Frage zu unlackierten Flügelunterseiten bei Luftwaffenjägern `44/45

Begonnen von Das Faultier, 27. August 2018, 19:49:53

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Das Faultier

Hallo miteinander,

Ich hätte da mal eine Frage an die Luftwaffenexperten: Ab Mitte/Ende 44 wurden die Maschinen ja (teilweise) mit unlackierten Flügelunterseiten ausgeliefert - dazu gab es ja ne eigene Vorschrift, wenngleich ich deren exakte Bezeichnung leider nicht gefunden habe.

Nun frage ich mich, ob nur bei der Me 262 die Blechstöße nochmals gespachtelt bzw. mit diesem Schutzanstrich nur auf den Blechstößen versehen wurden (gibt ja zur Me 262 haufenweise Fotos die das belegen), oder ob dies auch bei den Me 109 und FW 190 so war. Leider konnte ich im Web bisher kein Bildmaterial finden, dass dies eindeutig belegt - und alle gebauten Modelle die ich sehe, zeigen nur bei den Me 262 (wenn überhaupt) die gespachtelten bzw. mit dem Schutzanstrich versehenen Blechstöße. Drum frage ich mich: bekam die Me 262 diesbezüglich ne Extrabehandlung oder übersehen die meisten Modellbauer dieses Detail wenn sie ihre FW 190/Me 109 an der Unterseite in Naturmetall ohne den Farbauftrag an den Blechstößen darstellen?

Wie seht Ihr das?


Wolf

Ich kenne von 109/190 eher nur Bereiche/neuralgische Stellen die dann lackiert waren ( siehe obigen link)

Bei der 262 könnte ich mir vorstellen dass das die Oberflächengüte kritischer zu sehen war. Oder die Toleranzen waren andere. Die Fertigungsqualität zu Kriegsende war ja bei den Aus dem Boden gestampften Waldwerken sicherlich ein Thema.
Wer Future hat, hat noch lange keine Zukunft

Hans

Eine veröffentlichte Vorschrift gibts nur für Focke-Wulf. Die gepinselte Farbe ist reiner Korrosionsschutz, überall da, wo das Dural durch Biegen oder Bohren oder Schrauben seine Schutzschicht verlor. Kein Spachtel!
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

Das Faultier

Ok, vielen Dank für die schnelle Antwort!

Das Foto der Me 109 Tragfläche ist sehr interessant, ich interpretier die Farbunterschiede mal dahingehend, dass nur der Bereich der Kanten des Ölkühlers bzw. um diesen herum nochmal mit Schutzanstrich versehen wurde. Der breite Streifen über die Tragfläche ist vermutlich nur metallische Farbvariation. Mal schauen wie ich das bei meiner Ta 152 verwenden kann - die FW Tragflächen waren ja eh sauberer als die der Me.

Toll die Hilfsbereitschaft und das Detailwissen hier im Forum - Danke!

Hans

Es gibt ein schönes bild einer Ta152 C, bei der man die Unterseite sieht. Ich würde die H nicht anders lackieren. Bin mobil unterwegs, würde es dir sonst einstellen. Findest du aber selber razz fazz
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

Wolf

ich nehme mal an, Hans meint dieses Foto:

(Quelle : asisbiz.com)

Hier sieht man, dass bis zur Hinterkante Fahrwerk lackiert war. Wie dünn der Farbauftrag war, sieht man an der unteren Motorverkleidung wo ein Teil bereits abgeblättert ist


Bei der Unterseite der Ta 152 H sah es wohl nicht anders aus. Hier ein Bild der Unterseite der einzig erhaltenen Maschine. Von Spachtel sieht man da auch nichts. Hier sieht es sogar so aus, dass ähnlich wie bei dem 109 Flügel nur ein paar Stellen (z.b. Rand der Fahrwerksklappen) gestrichen wurden. Der vordere Bereich war wohl auch deckend wie bei der C lackiert aber genau würde ich mir auf Grund der starken Verwitterung nicht zutrauen das abschließend zu beurteilen.


(Quelle: largescaleplanes.com)
Wer Future hat, hat noch lange keine Zukunft

Hans

Die Vorderkanten bei den FW 190 und deren Derivaten wurden aufgrund der Einwürfe der Piloten lackiert - sie meinten, die Vorderkanten würden besonders im Sonnenlicht glitzern, das sähen sie bei den amerikanischen Jägern besonders stark.

Was die Motorhaube der Ta 152 anbelangt: Vor einiger Zeit hatte ich ein Stück der Kühlerverkleidung inkl. der verstellbaren Klappe in der Hand, gefunden bei Bauarbeiten in Langenhagen. Das Ding war grundiert! Zwar entgegen jeder Empfehlung, war aber so. Und zwar mit jenem grauen Grün nach L-wasweissich, das für Motoren und Rohbauten verwendet wurde (sieh zB den BMW 801-TJ in Oberschleissheim). Was da abblättert muss nicht alugrau freigeben, kann auch dieses Grün sein.
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

Wolf

Im Motorbereich und evt. Bereich wo der Zusatztank war, kann ich mir das wegen der Betriebsstoffe vorstellen. Weiter außen eher nicht. Da geben auch die Bilder nichts entsprechendes her.
Wer Future hat, hat noch lange keine Zukunft

Hans

So meinte ich das auch, nur der Motorbereich. Die wurden ja als "Kraftpaket" gebaut und geliefert. Ich kann mir vorstellen, dass die ganze Einheit eben in jenem Grün lackiert und ausgeliefert wurde, wie eben der genannte 801 TJ auch. Und dann nach der Montage gesamt mit dem Rumpf lackiert wurde.
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

Das Faultier

#10
Wie sieht es denn aus mit den schwarzen Feldern um die Exhausts (verzeiht mir den Anglizismus)- bei den Ta 152H sieht man sie auf den meisten Fotos die es gibt, auch die im Smithonian hat sie, während bei den Ta 152c diese schwarzen Felder nicht zu sehen sind - ich tippe mal, dass das daran lag, dass die gebauten C-Maschinen alle noch Prototypen waren, während die Hs ja schon zur Nullserie gehörten. Oder war das tatsächlich motorabhängig?

https://www.ta-152.de/wp-content/uploads/2015/03/WEB11667-2010h1.jpg

P.S. schaut man sich den Bereich um das Ende des Tragflächenansatzes sowie die Lackabplatzer an, siehts so aus als wäre die 152 in Washington wohl überwiegend grundiert gewesen - überall schaut grüne Grundierung durch

Primoz

Dieses Thema in Verbindung mit diesem schönen Modell einer Fw 190A-8, wo vom Original nur der flügellose Rumpf fotografiert wurde:
http://modellboard.net/index.php?topic=61188.0

gab mir zu denken, ob wir nicht in Anlehnung an das Bühnenstück "Kaiser Joseph und die Bahnwärterstochter" von Fritz von Herzmanovsky-Orlando, in dem u.a. "Drei behördlich konzessionierte Zugs-Ankunfts-Wahrsagerinnen" auftreten, auch in unserem Bereich drei solche Wahrsagerinnen bräuchten - eine für die richtige Wahl der Tarnfarben im letzten halben Jahr des 2. WK, eine für die (vorhandene oder fehlende) Lackierung der Unterseiten ... :6: :woist: :pffft: :winken:
Das Leben ist eine sexuell übertragbare unheilbare Krankheit mit tödlichem Ausgang

Wolf

Das Grün ( Flügelansatz) bei der Ta ist das Grün welches Hans angesprochen hat.
Wer Future hat, hat noch lange keine Zukunft

Hans

Primoz, ganz so schlimm ist es nicht. Es gibt jede Menge an Unterlagen, Fotos und grundlegende Literatur. Die Farben waren genauso geregelt wie die Zündkerzen, die in einen Jumo 213E mussten. Erlaubten die Regeln einen Interpretationsspielraum, ergaben sich bestimmte Charakteristika beim Hersteller. In Übergangsphasen ergaben sich durch die dislozierte Fertigung bestimmte Farbenspiele, die aber den Regeln folgten. Wiederaufgebaute Maschinen konnten wild daherkommen, aber nur die.

Bei Vorbildern, die man auf Fotos nicht sauber erkennt, der Werknummernblock nicht feststellbar ist (=Hersteller) oder gar vom Schrotthaufen stammt, dem auch unfertige Teile (zB altes Thema in Kbely) untergemischt sind, ist der Modellbauer gefordert, eine Entscheidung zu treffen. Bewegt er sich im Rahmen der denkbaren Varianten, gibts nix zu meckern.
Was auch immer, man sollte die alte Mär, "die hatten keine Farben mehr"..."die haben genommen was grad noch da war" endlich beerdigen.
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

Primoz

Hans, das war eh ironisch gemeint, daher auch die vielen Smileys am Ende. Allerdings gibt es viele offene Fragen, z.B. bei den späten Fw 190A (welche Tarnung? grau/grau, grün/grau, grün/grün oder braun/grün; wann kann man sich darauf verlassen, dass die Tarnung der Flügeloberseiten ähnlich war wie am Rumpf? usw. usw.). Auch bei anderen Typen gibt's das eine oder andere Dilemma: welche Ar 234 hatten die frühe RLM 70/71-Tarnung und welche die späten Farben RLM 81/82? wie sah die Tarnung der Flügeloberseiten bei der Me 262 aus? (bei den frühen, grau lackierten Exemplaren ist das klar, bei den späteren 262 meist unklar) ...

Eure Informationen zur Ta 152 habe ich freilich mit großem Interesse verfolgt, denn ich habe einst an der Ta 152C von HobbyBoss herumgebastelt und sie dann zugunsten von anderen Projekten beiseitegelegt. Dann wollte ich feststellen, was für eine Farbe die Stellen auf der unteren Motorhaube hatten, wo die normale Unterseitenfarbe (RLM 76) abgeblättert ist. Eine Möglichkeit wäre gelb gewesen, aber die Erklärung mit der graugrünen Grundfarbe gefällt mir viel besser. Danke dafür (obwohl ich gar nicht derjenige war, der danach gefragt hat. :winken:
Das Leben ist eine sexuell übertragbare unheilbare Krankheit mit tödlichem Ausgang

Wolf

Wie schon gesagt wurde, manchmal muss man eben einfach entscheiden und bauen.
Ganz zum Schluss änderte sich das bekannte Farbschema ja auch noch einmal in Richtung Einfachlackierung. Da gab es keine geschwungenen Linien mehr sondern eher Segmente bzw. Komponenten Lackierung
Wer Future hat, hat noch lange keine Zukunft

Primoz

Völlig richtig. :1: Ich bin aber trotzdem froh, dass ich die Entscheidung bei meiner Ta 152C auf die lange Bank geschoben habe, denn jetzt habe ich die fehlenden Informationen ganz unverhofft bekommen. :pffft:
Das Leben ist eine sexuell übertragbare unheilbare Krankheit mit tödlichem Ausgang

Hans

Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

Wolf

Mutige Antwort. Ich denke die Ta 152 bietet nur genug Spekulationsraum.
Wer Future hat, hat noch lange keine Zukunft