Beschreibung wie man Stoffsegel herstellt?

Begonnen von FSC_Zombie, 19. Juli 2006, 16:12:49

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FSC_Zombie

Kennt jemand einje Beschreibung wie man für Modelle Stoffsegel selbst herstellt?
Für die kogge will ich nähmlich ein stoffsegel machen bzw machen lassen.

Gruß Zombie
Im Bau: USS Syren 18 Kanonen(Caronaden) Brig 1:48

"Ich will nicht behaupten, dass Horrorfilme wirklichkeitsnah sind. Aber in vielen gibt es doch Anleihen aus der Realität: Meiner Hochzeitsnacht."

Al Bundy

HWB

Hallo Zombie,

für solche Fragen ist die Homepage der ig minisail immer ganz brauchbar.
Schaust du hier

Das darin beschriebene Verfahren wird immer wieder angeführt. Für die Kogge würde ich es aber anders machen.

Besorg dir dünnen, weißen Stoff. Damast oder Batist. Wasche ihn zur Vorbereitung in heißem Wasser aus.

Dann zeichne das Segel + Lieken auf. Die Lieken sind ein Saum an allen vier Seiten des Segels. Färbe den Stoff mit schwarzem Tee oder Kaffee. Es wurde schon berichtet, daß diese Färbung mit der Zeit ausbleicht und man besser verdünnte Farbe nimmt, diese Erfahrung habe ich allerdings noch nicht gemacht.
Die Färbung kann von einem bräunlichen bis zu einem rötliche  Ton gehen. Was für eine Kogge treffend wäre kann ich dir leider nicht beantworten, mußt du mal Christian fragen.
Klappe die Lieken (ca. 2-3mm) herum und fixiere sie mit Holzleim. Wenn du die Segel in Action zeigen willst, kannst du noch ein Stück Draht in das Liek einbringen. Das ist allerdings geschmackssache.

Das Segel mit dem Liektau einfassen (kleben). Eventuell kannst du das Liektau auch mit einem Faden umnähen, bei 1/72 sollte das noch gut machbar sein.
Die Segelbahnen mit einem Bleistift einzeichnen. Die Bahnen verlaufen immer senkrecht, am besten du fängst in der Mitte an und gehst dann nach außen. Wenn gewünscht, kann man die Bahnen auch mit einer Naht andeuten. Ich persönlich setze hier auf Handarbeit, Maschinennähte finde ich wegen Unter- und Oberfaden immer etwas dick, auch in 1/72.
Nimm für die Bahnen bloß keinen sehr dunklen Zwirn! Bei einem echten Segel fallen die Bahnen kaum auf. Der Zwirn sollte also in etwa der Segelfarbe entsprechen. Für etwas Kontrast einen Tick dunkler.

Dopplungen am Segel kannst du auf zwei Wegen darstellen. Einmal durch echtes Aufkleben einer zweiten Stoffschicht oder durch Immitation mit Nähten.

Hinweis: Je mehr Nähte du am Segel anbringst oder echte Dopplungen zeigst, desto steifer und brettartiger wird das Segel!

Eventuell hatte ein Koggensegel auch schon ein Bonnet. Das war der Vorläufer des Reffs. Das Segel bestand aus zwei Teilen, die zusammengebunden waren. Bließ der Wind zu stark, konnte man den unteren Teil abnehmen und so die Fläche verkleinern. Die beiden Hälften waren nicht gleich groß. Das genaue Verhältnis müßte ich nachschlagen.
Man kann die Verbindungsstelle auch durch eine Naht immitieren, falls man nicht mit zwei Teilen hantieren möchte.

Ich müßte auch noch ein paar Bilder zur Herstellung von Segeln haben, die ich raussuchen müßte.


 :winken:
Holger

Im Bau: holländische Fregatte "Wapen van Edam" von 1644

In Planung:
HMS Royal Katherine 1664 Eendracht 1654

FSC_Zombie

@HWB:

Danke für die tolle Beschreibung. Damit dürfte ich ich es jetzt mal ausprobieren können.
Noch eine kleine Frage wie macht ich diese waagerechten Linien und die fäden die nach unten hängen?

Gruß Zombie
Im Bau: USS Syren 18 Kanonen(Caronaden) Brig 1:48

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Al Bundy

Hans

Ich bin beileibe kein Segelschiffexperte. Aber gleichwohl mal ne Bemerkung zu den Segel-Farben. Die Dinger waren doch aus Leinen, oder? Ungebleichtes Leinen geht von grau über grünlich bis hin zu beige. Bleichen geht schlicht mit Sonnenlicht bereits recht gut. Weshalb liest man seit Mondfelds Zeiten eigenlich dann immer von Tee und Kaffee als Färbestoff ( mal von "richtig" gefärbten Vorbild-Segeln mal abgesehen)? Wurde Segeltuch irgendwie speziell behandelt?

Grüße
Hans
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

galeotti

ZitatBleichen geht schlicht mit Sonnenlicht bereits recht gut. Weshalb liest man seit Mondfelds Zeiten eigenlich dann immer von Tee und Kaffee als Färbestoff ( mal von "richtig" gefärbten Vorbild-Segeln mal abgesehen)? Wurde Segeltuch irgendwie speziell behandelt?

Hallo Hans, die Segel scheinen tatsächlich in den vergangenen Jahrhunderten nicht weiß gewesen zu sein. Auf den meisten Gemälden hat der Stoff einen eher cremefarbenen bis beigen Farbton. Ob es sich dabei um Verschmutzungen handelte- Segel wurden sicher nie gewaschen- oder den Ton des Leinens, weiß ich nicht. Ich nehme aber eher an, daß der recht dicke Stoff nicht ganz weiß war.An der Vergilbung der Ölgemälde scheint es nicht zu liegen da die Wolken oft weißer sind als die Segel. Es besteht auch die Möglichkeit daß die Segelleinwand das Öl, mit dem die Rahen getränkt waren, im gerefften Zustand augesogen haben und dadurch gelbfleckig wurden.
Tschüß Steffen
Galeere "la real" Schebecken, z.Z. Galeasse

Hans

Steffen, ich gehe ja auch nicht von reinem weiss aus, keinesfalls. Ich hab mir nur überlegt, ob Kaffee- oder Tee-Braun als Basis die richtige Lösung wäre, da dies zu arg in bräunliche gehen könnte.

H.
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

HWB

Hi Zombie,

diese senkrechten Fäden nennt man Reffbändsel. Die hängen auf der Vorder- und Rückseite am Segel herunter. Sie sollten bei deiner Kogge eigentlich gar nciht vorhanden sein.
Was dieses Detail betrifft, frag bei Christian nach. Der sollte es beantworten können. Ich würde bei der Kogge eher das schon erwähnte Bonnet erwarten.
Falls doch Reffbändsel vorhanden waren: Faden in eine Nähnadel einfädeln, durch das Segel ziehen. auf einer Seite (eigentlich auf beiden, aber einfach tut´s auch) einen Knoten machen. Der Knoten verhindrt, daß sich der Faden ganz durchzieht. Den Knoten mit einem Tröpfchen Kleber am Segel fixieren und den durchgezogenen Faden auf beiden Seiten des Segels in der richtigen Länge abschneiden. Damit die Fäden auch schön nach unten hängen, kann man wieder mit Klebstoff nachhelfen.
Die Prozedur ist eine ziemliche Geduldsaufgabe.


Hi Hans,

Kaffee oder Tee färben den Stoff gar nicht so intensiv. Es kommt eigentlich immer ein leichter Beigeton dabei heraus. Wenn man das feuchte Tuch nach dem Färben auswringt, wird die Färbung gar noch blasser als wenn man es zum Trocknen auf die Leine hängt.
Die Segel wurden behandelt, bei einigen Fischereifahrzeugen sogar so stark, daß sie tatsächlich sehr dunkel rötlich/braun wurden. Was genau mit dem Stoff angestellt wurde, bin ich überfragt. Ich müßte nachsehen, ob ich dazu nähere Informationen habe.


Grüße
Holger

Im Bau: holländische Fregatte "Wapen van Edam" von 1644

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Weinberg

@ HWB,

die Segel von Fischerschiffen wurden mit Fischöl oder Tran getränkt...daher der leichte Braunton.
Der Tran wurde auf 40-50°C erwärmt und konnte so besser in das Gewebe eintringen.
Da in den nordischen Gegenden viele Dinge mit Tran imprägniert wurden, könnte ich mir auch vorstellen das die Segel der Koggen so behandelt wurden.

Gruß Günther

AnobiumPunctatum

Hi Zombie,

das Koggesegel führte noch Bonnets. Ich weiß nicht, wann die  Reffbändsel eingeführt worden sind, aber nach meinen Quellen erst nach 1500. Bei der Farbgebung der Segel kann ich Dir nicht helfen. Ich würde ein helles verwenden, aber einfach weil es mir besser gefällt.
:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

FSC_Zombie

Danke allen für die Hilfe.


@br06. Wieviel Bonnets hatte ein Koggensegel?
Im Bau: USS Syren 18 Kanonen(Caronaden) Brig 1:48

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Al Bundy

AnobiumPunctatum

Hi Zombie,

ich habe Bilder der Koggenachbauten mit einem bzw. zwei Bonnets. Auf einer Rekonstruktionszeichnung sind 3 Bonnets eingetragen.
Ich würde mich da an den Nachbauten orientieren. Wenn Du Infos zur Größe der Bonnets benötigst, muss ich erst einmal passen und in meinen Plänen suchen.
:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

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FSC_Zombie

@br06:

die Breite der Stoffbahnen müßte so 90 -100 cm gewesen sein oder?
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Al Bundy

ironduke

um den Mondfeld wieder rauszukramen:

Die Bahnen (Kleider) waren im Frühen Mittelalter bis zu 120 cm breit und im Spätmittelalter 90-80 cm

also denke ich dass deine Schätzung ganz gut hinkommt

und noch ein Tipp zum Thema Bonnets: die Schlaufen mit dem die festgemacht wurden laufen immer auf der Vorderseite des Segels

auch besteht meiner Meinung nach die Möglichkeit, dass die Kleider des Segels Verschiedenfarbig waren, da ja die Kogge über ein paar Ecken aus den Wikingerschiffen entstanden ist und die Hatten sowas ja auch