sind für das ausgehende 17. Jahrhundert verwendbar. Malachit ist zu grün, Lapislazuli sehr teuer. Ich hab mal Azurit weiterverfolgt, scheint ein etwas empfindliches Pigment zu sein. Aber durch eine aufwendige Lackkette = Schutzfirnis etc bekommt man es im Griff. Kobaldblau war auch später.

Meine aktuelle Vermutung geht deshalb in Richtung Azurit als Pigment. Fragt mich jetzt bloss nicht nach dem Bindemittel....Leimfarbe? Und dann Ölfirnis drüber?

Hans
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 14. Februar 2006, 16:36:29
Hallo Kalkleiste,

ZitatOriginal von kalkleiste
Hallo, hwe,
ich bin zwar ein Flugzeugfan, aber Deine Überlegungen ,wie Dein Modell auszusehen hat, lesen sich imho wie ein Krimi und sind meiner Meinung nach nicht zu lang; lass dich mal durch die bilderfixierten Poster hier nicht verunsichern  :D .

Zu Deinen Überlegungen in Sachen blauer Farbe möchte ich was beisteuern;

...

Leider habe ich keinen Hinweis gefunden, daß tatsächlich Cobaltblau verwendet wurde, aber ehrlichgesagt habe ich auch nicht sonderlich gesucht; Du als Schiffsexperte weißt da sicher besser, wo du suchen mußt.

Ansonsten bin ich auf die Fortsetzung Deines Bauberichtes sehr gespannt.

Neugierige Grüße von der
Kalkleiste

zunächst einmal vielen herzlichen Dank für deine ermunternden Worte! - Wenn ich schon einen Flugzeugfan mit meinen Ausführungen "begeistern" kann, dann scheint das Thema ja wohl nicht sooo uninteressant zu sein.  :9:   - Wenn auch etwas länglich (zugegeben).

Aber: Regel Nummer Eins bei qualitativ hochwertigem Modellbau: "Take your time!" - Immer mit der Ruhe, eines nach dem anderen und einfach keinen Pfusch zulassen. - Dann wird's auch was mit dem Endergebnis! ;-)

Also werde ich hier in aller Gemütsruhe meinen Baubericht fortsetzen. - Keine Bange. - Er mag sich etwas "ziehen", aber bei 2300 Einzelteilen darf das auch dauern... - Oder?  ;)

Was deine Ideen zum Blau angeht, hast Du Dich ja bereits selbst korrigiert (Dir fehlte einfach der Input, von wann das Schiff ist). - Auf jeden Fall vielen lieben Dank für deinen Versuch zu helfen! - Ich weiss das sehr zu schätzen! - Danke!


Dann bis zum nächsten Posting!

Ciao,

HWE
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 14. Februar 2006, 16:42:56
Hallo Peter!

ZitatOriginal von Falko
Kremer-Pigmente liefert zwar in der Hauptsache Pigmente für Wand- und Tafelmalerei,
auf dieser Seite (http://www.kremer-pigmente.de/pigmen01.htm) könnte bei der Menge an Querverweisen was für deine Suche dabei sein.
Im Zweifel gibts ganz unten noch eine Literaturempfehlung.

WOW! - Mich hat's gerade weggebeamt!  :9:

Was für eine URL!  :P  :P  :P

Genau sowas habe ich gesucht!  *dummi*

*ENDLICH* anständige und authentische Farben!  :9:  :9:  :D

Super Tipp!

Vielen herzlichen Dank dafür!!!!  :meister:

Ciao,

HWE
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 14. Februar 2006, 16:50:17
ZitatOriginal von Hans Trauner
Zeigt aber auch die Problematik. Keiner der genannten Pigmente bis auf Azurit, Malachit und Lapislazuli sind für das ausgehende 17. Jahrhundert verwendbar. Malachit ist zu grün, Lapislazuli sehr teuer. Ich hab mal Azurit weiterverfolgt, scheint ein etwas empfindliches Pigment zu sein. Aber durch eine aufwendige Lackkette = Schutzfirnis etc bekommt man es im Griff. Kobaldblau war auch später.

Meine aktuelle Vermutung geht deshalb in Richtung Azurit als Pigment. Fragt mich jetzt bloss nicht nach dem Bindemittel....Leimfarbe? Und dann Ölfirnis drüber?

Hans

Hallo Hans,

ich habe mein Abitur damals mit Kunst als Leistungskurs gemacht.  Von damals weiss ich noch,
dass die Künstler sich ihre Farben sehr, sehr lange Zeit immer selbst zusammenmischten und die Mischungen ein großes Geheimnis waren. - Zutaten wie "Urin", oder ähnliches waren sicher keine Seltenheit.  8o

Auf besagter URL findet man den Hinweis, dass auf den Pigmenten einiger Ölmaler, die Azurit verwendeten, mit modernen Nachweismethoden, festgestellt wurde, dass sich Proteine darauf befanden... - Also: Was kann man damals an Proteinen verwendet haben?  :rolleyes:

Jemand eine Idee?  :woist:

Also: Proteine, zusammen mit Azurit und ölhaltigem Bindemittel ist vielleicht die Lösung für unser Rätsel...  :9:


Ciao,

HWE
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 14. Februar 2006, 16:57:54
ZitatOriginal von Falko
Kremer-Pigmente liefert zwar in der Hauptsache Pigmente für Wand- und Tafelmalerei,
auf dieser Seite (http://www.kremer-pigmente.de/pigmen01.htm) könnte bei der Menge an Querverweisen was für deine Suche dabei sein.
Im Zweifel gibts ganz unten noch eine Literaturempfehlung.

Die Seite liefert eigentlich auch gleich die Farben für Rot und "Gelb" mit!

Dort gibt es "Gelben Ocker" aus Burgund (Frankreich) - Woher werden die Franzosen also ihr Gelb gehabt haben? ;)

Und schönen roten Ocker aus Spanien.  ?( - oder so rot:  :5:  ?  ;) ;) ;)

Das beides dürfte wohl damals die billigste Lösung gewesen sein, vermute ich mal.

Jemand andere Vorschläge?  :woist:


Ciao,

HWE
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 14. Februar 2006, 17:20:13
ZitatOriginal von Falko
Kremer-Pigmente liefert zwar in der Hauptsache Pigmente für Wand- und Tafelmalerei,
auf dieser Seite (http://www.kremer-pigmente.de/pigmen01.htm) könnte bei der Menge an Querverweisen was für deine Suche dabei sein.
Im Zweifel gibts ganz unten noch eine Literaturempfehlung.

Hallo Peter!

Ich könnte Dich knutschen!  :kuss:  --- Ähhhh, eigentlich lieber doch nicht...  :pffft: Ich bin schon glücklich verheiratet!  :D

Ich habe gerade gesehen, wo Kremer Pigmente ihren Hauptsitz haben. - Bei mir in München!  :9:

Das ist geil, weil ich da jetzt einfach in den Laden spazieren kann und mir die tollen Pigmente gleich mitnehmen kann. - Klasse!!!!  :klatsch:

Ich freue mich schon sehr auf meine Soleil! - *DAS* wird mal ein Modell!  :9:  :9:  :9:

Das war wirklich für mich gerade der Super-Tipp schlechthin!

In diesem Sinne...

Ciao, bis zum nächsten Mal!

HWE   :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Hans in 14. Februar 2006, 18:22:45
Herbert, ich freu mich, wenn du dich freust. Aber die meisten Pigmente die Kremer hier anbietet, bekommt man in jedem Künstlerladen von x-Herstellern. Pigmente muss man zudem erst mal in Farben verwandelt, indem man Bindemittel zugibt. Es geht sehr wohl zB mit Acryl-Weiss und Acryl-Klarlack, natürlich auch mit den Pendants in Enamel.

Du kannst aber auch dich nach der reinen Lehre richten und klassische Rezepte selber ausprobieren, Hasenleim als Bindemittel oder Ei-Tempera oder ..oder....

Ich selber würde aber einfach Ölfarben nehmen, wie es Zombie zB bei seiner Trireme tut. Grundieren mit einer fast entsprechenden Acrlfarbe und dann die Ölfarbe darüber. Die Ölfarbenhersteller haben (fast) alle Farbtöne=Pigmente im Angebot.

Grüße
Hans

Tipp: http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3895089214/qid=1139937702/sr=8-1/ref=sr_8_xs_ap_i1_xgl/303-2768837-8121866

Steht zwar viel über Malgründe etc etc drin, aber die 'Farbenlehre' = Technik ist klasse
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 14. Februar 2006, 19:45:42
Hallo Hans!

ZitatOriginal von Hans Trauner
Herbert, ich freu mich, wenn du dich freust. Aber die meisten Pigmente die Kremer hier anbietet, bekommt man in jedem Künstlerladen von x-Herstellern. Pigmente muss man zudem erst mal in Farben verwandelt, indem man Bindemittel zugibt. Es geht sehr wohl zB mit Acryl-Weiss und Acryl-Klarlack, natürlich auch mit den Pendants in Enamel.

Freut mich auch, wenn Du Dich freust! ;)

Das mit dem "selber anmischen" war mir durchaus bewusst. - Nachdem ich sowas noch nie gemacht habe, wollte ich die
Soleil an der Stelle auch mal ein bisschen als "Spielwiese" missbrauchen. - Ausserdem dachte ich mir, komme ich so noch näher an den ultimativen, authentischen "Look".  :V:

Wenn ich mir fertige Paste von irgendeiner Firma kaufe, dann ist die schlicht "perfekt". - Da haben alle Partikel exakt die richtige Größe und die Mischung ist so abgestimmt, dass es auch garantiert jedesmal exakt genau so aussieht, egal ob ich mir die Tube
heute oder in 10 Jahren kaufe.  :santa:

Das ist nicht, was ich wollte...  :2:

Ich will ja eine "instabile", "olle" Farbe, die eben nur so naja, irgendwie die Qualität erreicht und am anderen Ende des Schiffes vielleicht schon wieder anders getönt ist und abblättert, oder stärker verwaschen ist, oder, oder, oder...  :laber:

Gut, ich kann jetzt beigehen und die Farbe (das macht Ölfarbe ja so toll!) einfach mit anderen Farben abtönen um so diese Dinge zu simulieren. - Das Problem ist dabei für mich, dass ich nicht den geringsten Schimmer habe, wie sich so eine Farbe verändert, wenn man sie so komisch selbst mischt (und man dabei den einen oder anderen Fehler macht...).

Deswegen wäre es für mich also das Beste, wenn ich mir das Zeug tatsächlich selbst anmische. - In homöopathischen Mengen, selbstverständlich.  :baby:

ZitatDu kannst aber auch dich nach der reinen Lehre richten und klassische Rezepte selber ausprobieren, Hasenleim als Bindemittel oder Ei-Tempera oder ..oder....

Mmmmmm, LECKER! ;)  :14:

Ich denke, ich werde da einige Versuche starten und darüber hier auch berichten.  :blabla:

ZitatIch selber würde aber einfach Ölfarben nehmen, wie es Zombie zB bei seiner Trireme tut. Grundieren mit einer fast entsprechenden Acrlfarbe und dann die Ölfarbe darüber. Die Ölfarbenhersteller haben (fast) alle Farbtöne=Pigmente im Angebot.

Schon klar. - Ich habe selbst schon bei dem ersten Farbauftrag auf der Soleil (so, wie sie jetzt aussieht), Künstler-Ölfarben verwendet. - Im ersten Schritt sollte das eigentlich ursprünglich die Basis werden. Aber jetzt muss ich, wie's aussieht, den ganzen Rumpf sowieso erstmal glattschleifen...  ;(  trinken

ZitatGrüße
Hans

Tipp: http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3895089214/qid=1139937702/sr=8-1/ref=sr_8_xs_ap_i1_xgl/303-2768837-8121866

Steht zwar viel über Malgründe etc etc drin, aber die 'Farbenlehre' = Technik ist klasse

Danke auch für diese URL, werd' ich mir gleich mal reinziehen!  :1:

Obwohl.... - Heute vielleicht nicht. - Jungs! Heute ist Valentinstag! - Da muss man sich um seine bessere Hälfte kümmern!  :love:  :kuss:

In diesem Sinne, euch allen noch einen schönen Abend!

Ciao,

HWE
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Falko in 14. Februar 2006, 20:41:46
@HWE,
freut mich, dass ich dir ein wenig weiterhelfen konnte.
Nachdem das Blau der Soleil schon mehrmals Thema im Board war,
wär's bestimmt auch für andere Beteiligte und Mitleser interessant,
wenn du da mehr in Erfahrung bringen könntest.
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Falko in 14. Februar 2006, 21:01:51
@HWE
ZitatOriginal von hwe
...Auf besagter URL findet man den Hinweis, dass auf den Pigmenten einiger Ölmaler, die Azurit verwendeten, mit modernen Nachweismethoden, festgestellt wurde, dass sich Proteine darauf befanden... - Also: Was kann man damals an Proteinen verwendet haben? ...
In der Tafelmalerei waren lange Zeit Kasein oder Ei, bzw nur Eigelb als Bestandteile von Farben üblich.
Es wäre also nichts Ungewöhnliches Proteinspuren zu finden.
Literarisch kannst du dir bei Doerner, Malmaterial und Kurt Wehlte, Techniken der Malerei
mehr als Genug an Information einholen.
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 15. Februar 2006, 13:19:28
Hi ihr Fans der Soleil Royal!


Ich habe mich gestern nochmal in die Buchhandlung meines Vertrauens begeben. ;)  :santa:

Und was habe ich dort zufällig gefunden?  :9:

Ein dreiseitiges Traktätchen (DIN A4) , französisch, anscheinend vom Musee de la Marine ('Collection Archeologie Navale Francaise' steht drauf), welches sich ausschliesslich um die Farbgebung der französischen (Kriegs-)Marine kümmert.

Titel: "La Couleur dans la Marine Cassique 1650-1850"  :baby:

Mit anderen Worten: genau das, was wir gesucht haben!  :9:  :9:  :9:

Diese drei Blätter gab es zusammen im "Pack" mit einer Maßstabstabelle, auf der die ganzen französischen Fuß der damaligen Zeit in heutige Maße umgerechnet werden und das auch noch in mehreren Maßstäben (die gängigsten). Das Set hat mich 4,95 Euronen gekostet.  :)

In dem Traktat sind auch einige Farbfotos von einem Museeumsmodell und eine gedruckte Farbtabelle enthalten.  8)

Die Farbtabelle kommt mir irgendwie bekannt vor. Ich meine, sie schon einmal bei einem Heller-Bausatz (der Soleil?) gesehen zu haben...  ?(

Kommen wir nun zu den spannenden Punkten, welches Blau, welches Rot, welches Gelb?

Die Franzosen fangen freundlicherweise gleich mit dem Blau an.  :klatsch:

Bei ihnen finden nur zwei blaue Farbtöne Erwähnung, alle anderen scheinen von vornherein gleich ausschließbar zu sein.

Die beiden Farben sind: Preussisch-Blau (Bleu de Prusse) und Azurblau (Bleu azur).

Ich schreibe hier mal den französischen Original-Text (ohne Accents, sorry ich habe keine auf meiner Tastatur...) hin, so dass diejenigen, die des französischen mächtig sind, selbst versuchen können zu übersetzen. Dahinter schreibe ich eine deutsche Übersetzung, soweit das meine bescheidenen französisch-Kenntnisse zulassen.

Bleu de Prusse (outremer)

Son prix prohibitif en restreint l'usage a quelques effets de decoration, et il n'est pas possible d'envisager son application sur des surfaces de quelque importance.

Bleu azur

Couleur relativement couteuse qui, lorsqu'elle est preparee a partier de l'email commun, est employee pour "les hauts" des oeuvres mortes; son usage est a priori limite et abandonne dans la marine militaire au 19ieme siecle. Le bleu azur d'email fin, tres onereux, est utilise pour quelques decors emblematique. Il existe egalement un azur factice a la base d'indigo ou "suc de violette" mele de craie comparable a l'azur d'email commun.


Meine Übersetzung der Texte wird vermutlich jedem Franzosen die Fußnägel hochkrempeln  :haudrauf:  :ziel:   :nöö: , aber ich will den Inhalt hier zumindestens in etwa sinngemäß wiedergeben (für diejenigen unter uns, die kein französisch können):

Preussisch Blau

Sein verboten hoher Preis beschränkt die Anwendung auf einige Effekte in der der Dekoration. Es ist nicht vorstellbar, dass es auf irgendwelche Oberflächen in nennenswerter Menge aufgetragen wurde.

Azurblau

Relativ preiswerte Farbe. Obwohl sie aus, relativ preiswert herzustellendem, Email gewonnen wurde, war sie dem Adel vorbehalten. Seine Verwendung und auch die Einstellung der Nutzung beschränken sich auf das 19. Jahrhundert. Azurblaues Email, allgemein gesprochen, war beschränkt auf einige wenige Emblem-artige Verzierungen. Es gab jedoch noch ein weiteres Azurblau, auf der Basis von Indigo, oder auch "suc de violette", vergleichbar mit dem Azur aus Email.



Wer besser französisch kann, möge mich bitte per PN informieren, was ich falsch übersetzt habe, dann korrigiere ich das hier sofort. - Danke! (Damit der Thread deswegen nicht so lang wird!)  :1:

Damit steht so ziemlich fest, dass "Preussisch-Blau" als Farbe für die Bordwand der Soleil Royal endgültig auszuschliessen ist.  :baby:

Auch Azur aus Email scheint eher nicht verwendet worden zu sein.  ?(

Was bleibt, sind irgendwelche Mischungen mit Indigo. - Indigo ist eigentlich das klassische "Jeans-Blau".
Damit habe ich eine gute Vorstellung, wie sowas auch aussieht, wenn es verwäscht... ;)

-> Break: Ich habe nochmal im Thread weiter vorne nachgelesen. Indigo kam in nennenswerten Mengen erst im 18. Jhdt. nach Europa. - Kann es also doch nicht gewesen sein!   :baby: X(  :baby:

Nachdem Hans schon richtig herausgefunden hat, dass Azurit schon seit der Antike verwendet wurde, scheint mir das dann doch dir richtigere Wahl zu sein.  :winken:


Ergebnis des Analyse, was das Blau angeht:
Es war wohl ein Azurit. - Dunkles Preussischblau, oder Indigo sind beide nicht historisch belegbar. - Das eine war viel zu teuer, das andere gab es noch nicht.




Kommen wir nun zum verwendeten Gelb:

In dem Traktätchen steht folgendes zu Gelb (wieder zuerst auf französisch):

Ocre jaune

Couleur bon marche par excellence, l'ocre jaune est largement employee notament pour les exterieurs des batiments, ceci jusqu'au 19 siecle, la tendance depuis l'Empire etant de substituer le blanc a l'ocre jaune pour les exterieurs.

Jaune de Naples

Ce jaune plus clair et plus "transparent" que l'ocre jaune est utilise sous l'Ancien regime pour la decoration, permettant de simuler la dorure, notamment pour des elements de sculpture.

Sous l'Empire, la tendance est a la substitution de l'ocre rouge, pour les interieurs des batteries, par un jaune pale analogue au jaune de Naples, pratique imitee des Anglais et qui met en cause la justification de l'ocre rouge indiquee precedemment.


Hier meine Übersetzung:

Ockergelb

Als extrem billige Farbe, wurde Ockergelb in großen Mengen bis in das 19. Jhdt. verwendet, um damit Häuser von außen zu streichen. Es bestand während des 'Empire' die Tendenz, anstelle von Weiss, Ockergelb für Aussenbereiche zu verwenden.

Neapelgelb
Dieses klarere und eher (als Ocker) transparente Gelb wurde durch das alte Regime zur Dekoration verwendet. Es erlaubte die Simulation von Vergoldungen, besonders bei den figürlichen Darstellungen.

Während des Empire entstand die Tendenz, den roten Ocker, den man für die Innenseiten der Batteriedecks verwendete, durch ein blasses Gelb, ähnlich dem Neapelgelb, zu ersetzen, praktisch die
Briten imitierend, .... Brpf. - Hier sind mir zu viele Worte drin, die ich so nicht auf die Reihe kriege. Egal, nicht so wichtig.

Ergebnisse der Untersuchung zum Thema Gelbe Farben
Hier wird also durchaus klar, daß Ockergelb für die gelben Streifen verwendet wurde. - Eine so billige und gängige Farbe... - Kein Thema. - Für mein Modell bedeutet das aber auch, dass ich mehrere Ockertöne für die gelben Streifen verwenden werde, um Effekte, wie Abnutzung oder Verschmutzungen darzustellen.

Ausserdem ist es eine mindestens interessante Idee, die vielen Vergoldungen an der Soleil nur als "Imitate" zu malen. - Das stellt rein maltechnisch höhere Anforderungen, ist aber einigermassen glaubwürdig. - Gold war auch als Blattgold schon damals schweineteuer und wieso sollte man so viel Gold auf ein blödes Kriegsschiff verschwenden, das sowieso jederzeit versenkt werden konnte? - Gut, gerade bei den ganz großen Schiffen (weil die eben weniger oft angegriffen wurden) konnte sich die Investition in Gold doch lohnen. - Hmmm. Das muß ich mir nochmal genau überlegen, was ich da tun werde...  :santa:  - Richtiges Gold sieht schöner aus und die Soleil macht den Eindruck, als hätte sie in ausreichendem Maße den Status eines Prunkschiffes besessen, um den Einsatz von echtem Blattgold zu rechtfertigen...  :)



Das richtige Rot?!

kommen wir zur dritten Farbe, dem Rot. Wir hatten ja schon festgestellt, dass es sich in erster Linie eher um roten Ocker gehandelt haben dürfte. Hier nun die französischen Texte über Rot:

Ocre rouge

Un peu plus couteuse que l'ocre jaune, cette couleur est la plus utilisee par la marine de l'Ancien regime, surtout pour les interieurs (a tort ou a raison, l'emploi generalise de l'ocre rouge dans les batteries serait justifie comme ne mettant pas en evidence le sang provoque par les projectiles et surtout les eclats de bois).

A partir de l'Empire, on abandonne l'ocre rouge, pratiquement ignore sous la Restauration, que l'on remplace par le noir et le blanc.

Vermillion

Cette couleur dite egalement cinabre est un produit couteux et il faut des circonstances exceptionelles pour qu'on la substitue a l'ocre rouge. Le vermillion utilise sous l'Ancien regime pour quelques vaisseaux de pavillon (ayant a bord un offcier general), est abandonne a partir de la Revolution.


Hier wieder meine Übersetzung:

Roter Ocker

Nur geringfügig teuerer als gelber Ocker, wurd diese Farbe unter der alten Regierungsform (Monarchie) überall in den Innenräumen eingesetzt (ob zu Recht, oder auch nicht, die allgemein großzügige Verwendung von rotem Ocker in den Batteriedecks ist allgemein bewiesen und bestätigt die hohen Blutverluste durch Geschosse und herumfliegende Holzsplitter).

Mit dem Ende des Empire setzte man es nicht mehr ein. Während der Restauration praktisch vollkommen ignoriert und man ersetzte es durch Schwarz und Weiß.

Zinnober

[Anmerkung des Übersetzers: Im Deutschen gibt es nur Zinnober als Begriff für diese Farbe. Das Französische kennt dafür zwei Worte: Vermillion und cinabre]
Diese Farbe, die man auch Zinnober nennt, ist ein teures Produkt und es waren schon sehr außergewöhnliche Umstände notwendig um den Einsatz dieser Farbe, anstelle von rotem Ocker, zu rechtfertigen. Der Einsatz von Zinnober in der Monarchie für einige Flagschiffe (berechtigt durch den an Bord befindlichen Flaggoffizier), wurde mit dem Ende der Revolution eingestellt.

Fazit zum Rot:
Ab Bord der französischen Marine wurde ausgiebig roter Ocker verwendet. - Und nichts anderes. - Einzige Ausnahme: die bereits erwähnten Flagschiffe. Und das auch nur während der Monarchie und dann auch noch sehr sparsam. - Alles andere darf in die Tonne.  :aerger:  - Kein Krapplack, kein Karmin oder Karmesin, kein Purpur, alles egal. Roter Ocker ist richtig.  :1:  :winken:

Den gibt es nun auch in den verschiedensten Farbtönen. Das ist gut so. - Diese bitte mischen und dann damit ein "gebrauchtes" Schiff simulieren und - gerade auf den Batteriedecks - reichlich anwenden!

Damit ist meine kleine Farbkunde für heute beendet.

Beim nächsten Mal versuche ich etwas mehr über die Holzbehandlung und den Zustand "Schwarz" herauszufinden. - Zustand deswegen, weil mein alter Lehrer im Kunst-Unterricht immer sagte: "Schwarz ist keine Farbe, Schwarz ist ein Zustand!"

Ich hoffe, ich habe euch nicht zu sehr gelangweilt, auch wenn es diesmal schon wieder keine Bilder gab, aber: keine Bange, das hole ich nach!

Bis dann & Ciao,

HWE
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 15. Februar 2006, 13:33:00
Hallo Hans,

im Teil IV meines Bauberichtes habe ich mehr oder weniger nachgewiesen, dass es sich eigentlich nur um Azurit gehandelt haben kann.  :1:   :9:  :klatsch:

ZitatOriginal von Hans Trauner
Zeigt aber auch die Problematik. Keiner der genannten Pigmente bis auf Azurit, Malachit und Lapislazuli sind für das ausgehende 17. Jahrhundert verwendbar. Malachit ist zu grün, Lapislazuli sehr teuer. Ich hab mal Azurit weiterverfolgt, scheint ein etwas empfindliches Pigment zu sein. Aber durch eine aufwendige Lackkette = Schutzfirnis etc bekommt man es im Griff. Kobaldblau war auch später.

Meine aktuelle Vermutung geht deshalb in Richtung Azurit als Pigment. Fragt mich jetzt bloss nicht nach dem Bindemittel....Leimfarbe? Und dann Ölfirnis drüber?

Hans

Das Bindemittel und der Schutzlack sind in diesem Fall wirklich gute Fragen. - Nachdem ich bei den Brandenburgischen Schiffen derselben Zeit gefunden habe, dass diese mit Harzen behandelt wurden, besteht die Möglichkeit, dass auch hier ein helles, klares Harz angewendet wurde?!  :rolleyes:

Ich will auf jeden Fall mal in den Pigment-Laden gehen und mich beraten lassen. - Nachdem die da für teures Geld auch eine CD/DVD (?) anbieten, auf der man viele historische Hinweise erhalten kann, können die mich (hoffentlich) auch korrekt beraten. - Ich habe jedoch wenig Interesse, mir für 400 Euronen die CD zu kaufen, um drei Fragen beantwortet zu bekommen, für einen Bausatz, der gerade mal 120 Euronen wert ist...  :2:

Ich werde euch alle diesbezüglich auf dem laufenden halten!  :1:

Ciao,

HWE
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 15. Februar 2006, 15:04:20
Hallo Hans,

ZitatOriginal von Hans Trauner
Herbert, ich freu mich, wenn du dich freust. Aber ... (gelöscht, HWE)

Grüße
Hans

Tipp: http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3895089214/qid=1139937702/sr=8-1/ref=sr_8_xs_ap_i1_xgl/303-2768837-8121866

Steht zwar viel über Malgründe etc etc drin, aber die 'Farbenlehre' = Technik ist klasse

speziell diesen Link finde ich auch sehr gut.

Als ich ihn aufgerufen habe, habe ich sofort (wieso eigentlich ? ;) ) auch diesen Link als verwandt angezeigt bekommen:

Kunstfälschers Handbuch (http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3832172955/ref=pd_sim_dp_2/303-7130949-0234638)

Dabei ist mir aufgefallen, dass es nicht sooo verkehrt ist, wenn man dieses Buch in unserem Metier besitzt, denn mit meiner möglichst hohen Authentizität tue ich ja fast dasselbe, wie ein Fälscher. ;)

Um mal von derselben Webseite zu zitieren: »Die Fälschung unterscheidet sich vom Original dadurch, dass sie echter aussieht.« (Ernst Bloch)

Und das ist doch wohl auch mein Ziel...

Allerdings wird wohl kaum irgendein Fälscher mit Öl auf Plastik malen. - Insofern bin ich also aus dem Schneider und laufe nicht Gefahr deswegen verhaftet zu werden. ;)

Nochmals danke für diesen Tipp!

Ciao,

HWE
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 16. Februar 2006, 10:38:47
Hi liebe Leser!

Entgegen der Ankündigung im letzten Teil schreibe ich zunächst einmal nicht über den Zustand Schwarz, sondern hole ein anderes Versprechen nach und komme so den Bilderfreunden wieder etwas entgegen.

Und zwar hatte ich Scans vom Stich versprochen. - Hier kommen sie!

Ich habe in Summe genau 10 Scans von dem Stich durchgeführt.

Dabei ist mehrfach der ganze Stich zu sehen (Das Original ist breiter als die Auflagefläche von meinem DIN A4 Scanner!), dafür in verschiedenen Auflösungen.

Eine Auflösung war so hoch, dass ich sie nicht einmal auf meiner neuen Webseite abgelegt habe, sondern die bekommt man bestenfalls per PM an mich und dann auf CD. - Grund diese eine Datei alleine ist ca. 300 MB groß, füllt also eine CD bereits zur Hälfte. (Fast DIN A4 mit 1200 DPI Auflösung - Der Scanner kann noch mehr, aber da wurde mein Rechner (1 GHz PIII mit 256 MB RAM) bereits so lahm, dass ich mich entschied, es dabei zu belassen.) - Ich habe noch einen weiteren Rechner (2,6 GHz Athlon mit 1,5 GB RAM), aber ich wollte es Leuten nicht zu schwer machen, mit den Bildern auch etwas anfangen zu können.

Wer mag, kann sich also die Bilder hier abholen:

Bild 1,  (http://www.modellbaukunst.de/old/Stiche/Hollaendische_Kueste/1650_001.jpg) kompletter Stich, ca. 250 kb groß - Bewertung: weniger hoch auflösende Exemplare weiter unten. Das langt auch!  :1: Auf dem Computerbildschirm seht ihr in beiden Fällen sowieso dasselbe und das hier dauert nur länger.

Bild 2 ist das 300 MB Monster. - Ist nicht verfügbar!  :santa:

 Bild 3,  (http://www.modellbaukunst.de/old/Stiche/Hollaendische_Kueste/1650_003.jpg) Ausschnitt, Zentrales Motiv, sehr hohe Auflösung. 2,8 MB !!!! - DAS DAUERT! (Und bringt euch nicht viel)

Bild 4,  (http://www.modellbaukunst.de/old/Stiche/Hollaendische_Kueste/1650_004.jpg) dasselbe Motiv wie Bild 3 nur in verträglicherer Auflösung. ca. 200kb  :2:

Bild 5,   (http://www.modellbaukunst.de/old/Stiche/Hollaendische_Kueste/1650-005.jpg)  nur der Rumpf des Schiffes in etwas höherer Auflösung. ca. 140 kB! Immer noch hart zum herunterladen! :rolleyes:

Bild 6,  (http://www.modellbaukunst.de/old/Stiche/Hollaendische_Kueste/1650-006.jpg) Backbordseite, ohne Heck, noch weiter vergrößert.  63 kB ! - Das ist verträglich zum herunterladen.  :)

Bild 7,  (http://www.modellbaukunst.de/old/Stiche/Hollaendische_Kueste/1650_007.jpg) das entgegenkommende Schiff in hoher Auflösung. 0,5 MB - NICHT herunterladen!  ;(  :5:

Bild 8,   (http://www.modellbaukunst.de/old/Stiche/Hollaendische_Kueste/1650-008.jpg) der komplette Stich, 96 dpi.  ca. 140 kB, Web-verträglich.  :)

Bild 9,   (http://www.modellbaukunst.de/old/Stiche/Hollaendische_Kueste/1650-009.jpg) der komplette Stich 72 dpi, noch besser für das Web verträglich, 62 kB  :9:

Bild 10,   (http://www.modellbaukunst.de/old/Stiche/Hollaendische_Kueste/1650-010.jpg) Detailausschnitt. 5 Stückpforten. 2 zu, 3 offen. Hohe Auflösung aber kleiner Ausschnitt. deswegen nur 25 kB groß, zeigt aber den wichtigsten Aspekt. Gut verträglich zum download. :9:


Nachdem da zum Teil ganz schön heftige Brocken dabei sind und ich für den Traffic zu meiner Homepage bezahlen muss, bitte ich euch, diese Monster wirklich nur dann zu ziehen, wenn ihr der Ansicht seid, dass ihr ohne dieses Bild nicht mehr leben könnt! - Wie gesagt: Ihr bekommt es kostenlos und ich muss für euren Download zahlen... - Sollte mir der Traffic auf diesen Bildern zu viel werden, werde ich sie woanders hin legen müssen...

Worum es mir dabei geht: Die Aussage von Herrn Mondfeld zu wiederlegen, dass grundsätzlich immer alle Kannonen ausgerannt wurden, oder keine. - So dämlich ist nur ein Computer!  X(

Der Rest von uns benutzt seinen gesunden Menschenverstand und macht die Luken zu, durch die zu viel Wasser in das Schiff kommt. Und genau das ist auf diesem Bild belegt.  :D

Die Machart des Stiches ist durchweg authentisch, es handelt sich also um einen zeitgenössischen Stich.

Was weiterhin gut auf dem Bild zu sehen ist: Das Durcheinander der Segelstellungen während des Segelns.  :baby:

Es gibt leider verdammt viele Bilder, auf denen Rahsegler zu sehen sind, bei denen die Rahen akkurat im rechten Winkel zum Mast stehen. - Das ist aber falsch!  Solche Bilder beweisen nur die Unkenntnis des Malers von der realen Fahrtsitiuation!  :haudrauf:  - Wer jemals selbst gesegelt ist, weiss ganz genau, dass man Segel nicht so lange dicht holt, bis sie irgendwo im rechten Winkel stehen. - Segel werden aufgefiert oder dichtgeholt, immer so, wie es Wind und Wetter gerade zulassen und so, dass man eine möglichst optimale Segelstellung für den gewählten Kurs hat. - Nichts anderes!  :1:

Und es vollkommen klar, dass Segel in Fahrt dann auch mal wie "Kraut und Rüben" stehen.  :1:

Und genau das ist schön auf dem Stich zu sehen. Der Künstler hat vermutlich lange an der holländischen Küste gesessen und die vorbeifahrenden Schiffe gründlich studiert und recht genau wiedergeben.

Die Bilder, auf denen die Rahsegler in Fahrt mit rechten Winkeln zwischen Mast und Rahen gezeigt werden, wurden von Leuten (Malern) gemacht, die die Schiffe immer nur im Hafen haben liegen sehen.
 *dummi*
Und die Schiffe wurden selbst dann vielleicht auch noch von Bootsmann vor dem festmachen so gerichtet, dass sie auch schön im rechten Winkel standen. - Aufgeräumt, eben.  :P  - Wie gesagt, das macht man, wenn man fest im ruhigen Hafen liegt. Unterwegs sieht das alles gaaaanz anders aus!

Um euch vielleicht mal ein verständliches Beispiel zu bringen: Diese rechtwinkligen Bilder sind in etwa dasselbe, als würde man einen Skifahrer, der im Laden steht und seine Ski-Ausrüstung anprobiert, in dieser Stellung auf einem Hang darstellen. - Als würde man so einen Berg herunterfahren! - Also schön aufrechte Haltung und die Skier schön parallel, Schussfahrt - mitten in einer Kurve... - Alles klar? - Das ist in etwa ein vergleichbarer Unfug.  :3:

Unten am Hang, nach dem Einkehrschwung, steht der Skifahrer wieder da und der Maler meint: "Passt ja alles so! - Habe ich ja richtig gemalt!"  :haudrauf:   :aerger:   :ziel:

Wieder zurück zum Stich:

Dieser Stich ist wirklich ein brauchbares Bild, um einen Einblick in die damalige Segelführung zu erhalten.

Schön zu sehen: Das Hauptmotiv ist offensichtlich dabei ein Segelmanöver auszuführen, da die Segel (Groß- und Mars-) am Fockmast anders stehen, als das Marssegel am Großmast. - Sehr schön!  :klatsch:

Und selbst das Rahsegel am Besan steht anders als das Marssegel am Großmast. - Sieht für uns wie Chaos aus, hat in der Praxis aber seinen Sinn gehabt. - Nicht vergessen: Das kleine Ruder hinten, diente in erster Linie dazu um ungefähr den Kurs zu halten. - Wirklich gesteuert wurde über die Segel!
 :mariinee:

So. Genug der Einführung ins Segeln von Rahseglern! - Lasst euch nicht von schlechten (ungebildeten) Malern beeinflussen!  :haudrauf:  Überlegt euch bei Bildern, die ihr seht, wie glaubwürdig das Dargestellte wohl sein könnte...

Viel Spaß noch beim basteln!

Ciao,

HWE
 :mariinee:

PS: Vielleicht kennt einer von euch ja den Stich und/oder den Künstler bereits. - Ich würde mich sehr freuen, wenn mir da jemand weiterhelfen könnte. - Der Stich ist leider nirgends signiert und wurde aus einem größeren Band von einem Antiquar heraus getrennt. - Die Stiche wurden einzeln verkauft. - Ich habe meinen für ungefähr 10 Euro irgendwo erstanden. - Ich weiss leider nicht einmal mehr wann und wo.  ;(
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: AnobiumPunctatum in 16. Februar 2006, 11:07:05
Hallo HWE,

Du kannst die Bilder erheblich verkleinern und den Traffic verrinegrn, wenn Du sie nicht als unkomprimierte BMP-Dateien zur Verfügung stellst, sondern sie als JPG-Dateien speicherst.
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 16. Februar 2006, 12:50:29
Hi!

Vielleicht kennt ihr den Link ja schon, aber hier:

Schöne Drucke von historischen Segelkriegsschiffen (http://www.sea-room.com/catalog-prints.html)

bin ich beim Anblick der Bilder bald weggeschmolzen!

Einfach toll!

Ciao,

HWE

 :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 22. Februar 2006, 21:37:43
Hi!

Ich weiss, ihr seid alle schon ganz heiss auf die Farbe Schwarz, aber ich erlaube mir, vor allem den Bilder-Fans, noch mit ein paar Bildern des "aktuellen Zustandes" (Also: "Soleil Royal nach zwanzig Jahren Pappkarton in der Ecke...") quasi den neuen Anfangszustand zu dokumentieren.

Nachdem hier im Board die Fotos ein bisschen "kurz" gehalten werden, habe ich mir erlaubt, sie auf einer anderen Webseite abzulegen und hier die Links dahin anzugeben. - Am Ende wartet noch ein besonderes "Schmankerl", aber habt nur ein bisschen Geduld.

Hier die Bilder (die ersten 4 kennt ihr bereits):

Der angestaubte Rumpf von innen (http://www.wengatz.de/herbert/maritimes/modellbau/bausaetze/plastik/Soleil_Royal/Fotos/20060205/lpic0101.jpg)  - ca. 20 kb

Der geöffnete Bausatz (http://www.wengatz.de/herbert/maritimes/modellbau/bausaetze/plastik/Soleil_Royal/Fotos/20060205/lpic0102.jpg)  - ca. 16 kb

Der staubige Rumpf von vorne (http://www.wengatz.de/herbert/maritimes/modellbau/bausaetze/plastik/Soleil_Royal/Fotos/20060205/lpic0103.jpg) - ca. 18 kb - Auf dem Foto wird durch den Blitz so richtig schön klar, wie eingestaubt das Schiff war. - Ich habe es nach dem Foto in der Dusche abgebraust.

Die Rumpfteile (http://www.wengatz.de/herbert/maritimes/modellbau/bausaetze/plastik/Soleil_Royal/Fotos/20060205/lpic0104.jpg)  - ca. 20 kb - Auf dem Foto sieht man einerseits, das ich die Heckgalerien bereits geöffnet hatte und einige erste Versuche, die richtigen Farben zu finden. Speziell das Blau und das richtige Gold machten mir Sorgen. Ich verwendete ein Preussischblau. - Zuerst pur, so dass es fast schwarz war. - Das gefiel mir nicht, ich wollte damals schon eher ausgeblichene Farben darstellen. Aber nachdem das Ölfarbe war und ich dann ein bisschen weiss dazumischte, wurde es mir eher zu Babyblau. - Ein echtes Problem! - Ausserdem kann man, wenn man genau hinschaut, erkennen, dass ich Teile der Verzierungen mit einem roten Gold angemalt habe und andere Teile mit einem gelben Gold. - Mir gefiel das gelbe Gold besser. Und im Musee de la Marine sind die vorhandenen Figuren alle ebenfalls mit einem Gelbgold überzogen. - Fazit: das gelbe Gold ist das Richtige!

Die staubigen Decks (http://www.wengatz.de/herbert/maritimes/modellbau/bausaetze/plastik/Soleil_Royal/Fotos/20060205/lpic0109.jpg) - ca. 11 kb groß. - Kein besonders wichtiges Foto. Es zeigt nur, wie der Staub Muster auf den Decks hinterlassen hat...

Die steuerbordseitige Heckgalerie in Nahaufnahme (http://www.wengatz.de/herbert/maritimes/modellbau/bausaetze/plastik/Soleil_Royal/Fotos/20060205/lpic0110.jpg) - ca 61 kb (!) Hier kann man sehr schön meine Versuche mit dem Blauton und dem Gold sehen. Die oberen drei viertel sind in Rotgold, unten die Figur ist Gelbgold. Daneben liegen die aus der Galerie entfernten Teile. - Bitte nicht denken "Igitt, der kann ja nichtmal malen..." - Ich habe da mit Absicht nur mal so "drübergewuschelt", weil ich einfach sehen wollte, wie es in etwa wirkt. - Das Endergebnis wird vollkommen anders sein!

Der Heckspiegel ohne Pseudo-Galerietüren (http://www.wengatz.de/herbert/maritimes/modellbau/bausaetze/plastik/Soleil_Royal/Fotos/20060205/lpic0111.jpg) - ca. 50 kb. Auf diesem Bild sieht man den Heckspiegel, wie er von den im Original nicht existenten Türen zu den Seitengalerien befreit ist. - Die Türen liegen zum Beweis daneben. Auch hier wieder ein Test der Wirkung von Blau mit Gold. - Schade, die Aufnahme ist durch den Blitz etwas überbelichtet.

Die Backbordgalerie, offen, unbemalt (http://www.wengatz.de/herbert/maritimes/modellbau/bausaetze/plastik/Soleil_Royal/Fotos/20060205/lpic0112.jpg) - ca. 35 kb.

Decks und Rumpf nach der ersten Wäsche (http://www.wengatz.de/herbert/maritimes/modellbau/bausaetze/plastik/Soleil_Royal/Fotos/20060205/lpic0117.jpg) - ca. 35 kb Auf dem Foto sind die Decks und der Rumpf nach der ersten Wäsche zu sehen. Hier kann man auch gut sehen, dass es leider nicht ausreicht, Plastikteile mit klarem Wasser abzuspülen, um sie von Staub zu befreien. - Da muss man tatsächlich mit einem Spülmittel ran. - Auf zur nächsten Wäsche!

Decks nach der ersten, vergeblichen Wäsche (http://www.wengatz.de/herbert/maritimes/modellbau/bausaetze/plastik/Soleil_Royal/Fotos/20060205/lpic0170.jpg) - ca. 36 kb Auch auf diesem Bild kann man nochmal besonders schön sehen, wie der Staub wieder eingetrocknet ist. - Da hilft alles nichts, ausser Spülmittel und ein Lappen!

Der Rumpf in der neuen Klemmhelling (http://www.wengatz.de/herbert/maritimes/modellbau/bausaetze/plastik/Soleil_Royal/Fotos/20060205/lpic0169.jpg) - ca. 78 kb - Auf diesem Foto kann mansehr schön den Rumpf in meiner neu gebauten Klemmhelling sehen. - Das schöne an dieser Helling ist, dass man den Rumpf um fast 90 Grad auf beide Seiten neigen kann. Und das bei einem so großen Modell! - Damit hat man endlichdie berühmte dritte Hand zur Verfügung, die einem mal eben das ganze Schiff so hält, wie man es gerade braucht.

Die Klemmhelling ist 80 cm lang. Die Bodenplatte genauso wie die Klemme. - Ich habe diese Helling mit stinknormalem Material aus dem Baumarkt gekauft. - Materialpreis: ca. 30 Euro. dafür hat man aber ein neues Werkzeug, schier für die Ewigkeit. - Ich denke, dass man darin Rümpfe bis ca. 1,20 m problemlos bauen kann. - Das einzige, worauf man ein bisschen achten muss, ist das man den Kiel nicht dabei "zerquetscht".

Für alle, die diese Helling vielleicht nachbauen wollen, kommt hier mein "Schmankerl". Ich habe mir die Mühe gemacht und eine Stückliste und eine Bauanleitung als PDF erstellt. Wer mag, kann sich die Anleitung hier: Bauanleitung Klemmhelling (http://www.modellbaukunst.de/old/Werkzeug/Klemmhelling.pdf) downloaden!

Viel Spaß!

Ciao,

HWE
 :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 11. April 2006, 15:45:12
Hi Leute!

Es hat eine Weile gedauert, aber jetzt habe ich mal wieder ein paar News zu dem Thema. - Wir haben uns hier ja bereits ausführlich über die Farbe Blau ausgelassen. Eine der wenigen Optionen, die hier zur Verfügung standen, war die schwache Möglichkeit, dass das Blau der Schiffe aus "Färberwaid" gewonnen sein konnte.

Wie es der Zufall will, habe ich am letzten Wochenende wirklich rein zufällig in die Sendung mit der Maus reingezappt. (Das ist nicht sooo verwerflich, denn die bekommen vom MinD e.V. (http://www.mensa.de/) den IQ-Preis für 2006 verliehen.)  :D  - Dort wollte man erklären, woher die Redewendung "Blau machen" stammt. Und das taten sie denn auch, indem sie erklärten, wie man früher "Blau" herstellte. - Aus Färberwaid!  :winken:

Und das geht so...

Waid ist eine Pflanze, die gelb blüht. Diese lässt man ordentlich wachsen und auch blühen. Zu einem geeigneten Zeitpunkt wird die Pflanze dann "geerntet". Dabei werden in erster Linie die Blätter und Blüten benötigt. - Diese werden schön in kleine Streifen zerschnitten und in einem großen Kessel mit ein wenig Wasser "angesetzt" und zum gären gebracht. -Die Gärung ist wichtig!
Nach ein paar Tagen giesst man eine große Menge Wasser dazu und filtert das Ganze, damit keine Pflanzen-Reste (Blätter, Stiele, etc.) auf die spätere Kleidung gelangen. In die so gewonnene "Brühe" taucht man die Kleidung/den Stoff ein und lässt ihn eine Weile darin schwimmen, damit sich alles gut voll saugen kann. Danach wird der Stoff wieder herausgeholt (abtropfen lassen) und einfach auf eine Leine zum trocknen gehängt. - Der Luftsauerstoff (?) reagiert nun mit dem Waid und nach einer Weile entsteht eine blaue Farbe. Waid lasiert relativ stark. Deswegen muss man um so mehr "eintunken und trocknen lassen"-Durchgänge durchführen, je dunkler das Blau sein soll. - Damit war die Herstellung von blauen Stoffen sehr zeitaufwendig und damit logischerweise auch teuer.
Denn wenn man für ein sattes Rot nur einen einzigen Durchgang benötigt, ist das natürlich viel schneller verfügbar.

Aus dem vielen warten auf den blauen Stoff (der Färber hatte alle anderen Arbeitsgänge erledigt), entwickelte sich die Redensart mit dem "blau machen". - Kein Wunder, denn wer auf Blau wartete, hatte viel Zeit für andere Sachen.  :santa:   :laaaang:  

Nachdem wir also auch das Rätsel der Herkunft der Redensart gelöst haben, versuche ich jetzt mal zu interpretieren, ob dieses Vorgehen auch für den Schiffbau geeignet war.  *dummi*

Nachdem Waid nun stark lasiert, erscheint es sinnvoll, den Untergrund zuerst zu grundieren, bevor man Waid aufträgt. Sinnvollerweise sollte man den Untergrund nicht schwarz grundieren, denn da hebt sich das schwache, nichtdeckende Waid nicht ab. - Also sollte man den Grund weiss grundieren. Weiss ist neutral und wenn man lasierendes Blau aufträgt, wird es, genauso wie beim Leinentuch, zuerst blassblau und mit jedem Durchgang immer dunkler. - Hatte man zur Zeit der Soleil Royal eine weisse Farbe auf einer Werft zur Verfügung?

Die Antwort lautet klar: Ja. - Bleiweiss. - Das nahm man ja ohnehin für den Unterwasserteil und war damit definitiv auch als wasserabweisender Über-Wasser-Anstrich geeignet.

Aber das alleine ist noch nicht die endgültige Lösung.  :baby:

Es sind noch ein paar weitere Punkte zu klären.  X(

Waid, so wie ich das im Fernsehen gesehen habe, war/ist nichts anderes als eine ziemlich wässigre Lösung. Die Fragen, die sich mir stellen sind:
- Besitzt Bleiweiss genügend Saugkraft, um Waid an sich zu binden?
- Besitzt Bleiweiss vielleicht noch andere Eigenschaften, die eventuell den Färbungsprozess von Waid unterbinden?
- Was passiert mit dem überschüssigen Waid, wenn man es auf den Rumpf aufträgt? - Läuft es das ganze Schiff hinunter? (Was für eine Sauerei, die sich dann auch noch blau einfärbt?! - Und das über die schönen ockergelben Streifen! - Waren die dann zeitweilig eher grün? ;) )
- Hat man vielleicht Bleiweiss mit Waid im Topf gemischt und dann die Mischung an den Rumpf geschmiert?
- Hat man vielleicht etwas anderes als Bleiweiss verwendet? -Vielleicht weisse Kreide? - Die ist saugfähig und kann man gut wieder
trocknen (einfach lange in die Sonne legen). Wenn man Kreide mit Waid tränkt, wird die Kreide dann blau?
- Ist Waid, nachdem es ja aus einer wässrigen Lösung stammt, später wasserlöslich, also als Schiffsfarbe vollkommen ungeeignet?
(Ich denke nein, nicht sehr. Blau wird es ja erst, wenn es in Kontakt mit der Luft kommt, und nicht in der Lösung selbst. Damit ist offensichtlich eine chemische Reaktion verbunden, die vermutlich nicht rückgängig gemacht werden kann (oder doch?). Ausserdem hätte man seinen Spaß mit Wäsche gehabt, die so eingefärbt ist, dass die Farbe beim waschen sofort wieder raus geht. Das kann man als Wäschefarbe nicht verwenden. Demnach ist Waid also nicht wirklich gut wasserlöslich. Auch der Hinweis, dass ein Stück Stoff, welches in Waid getunkt wird, bei jedem Durchgang blauer wird, wiederspricht der Vermutung, dass Waid wasserlöslich ist. Andernfalls dürfte das Tuch nicht blauer werden, weil die Farbe ja dauernd wieder rausgewaschen würde. - Waid ist demnach also wahrscheinlich sogar gut geeignet für einen Schiffsrumpf. Auch was die Lichtechtheit angeht, denn die Leute haben damals nicht viele Kleindungsstücke besessen. - Ein blaues Kleidungsstück musste also lange seine Farbe behalten, egal bei welchem Wetter. - Andernfalls wäre es nicht gut als Kleiderfarbe zu gebrauchen.)
- Wie kann man Bleiweiss mit Waid zu einer malbaren Farbe verbinden? (Idee: mit Öl? - Viele Farben waren damals Ölfarben. Öl ist wasserabweisend und man kann damit gut Substanzen zusammenrühren und einen konsistenten Brei herstellen. -> Eine Ölfarbe. - Und eine Ölfarbe hört sich für mich nicht schlecht an, um einen Rumpf damit zu bemalen. - Natürlich gilt dasselbe für die Variante mit der Kreide...)
- Malbar, gut und schön. - Aber was passiert, wenn die Farbe sich leicht durch Wind und Wetter (aggressives Salzwasser, harte Sonneneinstrahlung,...) wieder abwaschen ließ? - Dann musste sie womöglich noch geschützt werden, durch einen Lack!? Was für Möglichkeiten besass man damals um eine Art "Klarlack" herzustellen? - Baumharze?

Alles was mir jetzt noch fehlt, ist jemand, der mir mal Waid mit Bleiweiss (oder Kreide) und Öl zusammenrührt, um damit ein Stück Holz zu bemalen, welches ich ein paar Monate auf meinen Balkon stelle, um zu sehen, wie wetterfest das ist. :)

Freiwillige vor!  :14:

Waid an sich war damals sicher einigermassen "billig" zu bekommen. - Das teure daran, etwas "blau zu machen" ist die Zeit, die das gekostet hat und die vielen erneuten Anläufe. - Vielleicht konnte man sich ja die vielen Anläufe ersparen und das Waid immer wieder über etwas "laufen lassen" (tropfen?), damit das Wasser aus dem Waid verdunstet und die reine blaue Farbe extrahiert werden kann? - Mit einem solcherart "konzentrierten" Blau kann man leichter Farben anrühren... - Aber Waid auf diese Weise zu gewinnen, war sicher ebenfalls kostspielig, weil aufwendig. - Aber vielleicht immer noch einfacher und billiger als andere Methoden?  ?(

Waid als möglicher Blauton für die französischen Schiffe ist für mich damit noch immer nicht endgültig vom Tisch. - Die Basis-Substanz war billig und leicht herzustellen. Die anderen Eigenschaften mit Bezug auf die Verwendung als Bootsfarbe, sind so schlecht nicht. Das sind wichtige Punkte, die man berücksichtigen sollte, meine ich.

Verständlich allerdings, wenn die Franzosen irgendwann damit aufhörten, auf so aufwendige Weise die Schiffe zu bemalen, oder wenn die meisten Schiffe eben nicht blau angemalt waren, sondern nur die besonders "wertvollen". - Zur Hervorhebung des Wertes ist eine Bemalung mit Waid dagegen eine scheinbar gute Idee, denn es war ja vom Färben von Stoffen her bekannt, dass es kostspielig war, etwas blau zu machen.

Ich bin neugierig auf eure Meinungen dazu!  8)

Ciao,

HWE
 :mariinee:

PS. Wer sich fragt, wann es denn nun endlich mit dem eigentlichen Bau los geht... - Wer sagt euch, dass es nicht schon längst begonnen hat? ;) - Ich will vielleicht lieber alles ausführlich und nacheinander darstellen? - Ausserdem halte ich es für das Wichtigste schlechthin, festzustellen, was die korrekten Farben waren und wie sie sich malen liessen und wie sie vermutlich ausgesehen haben. Nur wenn ich diese Eigenschaften kenne, kann ich mein Modell möglichst nahe am Original erscheinen lassen.
Erst wenn ich alle möglichen Fehlerquellen ausgeschlossen habe, kann ich anfangen zu grundieren, weil ich ja sonst womöglich schon beim grundieren etwas falsch mache. - Und gerade bei einem Plastik-Modell mache ich die Haupt-Aussage, nämlich was für ein Material ich darstelle, über die Farbe. - Ein Plastikmodell steht und fällt für mich mit der richtigen Farbwahl. Also Geduld! - Die Farben sind essentiell wichtig!
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Hans in 11. April 2006, 15:55:39
Ich habs schon mal versucht, irgendwo kurz zu erklären: Klappt nicht. Was man mit Waid/Indigo erzeugt, ist eine körperlose Flüssigkeit, die durch Oxidation (die gestoppt werden muss!) in der Lage ist, Stoffe zu färben = beizen. Wenn man sie dagegen in irgendeiner Trägerflüssigkeit einrührt, zB weisse Farbe, in der Hoffnung, durch das Auflacken ( weisses Pigment wird gefärbt) eine blaue Farbe zu erzielen, funktioniert die Oxidation nicht.

Grüße
Hans
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 12. April 2006, 12:05:42
ZitatOriginal von Hans Trauner
Ich habs schon mal versucht, irgendwo kurz zu erklären: Klappt nicht. Was man mit Waid/Indigo erzeugt, ist eine körperlose Flüssigkeit, die durch Oxidation (die gestoppt werden muss!) in der Lage ist, Stoffe zu färben = beizen. Wenn man sie dagegen in irgendeiner Trägerflüssigkeit einrührt, zB weisse Farbe, in der Hoffnung, durch das Auflacken ( weisses Pigment wird gefärbt) eine blaue Farbe zu erzielen, funktioniert die Oxidation nicht.

Grüße
Hans

Hallo Hans!

Vielen Dank für diesen Input!  :P  - Ein "verrühren" mit einer Trägersubstanz funktioniert also erstmal nicht.  :2:

Wie sieht es dann damit aus, eine Fläche weiss zu grundieren und diese dann immer wieder mit Waid zu überstreichen?  ?(

Indigo ist sowieso erstmal aussen vor, das gab es (meines Wissens) zur Zeit der Soleil Royal noch nicht in Europa.  :2:

Und die Fläche wird dann nach n-maligem bestreichen mit Waid einem "Stoppbad" ausgesetzt (eingepinselt) und danach noch mit
einem Lack (?) überzogen?

Wäre das denkbar?  *dummi*

Ich habe vor, in Kürze mal über Kremer Pigmente mehr zu der Sache herauszufinden. Da geht es dann eher um den anderen Ansatz, Azurit. :)

Wahrscheinlich organisiere ich mir sogar etwas "echtes" Azurit.  :P

Ich habe nochmal nachgelesen. Azurit ist auch nicht wirklich einfach zu verarbeiten. - Anscheinend müssen die einzelnen Pigmente (!!!) mit einer Art Eiweiss-Schicht umhüllt sein, damit die Farbe nicht kaputt geht (oxidiert). Wenn man die Farbe über Kremer bezieht, dann haben die die Pigmente bereits entsprechend behandelt. Das muss ich dann nicht selbst tun. :)
Bin SEHR neugierig, was die bei Kremer mir erzählen werden.  :9:

Ciao,

HWE
 :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: MS in 18. April 2006, 12:47:30
Hallo,

zum Thema "blau färben" hätte ich da auch noch eine Anmerkung  :D :

Als ich meine Soleil bereits mit einem ziemlich intersiven Blau bedacht hatte, wurde mir bei etwas genauerer Recherche klar, dass eine solche Farbgebung im 17. Jhd. eher unwahrscheinlich war. Indigo (wohl auch schon 1669 bekannt) oder Waid eignen sich wohl nicht für Schiffsanstriche.


Zur Geschichte des "Blaumachens" bei der Maus (übrigens: auch ich bin bekennender "Maus-Fan"), fehlt meiner Meinung aber ein wichtiger Aspekt:


Die Blaufärberei erforderte schönes Wetter, es musste heiss sein, mindestens zwei Wochen lang. An Geräten war nur ein Bottich nötig, welcher in der Sonne stehen musste. Die Waidblätter wurden mit Flüssigkeit bedeckt. Es ist chemisch eine einzigartige Flüssigkeit, die man braucht: frischen menschlichen Urin.

In der Sonne beginnt die Urin-Waid-Brühe zu gären, dabei entsteht Alkohol, er löst den Farbstoff Indigo aus den Blättern. Der chemische Ablauf war im Mittelalter nicht bekannt, aber man wusste, dass die Gärung verstärkt wird und man mehr Farbstoff gewinnt, wenn man Alkohol zugibt. Allerdings kippte man den Alkohol nicht direkt in die Brühe, dazu war er zu schade, das hätte die Waidfarbe verteuert. Der Alkohol wurde über einen Umweg zugeführt: In den alten Rezepten ist vermerkt, dass die Farbe besonders gut wird mit dem Urin von Männern, die viel Alkohol getrunken haben.

Aber auch jetzt sind die Stoffe noch nicht blau - sie haben nur die unappetitliche Farbe der Brühe. Die blaue Farbe entsteht erst, während die Stoffe im Sonnenlicht trocknen. Da Blau erst am Licht entsteht, ist sie so lichtecht. Die Färber hatten nichts zu tun, als morgens und abends die Brühe vorsichtig umzurühren, den von der Sonne verdunsteten Urin aufzufüllen - und vor allem weiterhin für den Alkoholzusatz zu sorgen, denn je besser die Gärung, desto ergiebiger der Farbstoff, desto intensiver das Blau.

Abgesehen vom Gestank - Blaufärben war eine angenehme Tätigkeit. Die Färber arbeiteten im Freien, bei schönem Wetter, und es gab reichlich zu trinken! Immer wenn die Färbergesellen am Montag betrunken in der Sonne lagen, um auf das Ergebnis zu warten, wusste jeder, dass blau gefärbt wurde, die Färber waren "blau" und "machten blau". Auch der Begriff "blauer Montag" findet hier seinen Ursprung.


- Nur mal so am Rande  :D .


Gruß

Martin  :winken:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 18. April 2006, 13:01:34
Hallo Martin,

vielen Dank für diesen zusätzlichen Input! :)

Färber, die Blau machen und Segler haben also etwas gemeinsam.- Ratet mal was! ;) - Viel trinken

Insofern kann ich mir die Kombination aus blauen Segelschiffen schon gut erklären. - Vielleicht kommt daher auch das: "Ich geh' jetzt schiffen..." ;) - Da kann ich mir einen tollen Dialog vorstellen:

"Gehst Du jetzt wieder Blau machen?" - "Nein, ich geh' jetzt erstmal schiffen..."

So, ich glaube, das Thema haben wir jetzt genug ausgereizt. :D

Ich verstehe jedenfalls, wieso sie das in der Sendung mit der Maus nicht weiter ausgewalzt haben. Vor allem mit dem Alk im Urin...

Wie gesagt, ich werde dann noch einen Anlauf beim Kremer unternehmen.

Ich melde mich, wenn es so weit ist.

Ciao,

HWE
 :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 21. April 2006, 18:33:47
Hi Leute,

wie versprochen war ich endlich mal bei Kremer Pigmente und habe mich vor Ort versucht "aufzuschlauen".

Ich habe mir einige Pigmente sogar mitgebracht und werde mir daraus meine eigene Ölfarbe für meine Soleil Royal mischen. Aber dazu später mehr.

Die wichtigste Frage, die nach dem richtigen Blau, konnte ich leider immer noch nicht zu meiner vollsten Zufriedenheit klären.
Trotzdem kann ich nur bestätigen, daß die Wahrscheinlichkeit extrem hoch ist, dass es sich bei dem verwendeten Blau um Azurit gehandelt hat.

Ölfarben hat man schon damals auch mit Harzen versetzt, damit sie schneller trockneten. Gleichzeitig hat man Harz auch gerne als Schutz gegen Wasser verwendet. Somit beissen sich die Annahmen nicht, dass es sich bei dem Blau um ein Blau wie bei den Ölmalern gehandelt hat. So haben auch die Niederländer damals die Hecks ihrer Schiffe sehr oft mit Ölgemälden verziert (Vielen Dank, Holger für den Hinweis).

Das Azurit ist in seiner Natur-Farbe tatsächlich ein helles Blau, mit einem leichten Stich ins Türkise. - Kein Wunder, wenn man weiß, dass Azurit Kupferhaltig ist und in etwas anderer Form auch als "Bergblau" (und mit leicht anderer chemischer Zusammensetzung) als "Berggrün" (Malachit) bekannt war. Ausserdem kann es passieren, dass die Farbe, wenn man sie nicht richtig behandelt, tatsächlich grün wird.

Azurit wurde durch kochen, schlämmen und mahlen hergestellt. Es wurde unter anderem auch im Mittelalter viel verwendet und es gibt Lagerstätten in Lyon.

Alle diese Punkte weisen deutlich darauf hin, dass es sich bei dem ominösen Blau tatsächlich um Azurit gehandelt haben könnte.  :klatsch:

Aber jetzt kommt das Beste, auch wenn ich es noch nicht endgültig verifizieren konnte:

Bei Kremer Pigmente gab es auch mittel- bis dunkelblaues Azurit!  :9:

Nachdem Azurit-Pigment ziemlich teuer ist (auch heute noch) und giftig dazu, habe ich vom Erwerb erstmal Abstand genommen. Allerdings habe ich versucht, mir den Blauton gut einzuprägen.

Das einzige, was ich leider nicht eindeutig klären konnte, war, ob es um 1690 bereits möglich war, dunkelblaues Azurit herzustellen, oder ob das ein modernes Verfahren ist. - Das werde ich noch zu klären versuchen.

Wenn es 1690 möglich war, Azurit auch in dunkelblau herzustellen, dann sind all die ganzen Soleil Royal-Modelle mit einem dunkelblauen Streifen und Heck akzeptabel. - Wenn nicht, dann war das tatsächlich eher ein Hellblau. - So wie der Himmel eben. - Cote d'Azur...  8)

Das muß ich also noch klären.

Dann habe ich mir erlaubt, nach französischen gelben und roten Ocker zu fragen.  8)

Ich habe auch je einen Beutel mit je 100 Gramm für ca. 2,50 Euro pro Stück erworben.

100 Gramm sind eine ganze Menge! Das ist eine gute Handvoll Pulver.

Ich habe auch mal nach den Preisen für anderen Ocker gefragt. Italienischer gelber Ocker war auch vorhanden. Dieser war heller und leuchtender als der französische, allerdings wurde mir mitgeteilt, dass der italienische in größeren Mengen teuerer ist, als der französische. - Ich bin mal davon ausgegangen, dass das damals auch so war und die Franzosen lieber ihr eigenes Produkt nutzten.

Ähnliches gilt für den roten Ocker. Ich habe Französichen Ocker "Soforouge" gekauft. Anderen französischen roten Ocker gab es nicht. - Allerdings weiss ich aus Beschreibungen, dass dieser durchaus auch andere Farbtöne haben konnte.

Zur farblichen Wiedergabe: Ich habe versucht, die Beutel (sind aus durchsichtigem Kuststoff) mal einzuscannen. - Das Ergebnis hat mich farblich überhaupt nicht überzeugt. - Irgendwie hat der Weißabgleich "gesponnen". - Das, was ich auf dem Screen sah, war nicht in der Tüte. - No Way!

Also versuche ich euch die Farben verbal möglichst einfach zu beschreiben.

Der gelbe Ocker ist relativ hell. Ich habe da eher an Safran, oder Senfkörner denken müssen. Sicher hat der auch in der Intensität geschwankt. - Trotzdem war der italienische gelbe Ocker weit heller!

Für englische Schiffe würde ich übrigens nochmal gesondert losziehen, denn es gibt auch englischen gelben Ocker...

Der rote Ocker hat eine fatale Ähnlichkeit mit einem "Ziegelrot", oder "Englischrot hell". - Letzteres sollte man auf keinen Fall mit weiss aufhellen, das wird sofort Rosa!

Ziegelrot in der Art, wie wenn man einen Ziegelstein nimmt und den zum malen hernimmt. - Wer hat das nicht als Kind mal gemacht? (Wenn nicht: nachholen!!!)

Dieses Englischrot, oder Ziegelrot ist natürlich nicht das Rot, dass man sich vorstellt, wenn man erzählt bekommt, dass es gestrichen wurde, damit das Blut der Verwundeten nicht so auffiel. - Es ist eben kein "Blutrot". - Andererseits: Wenn Blut trocknet, wird es eher braun... - Wer weiss, was genau man nun "vertuschen" wollte. - Frisch vergossenes Blut, oder drei Tage (oder Wochen) altes Blut, dass vermutlich von deinem besten Freund stammte, der neben dir gestorben ist.

Ich glaube, solches altes Blut zu finden, ist viel deprimierender. Es wirkt sich auf die Moral sicher viel deutlicher aus, als Blut, welches soeben frisch vergossen wurde. - Frisches Blut kann von sonstwem sein. - Man ist aktiv im Kampf und abgelenkt.

Aber wenn ich beim saubermachen (Deckschrubben, oder Holz ausbessern) an eine Stelle komme, wo ich weiss, dass jemand gestorben ist, den ich kannte und mochte und dann finde ich in einer fiesen Ecke noch dunkle Blutreste...

Vielleicht ist dieses Ziegelrot garnicht so verkehrt, denn es liegt in seiner Farbe zwischen beiden Möglichkeiten.

Ocker (egal ob rot oder gelb) ist eine mineralische Farbe. Von daher von Natur aus eher matt (staubig, Pulver). Trotzdem hat man damals vermutlich harzhaltige Ölfarbe verwendet, um die Schiffe entsprechend zu streichen. Ein höherer Harzanteil sorgt dafür, dass Ölfarbe schneller trocknet, gleichzeitig dürfte es auch gut vor Wasser schützen. dafür ist es nicht ganz so elastisch wie reine Ölfarbe. Ich werde wohl ein wenig experimentieren, was am besten aussieht. - Künstlerölfarbe einfach aufzutragen ist vermutlich sogar am authentischsten.

So. Jetzt noch ein letztes. Ich hatte schonmal angedeutet, dass uns die Farbe Schwarz noch fehlt. Das war bis jetzt auch richtig. Das will ich hier und heute gleich mit erledigen.

Schwarze Farbe hat man früher in erster Linie durch Verbrennen von Substanzen und Verwendung des Ruß gewonnen.
Dabei gibt es tatsächlich qualitative Unterschiede, die sich natürlich auch irgendwo im Preis wiedergespiegelt haben.

Das beste Schwarz ist Elfenbeinschwarz. Es wird tatsächlich durch verbrennen von Elfenbein gewonnen. - Entsprechend teuer ist es auch.

Künstler nahmen aber auch gerne Schwarz aus bestimmten Kernen. Zu Beispiel aus Traubenkernen, oder Pfirsich- oder Kirschkernen. Auch diese Farben dürften für die Verwendung an einem Schiff zu kostspielig gewesen sein.

Billiger war sicher "Lampenschwarz" - Das war der Ruß, den man aus Lampen kratzte. - Damals verbrannte man alles mögliche in Lampen und der so gewonnene Ruß war zwar sicher billig, aber nicht in großen Mengen und in gleichmäßiger Qualität lieferbar.

Was bleibt?

Nun, man hat damals aus Holz so ziemlich alles gemacht. - Man baute die Schiffe daraus. - Aber was machte man mit dem Holz, was für den Schiffbau ungeeignet war?

Das wurde verwendet, um Feuer zu machen. Um Terpentinöl herzustellen, um Holzkohle herzustellen und damit Eisen (und andere Erze) zu schmelzen. Ein Nebenprodukt dabei ist auch Holzkohlenteer und natürlich auch Baumharze.

Ihr ahnt schon worauf das hinausläuft. Natürlich hat man zumSchwärzen der Rümpfe die schwarze Pampe hergenommen, die übrigblieb, wenn man Holz so verarbeitete, dass Terpentinöl und Holzkohlenteer erzeugt oder verbrannt wurden. Da gab es schwarzes Zeug in rauhen Mengen! - da hatte man alles auf einmal: (Terpentin-) Öl, Teer, Harz, schwarzen Ruß, alles prima geeignet um ein Schiff abzudichten und es auch gleich schwarz zu malen.

Ein Öliges, leicht glänzendes, eher seidenmattes Schwarz dürfte hier wohl am besten zutreffen. - Egal welches. - Wie schon mein Lehrer sagte: Schwarz ist keine Farbe, schwarz ist ein Zustand.

Nun noch ein paar Worte zum selbst anrühren von Ölfarben. - Das scheint garnicht so schwer zu sein, ich habe in einem Künstler-Fachgeschäft nocheinmal nachgefragt. - Man nehme: eine gewisse Menge von dem Pigment-Pulver (nicht zu viel, man will ja nicht die ganze Wohnung damit streichen!) - Es reicht vermutlich ein Esslöffel voll gelben Ocker, um die gesamte Soleil Royal damit zu streichen!

Dieses Pulver tut man in ein geeignetes Gefäß und tut ungefähr die gleiche Menge Balsam-Terpentin dazu.
Dann rührt man ausgiebig um. - lange und ausdauernd. - Der Verkäufer empfahl mir, eine Art "Elektroquirl, oder Pürierstab" dazu zu verwenden. So lange, bis es keine Klümpchen mehr gibt. Diesen Brei lässt man am besten mindestens 24 Stunden stehen. - Das nennt man "einsumpfen". Das ist notwendig, weil die Pigment-Partikel aus elektrostatischen Gründen jedes für sich eine Lufthülle um sich aufbauen, die erst "gebrochen" werden muß.

Wenn man nun lange genug gewartet hat, tut man, je nach Gusto, ungefähr die gleiche Menge Leinöl hinzu und verrührt das ganze wieder ausgiebig, solange, bis es richtig schön pastös geworden ist. Wie eine Hautcreme. - Fertig!

Das Einzige, was man dabei noch überlegen sollte ist, was für ein Leinöl man verwenden will...

Man kann "gebleichtes" nehmen. das ist schön klar und beeinflusst die Farbe nicht. - Aber man kann auch gekochtes und sikkaviertes Leinöl-Firnis nehmen. Das ist leicht geblich (sieht von Hause aus schon alt aus) und trocknet auch schneller.  :winken:

Natürlich hat auch die Menge von Öl einen Einfluß auf die Trockenzeit. Ganz klar, je mehr Öl, um so länger braucht's zum trocknen! Und das kann bei Künstler-Ölfarbe auch mal locker bis zu einem Jahr dauern...

So. damit bin ich mit dem Thema Farbgebung für mich für's erste durch. Jetzt geht's an andere Details, die vor dem Bau geklärt werden müssen.

Bis zum nächsten Mal!

Ciao,

HWE
 :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 01. Mai 2006, 15:29:01
Hi!

Nachdem ich euch seitenlang über die richtige Farbgebung zugetextet habe, gibt es hier endlich mal wieder ein paar Fotos.

Ich habe mir die Mühe gemacht und den gelben und den roten Ocker tatsächlich selbst zu Ölfarben "angerieben" (wie man das in der Fachsprache der Künstler nennt).

Hier meine Ausgangsbasis:

(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/%C3%96lfarbenherstellung/LPIC0001.JPG)

Darf ich vorstellen? - Von links nach rechts (und von hinten nach vorne):

- 100 ml rektifiziertes (gereinigt, destilliert) Terpentinöl. VORSICHT bei der Anwendung, es ist BRENNBAR und wirkt REIZEND auf die Schleimhäute. (sehr hell und klar) - Habe ich verwendet.
- noch ein Fläschchen Terpentin, von einem anderen Hersteller (Lukas, Nr.: 2210) - vermutlich alterungsbedingt, etwas gelblich
- Lukas Öl (Nr. 2221) Medium 3, zum selbst anreiben von schnelltrocknender Harzölfarbe (sehr hell und klar)
- Lukas Öl (Nr. 2212) Leinöl, gebleicht - interessanterweise gelblicher als das Harzöl.
- Schmincke (Nr. 50 014) Leinöl-Firnis, gekocht und sikkativiert - zum Selbstanreiben von Ölfarbe - Wurde verwendet.
- Ein Batteriebetriebener Milchaufschäumer - Wurde nicht verwendet...
- Zwei leere Sambal Olek Gläschen
- Ein billiger Teelöffel aus Edelstahl
- gelber und roter Ocker aus Frankreich. Beide über Kremer Pigmente bezogen.

Tatsächlich zum Einsatz kamen davon die folgenden Fläschchen:
- das rektifizierte Terpentin
- die Schmincke Leinöl-Firnis

Tipp am Rande: Ich bin kein großer Sambal Olek-Esser und meine Frau gleich garnicht. - Ich war nur auf der Suche nach möglichst kleinen Gläschen, die man mit einem Deckel gut wieder verschliessen kann (damit sie nicht eintrocknen und es nicht so stinkt) in meinem Supermarkt um die Ecke, als mir der Zufall zu Hilfe kam. - Während ich vor dem Gewürz- und Konserven-Regal nach etwas Geeignetem herumsuchte, fiel mir eine junge Frau auf, die gerade eine Art Inventur machte.

Als ich zu den Gläschen mit Sambal Olek griff, wollte sie mich gleich warnen: "Die sind schon abgelaufen!" - Das hörte sich für mich hervorragend an! - Ich fragte sofort, ob ich die Dinger dann für lau bekommen könnte? - Nach einer kurzen Rücksprache mit der Marktleitung, der ich klar machte, dass ich nur die Gläser an sich will, durfte ich kostenlos mit 5 Gläschen von dem Zeug heimfahren! - Andernfalls hätte mich jedes Glas ca. 1 Euro gekostet (mit Inhalt). - Falls jemand eine noch billigere Quelle für solche Gläschen weiss, immer her damit! ;) - Ihr seht, man kann auch sehr günstig an sein Arbeitsmaterial herankommen, manchmal muss man nur fragen!

Weiter im Text.

Als erstes muss man ein wenig von dem Pigment-Pulver in eines der Gläschen bekommen.

WARNUNG!
Pigmente sind im Prinzip nichts anderes als "Feinstaub". Dieser gilt allgemein als krebsfördernd, bis -erregend. Und macht sich auch garnicht gut in der Lunge, da er die Lungenbläschen kaputt macht und nicht vom Körper abgebaut werden kann.
Aus diesem Grund sollte man sich vor Feinstaub massiv schützen, zum Beispiel, in dem man mit einem feuchten Tuch vor Mund und Nase in dieser Situation arbeitet.
- Andererseits: Es gibt Maler (ich glaube es war Tizian) der mit weit über 90 an der Pest starb. - "Spruch" dazu: "Wenn ihn die Pest nicht geholt hätte, würde er heute noch leben..." ;) Und der wusste noch nichts von Feinstaubbelastungen...

Um also das Pulver in eines der Gläschen zu bekommen, habe ich ein Blatt Papier genommen und zu einem Trichter gerollt (mit einem Tesa fixiert) und dann nach Gefühl ein bisschen Pulver in das Gläschen laufen lassen.

Auf dem folgenden Bild seht ihr, wie das in etwa aussieht:

(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/%C3%96lfarbenherstellung/LPIC0004.JPG)

Auf dem folgenden Bild seht ih den Gläscheninhalt in Nahaufnahme:

(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/%C3%96lfarbenherstellung/LPIC0006.JPG)

Das Pigment ist in Wirklichkeit extrem feinkörnig. - Wenn es, wie hier, schon leichte Klümpchen bildet, ist das ein Zeichen dafür, dass es feucht geworden ist. - Das sollte kein Wasser sein, denn wir wollen ja eine Ölfarbe herstellen, und keine Wasserfarbe, oder? - Also ganz schnell etwas Terpentinöl dazu!

Siehe hier:

(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/%C3%96lfarbenherstellung/LPIC0007.JPG)

Hmmm, das war wohl noch etwas zu wenig. Also etwas mehr dazu!

(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/%C3%96lfarbenherstellung/LPIC0008.JPG)

Das könnte wiederum etwas zu viel des guten gewesen sein. - Aber erstmal verrühren und dann sehen wir weiter!

(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/%C3%96lfarbenherstellung/LPIC0009.JPG)

So sieht das dann verrührt aus. - Das wirkt nur wegen der Beleuchtung und der kamera so dunkel. Das ist NICHT das Rot, sondern tatsächlich das Ocker-Gelb!

Die Farbe, die auf dem folgenden Foto zu sehen ist, stimmt mit der des Endproduktes, welches inzwischen vor mir steht, recht gut überein.

(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/%C3%96lfarbenherstellung/LPIC0010.JPG)

Und so sieht es zwischendurch aus, wenn man festgestellt hat, dass die erste Mischung viel zu dünnflüssig ist, und man wieder etwas Pulver dazugegeben hat:

(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/%c3%96lfarbenherstellung/LPIC0011.JPG)

Und jetzt noch etwas Pulver, weil es noch zu dünn ist (Es soll ja mal irgendwann richtige Ölfarbe werden, mit Öl als Bindemittel...

(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/%c3%96lfarbenherstellung/LPIC0013.JPG)

Schade, schade. Schon wieder zu trocken geraten! - Interessant, dass der gelbe Ocker eher rot wirkt und wird, wenn er trockener ist. - Und das ist sowieso ein großer Trick: Um roten Ocker zu erhalten, muss man eigentlich nur gelben Ocker erhitzen! (oxidieren?)

Aber so sieht es dann aus, wenn man einen Teeöffel voll Leinöl-Firnis hinzugibt:

(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/%c3%96lfarbenherstellung/LPIC0014.JPG)  

Und nachdem das diesmal gut gepasst hat, machen wir dasselbe, nur diesmal testhalber andersherum, zuerst mit Leinöl-Firnis und danach mit Terpentin, mit dem roten Ocker. - Der rote Ocker kam mir die ganze zeit viel zu hell vor.
Solange, bis er feucht wurde... - Seht selbst:

Zuerst Pulver:

(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/%c3%96lfarbenherstellung/LPIC0016.JPG)

dann Öl (Firnis) dazu:

(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/%c3%96lfarbenherstellung/LPIC0019.JPG)

Jaaa, ich weiss selbst, dass das Bild hochgrradig unscharf ist, aber das sieht man nicht auf einem popeligen 1-Zoll TFT-Display und ansonsten ist das ein typisches Foto von mir, mit einer Autofokus-Kamera gemacht. - Das Hauptmotiv in der Mitte ist unscharf und der Hintergrund ist bestechend scharf! - Ich habe mir mit diesen dämlichen Autofokus Kameras schon soooo viele Bilder versaut! - Deswegen steht sehr weit oben auf meiner Liste eine SLR-Kamera..

Aber ich hoffe, ihr bekommt wenigstens einen Eindruck... - Schön zu sehen (auf dem weissen Plastiklöffel) wie Gelb das Öl eigentlich ist.

Aber nun wieder ein Bild vom rühren...

(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/%c3%96lfarbenherstellung/LPIC0020.JPG)

Hier sieht man schon viel besser, was für ein schönes Rot der rote Ocker sein kann! - dazu, Original französischer! ;)

Noch eine Anmerkung, richtig "angerieben" wird so eine Farbe so, dass nicht das kleinste Krümelchen, nicht der kleinste Klumpen in der Farbe ist. - Das merkt man ganz gut am knirschen. - Solange die Farbe zwischen dem Löffel und dem Glas noch knirscht (wie Sand), dann muß man weiter reiben und umrühren. - Das dauert eine ganze Weile und zwischen jedem der Fotos habe ich jedesmal bestimmt 5 Minuten gerührt. - So viel zum Zeitaufwand!

Jetzt noch zwei Fotos von den fertigen Farben. das erste ist dank Blitz etwas überbelichtet:

(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/%c3%96lfarbenherstellung/LPIC0021.JPG)

Dafür war das zweite wieder so unscharf, dass es sich nur in der Verkleinerung anzuschauen lohnt:

(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/%c3%96lfarbenherstellung/LPIC0022.JPG)

Die Farben hier auf dem letzten Bild stimmen mit der Realität recht gut überein.  

Ich habe jetzt etwa 24 Gramm gelben Ocker und 12 Gramm roten Ocker, als selbstgemachte Ölfarben.

Die Konstistenz von beiden ist recht breiig. - So wie Senf, oder Nussnougat im Glas. - Dank dem Deckel werden sie mir (hoffentlich) nicht so schnell eintrocknen.

Die endgültige Anwendung bringt mich aber wieder ins grübeln, denn Ölfarbe kann bis zu einem Jahr (oder länger) brauchen, bis sie vollständig angetrocknet ist. Ich hoffe, ich kann das irgendwie beschleunigen.

Das war's für heute. - Ölfarben selber machen ist garnicht so schwierig. Und im Falle der beiden Ocker-Farben war es sogar definitiv notwendig! - Ich habe nämlich sowohl bei Schmincke und bei Lukas keinen roten Ocker als Ölfarbe kaufen können!  8o  ?(  :]  X(  :12:  :winken:  :haudrauf:  :aerger:
Ich habe es in mehreren Geschäften versucht und auch auf den Webseiten gesucht. - Beide bieten keinen roten Ocker mehr an! - Wer weiss wieso...  8o  ?(  

Den batteriebetriebenen Milchaufschäumer habe ich übrigens NICHT eingesetzt, da er die Substanzen vermutlich mit zu viel Luft versetzt hätte und genau die muss von den Pigment-partikeln weg! - Und im zu trockenen Zustand wäre er voraussichtlich sogar einfach steckengeblieben. - Ich habe daher die ganze Zeit mit dem Stiel des Edelstahl-Löffels gerührt.

Noch weiter frohes basteln! - Viel Spaß beim nachmachen! -  Also, wer *wirklich* coole farben haben will, sucht den Pigment-Händler seiner Wahl auf! - Da gibt es eine größere Auswahl und schwierig ist es wirklich nicht! (Teuer nur bei extrem abgefahrenen Pigmenten...)

Die beiden Beutel, die ich gekauft haben, waren die Minimal-Mengen an gelben und rotem Ocker und jeder Beutel kostete 2,50 Euro. Das, was ich gebraucht habe, zum rühren, waren nur wenige Gramm. Und die Menge an Ölfarbe, die ich damit produziert habe, reicht bei mir für eine halbe Ewigkeit!

Ich denke, ich werde auch in Zukunft verstärkt meine Farben selbst herstellen. - Vor allem, wenn ich in Öl malen werde. :)
Über das Malmittel (Öl/Firnis) kann man nämlich auch steuern, ob das Bild vielleicht eher alt (gelblich) aussehen soll, oder nicht. - Das kann ein gewünschter Effekt sein.

Nimmt man dagegen ganz reines Öl, erhält man auch ganz klare und reine Farben...

Genug für heute!

Ciao,

HWE
 :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: AnobiumPunctatum in 01. Mai 2006, 16:07:06
Moin moin,

junge junge, was für ein Aufwand. Ich bin jetzt schon gespannt wie das alles auf dem Modell zur Geltung kommt.
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Spritti Mattlack in 01. Mai 2006, 16:27:53
Das war ja ein Baubericht im Baubericht.

Ich bau mir ´ne Farbe.

Mann o Mann, Respekt.

Spritti :winken:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 02. Mai 2006, 11:54:27
ZitatOriginal von br06
Moin moin,

junge junge, was für ein Aufwand. Ich bin jetzt schon gespannt wie das alles auf dem Modell zur Geltung kommt.

Hi Christian!

Mir geht es ganz genauso! :D

@Spritti Mattlack:
Jup. Könnte man als Baubericht im Baubericht ansehen. Da kommt sicher noch einiges, wenn ich mir überlege, was ich mir noch so alles für das Modell vorgenommen habe! :)

Ciao,

HWE
 :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: HWB in 02. Mai 2006, 14:38:52
Tachchen Herbert,

das artet tatsächlich in Arbeit aus  :baby:
Why not wenn´s dir Spass macht  :P  ;)

Für Leute die ihre Farben auch zukünftig nicht selbst anmischen wollen (z.B. ich), wäre jetzt natürlich von Interesse, welche erhältlichen Ölfarben mit den angerührten Ockern  möglichst gut übereinstimmen.
Gerade beim Rot ist das interessant, da es keinen roten Ocker in Tubenform zu geben scheint. Passt eigentlich der gelbe Tubenocker?
Da Farben beim Fotografieren ganz gerne mal die Farbe wechseln, könntest du einfach mal posten welchem Rot aus der Tube dein Ansatz ähnelt. Danke im Voraus  :klatsch:

So und nun noch eine Exkursion in blau unf grün und braun und schwarz und..... X(


Bevor ich´s vergesse: Machst du erst mal Probeanstriche oder rückst du gleich dem Modell zu Leibe?


 :winken:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Hans in 02. Mai 2006, 15:19:53
HWE, Ölfarben macht man mit Öl und Pigmenten, sonst erst mal nix. Ölfarbe braucht einen Binder, das ist das Öl und Pigmente, das ist der Farbton. Terpentinöl braucht man nur und ausschließlich als Verdünner, um die Streichfähigkeit nach Wunsch einzustellen.

Wenn du Pigment und Terpentin zusammenbringst und verrührst, bröselt deine Ölfarbe wieder ab, es fehlt das Bindemittel.

Ob du rektifiziertes ( = doppelt destilliertes) oder einfaches Terpentin nimmts, ist nebensächlich.

Lukas Medium 3 ist nix anderes als ein Verdünner wie Terpentin, könnte auch Terpentinersatz sein, plus einem Sikkativ, einem Trocknungsbeschleuniger, oft sind das Metallsalze. Braucht man auch nicht, um die Farbe anzusetzen, im Gegenteil, ruiniert die Farbe. Gibt man nur dann bei, wenn man sie verwendet.

Leinöl-Firnis ist ebenfalls ein Mischprodukt. Vorsicht, auch hier können die Sikkative die Farbe zu 'schnell' machen.

Die Profis rühren die Farbe nicht an, sie nehmen eine Glasplatte (oder polierten Stein) und 'reiben' die Farbe mit dem Palettenmesser an. Sikkative etc kommen erst bei Bedarf dazu...oder man 'reibt' nur soviel Farbe an, wie man gerade braucht.

Oder man kauft eine Tube....

Grüße
Hans
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 02. Mai 2006, 16:12:14
Hallo Holger!

ZitatOriginal von HWB
Tachchen Herbert,

das artet tatsächlich in Arbeit aus  :baby:
Why not wenn´s dir Spass macht  :P  ;)

Darauf kannst du wetten! :)

ZitatFür Leute die ihre Farben auch zukünftig nicht selbst anmischen wollen (z.B. ich), wäre jetzt natürlich von Interesse, welche erhältlichen Ölfarben mit den angerührten Ockern  möglichst gut übereinstimmen.
Gerade beim Rot ist das interessant, da es keinen roten Ocker in Tubenform zu geben scheint. Passt eigentlich der gelbe Tubenocker?
Da Farben beim Fotografieren ganz gerne mal die Farbe wechseln, könntest du einfach mal posten welchem Rot aus der Tube dein Ansatz ähnelt. Danke im Voraus  :klatsch:

So und nun noch eine Exkursion in blau und grün und braun und schwarz und..... X(

Bevor ich´s vergesse: Machst du erst mal Probeanstriche oder rückst du gleich dem Modell zu Leibe?

 :winken:

Okay, den Einwand sehe ich ein.

Also, der gelbe Ocker stimmt recht gut überein mit dem "Lichten Ocker" von Lukas Studio, Ölfarbe Sorte 200, Nummer 231.

Beim roten Ocker war ich zuerst geneigt zu sagen, dass "Terra die Siena gebr." von Lukas (selbe Reihe) ganz gut hinkommt. - Eine nähere Betrachtung bei Sonnenlicht ergab jedoch, dass das "Englischrot hell ..dd" von Lukas Studio, Ölfarbe Sorte 200, Nummer 254 noch besser hinkommt.

Für Schwarz hatte ich nicht vor, solche Exkursionen zu unternehmen. - Schwarz ist schwarz bin ich der Ansicht. - Unterschiede sieht man erst viel später, wenn die Farben wieder zerfallen. Und bis dahin langt mir Elfenbeinschwarz aus der Tube. :)

Das Azurit ist vielleicht noch eine Ãœberlegung wert. - Jedoch ist Azurit definitiv sauteuer! - Und es ist schwer zu verarbeiten und auch noch giftig.

Denn während ich für einen der Ocker-Beutel ja nur 2,50 Euro zahlen musste, wollte man für etwa die Menge dunkles Azurit, wie ich an rotem Ocker angerührt habe, etwa 36 Euro haben. - Das erklärt auch, wieso es "Königsblau" gibt... ;) Jemand anderer als ein König kann sich diese Preise nicht leisten! ;)

Dazu kommt, wie erwähnt, dass es giftig ist und wenn man es falsch behandelt, wird es grün!

Und die endgültige Entscheidung, welche Farbe verwendet wurde, steht immer noch aus. - Zur Zeit ist für mich alles Ok, was zwischen einem leicht türkisen Babyblau und einem dunklen Indigo liegt. - Ich kann es nicht entscheiden.

Ich habe inzwischen nocheinmal aus einer anderen Bücherquelle die Bestätigung erhalten, dass es um 1690 herum problemlos "Azurit von höchster Qualität gab". Von daher erhöht sich die Wahrscheinlichkeit noch weiter, dass es auch dunkelblaues Azurit gab.

Im übrigen habe ich inzwischen die Idee gehabt, mich zu fragen, woher der Name "Cote d'Azur" eigentlich stammt... - Ich halte es inzwischen für naheliegend, festzustellen, dass man damals vermutlich dort viel Azurit gefunden hat. - "Die Azurit-Küste" könnte man das auch gut übersetzen. - Und man kann sich gut vorstellen, dass die Leute dort damals schon reich werden konnten und waren, die dort lebten. - Wenn das eine reiche Azurit-Fundstätte war... - Und das würde wiederum erklären, wieso die Franzosen es auch hemmungslos in größeren Mengen einsetzen konnten. - So fügt sich langsam ein Puzzlestein zum anderen.

Aber diese Idee muss ich noch verifizieren.

Ich habe etwas gefunden. - Der Name ist wohl erst seit 1887 ein Begriff, weil ihn dort angeblich ein Schriftsteller das erste Mal erwähnte. - Trotzdem: Bei Kremer Pigmente wird/wurde laut Internet auch Malachit von der Cote d'Azur angeboten. - Malachit ist "vergrüntes" Azurit... - Meine Idee scheint also nicht so ganz daneben zu liegen.

An Grün muß ich noch herausfinden, was denn nun in Nordeuropa eingesetzt wurde. - Braun wurde m.E. an Bord von Schiffen nichts gestrichen. - Es reicht also, Holz mit einem "Harz" zu lackieren.

Was das Vorstreichen und experimentieren angeht:

Jaaa, das ist auch ein Thema. - Wer Ölfarben kennt, weiß, wie schnell der Untergrund durchscheint und was er für einen Einfluß auf die Leuchtkraft der Farbe besitzt. - Manche Farben leuchten besser, wenn man sie schwarz unterlegt. Die meisten aber, wenn man sie weiß grundiert.

Damals wurde auch in der Kunst viel auf Holz gemalt. - Ich bin mir daher sicher, dass man um die Wirkung der Grundierungen wusste. - Es wäre interessant, herauszufinden, ob und wie die Schiffe grundiert wurden.
Für Ölgemälde auf Holz wurde dieses GRÜNDLICH vorbereitet. - Eine Grundierung (wenigstens die) für normale Schiffsanstriche ist daher durchaus denkbar.

Spannendes Thema. - Du hast mich da aufmerksam gemacht... - Danke! :)

Ciao,

HWE :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 02. Mai 2006, 16:21:05
ZitatOriginal von Hans Trauner
HWE, Ölfarben macht man mit Öl und Pigmenten, sonst erst mal nix. Ölfarbe braucht einen Binder, das ist das Öl und Pigmente, das ist der Farbton. Terpentinöl braucht man nur und ausschließlich als Verdünner, um die Streichfähigkeit nach Wunsch einzustellen.

Wenn du Pigment und Terpentin zusammenbringst und verrührst, bröselt deine Ölfarbe wieder ab, es fehlt das Bindemittel.

Ob du rektifiziertes ( = doppelt destilliertes) oder einfaches Terpentin nimmts, ist nebensächlich.

Lukas Medium 3 ist nix anderes als ein Verdünner wie Terpentin, könnte auch Terpentinersatz sein, plus einem Sikkativ, einem Trocknungsbeschleuniger, oft sind das Metallsalze. Braucht man auch nicht, um die Farbe anzusetzen, im Gegenteil, ruiniert die Farbe. Gibt man nur dann bei, wenn man sie verwendet.

Leinöl-Firnis ist ebenfalls ein Mischprodukt. Vorsicht, auch hier können die Sikkative die Farbe zu 'schnell' machen.

Die Profis rühren die Farbe nicht an, sie nehmen eine Glasplatte (oder polierten Stein) und 'reiben' die Farbe mit dem Palettenmesser an. Sikkative etc kommen erst bei Bedarf dazu...oder man 'reibt' nur soviel Farbe an, wie man gerade braucht.

Oder man kauft eine Tube....

Grüße
Hans

Hallo Hans,

vielen Dank für diese Infos!

Ich habe mich da auf die Angaben im Künstlerfachgeschäft verlassen. - Dort sagte man mir, dass ich erstmal die "Lufthülle", die jedes Pigment aus Gründen der Adhäsion besitzt, erstmal mit dem Terpentin "brechen" müsse. - In einem Buch über Malerei steht zum Beispiel drin, dass Ocker (gelber wie roter) ca. 62% Öl enthalten sollte.

Wie es aussieht muss ich meinen gelben Ocker noch ein wenig "nachölen". - Terpentin ist ja erfreulicherweise recht verdunstungsfreudig und so sollte es vielleicht reichen, wenn ich Öl hinzugebe und warte, bis das Terpentin wieder verdampft ist?!

Was die "Schnelligkeit" der Farbe angeht: Beim Modellbau habe ich wenig Lust, ein Jahr darauf zu warten, bis alles trocken ist. - Ich hoffe, dass es bei dünnem Auftrag in wenigen Wochen wenigstens so weit ist, dass ich es anfassen kann... So gesehen kann es mir eigentlich kaum schnell genug gehen. - OK, wenn mir die Farbe am Pinsel antrocknet, habe ich etwas falsch gemacht... ;)

Ciao,

HWE
 :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: HWB in 02. Mai 2006, 16:29:18
Hi Herbert,


ZitatSo und nun noch eine Exkursion in blau unf grün und braun und schwarz und..... b�se

War nun wirklich nicht ernst gemeint  ;)


Dass man sich bei einem Schiffsrumpf grosse Mühe mit der Grundierung gab glaube ich nicht. Das Zeug sollte das Holz konservieren. Schöne Optik war eher ein "Nebeneffekt".
Bei den Aufbauten trifft das eventuell nicht zu, hier hat man sich mehr Mühe gegeben. Wie gesagt, die Holländer haben ganz gerne Stadtansichten auf die Gillung gepinselt oder Wölkchenmotive auf den Aufbauten.


 :winken:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 02. Mai 2006, 17:28:17
Hi !

Wer übrigens mal sehen möchte, wie Azurit aussehen kann, hier ein paar Links:

Azurit 1 (Mineralienatlas)  (http://www.mineralienatlas.de/lexikon/index.php/Azurit)

Azurit 2 (Wikipedia)  (http://de.wikipedia.org/wiki/Azurit)

Ich kann bestätigen, dass die Pigmente, sowohl in dem dunklen Blau, als auch im hellblauen vorliegen.

Ciao,

HWE
 :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 02. Mai 2006, 17:32:52
Hi Holger!

ZitatOriginal von HWB
Hi Herbert,


ZitatSo und nun noch eine Exkursion in blau unf grün und braun und schwarz und..... b�se

War nun wirklich nicht ernst gemeint  ;)
Weiss' ich doch! :)
ZitatDass man sich bei einem Schiffsrumpf grosse Mühe mit der Grundierung gab glaube ich nicht. Das Zeug sollte das Holz konservieren. Schöne Optik war eher ein "Nebeneffekt".
Dem stimme ich weitgehend zu. - Nur hält die Ölfarbe vermutlich auch nicht all zu gut, wenn man nicht vorher grundiert. - Und dieser Umstand kann damals durchaus schon bekannt gewesen sein. - Den Kunstmalern war es jedenfalls sicher bekannt!
ZitatBei den Aufbauten trifft das eventuell nicht zu, hier hat man sich mehr Mühe gegeben. Wie gesagt, die Holländer haben ganz gerne Stadtansichten auf die Gillung gepinselt oder Wölkchenmotive auf den Aufbauten.
Jep. Genau das hat mich darauf gebracht, dass man ja sogar in der Kunst auf Holz malte. - Also wieso nicht auch im selben (?) Verfahren auf Schiffen?


Ciao,

HWE
 :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 11. Mai 2006, 01:43:05
Hi!

Es wird Zeit, dass ich wieder mit meinem Baubericht weiter mache...

Bevor ich meine selbst hergestellten Ölfarben einsetzen kann, sollte ich vielleicht das Modell von alten Anstrichen befreien. - Das ist immerhin gute 20 Jahre her (so alt ist der Bausatz von Heller schon... - und bis heute hielt man es leider nicht für nötig, die vielen Fehler zu beheben. - Aber dazu kommen wir später...), deswegen hatte ich massive Bedenken, ob ich die Farben überhaupt vom Modell wieder entfernen könnte.

Nachdem ich auch einige Jährchen Pause beim Modellbau gemacht habe, habe ich mich hier im Board umgeschaut, was man denn sinnvollerweise als "Abbeizer" einsetzen könnte.

Mit am häufigsten wurde Backofenspray genannt. Aber auch diverse Reinigungsgels und sogar Bremsflüssigkeit.

Nachdem ich selbst nie zuvor die Notwendigkeit empfunden hatte, meine Modelle wieder zu entfärben, habe ich mich mit der Sache (für meine Verhältnisse) auf Neuland begeben. Ergo bin ich zum nächsten Supermarkt und habe mich mit folgenden Dingen eingedeckt:

2 Zahnbürsten. Eine billige, mittlerer Härte, von einem Noname-Hersteller. Und eine teure, harte von einem namhaften Hersteller.

(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/Abbeizen/LPIC0034.JPG)

Dazu eine Spraydose mit Backofenspray von Sidol (Empfehlung der "Kollegen" hier) - "Backofen & Grill".

Dann fiel mir noch ein neues Reinigungsmittel von Bref in die Hände (Multifettlöser, Ultrastark). Ein Grillreiniger, speziell für Fette, angebrannte Öle, Motoren, usw. - Ich habe es gerne mitgenommen, weil es einerseits in einer Plastikflasche war und andererseits explizit auf der Flasche davor gewarnt wurde, lackierte Flächen damit zu besprühen... ;)

Alles, was ich zuerst feststellen musste, war ob die Chemikalien den Kunststoff des alten Bausatzes angreifen würden, oder nicht. - Deswegen zuerst ein entsprechender Test mit einigen nicht notwendigen Gußästen.

Hier ein Foto mit den eingesetzten Reinigungsmitteln und den Gußästen.


(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/Abbeizen/LPIC0023.JPG)

Bei der Anwendung fiel beim Backofenspray auf, dass es eine "faserige" Konsistenz bekam und so am
besprühten Objekt zunächste einmal haften bleibt. Die Vermutung ist, dass dadurch die Farben (der "Schmutz") gezielter angegriffen werden können. Die Substanz wirkt länger auf der Fläche, so die Idee.

Und so sieht das aus:

(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/Abbeizen/LPIC0029.JPG)

Das Bref Spray ist flüssiger in der Konsistenz. Es bildet einen Schaum, der aber bereits nach kurzer Zeit weitgehend zerläuft. Meine Einschätzung war, dass das Spray ZU schnell zerlaufen würde und so nicht lange genug einwirken könnte. Der Test mit dem Gußast sah so aus:

(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/Abbeizen/LPIC0030.JPG)

Ich habe beide Proben eine gute Viertelstunde einwirken lassen und danach mit klarem Wasser abgespült.
Das Ergebnis war recht erfreulich, sämtliche Gußäste wiesen keinerlei Veränderungen auf. Somit war klar, das beide Mittel für eine Abbeizaktion in Frage kamen. Wenn ein Mittel Kunststoff angreift, tut es das normalerweise fast sofort. Der Kunststoff zerfällt dann innerhalb von Sekunden.

Die Fotos dazu spare ich hier, denn das fällt unter die Kategorie: "Wie sie sehen, sehen Sie nichts!"

Also habe ich die ersten Teile, in diesem Fall die Gallionsregeln, mit den beiden Mitteln eingesprüht.

Nach einer Viertelstunde habe ich mir das Ergebnis mal angeschaut und mit einer der Zahnbürsten versucht ein wenig nachzuhelfen.

Das Ergebnis war leider eher mäßig.

Wenn ich einem von beiden Mitteln einen Vorzug geben sollte, dann wäre es, zu meinem eigenen Erstaunen, das Bref. Interessanterweise hat der klebrige Schaum des Sidol Backofensprays keinen Bonus gebracht. Der Gallionsteil, den ich mit Bref eingesprüht hatte, war spürbar leichter von der Farbe zu befreien, aber selbst dieses Ergebnis befriedigte mich nicht.

Hier das doch recht schwächliche Ergebnis. Rechts das Bref, links das Sidol Backofenspray.

(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/Abbeizen/LPIC0036.JPG)

Mir ging das nicht schnell genug. 20 Jahre alte Farbreste pappen nun doch recht gut...

Es musste etwas "härteres" her!

Nachdem ich gelesen hatte, dass Bremsflüssigkeit recht gut funktionieren soll, entschied ich mich dafür, es mal damit zu probieren. Ich wusste, ich hatte noch eine überlagerte Dose im Keller, die ich noch nicht weggeworfen hatte. Außerdem wollte ich Kunststoffreiniger ausprobieren.

Gesagt, getan. Schnell in den Keller und beides aus dem Regal gefischt.

Dann die Balkonbrüstungen der Heckgalerien mit DOT 4 "eingeweicht".

Nach 10 bis 15 Minuten bin ich mit der billigen Zahnbürste beigegangen und habe die Balkone angefangen abzubürsten.

Hier seht ihr das Ergebnis:

(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/Abbeizen/LPIC0035.JPG)

Und man kann es bereits sehen... Nicht nur, dass die Farbe auf den Galeriebalkonen schnell abging, auch die Zahnbürste begann sich aufzulösen!

Offensichtlich war der Klebstoff der Borsten von der Bremsflüssigkeit auflösbar wie Zucker in Wasser. - Die Bürste zerfiel regelrecht vor meinen Augen. Hier noch ein zweites Foto, nur wenig später:

(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/Abbeizen/LPIC0037.JPG)

Dabei ist zu erkennen, dass sich sogar der Kopf der Bürste in mehrere Teile auflöste. - Anscheinend schwächt der Klebstoff der Borsten den Kopf stark.

Die Borsten selbst hatten nicht das geringste Problem mit der Bremsflüssigkeit. Im Gegenteil. Im späteren Verlauf tauchten sie immer wieder dort auf, wo ich sie nicht gebrauchen konnte...

Hier noch ein Foto von den Balkonen und den Gallionsregeln nach einer Behandlung mit Bremsflüssigkeit. Die teurere Markenbürste hat die Tortur mit der Bremsflüssigkeit dagegen gut überstanden.

(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/Abbeizen/LPIC0043.JPG)

Die Gallion rechts ist mit Bref vorbehandelt worden, die links mit Sidol Backofenspray.

Der nächste schwere Brocken war das Heck und eine Seitentasche. Reich verziert, mit viel Gold. Gleichzeitig mit einer "Testversion" eines Blau in Ölfarbe angemalt. Alles 20 Jahre alt...

Hier die Teile vor meiner "Kur":

(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/Abbeizen/LPIC0045.JPG)

Das Blau auf dem Foto ist eigentlich ganz in Ordnung, hätte man fast lassen können. Das Gold war jedoch zu rot. - Bekanntlich gibt es verschiedene Goldtöne. Gelbgold, Rotgold,.. - Ich wollte damals ausprobieren, wie wohl das Blau mit einem Rotgold wirkt.

Nachdem ich dann "zwischendurch" im Musee de la Marine in Paris war, wusste ich, dass die Verzierungen wohl eher mit Gelbgold überzogen waren, da die dort noch vorhandenen, ausgestellten Schnitzereien eindeutig mit einem hellen Gelbgold überzogen waren. - Das Rotgold sieht nicht nur nicht so gut aus, es ist sachlich wohl auch falsch. Also: Runter damit!

Das stellte sich aber als schwieriger heraus, als ich gehofft hatte. - Selbst meine neue "Wunderwaffe" DOT 4 Bremsflüssigkeit hatte offensichtlich ein Problem. - Ich vermute, es lag daran, dass es sich einerseits um zwei verschiedene Blaue Farben handelte (Enamel und Ölfarbe) und ausserdem das "Gold" mit dem erheblichen Metallanteil die darunterliegende Farbe "versiegelte". - Das gab meinerseits erstmal ein langes Gesicht. Auch nachträgliche "Angriffe" mit Bref verfehlten ihre Wirkung!

Nun hatte ich ein ernstes Problem, denn den Heckspiegel wollte ich unbedingt wieder sauber bekommen.

Meine nächste Idee war dann auch entsprechend radikal. Nachdem es sich bei dem Blau um Künsterölfarbe handelte, dachte ich mir, dass es möglich sein müsste, die Farbe mit Terpentin anzulösen. Schliesslich nimmt man das ja auch als Malmittel her. Ein wenig Bedenken hatte ich schon, ob der Kunststoff damit nicht aufgelöst würde... Aber nachdem ja damals beim bemalen nichts passiert war, musste es eigentlich OK sein.

Also ging ich, zum wiederholten Male, mit der guten Zahnbürste und Terpentin daran, die Seitentasche und den Heckspiegel mit Terpentin abzubeizen. Übrigens dasselbe, das ich zum anmischen meiner Ocker-Farben verwendet habe (Siehe letzter Baubericht).

Ich fing mit dem Heckspiegel an und schrubbte ordentlich drauf los!

Das ganze fühlte sich merkwürdig "seifig" an und plötzlich passierte mein GAU! - Der Spiegel brach mitten durch!

Ich warf den Spiegel schnell in einen vorher bereitgestellten Eimer mit Wasser um eventuelle chemische Reaktionen zu stoppen. - Jedoch stellte sich später heraus, dass der Bruch in Wirklichkeit auf meine vorherigen "Schrubbaktionen" und zu einseitigen Druck dabei, zurückzuführen war. Ich habe keinen Hinweis gefunden, dass das Terpentin den Kunststoff angegriffen hat!

Das Erfreuliche war, dass mit dem Terpentin auch diese schwierige Situation zu klären war. Hier die Bilder vom Spiegel, und der Seitengalerie, wie sie danach aussahen. Zuerst die beiden Seitentaschen. Eine davon war nie bemalt... Die andere könnt ihr weiter oben im Bericht in bemalten Zustand sehen.

(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/Abbeizen/LPIC0002.JPG)

Und hier der abgebeizte (und zerbrochene) Heckspiegel:

(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/Abbeizen/LPIC0004.JPG)(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/Abbeizen/LPIC0006.JPG)

Wie man auf den Fotos sehe kann, habe ich auch ein wenig Pech mit den Gittern der Fenster gehabt. Aber zum Glück hat Heller mir freundlicherweise schon vor 20 Jahren ausreichend Ersatz im Baukasten beigelegt:

(http://www.modellbaukunst.de/old/Fotos/Web/Abbeizen/LPIC0007.JPG)

Für den, der es noch nicht verstanden hat: Es handelt sich um drei der vier nicht existierenden Türen zu den Seitentaschen, die Heller fälschlicherweise am Heckspiegel zusätzlich angebracht hat.

Mein Fazit:

in dem meisten Fällen kommt man vermutlich, vor allem bei frischer Farbe, mit Bref ganz gut zurecht. Bei härterer Sachlage kann man zu DOT xy greifen und bei Ölfarben sollte man immer zu Terpentin greifen.

Mit diesem Cocktail aus Chemie bekommt man so ziemlich alles klein!

Trotzdem muss ich sagen, dass ich die Aktion garnicht "lecker" fand und mich freue, dass ich nach der Soleil eigentlich nur noch Holzmodelle bauen will. Es wäre vermutlich wirklich einfacher gewesen, an Heller zu schreiben und um einen Ersatz der Teile zu bitten.

Abbeizen stinkt, schmiert und am Ende hat man noch die Malesche das Zeug zu entsorgen. Zwischendurch zittert man, ob die Chemikalien nicht doch den Kunststoff angreifen, wenn man sich nicht die Zeit genommen hat, das vorher zu testen. Und: vollkommen sauber bekommt man die Teile dann doch nicht. Man muss dann unter Umständen in den ganz hartnäckigen Ecken doch noch zu einer Nadel oder einem spitzen Messer greifen und die letzten Reste aus den Details kratzen.

Wie bereits erwähnt: Bei dem hohen Aufwand lohnt es sich eher, ein Neuteil beim Hersteller anzufordern.

Ich wollte eigentlich auch noch die bereits bemalten Rumpfhälften abbeizen, aber das erscheint mir derzeit vom Aufwand her als zu heftig. Das gäbe sonst eine Mord-Sauerei, auf die ich keine Lust habe. Also werde ich einen anderen Weg gehen. Das ist OK, weil ich sowieso etwas besonderes vorhatte.

Ciao, bis zum nächsten Mal!

HWE
 :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: MS in 12. Mai 2006, 15:36:45
Hallo HWE,

wirklich aufwendig deine "Abbeizaktion".
Schade, dass dir das mit dem Spiegel passiert ist  ;( . Aber wie ich dich einschätze bekommst Du das wieder hin   :1: .
Mir ist aufgefallen, dass die Grundfarbe der Gussteile meines Modells völlig anderns ist. Die Regeln waren goldfarben, die Galerien und der Heckspiegel waren hellblau.

Was mich aber brennend interessiert ist die Frage: wie hast Du die Ornamente aus den Seitentaschen gesägt - sieht super aus  :klatsch: .  Werden die Ornamente später auf den Rumpf aufgeklebt? Auch die Aufarbeitung der inneren Balkonwand ist sicher aufwendig.
Ich hab mich da nicht rangewagt (leider war zu dieser Zeit noch niemand hier im Board der's mir vorgemacht hat)  :D .
Auf jeden Fall - sehr interessanter Baubericht  :P .


Gruß

Martin  :winken:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 12. Mai 2006, 19:05:57
Hallo Martin!

ZitatOriginal von MS
Hallo HWE,
wirklich aufwendig deine "Abbeizaktion".
Nachdem ich das selbst noch nie machen musste (Glückspilz!) dachte ich mir, nutze ich die Gelegenheit und bringe einen kleinen Baubericht im Baubericht, wie bei der Farbherstellung. :)
ZitatSchade, dass dir das mit dem Spiegel passiert ist  ;( . Aber wie ich dich einschätze bekommst Du das wieder hin   :1: .
Vielen Dank für dein Vertrauen. Ich hoffe, ich werde es nicht enttäuschen. ;) Aber ich gebe zu, dass es mich schon massiv geärgert hat. :5:  :12:
ZitatMir ist aufgefallen, dass die Grundfarbe der Gussteile meines Modells völlig anders ist. Die Regeln waren goldfarben, die Galerien und der Heckspiegel waren hellblau.
Hmmm. Interessant. Die nehmen anscheinend, was gerade als Giessmasse billig zu haben ist...
Naja. Die Hauptsache ist, man bekommt überhaupt einen Bausatz. Obwohl... - Aber dazu komme ich noch demnächst im Baubericht. ;)
ZitatWas mich aber brennend interessiert ist die Frage: wie hast Du die Ornamente aus den Seitentaschen gesägt - sieht super aus  :klatsch: .  Werden die Ornamente später auf den Rumpf aufgeklebt? Auch die Aufarbeitung der inneren Balkonwand ist sicher aufwendig.
Das war eigentlich relativ leicht. - Ich habe einen ganz dünnen Bohrer genommen und mit einer Minibohrmaschine ein Loch jeweils in eine der Ecken (nur in eine!) der jeweiligen Felder gebohrt. Das Loch musste im Durchmesser dick genug sein, damit ich ein dünnes (Das dünnste, was ich bekommen konnte, 000 oder so) Laubsägeblatt hindurchpasst. Dann habe ich dieses Laubsägeblatt hindurchgefädelt und in meinen Laubsägebogen eingespannt und mit der Laubsäge vorsichtig das jeweilige Feld ausgesägt. Hinterher die Sägekanten noch ein wenig mit einem scharfen Bastelmesser entgratet. - Das war's für's Erste. - Die ausgesägten Flächen passen leider schlecht auf die Bordwände. Und einfach aufkleben geht auch schlecht, da die noch vorhandene restliche Fläche um die Schnitzereien zu dick ist. Die muss man also irgendwie auch noch loswerden. - Dazu habe ich auch schon eine Idee, aber dazu mehr, wenn es so weit ist. :)

Die Balkone von innen zu bearbeiten... da gibt es zwei Optionen. - Die eine lautet: Das sieht sowie kein Mensch! Die andere lautet: einfach zuspachteln. - Schwieriger werden die fehlenden Böden/Decken in den Balkonen zu rekonstruieren. Aber das geht auch. - Wenn man sich so überlegt, was mich noch alles erwartet...
ZitatIch hab mich da nicht rangewagt (leider war zu dieser Zeit noch niemand hier im Board der's mir vorgemacht hat)  :D .
Auf jeden Fall - sehr interessanter Baubericht  :P .

Gruß

Martin  :winken:
Freut mich, wenn es dir gefällt! - Ich kann dir übrigens nur dringend (!) den Tipp geben (und auch jedem anderen, der die Soleil Royal baut), das Buch "Souvenirs de la marine" von Edmond Paris zu besorgen (Und zwar den Band über die Schiffe des 17. Jhdt.). Das gibt es auch in deutscher Übersetzung vom Hinstorff und vom Delius Klasing Verlag.

Dieses Buch ist mir selbst auch erst kürzlich in die Hände gefallen (hätte ich schon viel früher haben müssen!), denn dieses Buch stellt quasi die Grundlage für das Modell von Heller dar!

Das Buch ist aus verständlichen Gründen sehr umstritten. - Edmond Paris hat seinerzeit so ziemlich alles veröffentlicht, was ihm in die Hände fiel. - Und dann auch noch in relativ schlecht koordinierter Weise, so daß man jetzt das Buch wie eine Art "Detektivspiel für Modellbauer" betrachten muß.

Es stehen viele wichtige Details übder die französichen Kriegsschiffe dieser Zeit darin. Jedoch muss man sehr sorgfältig schauen, ob das jetzt wieder auf das Modell zutrifft, oder erst 10 Jahre später gültig ist, oder vielleicht 20 Jahre früher, oder ob es ein viel kleineres Schiff betrifft... - Das ist leider alles nicht ganz eindeutig in dem Buch, aber mit viel Sorgfalt, etwas Phantasie und handwerklichem Geschick, kann man den Bausatz von Heller *MASSIV* historisch aufwerten! - Da steht zum Beispiel auch drin, wie die Schiffe korrekterweise bemalt waren! Und viele andere Details mehr. - Ich bin selbst schon ganz neugierig, was mich alles erwarten wird. Aber eines ist sicher, bei meiner Soleil Royal wird kaum ein Stein auf dem anderen bleiben. Das zeichnet sich für mich jetzt schon ab...  :pffft:  :rolleyes:  :12:

Aber andererseits: Hey, das macht doch den meisten Spass am Modellbau, oder etwa nicht? - "Straight out of the Box" bauen ist etwas für Anfänger! ;) - Obwohl man da auch schon sehr schöne Sachen mit machen kann.

Ciao,

Herbert

 :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 28. Mai 2006, 12:18:24
Hallo Freunde der Soleil Royal!

Ich habe meinen Bausatz weiter abgelaugt. Das hat mich gut 3 Stunden "schrubben" mit der phantastischen Zahnbürste aus dem ersten Abbeizbericht gekostet.  :rolleyes:

Als Abbeizer habe ich diesmal einen wasserlöslichen Abbeizer von Molto aus dem Baumarkt genommen. Das Pulver, mit einem Liter Wasser verdünnt, in einen Eimer und dann den Rumpf immer wieder mit der Suppe einpinseln, ein bisschen ziehen lassen und dann mit der Bürste schrubben. - Irgendwann ist dann schrubben und bürsten eins geworden...  trinken Sch...weine-Arbeit, sag' ich euch! - Da sieht man erst, wie gut eine gute Grundierung hält!

Ansonsten habe ich mich weiter den Recherchen zur Soleil "hingegeben".

Den "Haupttreffer" habe ich wohl mit der nachfolgenden zeitgenössischen Zeichnung des Hecks gezogen. (Vielen Dank an dieser Stelle an Holger!)  :meister:  :kuss:

Ich vermute (und hoffe), dass es sich dabei um eine Art gezeichneten "Prospekt" für den Entscheider für den Bau des Schiffes handelte und das das Schiff letztenendes so gebaut wurde, wie im Musee de la Marine gezeigt. :aerger:

Hier die Zeichnung:

(http://www.modellbaukunst.de/old/Scans/Soleil_Royal_1669-medium.JPG)

Jetzt vergleicht das bitte mal mit dem Heck des Modells aus dem Musee de la Marine und dem Bausatz von Heller...  8o  ?(  X(

Kleiner Hinweis am Rande: Die Farbgebung auf der Zeichnung ist ein Vorschlag und die rot gefärbten Teile sind nur eine "Vorarbeit", um dieselben Teile dann blau einzufärben. Damals musste man manchmal Farben in zwei Komponenten auftragen. Es ist mehr als eine Art "Studie" zu sehen.

Zum Modell im Musee de la Marine ist zu sagen, dass es nach 1850 entstanden ist, im Auftrag von Edmond de Paris, der mit den ganzen Unterlagen der französischen Marine etwas "hemdsärmelig" umgegangen ist. Seine Rekonstruktionen dürfen also durchaus angezweifelt werden.

Na, was halten die bisherigen Kollegen Soleil-Royal-Bauer davon?  :winken:

Ich schließe für mich daraus, dass mir einiges an Arbeit ins Haus steht. - Wer findet alle "Fehler" ?  X(
Kleiner Tipp: Zählt mal die Fenster. - Alles was ein Fensterkreuz hat, ist auch eines. - Die anderen Teile (Seitengalerien) sind offen. - Aber jetzt zählt mal die Fenster beim Bausatz nach... ;)

Übrigens besteht noch die Hoffnung, dass diese Zeichnung tatsächlich nur eine Vorstudie darstellt und E. de Paris korrekt rekonstruiert hat, nach den Werftangaben, nach Fertigstellung des Schiffes. - Weiss da schon jemand mehr als ich?

Ciao,

HWE
 :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 30. Mai 2006, 19:44:43
Hallo?  :winken:

Seid ihr alle ins Koma verfallen? - Keine einzige Reaktion auf mein letztes Posting?  ;(
Soll ich überhaupt noch weiter machen mit dem Baubericht?  :santa:  :laaaang:

Ciao,

HWE
 :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: MS in 01. Juni 2006, 12:42:41
Hallo
und 'tschuldigung, dass ich so lang nichts von mir hören ließ :10: . War beruflich stark eingebunden (die WM macht mich wahnsinnig  :5: ) und hatte infolgedessen nur sehr wenig Zeit mich mit dem Modellbau zu beschäftigen.
Deinen Baubericht finde ich einfach klasse  :P . Bitte lass dich nicht dazu verleiten ihn einzustellen nur weil z.Zt. wenig Antworten kommen. Mir hilft er sehr bei der Realisierung meines Modells und unterhaltsam und informativ ist er obendrein  :klatsch: .

Zum Thema Heckspiegel: - wo hast Du nur dieses Bild her? - Klasse! Die Übereinstimmungen zum Modell sind zwar unverkennbar, dennoch frage ich mich, ob die Zeichnung wirklich die Soleil zeigt  ?( .
Die Seitengallerien sehen ja fast geschlossen aus und die Fensterreihe zeigt 6 statt 5 Fenster. Auch das Namensschild lautet wohl nicht "Le Soleil Royal" (ist das auf dem Original besser zu erkennen?).

Ein kompletter Umbau des Hecks wäre für mich eh nicht in Frage gekommen. Im allgemeinen hab ich im Moment den Takelfrust und in Verbindung mit dem etwas schwierigen Zeitmanagement in letzter Zeit, komme ich nur noch selten zum bauen. Ich hoffe, dass sich das in absehbarer Zeit ändert.

Gruß

Martin  :winken:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: AnobiumPunctatum in 01. Juni 2006, 13:24:50
Hallo Herbert,

ich habe gerade erst gesehen, dass Du während meines Urlaubs ein Update zu Deinem Baubericht geschrieben hast.

Die Zeichnung ist prima, nur bestätigt sie meine Entscheidung, an meiner Soleil erst einmal nicht weiterzubauen. Ich habe soviele Unstimmigkeiten entdeckt, dass ich noch keine Ahnung habe wie ich alle korrigieren soll. Hast Du mal einen Blick auf den Bug geworfen? Da stimmt fast noch weniger wie beim Heck.

Unterstehe Dich, Deinen Baubericht einzustellen  :aerger: Ich bin schon auf Deine Lösungsansätze gespannt und hoffe darauf, später beim Weiterbau meiner Soleil, davon provitieren zu können  ;)
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: HWB in 01. Juni 2006, 17:04:02
Hi Christian,

nicht verwechseln!

Holger = ich = hwb

Dieser Beitrag ist von hwe!  X(
Klingt zwar ziemlich ähnlich,  sind aber wirklich zwei verschiedene Typen! Ich schwöre es ;)

 :winken:


Nachtrag: Hey Herbert nicht aufhören, ich schick dir auch bestimmt wieder Material zum Grübeln.

@Martin; es steht wirklich Soleil Royal auf dem Namensschild. Die Zeichnung und der Modellspiegel sehen sich auch sehr ähnlich, unterscheiden sich aber in einigen Details. Keine Ahnung was nun stimmiger ist. Die Zeichnung stammt aus dem Buch von Jobé.
Sorry, wenn ich jetzt anstelle von hwe antworte. Ich hatte ihm das Bild gemailt, deshalb kenne ich es ganz gut.

Nochmals Tschö
 :winken:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 03. Juni 2006, 00:12:48
Hallo Jungs!

Danke für euer Feedback! :) Dann mache ich das ja doch nicht ganz umsonst! - Vielen Dank für den Motivationsschub, den ihr mir damit wieder gegeben habt!

Jetzt noch kurz zu euren Postings:

@Martin:

ZitatOriginal von MS
Hallo
und 'tschuldigung, dass ich so lang nichts von mir hören ließ :10: . War beruflich stark eingebunden (die WM macht mich wahnsinnig  :5: ) und hatte infolgedessen nur sehr wenig Zeit mich mit dem Modellbau zu beschäftigen.
Okay. - Du bist entschuldigt! ;)
ZitatDeinen Baubericht finde ich einfach klasse  :P . Bitte lass dich nicht dazu verleiten ihn einzustellen nur weil z.Zt. wenig Antworten kommen. Mir hilft er sehr bei der Realisierung meines Modells und unterhaltsam und informativ ist er obendrein  :klatsch: .
Danke! - Das war ein prima Feedback! Dann weiss ich, dass ich es eben nicht nur für die leere Luft tue. :)
ZitatZum Thema Heckspiegel: - wo hast Du nur dieses Bild her? - Klasse! Die Übereinstimmungen zum Modell sind zwar unverkennbar, dennoch frage ich mich, ob die Zeichnung wirklich die Soleil zeigt  ?( .
Die Seitengallerien sehen ja fast geschlossen aus und die Fensterreihe zeigt 6 statt 5 Fenster. Auch das Namensschild lautet wohl nicht "Le Soleil Royal" (ist das auf dem Original besser zu erkennen?).
Das hat Holger ja im Prinzip schon für mich beantwortet.
Holger   == hwb
Herbert == hwe == ich :)

Bei Holger ist das W vom zweiten Vornamen, bei mir ist es der Anfangbuchstabe des Nachnamen. :)
Holger und ich haben uns erst vor einigen Wochen in München getroffen und ich kann bestätigen, dass wir zwei Personen sind. Holger hat eine große Sammlung von Bildern und Gemälden aus dieser Zeit, kennt sich wirklich gut aus und ist - so ganz nebenbei - auch noch ein exzellenter Modellbauer.
Ich bin einfach nur jemand, der vor ca. 20 Jahren zwei Modellbauwettbewerbe gewonnen hat, dann ungefähr 20 Jahre Pause gemacht (Der Job hatte einfach Vorrang) und jetzt wieder angefangen hat. Dabei sorgt mein Job (ITler) dafür, dass sich meinen Hang zur Perfektion eher noch verstärkt hat. Deswegen bohre ich jetzt immer weiter nach, um der "wahren" Soleil Royal von 1669 möglichst nahe zu kommen.

Auf dem kleinen "Schild" steht tatsächlich wörtlich "Le Soleil Royal". - Das Bild zeigt also einen der ersten Entwürfe zur Soleil Royal. Das Problem an der Sache ist (ist von Schiffen der britischen Marine bekannt), dass das fertig gebaute Schiff oft anders aussah, als der Entwurf. - Ich habe leider noch nicht in Erfahrung bringen können, wie streng sich die Franzosen an die Entwürfe gehalten haben, aber die ersten Hinweise deuten stark an, dass auch in Frankreich die Schiffe anders gebaut wurden, als sie konstruiert wurden. - Man wollte so seine Berufsgeheimnisse schützen. - Leider erschwert es ernsthaften Historikern das Leben beträchtlich. - Warten wir es ab, was ich noch alles ausgrabe und wie es zusammenpasst... - Ich bin selbst schon sehr gespannt, nur leider habe ich halt auch nicht beliebig viel Zeit zur Verfügung. :(

ZitatEin kompletter Umbau des Hecks wäre für mich eh nicht in Frage gekommen. Im allgemeinen hab ich im Moment den Takelfrust und in Verbindung mit dem etwas schwierigen Zeitmanagement in letzter Zeit, komme ich nur noch selten zum bauen. Ich hoffe, dass sich das in absehbarer Zeit ändert.

Gruß

Martin  :winken:

Tja, Martin. - Ich kann Dich extrem gut verstehen. - Du bist mit deinem Exemplar auch fast fertig. Da würde ich das Heck vermutlich auch nicht nochmal umbauen. - Aber ich würde vielleicht überlegen, ob ich mich mal irgendwann hinstelle und sage: "Okay, das erste Modell war meine Version der Rekonstruktion von 1850 und jetzt baue ich nochmal eine bessere Rekonstruktion..." - Aber - das muss man nicht... :)

@br06
ZitatOriginal von br06
Hallo Herbert,

ich habe gerade erst gesehen, dass Du während meines Urlaubs ein Update zu Deinem Baubericht geschrieben hast.
Das erklärt deine Funkstille. Da ergänzen wir uns... - Ich fahre übermorgen für eine Weile weg...
Also bitte ich um Geduld. - Ausserdem denke ich, wird eine Pause während der Fußball WM nicht unbedingt stören, oder? ;)
ZitatDie Zeichnung ist prima, nur bestätigt sie meine Entscheidung, an meiner Soleil erst einmal nicht weiterzubauen. Ich habe soviele Unstimmigkeiten entdeckt, dass ich noch keine Ahnung habe wie ich alle korrigieren soll. Hast Du mal einen Blick auf den Bug geworfen? Da stimmt fast noch weniger wie beim Heck.
Mir geht es wie dir. - Ich habe im Paris schon so etliche Unstimmigkeiten gefunden und jetzt habe ich von Holger, die Zeichnung vom Heck und zwei Artikel über französische Dreidecker aus der Zeit erhalten. Vor
allem die Artikel sind eine Fundgrube an Details, dass einem die Ohren schlackern...
Ich muss aber zugeben dass ich mich bisher noch nichtmal bis zum Bug vorgearbeitet habe...
ZitatUnterstehe Dich, Deinen Baubericht einzustellen gibt gleich Ärger Ich bin schon auf Deine Lösungsansätze gespannt und hoffe darauf, später beim Weiterbau meiner Soleil, davon provitieren zu können
Ich habe mir zu einigen der Probleme schon meine Gedanken gemacht. Leicht wird es sicher nicht. Dazu sind die Differenzen einfach zu groß. Ich bin selbst sehr neugierig, was man aus dem Heller Bausatz noch retten kann.

Dann bis bald, und nochmal vielen Dank für eure Unterstützung!

Ciao,

HWE
 :mariinee:

PS: @hwb: Immer her mit dem Grübel-Stoff! - Je mehr ich davon habe, um so klarer wird das Bild, auch wenn es auf den ersten Blick schlimmer zu werden scheint.
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 19. Juni 2006, 23:42:52
Liebe Soleil Royal - Fans,

ihr habt euch vermutlich schon gefragt, was ich so lange treibe. - Die nächsten
Texte in dieser Rubrik von mir, werden euch klar machen, was los ist...

Andererseits war ich zwischendurch auch noch 2 Wochen im Urlaub. :D

So, jetzt geht's los. - Leider erstmal komplett ohne Bilder und nur mit viel Text.
Viel Spaß beim lesen (PS: Ich habe versucht, es einigermassen zu strukturieren...)

Ich habe in der Zwischenzeit zwei Artikel aus dem "Logbuch" (der Quartals-
Zeitschrift des Arbeitskreis historischer Schiffbau e.V.) von 1996 aufgetrieben.
Diese Artikel stammen von Johann Gröbner, der sich darin wirklich sehr um eine
Korrektur der Angaben über die französischen Dreidecker um 1669 bemüht hat.

Dabei hat er viele Quellen aufgetrieben, an die ich vermutlich so leicht nicht
herankommen werde. Gleichzeitig hat er allen interessierten Modellbauern damit
auch viel Arbeit abgenommen. - Nämlich die, all das selbst recherchieren zu
müssen. - Denn eine gründliche Recherche ist im Falle der Soleil Royal
notwendig.

Ich werde am Ende des Berichtes die Quellen aufzählen, damit ihr euch jetzt
nicht langweilt.

Im frühen 18. Jahrhundert (also um ca. 1720) gab es eine Bewegung, die man heute
"Historizismus" nennt. Damals wurden Informationen künstlich "überhöht" und
Sachen für richtig erklärt, die es eigentlich nicht waren. Darauf basierten
dann wiederum die Annahmen, die zu den Modellen führten, die um 1850 von Edmond
Paris gebaut wurden. - Herrn Paris ist also kaum ein Vorwurf zu machen, er wurde
in die Irre geleitet. - Heute weiss man es besser und versucht, mit einigem
Erfolg, die wahren Schiffe von 1669 wieder zu rekonstruieren.

Der Bausatz von Heller basiert wiederum (mit weiteren Fehlern ausgestattet) auf
der Rekonstruktion von Paris. Die Rekonstruktion von Paris basiert wiederum auf
einer historizierend veränderten Rekonstruktion eines 1692 erbauten Dreideckers.
Damit ist die Basis des Modells aus dem Jahr, in dem die eigentlich gemeinte
Soleil Royal versenkt wurde. Also gut 23 Jahre zu jung.

Was bleibt?

Alles, was jetzt bleibt, ist ein verzweifelter Versuch, aus dem so falsch
rekonstruierten Bausatz eine Art "Rückführung" zu machen und der echten
"Le Soleil Royal" so nahe wie möglich zu kommen. - Vollständig wird es mir
sicher nicht gelingen, denn es gibt leider keine glaubwürdige Darstellung des
Schiffes zu seiner Zeit.

Die Soleil Royal ist eines von drei Schwesterschiffen gewesen, die alle dem
französischen Sonnenkönig, Louis XIV. gewidmet waren. - Diese trugen die Namen:
- Royal Louis
- Louis XIV.
- Le Soleil Royal

Die Zeit an sich ist ebenfalls sehr spannend, denn in dieser Zeit wurde in
Frankreich erstmals eine Order erlassen, nach der große Kriegsschiffe (wie die
Soleil Royal) in der Reihe zu kämpfen hatten (Ships of the Line) und sich nicht
in Einzelgefechten verzetteln sollten. - Dies sei den Kritikern mitgegeben, die
sagen, die Soleil Royal wäre nie einem kleineren Schiff hinterher geeilt. - Zu
dieser Zeit haben die Kapitäne das sehr wohl noch getan! - Sonst wäre diese
Order (Die große Ordonnance von 1689/90) nicht erlassen worden.

Kleiner Hinweis am Rande:
Wenn ich von hier an von der "Le Soleil Royal" schreibe, dann meine ich
ausschliesslich das Schiff von 1669. Andere Versionen werden explizit durch
Angabe des Baujahres (z.B. 1692) erwähnt.

Die Bewaffnung
-------------------------


Wir befinden uns also 1669. Zu dieser Zeit wurde die Schiffsartillerie optimal
verteilt. Die Kanonen waren aus Bronze und damit in der Feuerkraft den späteren
Eisen-Kanonen überlegen (!). Eisen-Kanonen wurden nur deswegen eingeführt, weil
sie billiger waren.

Die Kampfformation "In Reihe" war quasi noch nicht erfunden, also versuchte man,
das Schiff "rundum" mit möglichst hoher Feuerkraft auszustatten.

Das führte zu folgender Ausrüstung mit Kanonen (am Beispiel der Royal Louis von
1668 ) :
1. Batterie (Unterdeck):
   12 36-Pfünder
    8 24-Pfünder
   12 18-Pfünder
  zusammen 32 Kanonen
2. Batterie (Mitteldeck):
   10 24-Pfünder
   18 18-Pfünder
  zusammen 28 Kanonen
3. Batterie (Oberdeck):
   26 12-Pfünder

dazu kamen:

6 kleinere Geschütze auf dem Hüttendeck
4 18-Pfünder im Heck

Sowie im Frontschott der Back:
- auf dem obersten Deck: 6 8-Pfünder
- auf dem zweiten  Deck: 4 12-Pfünder
- auf dem untersten Deck: 2 18-Pfünder, die wahlweise nach vorn oder zu den
  Seiten ausgerichtet werden konnten. (Sind bei den Kanonen der 3. Batterie
  bereits eingerechnet)

Nach Hayet (siehe Quellen) kam das Schiff damit in Summe auf 116 Geschütze, mit
einem Breitseitengewicht von 429 Kg.

Es gibt zwei Stiche von 1677 in der Bibliotheque Nationale, auf denen das
Schwesterschiff der Soleil Royal, die Royal Louis dargestellt ist.

Erfreulicherweise stimmen sogar die Abmessungen auf dem Bild mit den gefundenen
Daten zum Schiff überein.

Außerdem sind die Stiche von Sire Pierre Arnoul als "schiffsikonografisch
zuverlässig" zur Kenntnisnahme unterzeichnet worden (!), so dass
man davon ausgehen darf, dass diese Stiche sehr hochwertig sind. Leider wurden
sie bis dahin von der Fachwelt als "naiv und künstlich überhöht" eingestuft.

Ich persönlich sehe das vollkommen anders. Was ihr meint, bleibt
euch überlassen. ;)

Nachdem die Soleil Royal ja das Schwesterschiff war, darf man viele Details
(wie die Bewaffnung) sicher übernehmen. Der Hauptteil der Rekonstruktion
stützt sich also zwangsläufig an den Unterlagen und den Stichen über die
Royal Louis ab.

Die Konzeption der Batteriedecks
---------------------------------------------------

Zum Zeitpunkt des Baus der Soleil Royal galt die Bau-Order des Pater Georges
Fournier, die Biegung der Decksbalken (Fachbegriff: "Aufbugt") mit Hilfe von
Kreisbögen zu entwickeln.

Alleine hier stellt der Erwerber des Heller-Bausatzes begeistert fest: "Die
Decks sind bei mir aber flach!" - Dumm gelaufen. Will man wirklich das Schiff
von 1669 bauen, müssen die Decks, wegen der Aufbugt, überarbeitet werden.

Laut dem Artikel von Johann Gröbner ist die Wölbung bei jedem Deck
unterschiedlich. Die untersten Decks sind am stärksten gewölbt, die obersten am
schwächsten. - Interessanterweise ist das bei der Rekonstruktion von 1692 genau
anders herum! (E. Paris)

Die Differenz in der Höhe (im Verhältnis zum Bausatz) beträgt beim untersten
Deck, auf der Kiellinie, 1 Meter (oder auf den Bausatz umgerechnet: 1 cm).

Das Deck darüber: 0,70 m - Das darüber: 0,56 m - Das darüber 0,45 m.

Dabei wurde die Aufbugt danach berechnet, wie der "Rücklauf" des leichtesten
Geschützes auf dem Deck war. Auf dem untersten Deck gab es ja drei verschieden
schwere Geschütze. Die schwersten Geschütze wurden dabei in der Schiffsmitte
aufgestellt und zum Bug und zum Heck und von unten nach oben (Decks) hin wurden
sie immer leichter.

Der wegen der extremen Aufbugt fast vollständig verminderte Rücklauf der
schweren 36- und 24-Pfünder, verlieh diesen Bronzerohren die Wirkung von
Carronaden des beginnenden 19. Jahrhunderts! Jedoch mit dem Unterschied, daß
die Geschütze wegen des Deckgefälles nicht an die Unterkante der Obertrempel
sprangen, wie dies bei Carronaden geschah. - Die Lafettensohle musste jedoch der
Deckskrümmung angepaßt sein. Die vorderen Räder waren deswegen viel größer als
die hinteren und bei den ganz großen Geschützen fehlten die hinteren Räder zum
Teil ganz. Außerdem braucht die Brooktaue der schweren Stücke und deren
Verankerung im Holz nicht so stark dimensioniert werden, dank der Abfangwirkung
der Decks.

Der Kraftaufwand, solche Geschütze wieder auszurennen, war allerdings enorm.
Deswegen geht Herr Gröbner auch davon aus, dass Leisten auf die Decks genagelt
wurden, die den Mannschaften diese Arbeit etwas erleichterten (Trittsicherheit).


Das Heck und mal wieder die Farbgebung
----------------------------------------------------------------


Eine weitere Besonderheit, die mich (und vermutlich auch die anderen Eigentümer
des Heller-Bausatz) fast nach hinten umkippen liess, ist folgende:

Die beiden letzten (achterlichsten) Kanonen des untersten Batteriedecks, standen
nicht auf demselben Deck wie die anderen Geschütze, sondern auf einem
"tiefergelegten" Abschnitt. Dieses Decksteil liegt so tief, dass es fast eine
komplette Decks-Ebene tiefer liegt! Damit niemand dort hinunter stürzt, wurde
dieser Bereich vom restlichen Deck sogar abgeschottet.

Die vier achterlichen Kanonen (die zum Heck hinausragten) erhielten eine eigene
Aufbugt, die sich von den restlichen Decks unterschied. Und auf dieser
flachen Aufbugt, stützt sich dann auch wieder der Aufbau des Hecks ab, der
nach barocker Vorstellung eine einmal angefangene Linienführung nicht wieder
variierte. In den Heckkabinen waren die Decks also relativ flach, während
"draussen" die Aufbugt relativ stark war.

All dies deckt sich bis dahin auch mit der Zeichnung des Hecks, die ich beim
letzten Mal schon aufgetrieben habe. Demnach hat die "echte" Soleil Royal von
1669 vermutlich tatsächlich dieses Heck besessen.

Weiterhin waren die Schiffe im achteren Bereich tatsächlich schwimmende
"Barockpaläste". Der Sonnenkönig liess sich nicht lumpen und stattete die ihm
namentlich zuzuordnenden Schiffe extrem luxuriös aus.

Wie bei hochbarocken Kirchen-Altarsäulen, waren die geschoßübergreifenden
Skulpturen aus hohlen Schichtungen, laut Hayet aus Tannenholz und die Maserungs-
richtung wurde berücksichtigt.

Spezialisten hinterlegten die farbigen Einfassungen mit Blattgold (!) um so die
Farben besser zum leuchten zu bringen.

Laut der "Description" von Hayet war der Rumpf generell "weiss" gemalt. Die
geschnitzten Ornamente und Attribute waren ab der zweiten Batterie auf Kreide-
grund reich vergoldet. Bis in diese Höhe (!) war der Rumpf mit Bleiweiss grundiert.
Zwischen den Fensterreihen am Heck war dieses mit Azurblau (Hurra, endlich ein
Beleg!!!) bemalt.

Van Beecq hat 1680 ein Ölgemälde des Flaggschiffes von A. Duquesne bei der
"Canonade de Chio" gemalt (Inventur Nr. 10A10, Musee de la Marine). Der
"richtige" Blauton ist derjenige, den die niedrigrangigen Schiffe im Hintergrund
haben. - Dieses Bild muss ich mir wohl erst noch organisieren...

Damit es nicht zu lang wird, breche ich hier erstmal ab.
Ich habe bis jetzt etwa die erste Hälfte des ersten der beiden Artikel von
Herrn Gröbner abgearbeitet. Ich habe aber auch schon ein wenig weiter
gelesen und darf euch schon wieder andeuten: Es bleibt heiter! Es gibt noch
einige weitere Überraschungen, was die Soleil Royal von 1669 angeht.

Bleibt dran!

Bis zum nächsten Mal!

Ciao,

HWE
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: HWB in 21. Juni 2006, 20:30:32
Hi Herbert,

du solltest unbedingt Skizzen in den Bericht einbauen. Nur Text wird zu unanschaulich und es fällt schwer zu folgen.
Und das wäre schade! Denn was du hier vorhast ist die totale Umkrempelung des Heller Bausatzes.  :respekt:  Das dürfte noch spannend werden.
Der Mensch ist halt ein Augentierchen und ein paar Bildchen geben die richtige Würze  :laaaang:

Die Infos in kleinen Dosen zu verabreichen ist eine gute Idee, sonst wird man erschlagen. ;)

Hast du inzwischen neben dem Artikel aus dem Arbeitskreis noch andere Quellen aufgetan?
Daß die achteren Geschütze tiefer stehen als der Rest der Batterie war damals fast normal. Bei niederländischen Schiffen kann man das auch oft sehen. Ich habe mich in den letzten Tagen intensiv mit van der Velde Zeichnungen beschäftigt, da springt einem dieses Detail irgendwann förmlich an  :9: .
Die Ursache ist der starke Deckssprung. Das Deck wird achtern so steil, daß die Heckpforten nicht mehr passen.



 :winken:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: AnobiumPunctatum in 21. Juni 2006, 21:00:14
Hallo Herbert,

mann mann, das ist heftige Kost, aber für meinen Geschmack genau das richtige :P
Ich habe noch keinen Plastesegler gesehen, der gewölbte Decks hatte. Bloß gut, dass meine Lieblingsschiffe sehr viel älter sind. Da ist die Quellenlage ungleich besser.

Ich bin schon gespannt wie es weiter geht.

Was Skizzen oder Bilder angeht, kann ich Holger nur zustimmen. Ich hoffe, Du bekommst es hin (Copyright usw.)
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 22. Juni 2006, 09:00:31
Hi Holger, hallo Christian,

ihr habt ja Recht, ich kann gut verstehen, dass der Text, so ganz ohne Bilder starker Tobak ist. :rolleyes:

Ich will versuchen, dass auch irgendwie zu verbessern. Ich werde die geeigneten Bilder demnächst hier an den Thread anhängen, so weit mir das möglich ist.  :)

Was den Bau an sich angeht, so stehe ich kurz davor zu sagen, daß es einfacher wäre, ein Holzmodell nach vernünftigen Recherchen komplett von Scratch zu bauen, als aus dem Heller-Bausatz das Original hinzufrickeln. Trotzdem will ich letzteres versuchen um zu zeigen was geht und ob es überhaupt geht.  :12:

Ob irgendwer so mutig ist, meinem Umbauweg zu folgen, werden wir dann später sehen. ;)

Wahrscheinlich ist es einfacher zu sagen: "Ich baue halt das Modell von Paris nach!" - Und fertig! Dann muß man nur die Galerien aufmachen und vielleicht noch einige Unterschiede zum Museumsmodell ausbügeln.  :pffft:

Wenn man gleich ehrlich ist und sagt: "Ich baue nicht das Schiff von 1669 nach, sondern das Modell aus dem
Museum", dann macht man sich und anderen wenigstens nichts vor und kann das Modell weitgehend "OoB" bauen. - Allerdings sollte man dann auch immer darauf hinweisen, dass das Orginal-Schiff etwas anders aussah und es sich bei dem Modell eher um eine Phantasie-Version handelt. (Zwar schön, aber Phantasie).  :santa:

Im nächsten Teil des Bauberichts werde ich euch mit den technischen Daten zunageln (der Teil ist auch schon fast fertig) und wohl dazu einige Bilder bringen.  :blabla:  :meld:

Bis dann!

Ciao,

HWE
 :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: galeotti in 23. Juli 2006, 01:03:52
Hallo hwe, :santa:  dein Bericht zu deinen Recherschen, in Bezug auf die "Solail Royal" ist wirklich sehr interessant. Hast Dir richtig viel Arbeit gemacht :respekt: . Ich halte auch nicht viel davon den Herstellern, der Bausätze, einfach zu folgen, in der Annahme, die werden es schon besser wissen. Wie Du sicher weißt, baue ich hauptsächlich Galeeren und hatte mir einmal den Holzbausatz der "Capitana di Venetia" nach Plänen von Wolfram zu Mondfeld zugelegt. Nach umfangreichen Studium der Materie mußte ich feststellen daß es von diesem speziellen Schiff überhaupt keine zeitgenössischen Bilder gibt.
Dafür entdeckte ich auf Gemälden von verschiedenen Galeeren ,Details die hier zu einem einzigen Schiff zusammengeschustert wurden. So stammt die gesamte Heckverzierung von einer Galeere eines älteren Bautyps. Deshalb werde ich zukünftig meine Schiffe nach alte Gemälden selbst rekonstruieren.
Übrigens empfehle ich Dir keine Goldfarbe zu verwenden. Damit erhält man keine zufriedenstellenden Ergebnisse. Wenn man so ein prächtiges Modell, wie die Solail baut, kann eigentlich nur echtes Blattgold oder zumindest Schlagmetall in Frage kommen. Es lohnt sich wirklich.
viel Erfolg beim Bau, Steffen
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 21. August 2006, 19:09:02
Hallo Galeotti!

ZitatOriginal von galeotti
Hallo hwe, :santa:  dein Bericht zu deinen Recherschen, in Bezug auf die "Solail Royal" ist wirklich sehr interessant. Hast Dir richtig viel Arbeit gemacht :respekt:
Danke! :) Und: Jaaa, das hat viel Mühe gemacht, es soll aber auch noch weiter gehen. Leider war ich in den letzten Wochen einerseits stark beruflich eingespannt und andererseits gehe ich demnächst erstmal zwei Wochen in Urlaub. - Im September werde ich den Baubericht aber wieder fortsetzen.
Den nächsten Beitrag habe ich sogar schon etwa zur Hälfte fertig.
ZitatIch halte auch nicht viel davon den Herstellern, der Bausätze, einfach zu folgen, in der Annahme, die werden es schon besser wissen.
Ich habe eine Menge Lehrgeld bezahlen müssen, bevor ich das kapiert habe, das dem so nicht ist. :(
ZitatWie Du sicher weißt, baue ich hauptsächlich Galeeren und hatte mir einmal den Holzbausatz der "Capitana di Venetia" nach Plänen von Wolfram zu Mondfeld zugelegt. Nach umfangreichen Studium der Materie mußte ich feststellen daß es von diesem speziellen Schiff überhaupt keine zeitgenössischen Bilder gibt.
Dafür entdeckte ich auf Gemälden von verschiedenen Galeeren ,Details die hier zu einem einzigen Schiff zusammengeschustert wurden.
Na, Klasse! - Hier im Board gab es in letzter Zeit ja bereits einige Beiträge zu dem Thema "obskure Schiffsmodellbausätze". - Das ist schon irgendwie mega-traurig. Da ist man in einem Gebiet unterwegs, wo man viel Wert auf Authentizität legt (das unterstelle ich jetzt einfach mal jedem Modellbauer) und dann wird man von dern Herstellern in so vielfältiger Weise an der Nase herum geführt.
ZitatSo stammt die gesamte Heckverzierung von einer Galeere eines älteren Bautyps. Deshalb werde ich zukünftig meine Schiffe nach alte Gemälden selbst rekonstruieren.
Das und die Rekonstruktion nach möglichst erhaltenen Originalen (Wracks) und anhand von erhaltenen Konstruktionszeichnungen und Schiffen ähnlicher Bauart.
So kann man sicher eine relativ authentische Nachbildung eines historischen Schiffes erzielen, wenn man sich zum Beispiel möglichst authentische Gemälde (oder Bilder davon ;) ) von dem Schiff besorgt, welches man bauen möchte. - Der Maler sollte zu der Zeit gelebt haben, technisch korrekt und möglichst detailliert das Schiff abgebildet haben und es sollte der eine oder andere Zeitgenosse bestätigt haben, dass das Schiff so ausgesehen hat. - Vorzugsweise Seeleute.
Und dann besorgt man sich Rißzeichnungen von ähnlichen Schiffen aus derselben Zeit und am besten aus derselben Werft/Region, wo das Schiff gebaut wurde. Pläne des Kontrukteurs, auch von Schwesternschiffen, sind Gold Wert. - Damit hat man dann eine einigermaßen brauchbare Grundlage für eine sinnvolle Rekonstruktion.
ZitatÜbrigens empfehle ich Dir keine Goldfarbe zu verwenden. Damit erhält man keine zufriedenstellenden Ergebnisse. Wenn man so ein prächtiges Modell, wie die Solail baut, kann eigentlich nur echtes Blattgold oder zumindest Schlagmetall in Frage kommen. Es lohnt sich wirklich.
viel Erfolg beim Bau, Steffen
Ich habe Schlagmetall (in Gold und in Kupfer) da, aber bisher noch nie verwendet. Mal sehen, ob es mir die Soleil auch wert ist. ;) Auf jeden Fall: Danke für den Tipp! :)

Ciao,

HWE
 :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: AnobiumPunctatum in 21. August 2006, 21:30:50
ZitatDas und die Rekonstruktion nach möglichst erhaltenen Originalen (Wracks) und anhand von erhaltenen Konstruktionszeichnungen und Schiffen ähnlicher Bauart.

Hi Herbert,

hier sprichst Du einen der Hauptgründe an, weshalb mir der Zeitraum von etwa 850 bis zum Ende der Kogge so gut gefällt. Viele Schiffstypen sind durch Funde relativ gut bekannt. Man tut sich sehr viel leichter mit der Recherche.
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Marcus Stenberg in 28. Juni 2007, 10:40:49
ZitatOriginal von hwe
Kommen wir nun zum verwendeten Gelb:

Hier wird also durchaus klar, daß Ockergelb für die gelben Streifen verwendet wurde. - Eine so billige und gängige Farbe... - Kein Thema. - Für mein Modell bedeutet das aber auch, dass ich mehrere Ockertöne für die gelben Streifen verwenden werde, um Effekte, wie Abnutzung oder Verschmutzungen darzustellen.

HWE

Ich bin mir ziemlich sicher, das die gelben, ockerfarbenen Streifen nicht korrekt sind, bzw. nicht richtig sein können.

Ich habe mir zahlreiche Gemälde aus der Zeit der Soleil Royal angeschaut, die im 17. Jahrhundert entstanden sind und Schlachtschiffe zeigen. Darunter auch eine Gemälde, das die Schlacht von Barfleur zeigt. Bei keinem Gemälde waren die ockerfarbenen Streifen zu sehen, die man von der HMS Victory kennt. Es gibt auch ein Gemälde von Monami Swain, das die HMS Victory auf See ohne die schwarz-gelbe Bemalung zeigt. Nach dem Gemälde könnte Ocker für die gesamte Bordwand verwendet worden sein. Im Buch HMS Victory von Noel C.E. Hackney gibt es im 1. Kapitel, das die Anfangsjahre des Schiffes und die Repararturen beschreibt, einen Hinweis darauf. Um 1800 hatte die Victory schon die schwarz-gelben Streifen, beschlossen wurde das von der Admiralität am 27. Mai 1770, also gut 100 Jahre nach der Soleil Royal.

Nach den Gemälden zu urteilen, waren die Bordwände der Schiffe im 17. Jahrhundert nicht lackiert, eher geölt. Die Barkhölzer dürften dunkler gehalten worden sein. Bei der Soleil Royal war die blaue Farbe die Dekoration, ganz oben wurde in der Vergangenheit, also vor der Soleil Royal immer gern mit Farbe und Verzierungen gearbeitet, das dürfte einen guten Grund gehabt haben, ich schätze je weiter weg vom Seewasser, desto besser für damalige Farben ...  :D

Ich werde meine Soleil wie folgt färben, der obere Teil der Bordwand blau, die Barkhölzer und alles was wegsteht von der Bordwand in dunklem braun, der Rest in mittelhellem verwaschenen holzbraun, so wie Holz auf See eben auschaut nach einiger Zeit Kontakt mit Meerwasser und dem rauen Wetter.
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 06. Juli 2007, 16:53:52
Hallo Marcus,

sorry für den großen Delay bei der Beantwortung deines Postings!

Nichtsdestotrotz hast du eine Antwort verdient.  :1:  Vor allem, da du dich ja auch intensiv mit der Soleil auseinandersetzt.

ZitatOriginal von Marcus Stenberg
ZitatOriginal von hwe
Kommen wir nun zum verwendeten Gelb:

Hier wird also durchaus klar, daß Ockergelb für die gelben Streifen verwendet wurde. - Eine so billige und gängige Farbe... - Kein Thema. - Für mein Modell bedeutet das aber auch, dass ich mehrere Ockertöne für die gelben Streifen verwenden werde, um Effekte, wie Abnutzung oder Verschmutzungen darzustellen.

HWE

Ich bin mir ziemlich sicher, das die gelben, ockerfarbenen Streifen nicht korrekt sind, bzw. nicht richtig sein können.

Ich habe mir zahlreiche Gemälde aus der Zeit der Soleil Royal angeschaut, die im 17. Jahrhundert entstanden sind und Schlachtschiffe zeigen. Darunter auch eine Gemälde, das die Schlacht von Barfleur zeigt. Bei keinem Gemälde waren die ockerfarbenen Streifen zu sehen, die man von der HMS Victory kennt.
Es hat nie jemand behauptet, dass die Soleil Royal jemals das "Biene Maja"-Design hatte, so wie man die Victory heute kennt. - Die Victory hat zum Zeitpunkt ihres Stapellaufs vollkommen anders ausgesehen. - Wie manche finden - hübscher.

Mit "gelben Streifen" meinte ich, als ich das schrieb, die Bereiche zwischen den Barkhölzern. - Nichts anderes.
ZitatEs gibt auch ein Gemälde von Monami Swain, das die HMS Victory auf See ohne die schwarz-gelbe Bemalung zeigt. Nach dem Gemälde könnte Ocker für die gesamte Bordwand verwendet worden sein.
Richtig! - Das ist genau der Punkt, den ich für die Soleil Royal geltend mache.
ZitatIm Buch HMS Victory von Noel C.E. Hackney gibt es im 1. Kapitel, das die Anfangsjahre des Schiffes und die Repararturen beschreibt, einen Hinweis darauf. Um 1800 hatte die Victory schon die schwarz-gelben Streifen, beschlossen wurde das von der Admiralität am 27. Mai 1770, also gut 100 Jahre nach der Soleil Royal.
Richtig. - Aber was hat das mit der Soleil Royal zu tun?
Nochmal: Die Soleil Royal hat niemals das "Biene Maja"-Design gehabt.

Du vergleichst dauernd Äpfel mit Birnen.  - Löse dich mal von der Victory! Über hundert Jahre, zwei Nationen, andere Ressourcen, andere "Geschmäcker" und die technische Weiterentwicklung trennen die Beiden.  - Also: Die Victory lassen wir bitte aus der Diskussion um die Farbgebung der Soleil Royal bitte heraus.
ZitatNach den Gemälden zu urteilen, waren die Bordwände der Schiffe im 17. Jahrhundert nicht lackiert, eher geölt. Die Barkhölzer dürften dunkler gehalten worden sein. Bei der Soleil Royal war die blaue Farbe die Dekoration, ganz oben wurde in der Vergangenheit, also vor der Soleil Royal immer gern mit Farbe und Verzierungen gearbeitet, das dürfte einen guten Grund gehabt haben, ich schätze je weiter weg vom Seewasser, desto besser für damalige Farben ...  :D
"Lackiert" ist eine grundsätzlich falsche Formulierung. Denn "Lack" wie wir ihn heute kennen (hochglänzend, in allen Farben, aber auch seidenmatt und matt) ist eine sehr moderne Erfindung. Als "Lack" gab es damals bestenfalls schwarzen oder roten Lack in Fernost (China/Japan).

Im 17. Jahrhundert wurden in Europa Sachen entweder mit Ölfarben (verschiedenste Pigmente, mit Leinöl angerührt) oder Erdfarben (Häuser, z.B. Kalk) angemalt, und Holz wurde auch noch Teer und Pech, Terpentinöl und Bleimenninge behandelt. - Viel mehr gab es damals noch nicht. Der korrekte Ausdruck ist also entweder "bemalen", oder man geht irgendwie auf "Holzschutz-Behandlung".

Der Teil, den Du als "geölt" bezeichnest, war tatsächlich entweder geölt (hält nicht lange gegen Meerwasser und Sonneneinstrahlung), oder - was im Norden Europas sehr üblich war - mit Harpüse (ein ekliges Gemisch aus Terpentin, Holzteer, Tierhaaren, Schwefel, und Baumharzen) eingestrichen. - Als dritte Variante bietet sich für Frankreich aber auch der Einsatz von gelbem Ocker als (Öl-)Farbe zum Streichen der Bordwände an. - Frankreich besass (im Gegensatz zu den skandinavischen Ländern) reiche Fundstätten für gelben und roten Ocker. Das war damals die billigste Farbe, die es gab.

Und nachdem die Farbkarte, die ich mir aus Frankreich für den Bau historischer französischer Segelschiffe aus dem Musee de la Marine in Paris mitgebracht habe, gelben Ocker vorschlägt, gehe ich derzeit davon aus, dass die Franzosen diesen Teil der Bordwand vielleicht wirklich mit gelbem Ocker angestrichen haben.
Aber ich gebe zu, dass ich noch nicht endgültig überzeugt bin, dass es nicht doch etwas Harpüse-ähnliches war. - Bei hohem Schwefel-Anteil übrigens auch eher gelb aussehend...

Was die Gemälde angeht, so haben wir da das Problem, dass damals die Farben (für die Kunstmaler) grundsätzlich nicht so klar und rein vorlagen, wie wir das heute kennen. - Sie waren grundsätzlich immer etwas "schmutzig" mit einem leichten Farbstich (ob nun braun, grün, rot,... egal. "Reine" Farben gab es so gut wie nicht). Ausserdem werden Ölbilder normalerweise (zumindest damals) "gefirnisst", als Abschlussbehandlung. - Auch das Firnissen verändert die Farben und den Gesamteindruck noch einmal.

Deswegen gehe ich davon aus, dass das, was wir auf den Bildern sehen, im Original viel heller und auch weniger "braun" war (Gealterte Firnis sorgt für einen leichten Gelb- bis Braunstich). - Deswegen kann es durchaus sein, dass die Rümpfe "heller" und damit auch "gelber" waren, was wiederum für den gelben Ocker spricht.

Was deine Vermutung angeht: "Je weiter weg vom Wasser, um so besser für die Farben", da hast Du ganz sicher Recht! - Es gibt kaum etwas aggressiveres als Hitze, Meerwasser und Sonnenlicht.

Vor allem Sonnenlicht bleicht Holz (jeder Art!) so aus, dass es, wenn es nicht geschützt ist, grau, fast "silber" wird. - Dies trifft jedoch nur die obersten Holzschichten, so dass zum Beispiel Yachtdecks, die mit Teakholz belegt sind, bis zu drei Mal "abgezogen" werden (etwa alle 10 Jahre einmal). Diese Decks sind nach dem "abziehen" wieder wie neu. Danach müssen die Decks allerdings komplett erneuert werden.

Deswegen muss man natürlich den Rumpf eines Seegehenden Holzschiffes irgendwie schützen. Und deswegen sehe ich das auch so, dass da sicher gerne das genommen wurde, was billig und in rauhen Mengen zur Verfügung war. - Gelber Ocker. - Wenn Du die "gelben" Anteile der Bordwand der Soleil lieber "naturfarben" belassen willst, so kann ich das gut verstehen. Es gibt genug Anhaltspunkte, die auch für diese Variante sprechen. - Es würde mich daher sehr freuen, wenn Du hier vielleicht berichten kannst, was Du weiter bei deiner Recherche herausfindest. - Ob es nun Ocker war, oder Harpüse!?

ZitatIch werde meine Soleil wie folgt färben, der obere Teil der Bordwand blau, die Barkhölzer und alles was wegsteht von der Bordwand in dunklem braun, der Rest in mittelhellem verwaschenen holzbraun, so wie Holz auf See eben auschaut nach einiger Zeit Kontakt mit Meerwasser und dem rauen Wetter.

Das scheint mir im wesentlichen korrekt zu sein. - Was das Blau angeht, so kann ich dir nur den Tipp geben, dich bei deinem lokalen Händler für Farbpigmente mal nach echtem Azurit umzusehen. - Das dürfte das einzige Blau sein, was damals eingesetzt werden konnte (wenn man jetzt mal von der Variante mit den gemahlenen Halbedelsteinen absieht - Viel zu teuer!), alle anderen Blaus, die wir heute kennen, waren damals noch nicht erfunden, oder schlicht nicht einsetzbar.

Wenn Du dir das Azurit mal anschaust, und auch die Preise dafür, dann wirst Du auch schnell zu der Annahme gelangen, dass die französischen Schiffe "babyblau" bis bestenfalls "mittelblau" waren. - Aber mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit NICHT dunkelblau. - Das dunkle Azurit kostet ein vielfaches vom hellsten Azurit und das kostet wiederum ein vielfaches von gelbem Ocker.  - Defakto ist es so teuer, dass ich mir kein echtes Azurit-Pigment gekauft habe (die anderen Pigmente: Ja), sondern eine Tube fertiges "Azurblau".

"Azurblau" wird nicht zu unrecht unser Himmel beschrieben. - Das trifft die Farbe ganz gut! - Ich bin selbst etwas enttäuscht, da ich ebenfalls finde, dass ein dunkles Blau optisch schöner wäre, aber das wäre historisch einfach nicht korrekt.

Ich habe neulich erst ein Foto von einem Gemälde aus der Zeit um Barfleur gesehen, auf dem einige französische Kriegsschiffe zu sehen waren. - Ein Zeitgenosse hat wohl über das Bild geschrieben, dass das Blau auf dem Gemälde mit der Farbe der Schiffe übereinstimmt. - Die Schiffe hatten dieses "Babyblau", mit einem ganz leichten "Touch" ins Türkise.

Das war's für heute, aus dem Soleil-Royal-Farbstudio. - Schalten Sie auch morgen wieder ein...  :6:


Ciao,

HWE
 :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: galeotti in 07. Juli 2007, 00:34:43
Hallo Herbert, ich stimme Dir zu, dass die Auswahl an Blaupigmenten im 17. Jh. äußerst dürftig war. Viel mehr als Kalkblau und Bergblau(azur) standen den Malern kaum zur Verfügung. Für normale Schiffe würde ich das gelten lassen aber nicht für das Flaggschiff des Sonnenkönigs. Wenn es um die Zurschaustellung seiner Pracht ging war LudwigXIV. nichts zu teuer. Wer ein Schiff derart verschwenderisch mit vergoldeten Statuen ausschmücken ließ, hat beim Heckanstrich mit Sicherheit nicht gegeizt. Ultramarinblau, welches damals noch zu 100% aus Lapislazuli bestand und ebenso teuer war wie Gold, wird er wohl für seine königliche Sonne spendiert haben. Man grundierte damals in mehreren Schichten mit einem weniger edlen Blau und überzog es mit einem stark verdünnten Schlußanstrich aus Lapis. Das dürfte zwar etwas fleckig ausgesehen haben, war aber ein recht dunkelblauer Ton. Gemälden kann man nur recht begrenzt trauen. Wenn der Auftraggeber des Bildes nicht übermäßig viel dafür bezahlen wollte, konnte der Maler auch nur billige Pigmente zum malen verwenden.
Recherschen stoßen da an ihre Grenzen, wo man keinen zeitgenössischen Bericht in dem die Zusammensetzungen, der für das Schiff verwendeten Farben, beschrieben werden, zur Verfügung hat.

Das zeitgenössische Modell der "la Reale"  im pariser Museum ist auf alle Fälle mit einem dunkelblauen Anstrich versehen. Da sie als Führungsgaleere, persönliches Eigentum des Königs war, bin ich mir ziemlich sicher, dass für ihren Anstrich auch nur das Teuerste gut genug war.auf einem hellblauen Untergrund wäre das viele Blattgold überhaupt nicht zur Geltung gekommen.  Es würde einfach nicht zu der Verschwendungssucht Ludwigs passen wenn am Äußeren seiner Führungsschiffe gespart worden wäre. Einfache Kriegsschiffe waren mit Sicherheit billiger bemalt und da würde das Babyblau sicher gereicht haben. Die einfachen Galeeren waren beispielsweise alle rot gestrichen.
 :winken: Steffen
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Marcus Stenberg in 07. Juli 2007, 01:41:36
Hallo Herbert,

Immer wieder ein Genuß, deine Texte zu lesen ...   :klatsch:

Die Recherche ist fast spannender als der Bau selbst. Das Ölfarben verwendet wurden, ist naheliegend. Es war in Holland eine Zeit lang üblich, Schiffe mit Gemälde zu verzieren. Das dabei Ölfarben verwendet wurde, ist logisch. Das man damit nicht nur malen, sondern auch streichen kann, liegt auf der Hand. Mich stört bei den meisten Modelle der Soleil, die ich bis jetzt gesehen habe, daß das Ocker so schön sauber und deckend war. Das erinnert mich an modernen Lack und kann sicher nicht so gewesen sein. Ich spiele mit dem Gedanken, mich mit Eichenholz einzudecken und die verschiedenen von dir beschriebenen "Farben" am Holz zu testen, wie sie in Natura ausschauen. Dieses Ergebnis dann mit modernen Lacken nachbilden dürfte dann ein sehr interessantes Stück Arbeit werden.

Die Vorstellung, die ich von dem Azuritblau habe, geht in diese Richtung.

(http://homepage.mac.com/gollmark/.Public/Azurit.jpg)

Das dürfte sehr schön mit dem Gold harmonieren und war sicher ein wenig teurer als das billige Babyblau ...   :6:

Was mich weit aus mehr fasziniert ist die äußerst verschwenderische Verwendung von Gold bei der Soleil Royal. Gibt es Hinweise, das dies historisch korrekt ist? Blattgoldlieferungen an die Werft, oder andere Quellen?

Galleoti dürfte mit dem sehr dunkelnen blau falsch liegen, nicht wegen dem Preis, sondern wegen der Tatsache, das imprägniertes Holz eine eher dunkle braune Farbe hat. Dunkelblau und dunkelbraun, das schaut nicht besonders toll aus. Ein helleres Blau wirkt neben den dunklen Brauntönen und harmoniert auch mit Ocker besser. Ich gehe mal davon aus, das man auch im 17. Jahrhundert für diese Aufgabe Menschen beauftragt hat, die ein gewisses Maß an Gefühl für Farben und Ästhetik besessen haben. Ich gehe nicht davon aus, das damals die Gemälde so dunkel und erdig waren, wie wir sie heute kennen. Ich gebe Herbert recht, das die Farben damals wesentlich bunter und kräftiger waren, als es heute der Fall ist. Stichwort Sixtinische Kapelle.

Der Sonnenkönig, die Sonne und der Himmel, das sollten die Farben Gold und (Himmel)blau symbolisieren, so sehe ich das.

Ich glaube, es ist ein guter Ansatz, bei der Farbgebung auch darauf zu achten, wie wirken die einzelnen Farben miteinander. Ein harmonisches Gesamtbild dürfte das Modell eher in Richtung Realität rücken, denk ich mal.


Marcus  :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: janmaat in 07. Juli 2007, 05:01:18
zum Beitrag von hwe (S. 4 dieses threads, dat. 28.5. 2006)

Zitat Anfang: "Hier die Zeichnung:



Jetzt vergleicht das bitte mal mit dem Heck des Modells aus dem Musee de la Marine und dem Bausatz von Heller... geschockt verwirrt böse

Kleiner Hinweis am Rande: Die Farbgebung auf der Zeichnung ist ein Vorschlag und die rot gefärbten Teile sind nur eine "Vorarbeit", um dieselben Teile dann blau einzufärben. Damals musste man manchmal Farben in zwei Komponenten auftragen. Es ist mehr als eine Art "Studie" zu sehen.

Zum Modell im Musee de la Marine ist zu sagen, dass es nach 1850 entstanden ist, im Auftrag von Edmond de Paris, der mit den ganzen Unterlagen der französischen Marine etwas "hemdsärmelig" umgegangen ist. Seine Rekonstruktionen dürfen also durchaus angezweifelt werden.

Na, was halten die bisherigen Kollegen Soleil-Royal-Bauer davon? winken

Ich schließe für mich daraus, dass mir einiges an Arbeit ins Haus steht. - Wer findet alle "Fehler" ? böse
Kleiner Tipp: Zählt mal die Fenster. - Alles was ein Fensterkreuz hat, ist auch eines. - Die anderen Teile (Seitengalerien) sind offen. - Aber jetzt zählt mal die Fenster beim Bausatz nach... Augenzwinkern" Zitat Ende

Zur Herkunft dieser Zeichnung: "Ce dessin de poupe du Soleil Royal concerne celui construit en 1669 par Laurent Hubac à Brest et radoubé entièrement en 1686 [völlig umgebaut] avec ce nouveau décor pour être ensuite "monté" par Le Chevalier de Tourville et détruit par les anglais lors de la bataille de la Houghe." Quelle: http://fr.wikipedia.org/wiki/Soleil_Royal

Die Zeichnung der Heckfront der SR zeigt also den Zustand nach einem 1686 vorgenommenen Umbau - wie das Heck vorher aussah, ist natürlich mangels Bildquellen schwer zu sagen.

In einem ist hwe auf jeden Fall Recht zu geben: Es ist schon ein gewaltiger Unterschied, ob in der Heckfront eine gerade Anzahl von Fenstern eingebaut wurde (mit der Möglichkeit, in Verlängerung des Achterstevens [mit Unterbrechung durch das Rudergatt] mittig einen starken, lotrechten Balken einzubauen, oder ob solch ein "zentrales" Bauelement  durch die ungerade Anzahl von Fenstern bautechnisch verunmöglicht wurde.

Was die Interpretation der Öffnungen zu den Seitentaschen betrifft, so bin ich mir nicht sicher, ob da die Zeichnung nicht, wie in anderen Bereichen, schlicht nicht völlig ausgeführt ist. Aber ich weiß, dass das kein belastbares Argument ist.

Klar ist auf jeden Fall, dass das große, die Heckfront krönende Giebelfeld mit der Darstellung der die Pferde des Poseidon zügelnden Göttin (die Zügel fehlen im Hellerschen Halbrelief und sind mit feinem, aufgeklebten Draht zu ergänzen) viel zu hoch angelegt ist. Dadurch kommt auch der in meinem Augen unharmonische Seiteneindruck zustande, bei dem die Oberkante des Heckspiegels das Poopdeck in der Mittschiffslinie mehr als zwei Meter (im Maßstab umgerechnet) überragt. Das hat mit schon immer zu denken gegeben, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass man sich der Möglichkeit beraubte, vom Poopdeck aus halbwegs freie Sicht nach achtern zu haben.

In diesem Zusammenhang scheint mir das Heller-Modell einen weiteren Mangel aufzuweisen: Das Fehlen einer Schiffsleiter, die auf das Poopdeck führte. Denn dort hinauf musste ja ein Zugang vorhanden sein, um z. b. die großen Laternen entzünden und die Flagge hissen oder niederholen zu konnen.

Ein weiteres wird aus der Heckdarstellung klar: Die Pfortenöffnungen des Hellerbausatzes sind mit etwa 12 mm (das entspricht 1,20 m real) viel zu hoch und müssen, um der Höhe der Geschützluken auf den Schiffsseiten zu entsprechen, von oben her um 3 mm verringert werden.

Soviel für diesmal - ich selbst taste mich z.Zt. an den Heller-Bausatz heran und danke hier allen einschlägigen Beiträgern zum Thema Modellbau historischer Segelschiffe (egal ob "Holzwürmer" oder Freunde der Polystyrolmodellbausätze) für äußerst wertvolle Anregungen, Informationen und Tipps.

Leider besitze ich keine Digicam, sodass ich einen veritablen Baubericht wohl nicht erstellen kann. Was bisher auf meiner Modellwerft geschehen ist:

Für das 1. Batteriedeck: Anfertigung von zwei hintereinander zu stehen kommenden, schweren Ankerbetingen, dem unteren Teil eines in das zweite Batteriedeck sich fortsetzenden Ankerspills und der in das Orlopdeck bzw. den Raum hinabführenden sechs Luken. Als Vorbild habe ich dafür die Pläne und Maße bei Pâris, Segelkriegsschiffe des 17. Jahrhunderts, Kapitel Royal Louis, genommen. Ich werde in das 2. Batteriedeck in lotrechter Fortsetzung der Grätings des Hauptdecks ebenfalls Grätings einbauen, die zusammen mit zwei bis drei Niedergangsöffnungen samt Leitern hoffentlich genügend Licht in das unterste Batteriedeck durchlassen werden, so dass man diese Einrichtungen zumindest ein wenig erkennen kann, wenn man durch die Geschützluken des untersten Geschützdecks nach innen lugt.

Apropos Pâris: Das dort auf Aufklapptafel VI B  (nach S. 88) in Großaufnahme abgebildete Modell einer SR von 1690 zeigt ja sehr wohl die offenen Seitentaschen. Auf der anderen Seite erweisen eine Reihe von Abbildungen im vorderen Teil besagten Bandes, dass es in jener Zeit durchaus auch die Lösung der geschlossenen Seitentaschen gab.

Möglicherweise dreht sich der ganze Streit hinsichtlich der Hecktaschen ja nur um unterschiedliche Bau- und Umbauzustände ein und desselben Schiffes - ähnlich der rund ein dreiviertel Jahrhundert später vom Stapel gelassenen Victory, die zunächst offene Seitengalerien besaß, die dann bei ihrem großen Umbau in die heute gezeigten, trafalgershape-mäßigen, geschlossenen verwandelt wurden.

Ich weiß: Sehr viele Buchstaben und keine Bilder - trotzdem noch eine Frage zum Abschluss, betreffend die Armierung der SR: Nach meinen beschränkten Messmöglichkeiten beträgt der Innendurchmesser der schwersten Geschütze im untersten Geschützdeck beim Hellermodell ~1 mm, d.h. in Originalgröße entspräche das eiem Maß von ~ 10 cm. Leider ist mein Matheabi schon so lange zurück, dass ich die Rechenoperationen nicht mehr beherrsche, aber es müsste doch hier sicherlich Fachleute geben, die anhand des spezifischen Gewichts von Eisen (Fe) errechnen können müssten, welches Gewicht eine Eisenkugel mit 10 bis 12 cm Durchmesser besitzt und ob daher die Kanonenmodelle von Heller in etwa der Realität entsprechen. Für mein Gefühl, das sich an der Kenntnis vieler zeitgenösischer Bilddarstellungen orientiert, sind zumindest die Rohre der schwersten Kaliber zu dünn (zumindest was den Innendurchmesser betrifft) und die Lafetten zu zierlich.

So, jetzt Schluss für diesmal, viele Grüße und Ahoi für dieses tolle Forum

Janmaat/Edgar :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Marcus Stenberg in 07. Juli 2007, 10:50:34
ZitatOriginal von janmaat
zum Beitrag von hwe (S. 4 dieses threads, dat. 28.5. 2006)

Jetzt vergleicht das bitte mal mit dem Heck des Modells aus dem Musee de la Marine und dem Bausatz von Heller... geschockt verwirrt böse

In einem ist hwe auf jeden Fall Recht zu geben: Es ist schon ein gewaltiger Unterschied, ob in der Heckfront eine gerade Anzahl von Fenstern eingebaut wurde (mit der Möglichkeit, in Verlängerung des Achterstevens [mit Unterbrechung durch das Rudergatt] mittig einen starken, lotrechten Balken einzubauen, oder ob solch ein "zentrales" Bauelement  durch die ungerade Anzahl von Fenstern bautechnisch verunmöglicht wurde.

Was die Interpretation der Öffnungen zu den Seitentaschen betrifft, so bin ich mir nicht sicher, ob da die Zeichnung nicht, wie in anderen Bereichen, schlicht nicht völlig ausgeführt ist. Aber ich weiß, dass das kein belastbares Argument ist.

Klar ist auf jeden Fall, dass das große, die Heckfront krönende Giebelfeld mit der Darstellung der die Pferde des Poseidon zügelnden Göttin (die Zügel fehlen im Hellerschen Halbrelief und sind mit feinem, aufgeklebten Draht zu ergänzen) viel zu hoch angelegt ist. Dadurch kommt auch der in meinem Augen unharmonische Seiteneindruck zustande, bei dem die Oberkante des Heckspiegels das Poopdeck in der Mittschiffslinie mehr als zwei Meter (im Maßstab umgerechnet) überragt. Das hat mit schon immer zu denken gegeben, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass man sich der Möglichkeit beraubte, vom Poopdeck aus halbwegs freie Sicht nach achtern zu haben.


Das der Heller Bausatz ein paar "Ungereimtheiten" aufweist, ist jedem hier klar. Ob es der Aufwand wert ist, diese Dinge zu ändern, muß jeder für sich selbst entscheiden. Da es bis auf die Zeichnung des Hecks, anscheinend keine Pläne oder Darstellungen aus der Zeit gibt, gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder man lebt damit, historisch nicht korrekt gebaut zu haben oder man tut sich wirklich die Arbeit an. Aber es wird trotzdem nur eine Rekonstruktion bleiben, die sehr wahrscheinlich keine Ähnlichkeit mit dem Orginal hat. Die Wahrscheinlichkeit, haargenau den Originalzustand zu treffen ist sehr gering. Zuviel unbekannte Variablen, das geht einfach nicht auf.

Marcus
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: galeotti in 07. Juli 2007, 12:32:46
(http://666kb.com/i/apupnvcrxv6drohnu.jpg)
Hallo, seht Euch mal den Mantel von Ludwig XIV. an. Er ist dunkelblau mit goldenen Wappenlilien. Das waren die Farben des Königs. Ebenso war der Rumpf der "la Reale" gestaltet. Möglicherweise hat man einen derart dunklen Farbton mittels beimischen von schwarz erzielt. Ich könnte mir vorstellen, dass das bei der Solail nicht anders war.
 :winken: Steffen
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: galeotti in 07. Juli 2007, 12:44:26
(http://666kb.com/i/apupyj5ovgjx3rluy.jpg)
Hier ist ein zeitgenössischea Aquarell der "la reale". Der Farbton des Rumpfes ist hier ultramarin. Interessant finde ich auch, dass auf dieser Abbildung der Unterwasserrumpf holzfarbig und nicht weiß dargestellt ist.
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Marcus Stenberg in 07. Juli 2007, 13:54:20
ZitatOriginal von galeotti

Hallo, seht Euch mal den Mantel von Ludwig XIV. an. Er ist dunkelblau mit goldenen Wappenlilien. Das waren die Farben des Königs. Ebenso war der Rumpf der "la Reale" gestaltet. Möglicherweise hat man einen derart dunklen Farbton mittels beimischen von schwarz erzielt. Ich könnte mir vorstellen, dass das bei der Solail nicht anders war.
 :winken: Steffen

So einfach ist es nicht ...  :D

Das Wappen aus der Zeit der Soleil mit dem Fleur de lys hat einen deutlich helleren Blauton.

Wiki (http://de.wikipedia.org/wiki/Fleur_de_lys)

Man beachte das Bourbonenwappen an der Place de la Carrière in Nancy, schönstes hellblau. Sehr variabel, die Verwendung von Blau ...  :3:

Das die Farben des Wappens verwendet wurden, ist wesentlich plausibler, als das Outfit des Königs auf einem Gemälde. Das sind zwei verschiedene Dinge. Das Wappen ist das offizielle Logo des Königs. Die Verwendung des Logos damals, ist im Prinzip dieselbe wie heute. Die Farben sind verbindlich und werden überall dort eingesetzt, wo der König in dieser Form repräsentiert werden will. Telekom Manager rennen auch nicht zwangsläufig in magentafarbenem Outfit durch die Gegend. So gesehen zeigt das Gemälde die Mode des Königs, aber nicht die offiziellen Farben der Monarchie. Das sich die Farben je nach Herrscher mit der Zeit verändert haben, ist auch nichts besonderes. Wie die Firmenlogos verändern sich die Wappen und werden geringfügig bis radikal verändert.

Die Reale ist eine Prunkgaleere und kein Kriegschiff. Das dort die teuersten Materialen verwendet wurden, ist naheliegend. Der Zweck ist ein ganz anderer und die Gefahr, im Seegefecht zerstört zu werden, ist bei der Reale gleich null. Da kann man mit ruhigem Gewissen protzen und das teuerste nehmen, was die damalige Zeit zur Verfügung hatte.

Wenn sich einer Sonnenkönig nennt, dann ist es ziemlich sicher, das er sich am Blau des Himmels orientiert, das die Sonne umfasst. Das Blau des Himmels hat einen hohen Cyan Anteil hat, was dem Azurit und seinem Hang ins Türkise sehr ähnlich ist. Sonnenkönig und das dunkle Blau, das du meinst, macht keinen Sinn. Zur damaligen Zeit, war alles was die Natur dem Menschen zeigte, von wesentlich höherer Bedeutung, als heute. Und ich denke, man hat sich das als Vorbild genommen.
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: galeotti in 07. Juli 2007, 14:35:53
ZitatOriginal von Marcus Stenberg
ZitatOriginal von galeotti
Man beachte das Bourbonenwappen an der Place de la Carrière in Nancy, schönstes hellblau. Sehr variabel, die Verwendung von Blau
Das Wappen hat mich überzeugt. :1:  Azur ist bei der Solail sehr wahrscheinlich.
Was die" Reale" betrifft, so kann ich Dir da nicht so hundertprozentig zusimmen. Sicher war sie in erster Linie ein Representationsschiff, galt aber als das Flaggschiff der Galeerenflotte und wäre bei einer großen Galeerenschlacht(die allerdings nie stattfand) auch mit in den Krieg gezogen. Die "Real" von Don Juan d'Austria war( wenn auch über 100 Jahre früher) auch reichlich mit Figuren Gold und Gemälden, aufwendig und teuer, geschmückt und wurde trotzdem in der Schlacht von Lepanto verwendet.
 :winken: Steffen
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 07. Juli 2007, 22:03:11
Jungs,

ihr beamt mich gerade weg! - Was ihr in der kurzen Zeit alles gepostet habt! - Ich muss mir das erstmal alles in Ruhe durchlesen. - Wow! - Dieser Thread scheint ja doch so einigen am Herzen zu liegen!  :)  :)  :)

Ciao,

HWE
 :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: janmaat in 08. Juli 2007, 01:27:23
Hallo Leute,

Zitat Markus Stenberg:

,,So einfach ist es nicht ... Das Wappen aus der Zeit der Soleil mit dem Fleur de lys hat einen deutlich helleren Blauton. Wiki Man beachte das Bourbonenwappen an der Place de la Carrière in Nancy, schönstes hellblau. Sehr variabel, die Verwendung von Blau ... ,, Zitat Ende.

Zum einen wäre zu sagen, dass das auf diesem Wappen dargestellte Blau mit Sicherheit eine jüngere Restauration ist. Zum anderen gab es damals ja noch kein bourbonisch-königsblau als überall verfügbare Farbmischung.

Zitat Anfang ,,Das die Farben des Wappens verwendet wurden, ist wesentlich plausibler, als das Outfit des Königs auf einem Gemälde. Das sind zwei verschiedene Dinge." Zitat Ende

Dem ist wohl zuzustimmen, aber aus anderen Gründen als den von Markus angeführten. Es dürfte wohl daran liegen, dass Stoff färben und Holz oder Metall mit Ölfarbe anmalen zwei verschiedene Paar Stiefel sind!

Als gelerntem Historiker wird mir hier z.T. zuviel aus Hörensagen, Vermuten und scheinbar logischen Parallelen zu heutigen (zweckrationalen) Verhältnissen argumentiert. Gerade wenn es um die Zurschaustellung von Glanz und Macht des Königs ging, war die Frühe Neuzeit (wie schon das Mittelalter) eben alles andere als kaufmännisch-bürgerlich-zweckrational; vielmehr erwies offene Verschwendung ja nach außen gerade die Macht und den Nimbus des Adligen, des Königlichen!

Ein typisches Beispiel für diese unzulässige, von heutiger Zweckrationalität geprägten Sichtweise: Zitat Markus: ,,Die Reale ist eine Prunkgaleere und kein Kriegschiff. Das dort die teuersten Materialen verwendet wurden, ist naheliegend. Der Zweck ist ein ganz anderer und die Gefahr, im Seegefecht zerstört zu werden, ist bei der Reale gleich null. Da kann man mit ruhigem Gewissen protzen und das teuerste nehmen, was die damalige Zeit zur Verfügung hatte." Zitat Ende Das ist schlicht Humbug! (sorry, ist aber so).

Klar zum Ausdruck kommt die nichtkaufmännische, nichtbürgerliche, nichtzweckrationale Haltung im berühmten Ausspruch von Jean Baptiste Colbert (1619 – 1685), dem Marineminister Ludwigs XIV., unter dessen Ägide ja auch die SR mit ihrem reichen Schmuck versehen wurde: ,,Nichts ist eindrucksvoller, nichts festigt die Majestät eines Königs mehr, als wenn seine Schiffe den erlesensten Schmuck tragen, den man je auf hoher See erblickte." Die Unterscheidung zwischen prunkvoll ausgestatteten Repräsentationsschiffen und solchen mit einfacherer Ausstattung für Seegefechte ist also eine unsinnige (und unzulässige) Rückübertragung heutiger, zweckorientierter, ,,praktischer" Haltungen und Ansichten.

Trotzdem verschloss man sich rechnerisch-kaufmännischen Ansichten nicht völlig. Am deutlichsten zeigt sich das vielleicht daran, dass bei einem nicht überraschend begonnenen Gefecht, sondern einer vorbereiteten Schlacht m.W. die Glasfenster des Hecks ebenso tief unten im Raum verstaut wurden wie auch die kostbaren Laternen. Ein Modellzustand, der die SR gefechtsbereit zeigt, müsste also wohl strenggenommen ohne ,,Verglasung" der Fenster und vor allem mit abgenommenen Hecklaternen gezeigt werden. Denn zumindest ohne Hecklaternen wird die SR auch auf dem ein Jahr nach dem Ereignis von Ludolf Backhuisen angefertigten Gemälde der Schlacht von Barfleur vom 16. Mai 1692 gezeigt:  http://www.nmm.ac.uk/mag/pages/mnuExplore/PaintingDetail.cfm?letter=b&ID=BHC0331 .

Interessant an diesem Gemälde, das im Zentrum die SR  zeigt, ist die gerade Anzahl der Heckfenster und eine, wenn die geringe Bildauflösung nicht trügt, offene Seitengalerie. Über die "dokumentarische" Verlässlichkeit Backhuisenscher Schiffsdarstellungen heißt es in der Bilderläuterung des National Maritime Museums: ,,He was a contemporary of van de Velde the Younger and shared with him a concern for painting ships with accuracy and understanding."

Angesichts der Abmessungen des Gemäldes (1574.8 x 2336.8 mm) wäre es sicher interessant, einen Gemäldeausschnitt der SR in Originalgröße betrachten zu können

Noch etwas ist interessant auf diesem Gemälde, nämlich der Blauton der Heckbemalung des sinkenden französischen Schiffes im linken Bildvordergrund. Ein Hellblau ist das auf keinen Fall, sondern mindestens ein dunkles Mittelblau!

Zitat Markus: ,,Wenn sich einer Sonnenkönig nennt, dann ist es ziemlich sicher, das er sich am Blau des Himmels orientiert, das die Sonne umfasst. Das Blau des Himmels hat einen hohen Cyan Anteil hat, was dem Azurit und seinem Hang ins Türkise sehr ähnlich ist. Sonnenkönig und das dunkle Blau, das du [gemeint ist Galeotti] meinst, macht keinen Sinn." Zitat Ende. Das ist ja nun nichts als reine Spekulation. Außerdem – je nach Jahreszeit hast Du sommers einen eher blassen, hellblauen Himmel, im Frühjahr oder vor allem im Spätherbst oder etwa im Winter im Hochgebirge einen satt ,,dunkel"blauen Himmel. Und dann ist es noch ein gewaltiger Unterschied, ob Du blauen Himmel unter nördlichen oder südlicheren Breiten erlebst.

Soviel für heute. Nochmals erinnern möchte ich an die in meinem letzen Beitrag zu diesem thread gestellte Frage: Kann jemand unter Euch mal berechnen, welchen Durchmesser eine 36-pfündige Eisenkugel hatte? Ich halte die Rohrinnendurchmesser der so kalibrierten Geschütze des Hellermodells (etwas mehr als 1mm, aber weniger als 1,5 mm) einfach für zu gering (aber da kann ich mich täuschen, ist mehr so ein unpräzises und unwissenschaftliches Bauchgefühl).

Neu- und antwortgierige Grüße :winken:

Janmaat :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Marcus Stenberg in 08. Juli 2007, 08:07:46
ZitatOriginal von janmaat
Hallo Leute,

Zitat Markus Stenberg:

,,So einfach ist es nicht ... Das Wappen aus der Zeit der Soleil mit dem Fleur de lys hat einen deutlich helleren Blauton. Wiki Man beachte das Bourbonenwappen an der Place de la Carrière in Nancy, schönstes hellblau. Sehr variabel, die Verwendung von Blau ... ,, Zitat Ende.

Zum einen wäre zu sagen, dass das auf diesem Wappen dargestellte Blau mit Sicherheit eine jüngere Restauration ist. Zum anderen gab es damals ja noch kein bourbonisch-königsblau als überall verfügbare Farbmischung.

Ist mir klar, das die Darstellung der Wappen nicht gerade die beste ist. Wenn ich davon ausgehe, das die Farben von einem Vorbild entnommen wurden, dann ist seit 1376 der Blauton heller. Die Flagge von Quebec hat auch diesen Farbton (Pantone 293), den ich von der Helligkeit als richtig betrachte. Quebec oder Neufrankreich, wie es damals genannt wurde, war französische Kolonie zur Zeit Louis XIV. Der Fleur de lys und die Farbe der Flagge bezieht sich auf die historischen Wurzeln. Die Tricolore hat ein dunkles Blau, ich denke, man hat sicher nicht nach der Revolution die Farben des Königs in der neue Flagge haben wollen und deswegen einen dunkleren Farbton genommen. Ist zwar nur eine Vermutung, aber durchaus nicht abwegig.

ZitatOriginal von janmaat
Als gelerntem Historiker wird mir hier z.T. zuviel aus Hörensagen, Vermuten und scheinbar logischen Parallelen zu heutigen (zweckrationalen) Verhältnissen argumentiert. Gerade wenn es um die Zurschaustellung von Glanz und Macht des Königs ging, war die Frühe Neuzeit (wie schon das Mittelalter) eben alles andere als kaufmännisch-bürgerlich-zweckrational; vielmehr erwies offene Verschwendung ja nach außen gerade die Macht und den Nimbus des Adligen, des Königlichen!

Ein typisches Beispiel für diese unzulässige, von heutiger Zweckrationalität geprägten Sichtweise: Zitat Markus: ,,Die Reale ist eine Prunkgaleere und kein Kriegschiff. Das dort die teuersten Materialen verwendet wurden, ist naheliegend. Der Zweck ist ein ganz anderer und die Gefahr, im Seegefecht zerstört zu werden, ist bei der Reale gleich null. Da kann man mit ruhigem Gewissen protzen und das teuerste nehmen, was die damalige Zeit zur Verfügung hatte." Zitat Ende Das ist schlicht Humbug! (sorry, ist aber so).

Klar zum Ausdruck kommt die nichtkaufmännische, nichtbürgerliche, nichtzweckrationale Haltung im berühmten Ausspruch von Jean Babtiste Colbert (1619 – 1685), dem Marnieminister Ludwigs XIV., unter dessen Ägide ja auch die SR mit ihrem reichen Schmuck versehen wurde: ,,Nichts ist eindrucksvoller, nichts festigt die Majestät eines Königs mehr, als wenn seine Schiffe den erlesensten Schmuck tragen, den man je auf hoher See erblickte." Die Unterscheidung zwischen prunkvoll ausgestatteten Repräsentationsschiffen und solchen mit einfacherer Ausstattung für Seegefechte ist also eine unsinnige (und unzulässige) Rückübertragung heutiger, zweckorientierter, ,,praktischer" Haltungen und Ansichten.

Trotzdem verschloss man sich rechnerisch-kaufmännischen Ansichten nicht völlig. Am deutlichsten zeigt sich das vielleicht daran, dass bei einem nicht überraschend begonnenen Gefecht, sondern einer vorbereiteten Schlacht m.W. die Glasfenster des Hecks ebenso tief unten im Raum verstaut wurden wie auch die kostbaren Laternen. Ein Modellzustand, der die SR gefechtsbereit zeigt, müsste also wohl strenggenommen ohne ,,Verglasung" der Fenster und vor allem mit abgenommenen Hecklaternen gezeigt werden. Denn zumindest ohne Hecklaternen wird die SR auch auf dem ein Jahr nach dem Ereignis von Ludolf Backhuisen angefertigten Gemälde der Schlacht von Barfleur vom 16. Mai 1692 gezeigt:  http://www.nmm.ac.uk/mag/pages/mnuExplore/PaintingDetail.cfm?letter=b&ID=BHC0331 .

Danke, für diese Information. Die waren damals tatsächlich bescheuerter als ich dachte ...  :D

Das mit den Laternen ist mir gar nicht aufgefallen, entbehrt aber nicht einer gewissen Komik.
"Bringt die Lampen und die Fenster in Sicherheit, gleich gibt hier es Kleinholz hier" ...  *äußerst breit grins*
Jetzt trau ich ihnen auch zu, das sie die Reling mit Gold verziert haben, da war ich immer ein wenig skeptisch.


ZitatOriginal von janmaat
Interessant an diesem Gemälde, das im Zentrum die SR  zeigt, ist die gerade Anzahl der Heckfenster und eine, wenn die geringe Bildauflösung nicht trügt, offene Seitengalerie. Über die "dokumentarische" Verlässlichkeit Backhuisenscher Schiffsdarstellungen heißt es in der Bilderläuterung des National Maritime Museums: ,,He was a contemporary of van de Velde the Younger and shared with him a concern for painting ships with accuracy and understanding."

Angesichts der Abmessungen des Gemäldes (1574.8 x 2336.8 mm) wäre es sicher interessant, einen Gemäldeausschnitt der SR in Originalgröße betrachten zu können

Noch etwas ist interessant auf diesem Gemälde, nämlich der Blauton der Heckbemalung des sinkenden französischen Schiffes im linken Bildvordergrund. Ein Hellblau ist das auf keinen Fall, sondern mindestens ein dunkles Mittelblau!

Zitat Markus: ,,Wenn sich einer Sonnenkönig nennt, dann ist es ziemlich sicher, das er sich am Blau des Himmels orientiert, das die Sonne umfasst. Das Blau des Himmels hat einen hohen Cyan Anteil hat, was dem Azurit und seinem Hang ins Türkise sehr ähnlich ist. Sonnenkönig und das dunkle Blau, das du [gemeint ist Galeotti] meinst, macht keinen Sinn." Zitat Ende. Das ist ja nun nichts als reine Spekulation. Außerdem – je nach Jahreszeit hast Du sommers einen eher blassen, hellblauen Himmel, im Frühjahr oder vor allem im Spätherbst oder etwa im Winter im Hochgebirge einen satt ,,dunkel"blauen Himmel. Und dann ist es noch ein gewaltiger Unterschied, ob Du blauen Himmel unter nördlichen oder südlicheren Breiten erlebst.

An einem wolkenlosen Tag sieht das schönste Blau so aus:

(http://homepage.mac.com/gollmark/.Public/Blau.jpg)

Die Farbe der Sonne war immer schon das Gold, die Farbe des Himmels ist dieses mittelhelle blau. Da bin ich mir ziemlich sicher, das dies der Ursprung ist.

Ich gehe davon aus, das mit der Auschmückung Künstler beauftragt waren, die ein Gefühl für Farben haben, die wissen, welcher Farbton harmoniert mit einem anderen. Bei der farblichen Gestaltung gehe ich so vor, ich versuche die Farben so zu kombinieren, das sie miteinander harmonieren. Da es nicht so viele Möglickeiten gibt, die gut miteinander können, ist die Wahrscheinlichkeit damit in die Nähe der Realität zu kommen, recht hoch.

Marcus
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Marcus Stenberg in 08. Juli 2007, 15:47:19
Die Bilder zeigen die Repilca der Götheborg, ein kleines schwedisches Handelsschiff. Gebaut wurde das Original in der Mitte des 18. Jahrhunderts.

Bilder der Götheborg (http://homepage.mac.com/gollmark/.Public/Goetheborg.zip)

Die Bilder zeigen die Götheborg vor der kleinen Weltreise nach Asien und Australien und am Ende der Reise. Man kann schön sehen, wie sich die Farben durch Wetter, Seewasser und Sonne verändert haben und die Spuren, die der Anker an der Bordwand hinterlassen hat. Das Holz war am Anfang ein mittelhelles nußbraun, am Ende der Reise ein dunkles, fleckiges braun. Das blau ist auch nicht weit weg, von meinen Vorstellungen ...  :P

Die Barkhölzer der Soleil dürften dem Farbton der Bordwand entsprechen, ich habe doch den Verdacht, die Soleil war an den Seiten ockerfarben eingefärbt. Das fleckige braun schaut ziemlich bescheiden aus, an einem so prunkvollen Schiff.

Hier noch ein Album mit Fotos von Flickr:

Götheborg Flickr Album (http://www.flickr.com/photos/10606427@N00/sets/72057594071358122/)

Marcus
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: janmaat in 08. Juli 2007, 16:20:41
Hallo Marcus,

danke für den Link zu den tollen Bildern!  :klatsch: Wie man darauf auch erkennen kann: Sooo ganz babypopohaft glatt war ein beplankter Rumpf offenbar doch nicht.

Und so "versaut" werde ich die Holzbereiche meiner SR sicher nicht bemalen - Authentizität hin oder her. :2:

Schade nur, dass die Schweden ihren wunderschönen Nachbau mit einem völlig unhistorischen Trotman-Anker (der laut Mondfeld, S. 202, erst ab 1850 zum Einsatz kam) verunstaltet haben; aber vielleicht geschah das aus Gründen größerer Ankersicherheit oder wegen marinetechnischer Vorschriften.

Gruß

Edgar/Janmaat  :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: janmaat in 08. Juli 2007, 16:35:24
P.S.: Noch eine Frage zur Position der Ringösen auf den Innenseiten der Pfortendeckel. Ich nehme an, dass sie zum Verschließen der Deckel von innen mit durchgesteckten Rundhölzern dienten. Ist es dann aber nicht verkehrt, wenn die Ringe "parallel" zur Bordwand bzw. zum Lukendeckel angebracht sind? Müsste die Richtung der die Ösen haltenden Ringbolzen nicht vielmehr um 90° gedreht sein?

Gruß

Edgar/janmaat :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 08. Juli 2007, 17:12:16
Hallo Janmaat,

ich kann dir zu den Heller Kanonen so viel sagen, dass ich da extrem vorsichtig sein würde, die einfach so zu verwenden!

Nach meinen Informationen waren die Geschütze der Soleil sehr an das Schiff optimiert aufgebaut. - Soll heissen, dass die Geschütze zur Zeit der Soleil noch zum Bug und zum Heck hin mit abnehmenden Kalibern aufgestellt wurden. - Unter anderem, um dem Effekt des "Aufbuckelns" entgegen zu wirken. - Damals senkten sich durch das Gewicht der Geschütze und die schwache Konstruktion, über eine längere Einsatzdauer, Bug und Heck etwas ab. - Damals vermutete man allerdings, dass dieser Effekt durch die Takelage verursacht wurde. - Man meinte, die Wanten des Großmastes würden das Schiff in der Mitte hochziehen... - Dem Endergebnis versuchte man trotzdem mit der Verteilung der Geschütze entgegen zu wirken.

Die Folge ist ein bunte Mischung von Geschützen auf jedem Deck. - So einfach wie zu Napoleons Zeiten, als man jedes Deck mit einer einheitlichen Lage bestückte, machte man es sich damals nicht. - Und damit ist die Heller-Bestückung auf jeden Fall auch schon mal falsch.

Hast Du die Artikel aus dem "Logbuch" des Arbeitskreis historischer Schiffbau von (Johannes ?) Gröbner?

Die sind einfach Pflichtlektüre, finde ich!

Ciao,

HWE
 :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 08. Juli 2007, 17:20:53
ZitatOriginal von janmaat
P.S.: Noch eine Frage zur Position der Ringösen auf den Innenseiten der Pfortendeckel. Ich nehme an, dass sie zum Verschließen der Deckel von innen mit durchgesteckten Rundhölzern dienten. Ist es dann aber nicht verkehrt, wenn die Ringe "parallel" zur Bordwand bzw. zum Lukendeckel angebracht sind? Müsste die Richtung der die Ösen haltenden Ringbolzen nicht vielmehr um 90° gedreht sein?

Gruß

Edgar/janmaat :mariinee:

Hallo Janmaat,

meines Wissens wurden an den Ringen nur Taue befestigt und nichts quer durchgeschoben. - Das hätte im Notfall nur aufgehalten (viel kostbare Zeit gekostet). Die wurden nur stramm verzurrt und die Lücken mit irgendwelchem Zeug halbwegs dicht gestopft.

Ciao,

HWE
 :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Marcus Stenberg in 08. Juli 2007, 18:58:10
ZitatOriginal von janmaat
Hallo Marcus,

danke für den Link zu den tollen Bildern!  :klatsch: Wie man darauf auch erkennen kann: Sooo ganz babypopohaft glatt war ein beplankter Rumpf offenbar doch nicht.

Und so "versaut" werde ich die Holzbereiche meiner SR sicher nicht bemalen - Authentizität hin oder her. :2:

Edgar/Janmaat  :mariinee:

Fotos von Replicas zu suchen, die auf dem Meere unterwegs sind, ist ein guter Weg, um die Struktur und Farbe von Holzschiffen kennen zu lernen.

Die Holzstruktur von Heller sehe ich auch nicht so negativ. Ich habe schon Eichenholz gesehen, das sehr ähnliche dunkle Muster aufweist, wie die Gravuren an den Heller Modellen.

Ich werde einen dunkleren Holzfarbton als Grundierung nehmen, dann einen helleren Farbton drüber lackieren und dann mit der guten alten Zahnpaste-Polier-Methode die dunklere Farbschicht an den Graten der Garvur vorsichtig freilegen. Vielleicht verwende ich auch drei Farbtöne, wobei nach den ersten zwei Farbschichten eine leichte Struktur reingebürstet wird und die dritte dann so wegpoliert wird, daß sie lasierend erscheint. Die Mischung der drei Farbschichten dürften dann wesentlich lebendiger sein, als alles andere. Werden wir mal experimentieren, mal guckn wie es wird.

Auch mit dem Ocker sollten da ganz tolle Effekte möglich sein. Wenn man den finalen Ockerfarbton fein wegpoliert, das der holzige Untergrund durchschimmert, dann dürfte das Ergebnis sehr authentisch wirken.

Bei den Decks kann man das schwarze Plastik ausnutzen und mit einem scharfen Messer an den Fugen einen Schnitt durch die Farbe machen, um das schwarz des Plastiks als Fugendichtung zu mißbrauchen. Damit sollte die dünne schwarze Linie von 0.1 - 0.15 mm der Fugendichtung machbar sein. Das was ich bisher gesehen habe, war viel zu dick und nicht überzeugend.

So versaut werde ich sie auch nicht bauen, meine ist gerade vor zwei Monaten in der Werft überholt worden und hat nur geringe Witterungsspuren ...  :D
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: janmaat in 08. Juli 2007, 19:13:13
Zitathwe: meines Wissens wurden an den Ringen nur Taue befestigt und nichts quer durchgeschoben. - Das hätte im Notfall nur aufgehalten (viel kostbare Zeit gekostet). Die wurden nur stramm verzurrt und die Lücken mit irgendwelchem Zeug halbwegs dicht gestopft.

Aber dann würden ja eine oder zwei Ösen völlig genügen. Auf dem Bildern des schwed. Nachbaus, die Marcus eingestellt hat, sind aber jeweils vier Ösen auf den Deckelinnenseiten angebracht. Außerdem glaube ich nicht, dass es mehr Zeit in Anspruch nimmt, die angenommenen Rundhölzer herauszuziehen als irgendwelche Knoten zu lösen und die losen Enden der Befestigungstaue nach Öffnen der Pfortendeckel wieder zu belegen, ebenso wie die Enden der äußeren Deckeltaue, mit denen sie geöffnet wurden. Und schließlich drittens: Ein Seegefecht oder eine Schlacht, an der ein so großes Schiff beteiligt war, entspann sich doch nicht innerhalb von Sekunden oder Minuten!

Zitathwe: ... die Lücken mit irgendwelchem Zeug halbwegs dicht gestopft.
Das halte ich für eine irrige Annahme. Die Unterkanten der Geschützpforten der untersten Batterie lagen bei großen Schiffen ja doch meist mindestens rund einen Meter über der Wasserlinie (bei der SR sind es beim Hellermodell sogar knapp 2cm = 2 m) Und durch die Trempelrahmen und den Aufbau der Pfortendeckel war m.E. soviel Dichtigkeit vorhanden, dass da auch bei hohem, die Geschützpforten erreichendem Seegang wohl kaum tonnenweise Wasser eindringen konnte. Außerdem: Die zusätzliche Arbeit, bei "Klar Schiff zum Gefecht" den Dichtungsmüll zu beseitigen! Gar nicht zu erwähnen den zusätzlichen Zeitaufwand beim Öffnen der Geschützpforten, die ja "abgedichtet" sicher erheblich schwerer gängig waren.

Zitathwe: ich kann dir zu den Heller Kanonen so viel sagen, dass ich da extrem vorsichtig sein würde, die einfach so zu verwenden!
[...]  
Zitathwe: Und damit ist die Heller-Bestückung auf jeden Fall auch schon mal falsch

Für das unterste Batteriedeck sieht der Hellerbausatz sehr wohl eine gemischte Bestückung vor: Während an den Seiten 24-Pfünder aufgestellt sind, sind die bugwärts erste sowie die hinterste Pforte und außerdem die vier Heckpforten mit leichteren 18-Pfündern bestückt.

Mir geht es aber um eine andere Frage:
Zitatjanmaat: Soviel für heute. Nochmals erinnern möchte ich an die in meinem letzen Beitrag zu diesem thread gestellte Frage: Kann jemand unter Euch mal berechnen, welchen Durchmesser eine 24-pfündige Eisenkugel hatte? Ich halte die Rohrinnendurchmesser der so kalibrierten Geschütze des Hellermodells (etwas mehr als 1mm, aber weniger als 1,5 mm) einfach für zu gering (aber da kann ich mich täuschen, ist mehr so ein unpräzises und unwissenschaftliches Bauchgefühl).
Ich würde es ja anhand der Formel für den Kugel-Rauminhalt und dem Gewicht von Eisen pro cm³ selbst machen, aber mein Mathe- und Chemie-Abi liegt 35 Jahre zurück und beruflich habe ich mit diesem Fach nichts mehr zu tun.

OK, soweit bin ich gekommen: Dichtigkeit von Eisen: 7874 kg/m³; das sind 78,74 gr/cm³; Formel für den Rauminhalt einer Kugel: 4/3 pi r², dh, es müsste die Gleichung gelöst werden: 4/3 x pi x r² = 78,74 cm³. Wie erhalte ich r?  ?(

 Ahoi

Janmaat/Edgar :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: janmaat in 08. Juli 2007, 19:24:53
ZitatOK, soweit bin ich gekommen: Dichtigkeit von Eisen: 7874 kg/m³; das sind 78,74 gr/cm³; Formel für den Rauminhalt einer Kugel: 4/3 pi r², dh, es müsste die Gleichung gelöst werden: 4/3 x pi x r² = 78,74 cm³. Wie erhalte ich r? verwirrt

Ist natürlich ein Fehler drin: Es fehlt der Schritt: 24 lb =12 kg; 12000 gr : 78,74 gr = 152, dh. eine 24-pfündige Eisen-Kanonenkugel besaß einen Rauminhalt von 152 cm³ Nach der obigen Formel hieße die Rechnung dann: 4/3 x pi x r² = 152 cm³

Übrigens, gibt es hier denn keine editierfunktion? Hab sie nicht gefunden. :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: oZZy in 08. Juli 2007, 19:50:21
@ janmaat: nimm derweil diesen button zum editieren ;)

ozzy :winken:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: janmaat in 08. Juli 2007, 19:58:42
Danke ozzy, aber ich hab mir schon anders geholfen! :winken:

Übrigens, off the topic: Ich fände es gerade bei solchen umfangreichen threads hilfreich, wenn die Beiträge automatisch mit 1 beginnend fortlaufend durchnummeriert würden. Das würde manches Zitieren überflüssig machen, indem man einfach auf Beitrag Nr. nn verweisen könnte.

Grüße
Janmmat :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Falko in 08. Juli 2007, 21:24:04
ZitatOriginal von janmaat
ZitatOK, soweit bin ich gekommen: Dichtigkeit von Eisen: 7874 kg/m³; das sind 78,74 gr/cm³; Formel für den Rauminhalt einer Kugel: 4/3 pi r², dh, es müsste die Gleichung gelöst werden: 4/3 x pi x r² = 78,74 cm³. Wie erhalte ich r? verwirrt

Ist natürlich ein Fehler drin: Es fehlt der Schritt: 24 lb =12 kg; 12000 gr : 78,74 gr = 152, dh. eine 24-pfündige Eisen-Kanonenkugel besaß einen Rauminhalt von 152 cm³ Nach der obigen Formel hieße die Rechnung dann: 4/3 x pi x r² = 152 cm³
Es muss übrigens r³ heissen und 1cm³ Eisen wiegt nur 7,8gr;
dann ergibt sich ein Radius von rund 7,15cm.
Da 24 pounds aber nur 10,890 kg entsprechen ist
ein Radius von 6,95cm wahrscheinlicher.
(Erstaunlich was 2mm ausmachen, gell)
Mondfeld gibt übrigens in seinem Buch über Schiffsgeschütze
den Durchmesser der Bohrung für 24Pfünder
zwischen 14,5 und 15cm an.
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: janmaat in 08. Juli 2007, 22:00:18
Hallo Peter,

besten Dank für deine Mühe! :P  Da habe ich mich in der Vorbereitung der Rechnung ja glatt um eine Zehnerstelle vertan. Aber wäre ja auch ein wenig heftig, wenn der cm³ Eisen soviel wie eine dreiviertel Tafel Schokolade wiegen würde :rolleyes:

Aber mit deiner Rechnung kommt das dann bei den fraqnzösischen Vierundzwanzigpfündern (ich weiß übrigens nicht, wieviel das französische Pfund wog) der Soleil Royal doch einigermaßen hin : Habe eben nochmals mit Lupe den Durchmesser zu messen versucht und komme auf etwa 1,2 - 1,3.

Nochmals vielen Dank und ahoi

Edgar :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: janmaat in 11. Juli 2007, 03:33:44
Nochmals zur SR und zu Edmond Pâris:

Ich weiß nicht, ob wir dasselbe Buch meinen, aber in meinem Exemplar von Pâris, Segelkriegsschiffe des 17. Jahrhunderst. Rostock (Hinstorff) 1975 zeigen die beiden einzigen dort reproduzierten Photos der SR - die von 1690 auf Tafel VI B (nach S.88 [achtundachtzig - ich krieg bei den Zahlen dafür den albernen Smily nicht weg]) und die von 1700 auf Tafel VII B (nach S. 104) eindeutig offene Seitengalerien. Wenn das Heller in seinem Modell auf bekannte Weise anders gemacht hat, ist das der Firme vorzuwerfen, aber wie hwe Pâris einen "hemdsämeligen Umgang" mit der Materie vorzuwerfen, finde ich doch etwas nassforsch. Was nichts daran ändert, dass ich größtes Interesse  und allen Respekt vor deinen Beiträgen und speziell für deinem Baubericht habe. :respekt:

Sicherlich werden Pâris Fehler unterlaufen sein - angesichts der komplizierten Materie und der schwierigen Quellenlage (ein Original existiert nicht) wird das jedem, der je mit wissenschaftlicher Recherche zu tun hatte, einleuchten. Daraus zu schließen, Pâris habe nicht wissenschaftlich gründlich, sondern "hemdsämelig" gearbeitet, finde ich verwegen. Zumal nicht zu vergessen ist, dass Pâris seine Forschungen vor über hundert Jahren betrieb und die Wisssensgrundlage, auf der der aufbauen konnte, ungleich geringer war, als für uns Heutige!

Als Historiker weiß ich sehr wohl, wie schwer es manchmal ist, aus unzureichender Quellenlage die richtigen Schlüsse zu ziehen. Demungeachtet sind auch mir der eine oder ander Fehler aufgefallen. So zum Beispiel in der Draufsicht auf das unterste Batteriedeck der Royal Louis (Louis XV; ein früheres Schiff dieses Namens als der von Heller angebotenen Bausatz eines Kriegsschiffes aus dem späten 18. Jahrhundert.) auf S. 70/71. Dort wird die Positionierung der Luke zum Kabelgatt (ecoutille de la fosse aux cables, Fig. 3) zwischen (!!!) erster und zweiter Ankerbeting gezeigt. M.E. müsste das Kabelgatt aber doch heckwärts nach (!!!) der zweiten Ankerbeting kommen, oder? Welchen Sinn machte sonst eine zweite Beting? Im Längsschnitt durch die Royal Louis (Tafel V A, nach S. 72) läuft das Ankerkabel ja auch richtig erst nach der heckwärts zweiten Beting hinab ins kurz vor dem Großmast, fast mittschiffs gelegene Kabelgatt.

Auf jeden Fall, wer den oben zitierten Band aufmerksam durchblättert, wird anhand der vielen Zeichnungen von Heckseitenansichten finden, dass im letzten Viertel des 17, Jahhunderts im französischen Kriegschiffbau offensichtlich beides gebräuchlich war: offene Seitengalerien ebenso wie geschlossene Hecktaschen. Und wie ich bereits in einem früheren Beitrag zu diesem thread schrieb: Die SR wurde 1686 völlig umgebaut. Immerhin denkbar, dass damals ursprünglich geschlossene Seitentaschen (wie beim Heller-Modell) in offene Galerien (so das Modell für den Zustand um 1690 bei Pâris) verwandelt wurden. Es wäre dies also ein umgekehrter Vorgang wie bei der Victory, deren offene Seitengalerien beim großen Umbau geschlossen wurden.

Wenn man der Darstellung von Backhuisen glauben schenken darf, besaß die SR jedenfalls in der Schlacht von Barfleur 1692 offene Seitengalerien. Bemerkenswert ist auf dieser Darstellung der SR auch, dass die Seitenwände der Kampagne oberhalb des mittleren Batteriedecks nicht wie beim Hellermodell durchgängig blau gemalt waren, sondern unter der abschließenden Reling einen ockerbraunen Streifen zeigen. Hier nochmals der Link zum Gemälde der Schlacht, das im National Maritime Museum vorhanden ist: http://www.nmm.ac.uk/mag/pages/mnuExplor...er=b&ID=BHC0331 .

Bei nochmaligem Betrachten des Backhuisenschen Gemäldes (das in der Vergrößerung leider eine lausige Auflösung hat) fällt mir auf, dass dort die SR nur zwei Balkone zu haben scheint (???) und das Längen-Breite-Verhältnis für das heckkrönende Halbrelief  deutlich von allen mir bisher bekannten Abbildungen und Modellvorschlägen abweicht (viel mehr Breite im Vergleich zur Höhe).

Übrigens, noch etwas: Auf dem Deckelbild meines in den 90er Jahren erworbenen SR-Bausatzes von Heller (das das ursprüngliche Deckelbild  mit bausatzgetreuer Darstellung ablöste) sind die Seitengalerien im Unterschied zur tatsächlichen Bausatzversion unter Weglassung der beim Heckteil des Hellerbausatzes modellierten Türen offen (!!!) dargestellt! :5:  

Jetzt noch eine Frage an hwe: Du hattest in einem früheren Beitrag zu diesem thread geschrieben, dass Du am Ende desselben ein Quellen- und Literaturverzeichnis anfügen würdest. Das hast Du dann offenbar vergessen oder unterlassen. Ich glaube, ich spreche nicht nur für mich, wenn ich die höfliche Bitte an Dich richte, das nachzuholen, falls es deine Zeit erlaubt.

Apropos Literatur: Pâris erwähnt in dem genannten Band eine ,,Encyclopédie maritime" als Quelle. Kennt jemand vielleicht die kompletten bibliograhischen Angaben zu diesem Werk? Googeln nach diesem Begriff führte nicht zum Erfolg.

Apropos Literatur II: Du, hwe, fragtest mich, ob ich die Artikel von Herrn Gröbner im Logbuch kenne. Leider nein, aber vielleicht könntest Du mir gegen Kostenersatz Kopien zukommen lassen? Es würde mich wirklich brennend interessieren, da ich selbst mich mit Respekt und Neugier meinem Heller-Bausatz der SR annähere.

Ahoi

Edgar :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 11. Juli 2007, 11:51:29
Hallo Edgar,

ZitatOriginal von janmaat
Nochmals zur SR und zu Edmond Pâris:

Ich weiß nicht, ob wir dasselbe Buch meinen, aber in meinem Exemplar von Pâris, Segelkriegsschiffe des 17. Jahrhunderst. Rostock (Hinstorff) 1975
Ich habe es gerade mal eben gecheckt. - Ja, wir reden vom selben Buch. Bei mir sind die Tafeln an derselben Stelle und ich kann nachvollziehen was Du meinst.
Zitatzeigen die beiden einzigen dort reproduzierten Photos der SR -
die von 1690 auf Tafel VI B (nach S.88 [achtundachtzig - ich krieg bei den Zahlen dafür den albernen Smily nicht weg])
Das hast Du nett formuliert. - Es wäre schön, wenn es Photos der SR gäbe. - Die gibt es aber nicht. - Was Du meinst, sind Fotos von Modellen im Musee de la Marine in Paris. - Da war ich schon und ich habe auch eine Reihe von Fotos gemacht (unter anderem von der SR). Die Fotos kannst Du hier (http://www.modellmarine.de/phpwebsite/index.php?module=photoalbum&PHPWS_Album_op=view&PHPWS_Album_id=48)
 betrachten.

Auf der Tafel VI B sieht man genau eines dieser Modelle. Es soll die SR von 1690 zeigen. - Wenn das so stimmt und sie 1686 umgebaut wurde, ist es nicht mehr die SR von 1669, wie im Bausatz von Heller behauptet. - Eben wegen des Umbaus. - Übrigens sieht das Heck der SR auf dem Gemälde von 1693 über die Schlacht von Barfleur (Backhuisen) nochmal vollkommen anders aus...  

Was die Smileys angeht: Das muss man einfach lernen. Der Smiley, der dich geärgert hat, ist der hier: 8)
Der besteht einfach aus einer 8 mit einer Klammer ) direkt dran. Lässt man zwischen den Beiden eine Lücke, werden sie auch nicht zum Smiley:  8 )  - Wenn Du also einfach "Seite 88" in Klammern schreiben willst (ohne Smiley) musst Du nur ein Leerzeichen einfügen. - So: (Seite 88 ) - Wenn Dich nochmal ein Smiley nervt: Einfach ein Leerzeichen dazwischen tun!
Zitatund die von 1700 auf Tafel VII B (nach S. 104) eindeutig offene Seitengalerien. Wenn das Heller in seinem
Hossa! - Jetzt galloppieren wir aber wieder auf einer fremden Weide!

Die SR von 1700 hat - außer dem Namen - NICHTS mit der von 1669 zu tun!

Die SR von 1669 wurde 1692 bei Barfleur versenkt!

Die von 1700 ist ein komplett neues Schiff und interessiert in diesem Zusammenhang nicht und darf auch nicht herangezogen werden! - Okay?

Das ist ein Fehler, den Viele gerne machen. - Das Paris-Buch ist gestopft voll mit Zeug, das einfach nicht direkt zusammengehört. - Und wenn dann auch noch irgendwo derselbe Name dransteht, ist man schnell geneigt zu glauben es handele sich um dasselbe Schiff. - Ist es aber nicht! - Es gab, glaube ich, FÜNF Soleil Royals. - Wir sollten uns auf eine einigen, Okay? ;) - Dass die dann auch noch umgebaut wurde, steht nochmal auf einem anderen Blatt...
ZitatModell auf bekannte Weise anders gemacht hat, ist das der Firme vorzuwerfen, aber wie hwe Pâris einen "hemdsämeligen Umgang" mit der Materie vorzuwerfen, finde ich doch etwas nassforsch. Was nichts daran ändert, dass ich größtes Interesse  und allen Respekt vor deinen Beiträgen und speziell für deinem Baubericht habe. :respekt:
Vielen Dank für deinen Respekt!  :1: - Wenn ich schreibe, Admiral Paris war etwas "hemdsärmelig", dann
finde ich, habe ich recht. - Zu seiner Zeit war der gute Admiral sicher so etwas wie ein Pionier auf diesem Gebiet. Als solcher hat er einfach alles zusammengeklaubt, was er finden konnte und irgendwie zusammengestopselt, wie er meinte, dass es passen könnte. - So wie das ein Hobbyist heute auch macht, wenn er mit der Materie anfängt. Leider hatte er niemanden, der ihm gesagt hat, was eine wissenschaftliche Vorgehensweise ist, und deswegen trägt seine Materialsammlung nicht zu Unrecht den Titel: "Souveniers de la Marine". - Eine Souvenier-Sammlung also. - Als solche sollte man seine Arbeit auch betrachten. Dann kommt man auch am besten damit klar.
ZitatSicherlich werden Pâris Fehler unterlaufen sein - angesichts der komplizierten Materie und der schwierigen Quellenlage (ein Original existiert nicht) wird das jedem, der je mit wissenschaftlicher Recherche zu tun hatte, einleuchten. Daraus zu schließen, Pâris habe nicht wissenschaftlich gründlich, sondern "hemdsämelig" gearbeitet, finde ich verwegen. Zumal nicht zu vergessen ist, dass Pâris seine Forschungen vor über hundert Jahren betrieb und die Wisssensgrundlage, auf der der aufbauen konnte, ungleich geringer war, als für uns Heutige!
Bitte nicht aufregen! - Manchmal drücke ich mich gerne etwas flapsig aus. - Ich möchte damit erreichen, dass Leute, die diesem Thema nicht so nahe stehen, besser verstehen, was da in etwa passiert ist.
Ich will Admiral Paris damit auch nichts böses. - Jeder arbeitet so gut wie er kann. - Mehr war zu seiner Zeit wohl nicht drin. - Abgesehen davon verdanken die Franzosen ihm eine sehr große Sammlung von schönen Modellen.
ZitatAls Historiker weiß ich sehr wohl, wie schwer es manchmal ist, aus unzureichender Quellenlage die richtigen Schlüsse zu ziehen. Demungeachtet sind auch mir der eine oder ander Fehler aufgefallen. So zum Beispiel in der Draufsicht auf das unterste Batteriedeck der Royal Louis (Louis XV; ein früheres Schiff dieses Namens als der von Heller angebotenen Bausatz eines Kriegsschiffes aus dem späten 18. Jahrhundert.) auf S. 70/71. Dort wird die Positionierung der Luke zum Kabelgatt (ecoutille de la fosse aux cables, Fig. 3) zwischen (!!!) erster und zweiter Ankerbeting gezeigt. M.E. müsste das Kabelgatt aber doch heckwärts nach (!!!) der zweiten Ankerbeting kommen, oder? Welchen Sinn machte sonst eine zweite Beting? Im Längsschnitt durch die Royal Louis (Tafel V A, nach S. 72) läuft das Ankerkabel ja auch richtig erst nach der heckwärts zweiten Beting hinab ins kurz vor dem Großmast, fast mittschiffs gelegene Kabelgatt.
Ich habe mir die beiden Zeichnungen mal angesehen, auch wenn sie mit der SR (Thema des Threads) nichts direkt zu tun haben.

Das erste scheint mir eine zeitgenössische Zeichnung von 1692 zu sein. - Ich würde ihr daher einen sehr hohen Stellenwert einräumen.

Das zweite scheint mir eher eine Rekonstruktion von Admiral Paris zu sein. Wieso ich darauf komme? - Nun, die Zeichnungen, die ich aus dem, ebenfalls zeitgenössischen, Album de Colbert kenne, haben einen anderen Stil und eine andere Qualität. Der Längsschnitt auf S.72 ist in der Zeichen- und Drucktechnik viel moderner. Ausserdem glaube ich, dass dieser Längsschnitt schlicht falsch ist, zumindest, was die Beladung angeht. - In so gut wie allen Querschnitten, die ich kenne, ist den Ankerkabeln erheblich mehr Platz eingeräumt. - Wenn Du in der Zeichnung auf S.72 V A  die Wasserfässer (Grande cale a eau) wegnimmst und durch die Ankerkabel ersetzt, passt es besser!

Ausserdem habe ich gerade daraufhin das Album de Colbert durchgeschaut und auf Planche 31 sieht man ganz deutlich, dass das Ankerkabel ZWISCHEN den beiden Betings nach unten in den Raum geführt wird.
Diese Zeichnung bestätigt also noch einmal die Figur 3 auf Seite 70/71 im Paris. (Übrigens: Sorry, ich weiss, dass da überall Accents hingehören (Ich habe ja mal Französisch in der Schule gelernt), ich bin einfach nur zu faul, sie hier hinzumalen. - Schließlich ist das hier keine Doktorarbeit! ;) ) - Die zweite Beting
ist später weiter nach vorne gewandert. - Vermutlich, weil man bemerkte, dass sie an dieser Stelle wenig genutzt wurde. - Aber um 1690 hat man sie anscheinend einfach dort hingebaut. - Es muss ja nicht unbedingt immer alles wirklich sinnvoll gewesen sein, was unserer Vorfahren so gebaut haben... ;)
Viele Firmenchefs machen auch Blödsinn, den wir als Normalsterbliche oft nicht nachvollziehen können. ;)
Sowas gab es zu jeder Zeit!
ZitatAuf jeden Fall, wer den oben zitierten Band aufmerksam durchblättert, wird anhand der vielen Zeichnungen von Heckseitenansichten finden, dass im letzten Viertel des 17, Jahhunderts im französischen Kriegschiffbau offensichtlich beides gebräuchlich war: offene Seitengalerien ebenso wie geschlossene Hecktaschen.
Da stimme ich dir zu!
ZitatUnd wie ich bereits in einem früheren Beitrag zu diesem thread schrieb: Die SR wurde 1686 völlig umgebaut. Immerhin denkbar, dass damals ursprünglich geschlossene Seitentaschen (wie beim Heller-Modell) in offene Galerien (so das Modell für den Zustand um 1690 bei Pâris) verwandelt wurden. Es wäre dies also ein umgekehrter Vorgang wie bei der Victory, deren offene Seitengalerien beim großen Umbau geschlossen wurden.
Hier gibt es von mir ein klares NEIN. - Die SR von Heller ist eine Nachbildung des Modells von Admiral Paris in Paris. - Und als denen die Kohle ausging und sie keine Lust mehr hatten, beauftragten sie den Graveur, die Seitentaschen einfach zu zu machen. - Fertig.

Das alles hat mit dem wahren Aussehen der SR von 1669 so viel zu tun, wie eine Kuh mit dem Fliegen.

Das Heller-Modell besitzt/übernimmt auch andere Fehler des Paris-Modells in Paris, wie zum Beispiel die fehlenden Ziergitter im Vorsteven, unter der Galion. - Schau' dir einfach mal das untere Foto auf Seite 61 im Paris-Buch an. - Oder Seite 47, oben rechts (Bugdetail, Zeitgenössisch, "St. Louis", 1692) Und dann schau' dir den Bausatz an und auch das Modell in Paris. - Beiden fehlt die Verzierung im Spalt!

Nochmal: Das Heller-Modell ist eine schlechte Kopie des Modells in Paris. Punkt.

Möchtest Du noch einen Fehler des Heller-Bausatzes gegenüber dem Modell in Paris?

Schau' dir die Wölbung der Decks an. - Im Bausatz sind alle Decks plan. - Beim Modell in Paris sind die Decks aber gewölbt. - Und wenn Du dir die Zeichnungen auf Seite 96/97, oder die Zeichnungen von den Schotten auf den Seiten 102 und 104 im Paris-Buch anschaust, siehst du ebenfalls die "Aufbugt", also die Wölbung der Decks. - Ich denke, wenn man aufmerksam genug weitersucht, wird man noch einige finden...
ZitatWenn man der Darstellung von Backhuisen glauben schenken darf, besaß die SR jedenfalls in der Schlacht von Barfleur 1692 offene Seitengalerien. Bemerkenswert ist auf dieser Darstellung der SR auch, dass die Seitenwände der Kampagne oberhalb des mittleren Batteriedecks nicht wie beim Hellermodell durchgängig blau gemalt waren, sondern unter der abschließenden Reling einen ockerbraunen Streifen zeigen. Hier nochmals der Link zum Gemälde der Schlacht, das im National Maritime Museum vorhanden ist: http://www.nmm.ac.uk/mag/pages/mnuExplor...er=b&ID=BHC0331 .
Schade. Wenn ich darauf klicke, bekomme ich eine Fehlermeldung. - Liegt daran, dass der Link nicht vollständig ist. - Da dürfen keine "..." drin vorkommen!
ZitatBei nochmaligem Betrachten des Backhuisenschen Gemäldes (das in der Vergrößerung leider eine lausige Auflösung hat) fällt mir auf, dass dort die SR nur zwei Balkone zu haben scheint (???) und das Längen-Breite-Verhältnis für das heckkrönende Halbrelief  deutlich von allen mir bisher bekannten Abbildungen und Modellvorschlägen abweicht (viel mehr Breite im Vergleich zur Höhe).
Ja, das Backhuisen-Gemälde gibt mir einige zusätzliche Rätsel auf, da ich es noch nicht so lange kenne.
Aber ich habe schon vorher einige Hinweise darauf gehabt, dass das Modell in Paris (also auch das Heller-Modell) ein zu hohes Heck zeigen. - Nachdem das Backhuisen-Gemälde wohl aber erst im Jahr nach Barfleur entstanden ist (1693), zeigt es die SR vermutlich so, wie sie 1692 auch ausgesehen hat. - Also nach dem Umbau von 1686! - Das würde einiges erklären.

Jetzt stellt sich dem Modellbauer die Frage. Was will ich eigentlich bauen?

- Ein hübsches Modell, das in etwa dem entspricht, wie das Modell in Paris steht?
- Eine SR von 1669 ?
- Die SR von 1692, in der Schlacht von Barfleur?

Das sind in meinen Augen drei verschiedene Schiffe!

Genauso, wie man sich nicht hinstellen kann und sagen kann: "Ich baue DIE Constitution!" - Das geht nicht! - Die wurde so oft umgebaut und sah so unterschiedlich aus, dass es "DIE" Constitution einfach nicht gibt!
ZitatÜbrigens, noch etwas: Auf dem Deckelbild meines in den 90er Jahren erworbenen SR-Bausatzes von Heller (das das ursprüngliche Deckelbild  mit bausatzgetreuer Darstellung ablöste) sind die Seitengalerien im Unterschied zur tatsächlichen Bausatzversion unter Weglassung der beim Heckteil des Hellerbausatzes modellierten Türen offen (!!!) dargestellt! :5:  
Ich habe noch den alten Bausatz, mit dem alten Deckelbild. Ich würde mich freuen, wenn Du das neue Deckelbild mal fotografieren und hier reinstellen könntest, damit ich weiss, wovon du sprichst.

Abgesehen davon: Deckelbilder so zuverlässig und glaubwürdig, wie jede andere Reklame auch! ("Red Bull verleiht Flüüügel!" ;) ) - Nix für ungut, aber solchen Sachen traue ich leider NULL Relevanz zu.
ZitatJetzt noch eine Frage an hwe: Du hattest in einem früheren Beitrag zu diesem thread geschrieben, dass Du am Ende desselben ein Quellen- und Literaturverzeichnis anfügen würdest. Das hast Du dann offenbar vergessen oder unterlassen. Ich glaube, ich spreche nicht nur für mich, wenn ich die höfliche Bitte an Dich richte, das nachzuholen, falls es deine Zeit erlaubt.
Ich hatte eigentlich vor, das erst ganz am Ende zu machen, wenn ich auch wirklich alles berücksichtigt habe, was ich finden konnte. - Erst wenn ich alles beisammen habe, dachte ich, macht es Sinn, diese Liste zu veröffentlichen. - Andererseits hast Du Recht und es ist einigermaßen "unfair", wenn ich sie nicht nenne und alle anderen im Dunkeln lasse. - Einige Quellen besitze ich noch nicht (das ist einer der Gründe, wieso es nicht weitergeht), da sie teuer in der Anschaffung sind und ich derzeit mein Geld für andere Dinge ausgebe(n muss).

Aber ich will gerne ein paar Tipps geben: Das Buch von Admiral ist eine Quelle. - Aber ich besitze auch das Album de Colbert, was meiner Meinung nach sehr wichtig ist, weil es zeitgenössisch ist. Weiter habe ich auch zwei Artikel von Herrn Gröbner aus dem "Logbuch", der Zeitschrift des "Arbeitskreis historischer Schiffbau". - Diese Artikel sind sehr gut recherchiert und man kann eine Menge daraus ziehen!
Sehr werfen sehr viel Licht auf diese Thematik. - Was ich mir noch zulegen möchte, sind die Bücher vom ANCRE zu dem Themenkreis. - Die Dreidecker von Tourville, usw. - Auch die Heckdarstellungen aus Holland sind eine Quelle (siehe mein Avatar). - Aktuell gibt es in Frankreich neue und in meinen Augen auch korrekte Rekonstruktionen des Hecks der Soleil Royal. - Auf der CD, die es bei den AAMM (Amies de la Musee Maritime) gibt ("La grande Armada"), sind Fotos davon enthalten. - Diese werde ich aber aus rechtlichen Gründen hier nicht einstellen. - Bitte besorge dir die CD selbst. - Kostet auch nur 5 Euro.
ZitatApropos Literatur: Pâris erwähnt in dem genannten Band eine ,,Encyclopédie maritime" als Quelle. Kennt jemand vielleicht die kompletten bibliograhischen Angaben zu diesem Werk? Googeln nach diesem Begriff führte nicht zum Erfolg.
Sorry, da muss ich im Augenblick passen. Ich vermute aber, dass es sich um ein erheblich älteres Werk handelt.
ZitatApropos Literatur II: Du, hwe, fragtest mich, ob ich die Artikel von Herrn Gröbner im Logbuch kenne. Leider nein, aber vielleicht könntest Du mir gegen Kostenersatz Kopien zukommen lassen? Es würde mich wirklich brennend interessieren, da ich selbst mich mit Respekt und Neugier meinem Heller-Bausatz der SR annähere.

Ahoi

Edgar :mariinee:

Uff. - Fertig! ;)

Ciao,

HWE
 :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Marcus Stenberg in 29. Juli 2007, 16:17:07
Eine kurze Ergänzung zur Farbfrage über das korrekte Blau bei der Bemalung der Soileil Royal.

Gerade eben war auf Arte eine Doku über die Germanen. Speziell über den Frankenkönig Chlodwig. Am Ende wurde ein Wandteppich aus dem Mittelalter gezeigt, wo eine Darstellungen des Fleur de lys  mit den drei Lilien zu sehen war. Der Wandteppich erzählt aus dem Leben von König Chlodwig I. und dürfte wegen der drei Lilien erst nach 1375 entstanden sein.

Das Blau, das bei dem Wappen am Wandteppich verwendet wurde, entspricht ziemlich genau dem Himmelsblau um die Mittagszeit, wenn man die Sonne im Rücken hat im Winkel von 45 Grad nach oben schaut.

Dunkelblau ist damit für mich gestorben, die Hinweise, das die Farben Gold/Gelb/Ocker für die Sonne und das Himmelblau, das die Sonne umfasst, für die farbliche Gestaltung des Wappens die Inspiration waren, ist naheliegend und abgehoben genug ...  :D


Nachtrag: Die Soleil Royal bleibt ein Mysterium, aber diese Farbgebung ist sensationell ...  :respekt:

(http://img64.exs.cx/img64/7061/soleil_royal.jpg)
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: janmaat in 31. Juli 2007, 03:43:31
Hallo Marcus,

diese Abbildung sowie eine weitere des Bugbereichs kenne ich auch! Leider ist in dem Buch in meiner maritimen Bibliothek, in dem es abgedruckt ist (Courtlandt Canby: Geschichte der Seefahrt. Editions Rencontre and Eric Nitsche International, Lausanne 1964, S. 62  und 63) keine Herkunfts- oder Quellenangabe zu dem Original der kolorierten Zeichnung angegeben. Hast Du genauere Angaben? Vor allem darüber, aus welchere Zeit sie stammt?

 Aus meiner Kenntnis und Einschätzung könnte es sich um eine zeitgenössische Darstellung handeln (v.a. aufgrund des Rahmenwerks). Allerdings: Es kann sich kaum um die SR aus den 1690er Jahren handeln, denn erstens weisen die Hecktaschen ja Fenster auf, ein Phänomen, das - bei aller Widersprüchlichkeit der verschiedenen Darstellungen - m.W. in keiner der bildlichen Darstellungen gezeigt wird. Und zum anderen weißt die SR in der von Dir dankenswerter Weise eingestellten Abbildung nur zwei Heckbalkone auf - abgesehen das zeitnahe Gemälde zur Seeschlacht von Barfleur (1692) von Ludolf von Backhuisen, auf das ich weiter oben im thread mit Link zum Bild verwiesen habe (mein Beitrag vom 08.07.d.J.). In allen andern, mir bekannten Darstellungen der SR aus der Zeit um 1690 besitzt das Schiff aber drei Balkone übereinander.

Schließlich: Bemerkenswert ist auch, dass in der von Dir eingestellten Darstellung der Heckspiegelbereich hinter der Hütte (da, wo von hinten gesehen sich das große Halbrelief der pferdebändigenden Meeresgöttin befindet) bedeutend niedriger ist als in dem nach dem Vorbild im Musèe de la Marine gestalteten Hellerbausatz.  Außerdem trägt die Bordwand - abweichend zur SR von 1690 -  im Bereich des obersten, des Poopdecks, eine eine einfache, durchbrochene Reling, die hinten bündig mit der Oberkante des obersten Heckspiegelbereichs abschließt.  Zieht man die Linien des Schiffes gedanklich Richtung Bug, ergibt sich ein bedeutend niedrigeres Heck, als bei der SR von 1690.

Ausgehend davon, dass die SR mittschiffs drei Geschützgecks übereinander aufwies, ergibt sich im Vergleich zum Modell im Pariser Marinemuseum und zur Gestaltung des dem nachempfundenen Heller-Modells ein erstaunlich niedriger Heckaufbau, der mich an die englischen Pinass-Schiffe der Renaissancezeit erinnert!

Auffällig finde ich auch die Flachornamentik auf der Heckseite oberhalb des dritten Battereidecks, die mich mit meiner bescheidenen Stilkenntnis mehr an Renaissancemuster als an solche des Barocks denken lassen, während andere Schmuckelemente des Hecks mich eher an Louis XV als an Louis XIV erinnern. Mystreriös finde ich auch die etwas überdimensionierte, erdbraune Flächeam Heck, dort, wo normalerweise das Ruder darzustellen wäre.

Eines scheint mr jedenfalls sicher zu sein: Die SR von 1690 kann die von Dir eingestellte kolorierte Zeichnung kaum wiedergeben.

Aber das Blau ist ein guter Anhaltspunkt für die Farbgebung der entsprechenden Partien des Heller-Bausatzes!

Wie Du zutreffend formulierst:
ZitatDie Soleil Royal bleibt ein Mysterium

Falls du nicht selbst dei entsprechende Darstellung einscannen kannst, werde ich dieser Tage mal versuchen, die korrespondierende, ebenfalls äußerst interessante Darstellung der Bugpartie hier zu posten. Interessant daran ist vor allem, dass dort, trotz erstaunlichen Fehlens von Galionsspanten und anderer Galions-Bauelemente, eine durchbrochene, ornamentierte Ausfüllung des Liegerfutters (vgl. Mondfeld, S. 112 f.) gezeigt wird! Eben genau jenes Elements, desen Fehlen den Heller-Bausatz  (und auch Holzbausätze diverser Firmen) in diesem Punkt so unrealistisch wirken lässt.

Mit wissbegierigen  Grüßen an die Gemeinde und

ahoi

Edgar :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Marcus Stenberg in 31. Juli 2007, 08:46:08
ZitatOriginal von janmaat
Hallo Marcus,

diese Abbildung sowie eine weitere des Bugbereichs kenne ich auch! Leider ist in dem Buch in meiner maritimen Bibliothek, in dem es abgedruckt ist (Courtlandt Canby: Geschichte der Seefahrt. Editions Rencontre and Eric Nitsche International, Lausanne 1964, S. 62  und 63) keine Herkunfts- oder Quellenangabe zu dem Original der kolorierten Zeichnung angegeben. Hast Du genauere Angaben? Vor allem darüber, aus welchere Zeit sie stammt?

Ich bin auf das Bild bei meiner Internet Recherche gestoßen. Keine Ahnung, wann das entstanden ist. Bei Heller ist diese Zeichnung auch nicht unbekannt, denn das Ornament, das den Schiffsnamen umfasst, haben sie auf der ersten Seite des Bauplans nachgemalt ...  :D


ZitatOriginal von janmaat

Aus meiner Kenntnis und Einschätzung könnte es sich um eine zeitgenössische Darstellung handeln (v.a. aufgrund des Rahmenwerks). Allerdings: Es kann sich kaum um die SR aus den 1690er Jahren handeln, denn erstens weisen die Hecktaschen ja Fenster auf, ein Phänomen, das - bei aller Widersprüchlichkeit der verschiedenen Darstellungen - m.W. in keiner der bildlichen Darstellungen gezeigt wird. Und zum anderen weißt die SR in der von Dir dankenswerter Weise eingestellten Abbildung nur zwei Heckbalkone auf - abgesehen das zeitnahe Gemälde zur Seeschlacht von Barfleur (1692) von Ludolf von Backhuisen, auf das ich weiter oben im thread mit Link zum Bild verwiesen habe (mein Beitrag vom 08.07.d.J.). In allen andern, mir bekannten Darstellungen der SR aus der Zeit um 1690 besitzt das Schiff aber drei Balkone übereinander.

Die Hecktaschen habe ich schon auf zeitgenössischen Zeichnungen und Gemälden in verschiedenen Versionen gesehen, haben alle irgendwie eine Ähnlichkeit miteinander, aber weichen dennoch stark von einander ab. Da dürfte wegen dem Fehlen der Fotografie die mündliche Überlieferung ihren Teil dazu beigetragen haben.

Was ich mit den Hecktaschen beim Heller Modell mache, überlege ich mir erst, wenn ich den Bereich im Baufortschritt erreicht habe. Sonst werde ich noch wahnsinnig ...   :aerger:

ZitatOriginal von janmaat

Schließlich: Bemerkenswert ist auch, dass in der von Dir eingestellten Darstellung der Heckspiegelbereich hinter der Hütte (da, wo von hinten gesehen sich das große Halbrelief der pferdebändigenden Meeresgöttin befindet) bedeutend niedriger ist als in dem nach dem Vorbild im Musèe de la Marine gestalteten Hellerbausatz.  Außerdem trägt die Bordwand - abweichend zur SR von 1690 -  im Bereich des obersten, des Poopdecks, eine eine einfache, durchbrochene Reling, die hinten bündig mit der Oberkante des obersten Heckspiegelbereichs abschließt.  Zieht man die Linien des Schiffes gedanklich Richtung Bug, ergibt sich ein bedeutend niedrigeres Heck, als bei der SR von 1690.

Ausgehend davon, dass die SR mittschiffs drei Geschützgecks übereinander aufwies, ergibt sich im Vergleich zum Modell im Pariser Marinemuseum und zur Gestaltung des dem nachempfundenen Heller-Modells ein erstaunlich niedriger Heckaufbau, der mich an die englischen Pinass-Schiffe der Renaissancezeit erinnert!

Auffällig finde ich auch die Flachornamentik auf der Heckseite oberhalb des dritten Battereidecks, die mich mit meiner bescheidenen Stilkenntnis mehr an Renaissancemuster als an solche des Barocks denken lassen, während andere Schmuckelemente des Hecks mich eher an Louis XV als an Louis XIV erinnern. Mystreriös finde ich auch die etwas überdimensionierte, erdbraune Flächeam Heck, dort, wo normalerweise das Ruder darzustellen wäre.

Eines scheint mr jedenfalls sicher zu sein: Die SR von 1690 kann die von Dir eingestellte kolorierte Zeichnung kaum wiedergeben.

Aber das Blau ist ein guter Anhaltspunkt für die Farbgebung der entsprechenden Partien des Heller-Bausatzes!

Die Darstellung ist eher künstlerischer, dekorativer Natur, aber die ist, wenn man die Farbgebung betrachtet, sehr gelungen. Ich spiele schon mit dem Gedanken, die  SR in dieser Form zu bemalen. Ich kann mir vorstellen, das ein Schiff in diesem Outfit damals mächtig Eindruck geschunden hat ...  :D


ZitatOriginal von janmaat

Falls du nicht selbst dei entsprechende Darstellung einscannen kannst, werde ich dieser Tage mal versuchen, die korrespondierende, ebenfalls äußerst interessante Darstellung der Bugpartie hier zu posten. Interessant daran ist vor allem, dass dort, trotz erstaunlichen Fehlens von Galionsspanten und anderer Galions-Bauelemente, eine durchbrochene, ornamentierte Ausfüllung des Liegerfutters (vgl. Mondfeld, S. 112 f.) gezeigt wird! Eben genau jenes Elements, desen Fehlen den Heller-Bausatz  (und auch Holzbausätze diverser Firmen) in diesem Punkt so unrealistisch wirken lässt.

Bitte scan mir den Bugpartie ein, die würde mich sehr interessieren. Wenn es dir nicht zu viel Arbeit ist, bitte auch die Seite 112.

Bevor ich die Hecktaschen modifiziere, mache ich lieber die Bugpartie vollständig und richtig, das stört mich mehr.



Vielen Dank im Vorraus und liebe Grüße aus dem Trockendock

Marcus
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: MS in 31. Juli 2007, 15:55:37
Hallo,

ZitatOriginal von Marcus Stenberg

Nachtrag: Die Soleil Royal bleibt ein Mysterium, aber diese Farbgebung ist sensationell ...  :respekt:

ja - in der Tat.

Diese Darstellungen (hier mal noch der Bug - vielleicht hat aber noch jemand ne bessere Abbildung):

(//%5BURL=http://imageshack.us%5D%5BIMG%5Dhttp://img130.imageshack.us/img130/1589/srjp8.jpg)[/URL][/IMG]

zeigen m.E. jedoch nicht die Soleil Royal von 1669 (oder 1690).

In der französischen Marine gab es insgesamt 3 Schiffe dieses Namens:
1. "Die Soleil Royal" - von 1669
2. die 1693 in Soleil Royal umbenannte "Foudroyant"
3. ein Linienschiff 2. od. 3. Ranges von 1749 (versenkt in der Schlacht der Kadinäle 1759)

Aufgrund der zahlreichen bereits beschriebenen Abweichungen zur SR (1669) gehe ich persönlich davon aus , dass die Abbildung die umgetaufte Foudroyant zeigt.
Interessant ist die Farbgebung (und die geschlossenen Galerien  :baby:   ;)  :baby: ) aber allemal.

Aber mal noch eine andere Frage: Ich habe gelesen, dass die üppigen Vergoldungen der Soleil vor ihrem Kriegseinsatz mit einem unscheinbaren Grauton übermalt worden seien. Hat davon schon mal jemand was gehört - wozu sollte das gut sein?

Gruß

Martin  :winken:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Marcus Stenberg in 02. August 2007, 20:34:45
Guckt euch das mal an!

Sicher, das Modell schaut schon ziemlich versaut aus, aber die Technik, die der Herr bei den goldenen Skulpturen und Verzierungen verwendet hat, ist atemberaubend. So plastisch habe ich das noch nirgends gesehen. Guckt euch den Heckspiegel an oder die Gallionsfigur, da kommen die Details voll zur Geltung!  :respekt:


http://www.modelistan.com/gemiler/Soleil_Royal/soleil_royal.htm
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: janmaat in 02. August 2007, 21:45:36
Hallo Marcus,

danke für den tollen Link! Kann dein Urteil nur bestätigen! Wirklich toll, die Bemalung!

Aber was meinst du damit, das Modell schaue schon ziemlich versaut aus? Hab ich Tomaten auf den Augen oder schlechtes Urteilsvermögen? Ich find die Bauversion doch wirklich gut gemacht! Oder ist das ironisch-anerkennend gemeint?

Was ich aber bei der Farbfassung keineswegs übernehmen werde - Originalität hin oder her - ist die weiße Bemalung der Masten. Ich werde sie holzfarben streichen!

Kenne bisher auch keine zeitgenössische Abbildung von großen Segelkriegsschiffen aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, wo weiß bemalte Masten gezeigt würden!

Ahoi

Edgar :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: HWB in 16. August 2007, 22:13:55
Inzwischen interessiert mich das Thema historische Schiffsanstriche ebenfalls immer mehr.
Wahrscheinlich kennt ihr auch den Artikel dazu in Mondfelds Buch "Historische Schiffsmodelle". Demnach stand im 17. Jahrhundert kein blaues Pigment für den Schiffsanstrich zur Verfügung.
Auch Azurit wird darin wegen Wasserempfindlichkeit verworfen.

Ich bin auf ein anderes Blaupigment "Smalte" gestoßen. Auch dieses wird in oben genanntem Artikel ebenfalls wegen wasserempfindlichkeit verworfen.
In einem Wikipediaartikel wird allerdings erwähnt,  daß ein Fachwerkhaus in Wertheim im Außenbereich mit Smalte gestrichen wurde. Wie paßt das zusammen? Schließlich regnet es in Deutschland auch ab und zu, und das Fachwerkhaus mit dem Smalteanstrich steht bestimmt nicht erst seit gestern an seinem Platz!
Wer hat nun recht? Der Wikipedia Eintrag oder der Mondfeldartikel? Wurde der Artikel bei Mondfeld eigentlich schon mal kritisch hinterfragt? Gibt es noch weitere Artikel zum Thema? Unsere französischen (Musee de la marine) und niederländischen Nachbarn haben jedenfalls kein Problem mit Azurit oder Smalte als Pigment für Schiffsanstriche.
Ich kenne mich leider nicht mit Pigmenten aus und kann deshalb die Aussagen nicht beurteilen.

Allerdings habe ich da so meine Zweifel an der Blauabstinenz. An zeitgenössischen Modellen von niederländischen Schiffen sind öfters blaue Aufbauten mit Wolkenmotiven zu sehen (z.B. Prinz Willem, Zeelandia). Gut, die Farbgebung bei Modellen muß nicht unbedingt der Realität entsprechen. Aber inzwischen habe ich auch auf Schiffportaits solche Wolkenmotive gefunden. Die Zeichnungen sind von Malern, die als sehr zuverlässig gelten.
Als Hintergrund für Wolkenmotive kann ich mir eigentlich nur blaue Farbe vorstellen. Grün, rot oder schwarz machen für mich im Zusammenhang mit Wolken einfach keinen Sinn.

Smalte erscheint mir bei den Holländern wahrscheinlicher als das teure Azurit. Die Rohstoffe sind billig und Öl als Trägermaterial ist möglich. Auf einer Farbkarte erscheint Smalte als dunkles Blau mit deutlichem Rotanteil. Ich würde die Farbe gerne mal an diesem Fachwerkhaus sehen, leider war im Wikipadiaartikel kein Foto dabei.

Hat jemand ein Foto von dem Gebäude oder kennt sich mit Pigmenten aus? Es wäre schön hier neben dem Mondfeldartikel noch eine weitere Meinung zu haben.

Hier noch der Link zu Wikipedia: Smalte (http://de.wikipedia.org/wiki/Smalte)


 :winken:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Falko in 16. August 2007, 22:36:30
HWB,
Mondfeld zitiert im wesentlichen ja aus dem Buch von Werner Zimmermann, der die Verwendung
von Farben im Schiffsbau eingehend untersucht hat.
Ich hab mein Exemplar im Moment ausgeliehen, sonst könnte ich dir den Artikel zur Verfügung stellen.
Azurit als Pigment wurde nur in wässriger Lösung verwendet, Öl als Bindemittel veränderte die Farbe
ins grünliche.
Über Smalte kannst du hier (http://www.kremer-pigmente.de/shopint/index.php?cat=0102&product=10000) nachlesen. Dort findest du übrigens auch
jede Menge Wissenswertes über andere Pigmente, unter anderem auch Azurit.
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: galeotti in 16. August 2007, 23:00:56
ZitatOriginal von HWB
Smalte erscheint mir bei den Holländern wahrscheinlicher als das teure Azurit. Die Rohstoffe sind billig und Öl als Trägermaterial ist möglich. Auf einer Farbkarte erscheint Smalte als dunkles Blau mit deutlichem Rotanteil.
@hwb, Smalte besteht aus gemahlenen kobaltgefärbten Glas und ist ein rein lasierendes Pigment ,womit man kaum einen einheitlichen blauen Anstrich erzielen kann. Mit einem öligen Bindemittel wirkt es noch durchscheinender und hätte höchstens auf einer weißen Grundierung, einen blauen Schimmer erzeugt. Auf rohes Holz gestrichen, wäre es , durch die Transparenz des Glases, fast nicht zu sehen. Lange haltbar waren sicher alle Schiffsanstriche nicht, egal welcher Farbton, da Öle bei ständigem Wasserkontakt aufquellen. Wahrscheinlich waren die alten Segler nur ziemlich weit von der Wasserlinie entfernt farbig gestrichen oder sahen zumindest unten herum ziemlich räudig aus.
Es gab schon einige Blaupigmente, die in öligen Bindemitteln verarbeitet werden konnten, sonst gäbe es kein Ölgemälde aus dieser Epoche, auf welchem der Himmel, das Meer oder die Gewänder blau gemalt wurden. Allerdings waren die sehr teuer. Aber für seinen Prunk spielte bei Ludwig XIV. Geld keine große Rolle.
 :winken: Steffen
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 17. August 2007, 08:04:11
ZitatOriginal von HWB
Inzwischen interessiert mich das Thema historische Schiffsanstriche ebenfalls immer mehr.
Wahrscheinlich kennt ihr auch den Artikel dazu in Mondfelds Buch "Historische Schiffsmodelle". Demnach stand im 17. Jahrhundert kein blaues Pigment für den Schiffsanstrich zur Verfügung.
Auch Azurit wird darin wegen Wasserempfindlichkeit verworfen.

Ich bin auf ein anderes Blaupigment "Smalte" gestoßen. Auch dieses wird in oben genanntem Artikel ebenfalls wegen wasserempfindlichkeit verworfen.
In einem Wikipediaartikel wird allerdings erwähnt,  daß ein Fachwerkhaus in Wertheim im Außenbereich mit Smalte gestrichen wurde. Wie paßt das zusammen? Schließlich regnet es in Deutschland auch ab und zu, und das Fachwerkhaus mit dem Smalteanstrich steht bestimmt nicht erst seit gestern an seinem Platz!
Wer hat nun recht? Der Wikipedia Eintrag oder der Mondfeldartikel? Wurde der Artikel bei Mondfeld eigentlich schon mal kritisch hinterfragt? Gibt es noch weitere Artikel zum Thema? Unsere französischen (Musee de la marine) und niederländischen Nachbarn haben jedenfalls kein Problem mit Azurit oder Smalte als Pigment für Schiffsanstriche.
Ich kenne mich leider nicht mit Pigmenten aus und kann deshalb die Aussagen nicht beurteilen.

Allerdings habe ich da so meine Zweifel an der Blauabstinenz. An zeitgenössischen Modellen von niederländischen Schiffen sind öfters blaue Aufbauten mit Wolkenmotiven zu sehen (z.B. Prinz Willem, Zeelandia). Gut, die Farbgebung bei Modellen muß nicht unbedingt der Realität entsprechen. Aber inzwischen habe ich auch auf Schiffportaits solche Wolkenmotive gefunden. Die Zeichnungen sind von Malern, die als sehr zuverlässig gelten.
Als Hintergrund für Wolkenmotive kann ich mir eigentlich nur blaue Farbe vorstellen. Grün, rot oder schwarz machen für mich im Zusammenhang mit Wolken einfach keinen Sinn.

Smalte erscheint mir bei den Holländern wahrscheinlicher als das teure Azurit. Die Rohstoffe sind billig und Öl als Trägermaterial ist möglich. Auf einer Farbkarte erscheint Smalte als dunkles Blau mit deutlichem Rotanteil. Ich würde die Farbe gerne mal an diesem Fachwerkhaus sehen, leider war im Wikipadiaartikel kein Foto dabei.

Hat jemand ein Foto von dem Gebäude oder kennt sich mit Pigmenten aus? Es wäre schön hier neben dem Mondfeldartikel noch eine weitere Meinung zu haben.

Hier noch der Link zu Wikipedia: Smalte (http://de.wikipedia.org/wiki/Smalte)


 :winken:

Hallo Holger,

ich hatte bisher Smalte lange Zeit als mögliche Lösung für das "Blau-Problem" ignoriert bis verworfen,
weil ich immer gehört hatte, es handele sich um "gestoßenes Glas". Das erschien mir relativ aufwändig
und ich konnte mir nicht recht vorstellen, dass das gut aussehen könnte.

Smalte gibt es aber anscheinend schon sehr lange (seit den Ägyptern) und wurde um 1500 gerne in
der "Tafelmalerei" verwendet und ist auch ganz brauchbar als Ölfarbe verwendbar. - Kann aber mit
Öl unter Umständen reagieren und dann grün werden.

Für Schiffe nach 1704 käme auch das "Berliner Blau" in Frage, das wurde da nämlich erfunden und ist
eine echte chemische Verbindung. Das Berliner Blau stellt offiziell den Wendepunkt zwischen moderner
Farbherstellung (künstliche Pigmente) und der "alten" Farbherstellung (Natürliche Pigmente) dar.

Nachdem die SR aber deutlich vor 1704 bereits gesunken ist, kommt diese Farbe nicht in Frage. - Für die
Viertage-Schlacht leider auch nicht.

Damit bleibt dir die Wahl zwischen Azurit und Smalte, wobei ich tatsächlich dazu tendieren würde, für die
niederländischen Schiffe Smalte einzusetzen, da die Niederländer kaum Zugang zu Azurit-Lagerstätten
gehabt haben dürften, aber Smalte in Schneeberg in Sachen eine bedeutende Produktionsstätte hatte.

Ich muss mir Smalte als Farbe auch mal näher anschauen.

Was das haus angeht: Das Grafschaftsmuseum in Wertheim in Baden-Württemberg ist da wohl die erste
Wahl...  - Vielleicht kann ich mal einen Kurztrip dahin in den nächsten Wochen organisieren und ein paar
Fotos machen.

Ciao,

HWE
 :mariinee:

PS: Es freut mich, dass ich inzwischen nicht mehr der Einzige bin, der sich mit den Farben herumschlägt. ;)
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: nOnliQuid in 17. August 2007, 10:50:39
@Marcus Stenberg,

versaut ist das Schiff überhaupt nicht. Ich denke mal das sich hier ein erfahrener Kollege zum ersten mal an einen Hist. Segler gewagt hat. Die Bemalung ist durch die Bank exquisit ,leider wurden ein paar Details weggelassen oder nicht berücksichtigt.
Mir sind da nur erstmal die Geschütztaklings ,Beibootzuring und Stückpfortenvertauung ins Auge gestochen.
Nichts desto trotz würde es wohl nicht jedem gelingen mit dieser Qualität gleich zu ziehen .
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Marcus Stenberg in 17. August 2007, 11:15:46
Das "versaut" war durchaus ironisch gemeint ...  :D
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: HWB in 17. August 2007, 16:22:26
Hi

erst mal vielen Dank für die Antworten und die guten links.

@Falko

richtig, der Artikel ist von Werner Zimmermann "Farben an Schiffen - Überlegungen zur farblichen Ausgestaltung historischer Schiffe"
In meinem Exemplar von Mondfelds Buch ist erkomplett abgedruckt. Trotzedem vielen Dank für dein Angebot, den Artikel bei Gelegenheit bereitzustellen.

Meine Frage ist jetzt, wie verläßlich der Artikel ist. Gibt es andere Quellen, die die Schlußfolgerungen von Herrn Zimmermann untermauern? OK, bei dem speziellen Thema findet sich sicher so schnell nichts  ;)

Ich fasse mal kurz zusammen, was zum Thema Blau gesagt wird. Damit auch der Uneingweihte weiß worum es geht. Die anderen Farben schenke ich mir, das wird zu viel.....


Das Fazit zu Beginn: Ein richtiger blauer Anstrich war frühestens im 18. Jahrhundert möglich. Vorher existierten keine Pigmente, die im maritimen Umfeld geeignet waren. Abseits davon gab es natürlich blaue Farbe.

Azurit:  teuer, verfärbt sich mit öligen bindemitteln zu einem Grün. Sei außerdem empfindlich gegenüber chemischen Einflüssen und würde dem Seeklima nicht standhalten.
Wenn das mit der Grünfärbung stimmt, ist das natürlich ein KO Kriterium für Azurit.


Ultramarin: theoretisch möglich,praktisch extrem viel zu teuer.
ZitatWenn jemand auch nur einen oder zwei Plankengänge eines Schiffes damit hätte streichen wollen, dann konnte er gleich das ganze Fahrzeug vom Kiel bis zum Masttop vergolden.


Indigo:  verändert sich durch Bindemitel zu einem stumpfen Blauschwarz. Auch durch maltechnische Tricks nicht zu retten.


Berliner/Pariser Blau: Ab 1704 möglich aber teuer. Stark lasierend, brauchte Grundierung mit Bleiweiß. Strecken mit Kreide möglich, führte zu einem hellblauen deckenden Anstrich.
Ein Flyer zu einer Publikation des ancre Verlags "La Couleur dans la marine classique 1650 - 1850" nennt den Farbstoff zu teuer, um am Schiff verwendet zu werden.

Smalte:  leidet stark durch Feuchtigkeit


So das waren die im Text genannten Pigmente, und die Gründe weshalb sie ungeeignet seien.
Bei der Smalte wurde ich stutzig. Warum soll Kobaltglas wasserempfindlich sein??? Ich kann mir höchstens vorstellen, daß die Glaspartikel abgewaschen werden.
Dann ist da noch die Erwähnung des Fachwerkhauses. Hat hier der Autor des Wikipediaartikels unrecht? Aber wenn Smalte an der Außenfassade verwendet wurde, bleibt der Glasbruch meiner Meinung nach im Rennen.
Herberts Angebot einer Stipvisite in Wertheim nehme ich gerne an. Die e-mail Adresse für die Fotos hast du ja  :D  :D  :D

@Steffen
Wegen der lasierenden Eigenschaften, meinst du eine weiße Grundierung oder Mischung mit Kreide, wie oben für Berliner Blau beschrieben könnte hier auch funktionieren?
Daß die alten Segler nach einiger Zeit auf See ziemlich "schmuddelig" aussahen glaube ich dir gerne.
Aber im Grunde möchte ich eigentlich nur wissen, ob Herr Zimmermann mit seiner These zu Blau recht hat oder nicht. Wie lange sich die Farbe hält will ich lieber nicht wissen  :D


@Herbert
Falls Azurit sich mit öligen Bindemitteln wirklich grün verfärbt bleibt eigentlich nur noch Smalte als möglicher Kandidat übrig. Die Auswahl ist wirklich nicht üppig. Und selbst das preußisch Blau scheint mir wegen des hohen Preises auch nur eher Theorie denn Praxis zu sein.  :(

Im Heck der Vasa wurde eine kleinere Menge Blau für ein Wappen verwendet. Weiß jemand was für ein Pigment das war? Oder fährt demnächst mal in Schweden vorbei und kann nachfragen? ;)
Duch ein Wappen kann man natürlich nicht auf größere Mengen schließen. Aber wenigstens kennt man dann das Pigment. Laut Zimmermann ging außer Ultramarin schließlich gar nichts.


ZitatPS: Es freut mich, dass ich inzwischen nicht mehr der Einzige bin, der sich mit den Farben herumschlägt.

Och, wenn das das Einzige wäre mit dem ich mich gerade rumschlage... :pffft:
 

 :winken:


PS die Ornamente an der "versauten" SR sind wirklich schön herausgearbeitet. Sollte ich mir merken.
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Falko in 17. August 2007, 19:34:01
HWB,
du hast ne PN.
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 17. August 2007, 22:16:15
ZitatOriginal von Marcus Stenberg
Das "versaut" war durchaus ironisch gemeint ...  :D

Hallo Marcus,

wenn ich dem Link in deinem Footer zu folgen versuche, bekomme ich nur eine Fehlermeldung. :-(

Ciao,

HWE
 :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 17. August 2007, 22:45:01
Hallo Holger,  :D

ich bin etwas irritiert. - Azurit gibt es zwar mit etwas anderer chemischer Zusammensetzung auch als "Berggrün" und eine chemische Änderung ist nicht auszuschließen, aber ich meine, gerade bei der Smalte
 (Wikipedia) gelesen zu haben, dass sie in Verbindung mit Öl farblos wird.

Azurit wird eher bei längerem (?) Kontakt mit Wasser zu Grün (->Malachit). In Öl wäre das Azurit einigermassen vor Wasser geschützt...

Davon abgesehen sollte man erstmal versuchen, herauszufinden, wie schnell der besagte chemische
Prozess voranschreitet. - Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, dass der Prozess unter Luftabschluß
deutlich langsamer vonstatten geht. - Wenn daraus zum Beispiel resultiert, dass das Blau etwa ein Jahr
braucht, bis es grün geworden ist, könnte ich mir gut vorstellen, dass man damals gesagt hat (in
Ermanglung anderer Blautöne): "Sch...-egal! Dann malen wir die blauen Teile eben jedes halbe Jahr neu an!"
Auch der Rest der Schiffe musste ja alle naselang neu gestrichen werden. - So what? So ein Schiff war im
Unterhalt nunmal nicht billig.

Ciao,

HWE
 :mariinee:
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Marcus Stenberg in 18. August 2007, 00:51:21
ZitatOriginal von hwe
ZitatOriginal von Marcus Stenberg
Das "versaut" war durchaus ironisch gemeint ...  :D

Hallo Marcus,

wenn ich dem Link in deinem Footer zu folgen versuche, bekomme ich nur eine Fehlermeldung. :-(

Ciao,

HWE
 :mariinee:

Danke, habe es repariert. Läuft wieder.

Die Adresse hat sich geringfügig geändert, bitte beachten!


Die Webseite ist noch nicht fertig, das einzige was fertig ist und am aktuellen Stand ist der Status in den Bauberichten. Wenn ich mehr vorweisen kann, als zwei zusammengklebte Rumpfhälften ...  :D ... , dann gibt es auch die Links zu den ausführlichen Bauberichten mit Bildern und alles drum und dran. Momentan erhole ich mich vom Kanonen und Lafetten kleben, ehrlich gesagt, ich kann das Zeug nicht mehr sehen ...    :2:  :D  :2:

Problemlos funktioniert die Seite mit den aktuellen Versionen von IE7, Firefox und Safari. Mit dem IE 6 geht es definitiv nicht. Diese Software hat gravierende Programmierfehler und kann nicht einmal mit transparenten PNGs umgehen. Wenn man nicht viel mehr außer den Hintergrund sieht, dann liegt es am Browser. Weg damit und die neue Version installieren, dann hat man einige Probleme weniger im Netz.

Good Night!
Marcus

Kleiner Nachtrag zur Farbenlehre in Blau ...  :D

Ich bin beim Recherchieren auf ein PDF gestoßen. Ein Artikel über die Vasa mit dem Titel "Colors of a 17th-century
Swedish battleship". An dem Wrack hat man versucht, die orginalen Farben zu ermitteln. Smalte war schon in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts im Schiffsbau in Gebrauch. Man hat vier unterschiedliche blaue Farben entdeckt, auch zwei organische Pigmente. Eins davon war Indigo.

Colors of a 17th-century Swedisch battleship (http://homepage.mac.com/gollmark/.Public/1006detective.pdf)

Ich habe gerade einen 490 Seiten Wälzer in Arbeit "Vasa I Archaeology of a swedish warship of 1628" von Olof Cederlund.

Die Vasa hat jetzt zwar nichts mit der Soleil Royal gemeinsam, aber es ist das einzige erhaltene Schiff aus dem 17. Jahrhundert. Nichts was wir kennen, ist der Soleil Royal zeitlich näher als dieses etwas mißglückte Beispiel in der Geschichte des Schiffbaus.

Ich muß mich da mal durcharbeiten, was da genau über die Farben im Schiffsbau erwähnt wird. Das Buch ist extrem informativ und sicher keine leichte Lektüre. Die Farbrekonstruktion der Vasa unterscheidet sich deutlich von dem, was am Modellbau Sektor in den letzten Jahrzehnten am Markt war und ist.

Hier ein Bild vom Heck:

(http://homepage.mac.com/gollmark/.Public/Vasa.jpg)
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: Marcus Stenberg in 28. September 2007, 20:21:07
Das Bild stammt von der Replica der Batavia. Es zeigt die Innenausstattung der Seitengallerie.
Wenn die Soleil Royal auch diese sanitäre Ausstattung im Heck für die creme de la creme an Bord hatte,
dann würde ich persönlich geschlossene Seitengallerien bevorzugen ...  :D  :D  :D  :D  :D

(http://homepage.mac.com/gollmark/.Public/Batavia.png)
Titel: ...und noch eine Soleil Royal
Beitrag von: hwe in 30. September 2007, 19:53:44
Hallo Marcus,

geschlossene Seitengalerien (haben nichts mit Galle zu tun! ;) ) haben unbestritten den Vorteil, dass man auch bei Sturm eine Sitzung abhalten kann, ohne bis auf die Knochen nass zu werden...   :D

Mittlerweile glaube ich auch, dass die Galerien der SR geschlossen waren, zumindest überwiegend.

Aber trotzdem sahen sie anders aus, als der Bausatz einem weis machen möchte.

Ciao,

HWE
 :mariinee: