Korsaren-Schebecke die jüngere Schwester der Galeere

Begonnen von galeotti, 21. April 2008, 01:27:08

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galeotti

Hallo Miteinander, nach längerer modellbauerischer Abstinenz hat es mich mal wieder gereizt ,etwas Neues auszuprobieren. Da ich eigentlich wenig Zeit und auch keinen Werkstattraum habe ,habe ich mich entschlossen die Shipyard-Schebecke halb aus Karton und halb aus Holz zu bauen. Da ich von der Galeere noch eine Menge Leisten und Plankenstreifen übrig habe mußte ich nichts hinzukaufen.

Kurz etwas zu dem Schiff. Der Ursprung der Schebecken ist nicht zweifelsfrei zu klären, man kann sie doch als Weiterentwicklung der Mittelmeergaleere oder der Galiota bezeichnen. Auf Grund ihrer Wendigkeit und Schnelligkeit wurde sie von den Korsaren der Berberküste, neben der zweimastigen Feluke bevorzugt für Raubzüge und Sklavenjagden verwendet. Später übernahmen die Spanier ,Franzosen und Malteserritter diese Schiffe in ihre Flotten. Schebecken konnten neben den Segeln auch durch Riemen fortbewegt werden, erreichten damit aber ,bedingt durch ihren größeren Tiefgang und die geringe Anzahl der Ruder, nicht das Tempo einer Galeere. Da keine Ruderbänke vorhanden waren, konnte nur im Stehen gerudert werden. Mit ihren drei großen Lateinersegeln waren sie aber an Tempo unschlagbar. Die Schebecke von Shipyard entspricht ziemlich genau den Plänen von Chapman und unterscheidet sich in einigem von europäischen Schebecken. Es handelt sich hierbei um den älteren Typ, der noch viele Merkmale einer Galeere aufweist. so verlaufen die Schanzkleider  ziemlich gerade und nicht so abgerundet wie bei späteren Schebecken.

Das Spantengerüs besteht aus grauer 2mm-Pappe und ich war überrascht, wie stabil das ist. Der Spantenriß unterscheidet sich nur wenig von dem einer Galeere.

Die erste Beplankung besteht aus Karton

Die Decks bestehe aus Pappe und Furnierstreifen, die Schanzkleider aus holzbeplankten Karton


Für die plastischen Verzierungen am Heck habe ich Konturenfarbe von Windows-Color verwendet.



Das Segel ist nazürlich nur fürs Foto provisorisch angebracht.

So , das wars erst mal, in Kürze gibt es mehr und etwas ausführlicher. Da ich kein großer Schreiber von Bauberichten bin und es schon einen von einer algerischen Schebecke gibt habe ich mich wieder für diese Rubrik entschieden.
:winken:Steffen








Galeere "la real" Schebecken, z.Z. Galeasse

maxim

Weiter so!  :klatsch: Ich bin schon gespannt, wies es weiter geht!

Es war wohl solche Schebecken, die die maltesischen Galeeren bei einer ihrer wenigen Niederlagen in die Flucht schlugen.
Im Bau: portugiesische Fregatte NRP Almirante Gago Coutinho (1/700, Umbau Niko Model)


modellbau.fan

... immer wieder beeindruckend: a) der Schiffstyp und b) das Basismaterial Karton!  :P  Bitte weiter berichten!  :pffft:
CU modellbau.fan  :winken:

Marcus.K.

Holla Galeotti,

das ging aber fix .. wow!

In welchem Maßstab ist die denn? 1/96?

Wie kamst Du mit der Kombi Holz-Pappe klar? Ich möchte sowas ja auch versuchen ... komm nur leider einfach  nicht dazu.

Hast Du die "Unterbeplankung" in Karton so bearbeitet, wie Fuchsjo? Also mit einem Holz"knüppel" etwas verrundet, damit die Bauchigkeit der Form zustande kommt? Oder hast Du gespachtelt, um aus dem "Vieleck" aus flachem Papier eine bauchig, verrundete Schiffsform zu bekommen?

Sie sieht toll aus, Deine Schebecke! Würde gern viel mehr Bilder und auch Detailaufnahmen sehen ...  :klatsch:

galeotti

#4
@Marcus, Der Maßstab ist 1:96 , die Länge über Kiel ist 48cm ,Länge über alles ca 56cm. Die Kombination von Pappe mit Holz ist relativ unproblematisch, da Karton ja zum größten Teil auch aus Holz besteht. ich habe aber keinen wasserhaltigen Leim verwendet, da mir die Gefahr des Wellens des Papiers zu groß ist. Ich habe nichts verspachtelt, da der Karton nur als Unterlage für das Holz dient und dieses automatisch die Rundungen bildet. Vorgerundet habe ich das Papier nur durch das Ziehen über die Tischkante. Ich möchte meine schnelle Bastelei nicht mit der akribischen Arbeit von Joseph vergleichen. Es ist bei mir mehr ein Testbau.
@Lars, das ist sicher der Schebeckentyp der die Malteser in die Flucht geschlagen hat. Die Deys von Algier besaßen eine relativ kleine Flotte, die überwiegend aus Galioten und Brigantinen(Viertelgaleeren) bestand. Schebecken besaßen sie zwischen 5 und 11Stück im 18. Jh. Es gab aber neben dieser Flotte noch vermögende Privatpersonen, die eigene Schiffe, zwecks Piraterie, unterhielten. Als die Franzosen  1830 Algerien besetzten, gehörte die letzte algerische Schebecke zur Kriegsbeute. Sie wurde unter dem Namen "le Boberach" in die französische Flotte integriert und versah dort noch bis 1853 ihren Dienst.
Hier noch ein Paar Fotos. 

für das Sonnendach habe ich ein Bildschirmreinigungstuch aus Vlies verwendet, welches mit dünner Acrylfarbe gestrichen wurde. Ich finde dass das richtig gut aussieht ind werde die Segel auch aus Vlies herstellen.



Steffen

Galeere "la real" Schebecken, z.Z. Galeasse

McCool

Das ist ja wieder einmal ein sehr charmantes kleines Modell! Von Boberach meine ich irgendwo mal einen Plan gesehen zu haben - ich hatte mich doch sehr über diesen Namen für eine Schebecke gewundert - es war also die letzte algerische Schebecke, sehr interessant!
Vorn im Bug und auf dem Achterdeck sind die Planen ziemlich kurz - wäre es nicht schiffbaulich realistischer, sie dort nun in einem Stück zu verlegen? Die vielen Stöße ziehen m.E. die Blicke (jedenfalls meine ;)) ziemlich auf sich. 

galeotti

Zitat von: McCool in 22. April 2008, 16:59:47
Vorn im Bug und auf dem Achterdeck sind die Planen ziemlich kurz - wäre es nicht schiffbaulich realistischer, sie dort nun in einem Stück zu verlegen? Die vielen Stöße ziehen m.E. die Blicke (jedenfalls meine ;)) ziemlich auf sich. 
@McCool, zu kurz sind die Planken nicht aber für den Maßstab wohl etwas zu breit.
Galeere "la real" Schebecken, z.Z. Galeasse

galeotti

Hallo, hier habe ich mal ein Paar Skizzen von verschiedenen Abarten der Schebecke gezeichnet.

Die Pinke oder Pincio ist die Handelsversion der Schebecke. Sie war kürzer und breiter gebaut und war dadurch etwas langsamer aber doch schneller als andere Handelssegler. Einige Pinken konnten die Lateinerruten gegen Rahsegel austauschen.

Die Feluke oder Filucca war eine kleine ,15 bis 20 Meter lange Schebecke ,mit anderthalb oder zwei Masten. Sie war auch ein bevorzugtes Kaperfahrzeug, vor allem tunesischer und tripolitanischer Korsaren. In Spanien wurden Feluken noch bis Anfang des 20.Jh. als Zollschiffe verwendet.

Eine Schebecke mit Polacker-Takelage wurde als Mistico oder Mistique bezeichnet und war sowohl Handels-als auch Kaperschiff. Die Mistico führte häufig an Deck noch eine Lateinerrute, die bei Bedarf gegen die Rahsegel ausgetauscht werden konnte. Der Großmast bestand prinzipiell aus einem Stück und hatte keine Marsen. Die Rahen konnten genau wie Lateinerruten herabgelassen werden.
:winken:Steffen
Galeere "la real" Schebecken, z.Z. Galeasse

Wormattack

Hallo Steffen,
das Modell kam mir doch gleich so bekannt vor. :8: Ich bin mit meiner Schebecke auch schon ein gutes Stück weitergekommen. Ich denke mal, am Wochenende kann ich auch ein paar neue Bilder zeigen.

Viele Grüße
Frank

galeotti

Hallo Frank, Deine Schebecke dürfte ja auch so ähnlich aussehen. Bin schon auf Deine Bilder gespannt.
Mein Modell will ich mit der Segelstellung bei achterlichen Wind darstellen. So ungefähr


Steffen
Galeere "la real" Schebecken, z.Z. Galeasse

panzerchen

Schmetterling vor dem Wind habe ich als Modell noch nie gesehen, das sieht mal ganz besonders aus !

Am Rande würde mich interessieren, ob die damals vor dem Wind ähnlich schaukelten wie heutige Jollen.

galeotti

Zitat von: panzerchen in 23. April 2008, 23:09:01
Schmetterling vor dem Wind habe ich als Modell noch nie gesehen, das sieht mal ganz besonders aus
Hallo Panzerchen, die Flügelstellung der Lateinersegel kann man auf vielen Gemälden sehen. Auf diesem Bild, dass den Kampf einer spanischen Schebecke mit türkischen Galeeren zeigt, hat die linke Galeere diese Segelstellung. Geschaukelt hat das bestimmt auch.

:winken:steffen
Galeere "la real" Schebecken, z.Z. Galeasse

HWB

Hi Galeotti,

:klatsch: ein schönes Modell hast du wieder gezaubert und die Segelstellung macht schon viel her. Der Bau ging wirklich fix von der Hand. Demnächst könntest du deine Modelle schon zu einem Diorama zusammenstellen.


:winken:
Holger

Im Bau: holländische Fregatte "Wapen van Edam" von 1644

In Planung:
HMS Royal Katherine 1664 Eendracht 1654

galeotti

Zitat von: HWB in 24. April 2008, 12:53:24
ein schönes Modell hast du wieder gezaubert und die Segelstellung macht schon viel her. Der Bau ging wirklich fix von der Hand. Demnächst könntest du deine Modelle schon zu einem Diorama zusammenstellen.
Hallo Holger, freut mich ,dass es Dir gefällt aber es ist noch lang nicht fertig. Mit dem Diorama wird es nix, da die Maßstäbe zu verschieden sind. Die Galeere ist da zu groß und stammt auch aus einer früheren Epoche.

Beide Schiffe müßten fast gleichlang sein.
:winken: Steffen
Galeere "la real" Schebecken, z.Z. Galeasse

hwe

Diese Korsaren-Schebecke muss auf Vorwindkurs extrem schnell sein! - Die zum "Schmetterling" nach beiden Seiten ausgefahrenen Segel haben offensichtlich eine enorme Segelfläche. - Gleichzeitig ist der Rumpf sehr schmal und schlank und im Verhältnis zur Segelfläche relativ klein. - Ich schätze mal, die sind auf über 14 Knoten gekommen.

Ciao,

HWE
:mariinee:

galeotti

Hallo Herbert, da hast Du absolut recht. Bis Ende des 19.Jh. galten Schebecken als die schnellsten Schiffe auf dem Mittelmeer und waren im Gegensatz zur auch sehr schnellen Galeere hochseetauglich. Das ideale Piratenfahrzeug, schnell ,wendig und ziemlich stark bewaffnet.
:winken:Steffen
Galeere "la real" Schebecken, z.Z. Galeasse

jaerschen

Hallo Steffen,

dein Bericht ist mir doch klatt entgangen. Ein schmuckes Modell das du erstellst.  :klatsch:
Was mindestens genauso wichtig, die vielen tollen Bilder und Infos.
Ich hoffe das wir dir noch zu sehen und lesen bekommen  :1:
Gruß
Jürgen :winken:


Im Bau:
HMS Triton 1773 1/48

galeotti

#17
Hallo Miteinander, danke für die positiven Komendare. Hier sind noch ein paar Bilder bei Tageslicht. Der Außenanstrich hat sich etwas verändert. Der Rumpf ist in einem fast schwarzen dunkelbraun mit matter Acrylfarbe gestrichen und die Barghölzer in antikgrün. Die dunklen töne sind zwar nicht sehr fotofreundlich aber sehen sehr gut aus. Die Galion habe ich komplett neu gebaut, da sie mir in Karton nicht gefallen hat. Alle Vergoldungen sind mit Windowcolor-Konturenfarbe, gold, plastisch dargestellt. 

Da ich das Modell wärend des Bauens noch häufig in die Hand nehmen muß, wird der Anstrich unter der Wasserlinie erst zum Schluß fertig gemacht.



Die Spitze der Galion besteht aus einem mit Windowcolor verschnörkelten Pin und einem geschnitzten Reptilienkopf

Das Gitter der Poophütte habe ich aus Pappe und goldenem Windowcolor hergestellt

mit Buggeschützen


Und das ist der Steuermann :D
Steffen




   
Galeere "la real" Schebecken, z.Z. Galeasse

Wormattack

Hi Steffen,
da ich mein Modell auch bemalen will, ein paar Fragen:

- gibt es bestimmte Farbschemata speziell für Schebecken, oder ist man da relativ frei bei der Farbwahl?
- gab es die  roten Bordwände (innen) nur auf englischen/kontinentalen Schiffen dieser Epoche?
- was spricht gegen rote Bordwände (innen) bei einer z.B. algerischen Schebecke?

Die von Dir gewählten Farben sehen zwar gut aus, aber mir schweben da besonders beim Braun etwas hellere Farbtöne vor.

Und noch eine Frage:
Wie verliefen die Brooktaue der Geschütze auf Schebecken aus dem arabischen Raum?

- englische Methode?
- kontinentale Methode?
- egal?

Ich sehe nämlich häufig Modelle, auf denen die englische Methode verwendet wurde. Da ich meine Geschütze auch
korrekt takeln will, interessiert mich das besonders. ;)

Viele Grüße
Frank

galeotti

Hallo Frank, bei der Farbauswahl gibt es sicher kein bestimmtes Farbschema. Wenn man sich aber Gebäude und Boote in Nordafrika betrachtet so kommt rot sehr wenig vor. Man hat neben weiß überwiegend Blau- Türkis-und Grüntöne. Ebenso sind alle Ocker-und brauntöne üblich. Ich halte blau für ziemlich wahrscheinlich. Da ich diese Farbe aber nicht sonderlich mag, habe ich mich für Grün, die Farbe des Propheten entschieden.
Das ist das typische Blau der Mauren
hier siehst Du den Farbton des Schiffsbauholzes in Nordafrika. Da die Rümpfe aber geteert waren dürften sie ziemlich dunkel ausgesehen haben.
An diesem Boot ist auch das blau-weiß
Die Bilder stammen zwar aus Tunesien aber der kulturelle Hintergrund ist derselbe wie in Algerien.
Die Anordnung der Kanonentaue weiß ich leider nicht, da aber viele der Schiffsbauer und Kapitäne aus Europa stammten ,wirst Du da freie Auswahl haben. Es gab zum Islam konvertierte Briten Holländer und Italiener, alles ehemalige Sklaven, unter den erfolgreichsten Korsaren-Rais(Anführer).  Die Kanonenlafetten kannst Du rot streichen, da die Geschütze oft Beutegut waren. Außerdem bekamen die Barbaresken von fast allen europäischen Staaten, sogar von den USA, Geschütze als Tribut geliefert um das Mittelmeer frei befahren zu können. Wahrscheinlich befanden sich Kanonen von unterschiedlichen Typen an Bord eines solchen Piratenschiffs.
Steffen
Galeere "la real" Schebecken, z.Z. Galeasse

panzerchen

Zum nordafrikanischen Blau eine Anekdote:

Der Führer in der heiligen Stadt in Ghardaia in der algerischen Sahara berichtete, daß die Dächer der Häuser blau angestrichen seien damit die Mucken denken es sei Wasser, nicht darauf landen und weiter fliegen !

Ghardaia:
( besteht eigentlich aus 5 Oasen-Städten )


galeotti

Gestern habe ich am Heckbereich wieder etwas weitergemacht. Hier sind noch paar Fotos







Galeere "la real" Schebecken, z.Z. Galeasse

Wormattack

#22
Hallo Steffen,
danke für die ausführliche Antwort! Dann habe ich ja doch einigermaßen Spielraum was die Farbgebung und die Geschütztakelung betrifft; werde aber auf die roten Bordwände verzichten.
Daß es ein einfacher Rudersklave auf solch einem Schiff weit bringen konnte, habe ich schon mal irgendwo gelesen. Aber das auch die Kapitäne teilweise zum Islam konvertierte Europäer waren, war mir bisher nicht bekannt.

Da habe ich ja wieder etwas dazu gelernt. :D

Viele Grüße
Frank

galeotti

Die Barbareskenstaaten bis zum 19.Jh. Teil1
Nachdem das osmanische Reich in der Folge der Seeschlacht von Lepanto sich allmählich von seiner Position als Beherrscher des Mittelmeeres verabschiedete gingen die nordafrikanischen Länder Algerien Tunesien und Tripolitanien (Libyen) zusehens eigene Wege und entglitten der Kontrolle des Sultans fast völlig. Die Janitscharen und Korsaren wählten sich ihre Staatsoberhäupter, die Deys (Onkel), aus ihren eigenen Reihen. Diese unterstützten die Piraterie und den Menschenraub, bald war sie die Hauptbeschäftigung eines Großteils der Bevölkerung. Durch den ständigen Nachschub an Christensklaven lohnte es sich kaum noch ein Handwerk zu erlernen. Im 17. Jh. lebten in den Barbareskenstaaten etwa 36000 gefangene Europäer ,davon 25000 im Hauptraubnest Algier. Die Aussicht auf Beuteanteile waren für die Einheimischen  einfach viel verlockender als niedere Arbeiten zu verrichten. Um an Fachleute zu gelangen wurden regelmäßig Küstenorte überfallen. Schiffszimmerleute und Schiffsaumeister waren besonders begehrt und hatten auch keine Chance jemals freigelassen zu werden. Schiffsbesatzungen gekaperter Schiffe wurden zu Arbeiten aller Art eigesetzt(Galeerenruderer, Steinbruch oder als Haussklaven) und konnten darauf hoffen irgendwann freigekauft zu werden.   

Überfälle auf Küsten fanden meist in der Nacht statt, nachdem das Terrain, am Tage ,von als Fischern getarnten Piraten in Beibooten ausgekundschaftet wurde. Der Überfall ging blitzartig vonstatten. Die Korsaren stürmten die Häuser, trieben die schlaftrunkenen Bewohner zusammen, zündeten die Häuser an und in kürzester Zeit fanden sich die Gefangenen ,verschnürt, in den engen Laderäumen der Schiffe wieder. Im Jahr 1627 tauchten algerische Seeräuber völlig überraschend vor Island auf und entführten über 400 Einheimische nach Afrika. Mit ihren neuen Schiffstypen, den Schebecken waren sie im Stande auch im Atlantik zu operieren. Besonders die marokkanischen Korsaren aus Sale' und Tanger waren auf den Ozean spezialisiert, ebenfalls mit Schebecken.

Bei ihrer Jagd auf europäische Handelsschiffe setzten die Barbaresken auf Geschwindigkeit und Überraschung. Sie näherten sich unter falscher Flagge ihrem Opfer und einige ließen sich als Europäer verkleidet an Deck sehen. Erst wenn sie nah genug an ihrer Beute waren zogen sie die Halbmondflaggen auf und versuchten das Schiff ,möglichst ohne großen Schußwechsel, zu stürmen. Waren sie einmal an Bord hatten die Matrosen des Kauffahrteischiffes keine Chance mehr. Jeder, der sich zur Wehr setzte wurde unbarmherzig getötet. Meist ergaben sich die Überfallenen schnell, da sie gegen diese Übermacht an kampferprobten Männern keine Chance hatten. Es blieb nur die Hoffnung nach vielen Jahren Sklaverei von ihren Heimatländern freigekauft zu werden. Die Prise wurde in Europa verkauft. Die Verluste an Schiffen und Mannschaften waren in ganz Europa enorm. Die Royal Navy verlor zwischen 1606 und 1609, 466 Schiffe an die Korsaren.   

Die europäischen Großmächte frankreich, Holland und England bombardierten Algier mehrmals und legten es in Schutt und Asche- ohne nennenswerte Erfolge. Man schloß Verträge mit den Deys und zahlte gewaltige Summen an sie, lieferte Schiffsteile und Kanonen, in der Hoffnung, dass die eigenen Schiffe verschont wurden. Die Verträge wurden meist ,bevor die Tinte trocken war, wieder gebrochen und der Dey verlangte noch unverschämtere Geschenke.

Botschafter eines europäischen Landes in Algier, Tunis oder Tripolis, war ein extrem unbeliebter Posten. Wenn der Dey sie empfing mußten sie durch ein Geländer kriechen um sich möglichst tief vor dem Herrscher zu verneigen.
Zum Beginn des 19. Jh., nach Napoleons Sturz, war das Mittelmeer noch immer fest im Würgegriff der Barbaresken. Sie legten sich auch mit den USA an und Tripolitanien erklärte sogar Amerika den Krieg (Ghadaffi setzt also nur eine Tradition fort).
So jetzt bin ich erst mal müde. Ich schreibe in den nächsten Tagen noch etwas weiter.
Steffen

Galeere "la real" Schebecken, z.Z. Galeasse

AnobiumPunctatum

Hi Steffen,

ich hatte Deine Bauberichte mit ihren Zeichnungen echt vermisst. :P Es ist immer wieder interessant vorbeizuschauen.
:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."