Panzerkanonenboot S.M.S. WESPE (1876) in 1:160

Begonnen von wefalck, 17. Februar 2010, 13:26:23

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maxim

Wirklich beeindruckend!  :klatsch:

Das Ankerspill mit den vier Umlenkrollen sieht ungewohnt aus. Wurde das gleiche Spill für beide Anker benutzt?
Im Bau: dänische Schaufelradkorvette Gejser (1/700, Brown Water Navy Miniatures)


wefalck

Die Kette wurde für die beiden Anker jeweils umgelegt. Diese Art Spill war um diese Zeit bei den Marinen weit verbreitet. Meist hatten sie Dampfantrieb, bei der WESPE-Klasse wurde es aber durch eine Handkurbel unter der Back angetrieben. Wie bei manchen Pumpen des 19. Jh. konnten an der Doppelkurbel etwa 10 Mann arbeiten. Die gleiche Kurbel wurde über ein Vorgelege auch dazu verwendet, das Richtwerk der Geschützlafette anzutreiben.
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maxim

Vielen Dank für die Erklärung: das Anker lichten, wenn beide Anker gesetzt waren, dürfte gar nicht so einfach gewesen sein. Und auf jeden Fall schweißtreibend...
Im Bau: dänische Schaufelradkorvette Gejser (1/700, Brown Water Navy Miniatures)


wefalck

Auch in alten Zeiten gab es ja nur ein Spill für zwei Buganker und die Kette/Trosse des jeweils nicht bedienten Ankers mußte von der Trommel genommen werden.
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maxim

Stimmt - im ganzen Segelschiffszeitalter war nur ein Gangspill vorhanden.
Im Bau: dänische Schaufelradkorvette Gejser (1/700, Brown Water Navy Miniatures)


wefalck

Und hier weitere Fortschritte mit den Details von SMS WESPE. Das Kernstück des Schiffes, die 30,5 cm RK/L22, wird möglichst detailgenau entstehen. Dieses Geschütz hatte für lange Zeit das größte in der Kaiserlichen Marine  vorhandene Kaliber und hat entsprechend auch in der Literatur gewisse Aufmerksamkeit gefunden. Es ist mit seiner Mittelpivotlafette recht gut dokumentiert, wenn auch die Zeichnungen in mancher Hinsicht nicht so einfach zu interpretieren sind. Neben den Abbildungen in der zeitgenössischen Literatur, ist vor einigen Jahren auch eine Detailzeichnung (vermutlich aus den Rückgaben des Marinemuseums in St. Petersburg an Deutschland Anfang der 1990er Jahre und die auf dunklen Wegen in die USA gelangt ist) im Internet aufgetaucht (siehe http://www.dreadnoughtproject.org).


Original-Zeichnung des Geschützes von SMS WESPE

Darüberhinaus gibt es neben dem bereits erwähnten Instruktionsmodell in Kopenhagen auf der Festungsinsel Suomenlinna vor Helsinki eine Reihe von mehr oder weniger gut erhaltenen 28 cm Krupp-Geschüzen aus russischer Lizenzfertigung, die dem 30,5 cm Geschütz sehr ähnlich sind, so daß man Details der Ausführung studieren kann. Einen Photoessay zu diesen Geschützen gibt es hier: http://www.maritima-et-mechanika.org/maritime/models/wespe/suomenlinna/suomenlinna.html.


28 cm Küstengeschütz in der Festung Suomenlinna vor Helsinki

Ich habe mich zuerst mit den Drehkränzen und Zahnbogen für die Seitenrichtung befaßt. Dazu habe ich mich entschieden, diese Teile aus Stahl herzustellen, da auch die beste Farbe Stahl bzw. Gußeisen nicht wirklich gut immitieren und einige Flächen an diesen Teilen blankes Metall waren. Milimeterdünne Scheiben von einem 45er Rundstahl herunterzuschneiden ist ziemlich mühsam mit einer Handsäge, deshalb bin ich von einer passenden Unterlegscheibe ausgegangen. Wider besseres Wissen, den das Material läßt sich erfahrungsmäßig nur schlecht drehen und fräsen. Die erste Idee war, die Scheibe zur Bearbeitung auf eine Tragscheibe aus MDF aufzukleben. Es stellte sich aber schnell heraus, daß dadurch die Wärmeabfuhr so miserabel war, daß ich den Drehstahl verbrannt habe.


Unterlegscheibe als Rohling für die Zahnkränze

Ich habe dann die Scheibe im Sechsbackenfutter bzw. auf einem Dorn gespannt.


Weitere Bearbeitung des Rohlings für die Zahnkränze

Nach beidseitigem Abdrehen auf Maß habe ich mit einem speziell zugeschliffenen Stahl (Schneidenbreite 0,5 mm) die Nuten eingestochen, die die Laufrillen für die Räder der Unterlafette darstellen.


Ausarbeitung der Laufrillen für die Lafettenräder

Eigentlich wollte ich alle Teile aus einem Stück herausarbeiten, wegen der miserablen Werkstoffqualität habe ich dann aber für die vordere Schiene bzw. den Zahnbogen ein Stück Rundstahl abgesägt. Wieder wurden eine Scheibe von der notwendigen Dicke gedreht und die Laufrillen eingestochen. Außerdem wird der Ring für den späteren Zahnbogen eingedreht.


Bearbeitung des inneren Laufrings

Fortsetzung folgt ...
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Alex

Hier ist mein Portfolio, und hier meine weiteren Berichte (<-- Upgedated am 20.9.2015)
Finisher des Phantom-, Viermot-, Matchbox- und Artillerie-Groupbuilds, sowie des Bierdeckels-, Panzer-, Oldtimer- und OOB-Contests!

wefalck

#32
Und weiter mit ein bißchen Feinmechanik ...

Ursprünglich wollte ich den Zahnbogen fräsen. Da ich aber erst einen passenden Schlagzahnfräser hätte herstellen müssen, habe ich die etwas altertümliche Methode des Hobelns bzw. Stoßens auf der Handhobelmaschine gewählt. Wahrscheinlich wurden seinerzeit auch beim Original der Zahnkranz gehobelt. Also eine gute Gelegenheit die englische Hobelmaschine (Modell Adept No. 1, http://www.lathes.co.uk/adeptshaper/index.html) aus den 1960er Jahren mal etwas arbeiten zu lassen.


Adept No. 1 Handhobelmaschine


Aufbau mit Teilkopf zum Stoßen der Zähne des Seitenricht-Zahnkranzes


Das Werkzeug ist ein einfacher HSS-Rundstahl, der entsprechend der Zahnform (na ja so ungefähr) von Hand zugeschliffen wurde (ich bin immer noch nicht dazugekommen, mir mal eine Stichelschleifmaschine zu bauen). Anstatt des Hobeltisches habe ich die selbstgebaute Teilvorrichtung an die Machine montiert.


Stoßen der Zähne des Zahnkranzes

Ein kleines Problem war die Ermittlung der Zahnteilung und der Gesamtzahl der Zähne, da die verschiedenen Ansichten in der Zeichnung aus dem Marinebauamt den Zahnbogen nur unvollständig und verzerrt zeigen. Ich hatte daher zuerst eine viel zu enge Teilung gewählt. Der ersten zwei Versuche gingen aber sowieso in die Hose, da ich (wider besseres Wissen) den Querschlitten der Hobelmaschine nicht festgeklemmt hatte und dieser, ohne daß ich es bemerkt hatte, zu wandern anfing. Es war also nicht möglich, für weitere Hobeldurchgänge wieder genau an der gleichen Stelle anzufangen.


Hobeln der Enden des Zahnkranzes

Der Zahnbogen ist in der Zeichnung aus dem MBA gelb angelegt, was den Schluß zuläßt, daß er aus Bronze gewesen sein könnte (Stahlteile sind meist hellblau angelegt). Bronzenes Zahnrad und stählernes Ritzel ist auch eine in der Antriebstechnik übliche Kombination. Da ich zufällig ein Stück Rundbronze von geeignetem Durchmesser vorrätig hatte, habe ich mir für den dritten und erfolgreichen Versuch davon eine Scheibe heruntergesägt. Nachdem nun alle Teile sorgfältig justiert und geklemmt waren und ich auch sorgfältig auf den toten Gang in meiner Teilvorrichtung Rücksicht genommen hatte, konnte ich in drei Durchgängen einen einigermaßen brauchbaren Zahnbogen produzieren. Der übrige, nicht gebrauchte Teil des Rings wurde dann ebenfalls auf der Hobelmaschine mit einem linken bzw. rechten Seitenstahl weggenommen.


Die gedrehten Laufschienen und der gestoßene Zahnkranz

Es blieb nun noch, die entsprechenden Segmente von den Ringen herunterzuschneiden.


Liegeprobe in der Barbette mit den Laufschienen und dem Zahnkranz

Fortsetzung folgt ...
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Universalniet

Wie soll man dass noch kommentieren???


A class of it's own!

Tomwilberg

Wo bekommst Du nur immer diese total echt aussehenden riesigen Centmünzen her?   8o

Viele Grüße
Tom

wefalck

#35
Zitat von: Tomwilberg in 08. April 2015, 20:06:24
Wo bekommst Du nur immer diese total echt aussehenden riesigen Centmünzen her?   8o

... selbst geprägt  - ich bin im Nebenberuf Falschmünzer  8)

********************

Ein 'gewichtiges' Teil an Bord der WESPE ist das Rohr der Ringkanone, dem ich mich als nächstes zugewendet habe. Da es auch hier verschiedene sichtbare blanke Stahlteile gibt, habe mich wiederum für Stahl als Material entschieden, obwohl ja Eisenwerkstoffe u.a. von Museen in Schiffsmodellen abgelehnt werden. Ein Stück Rundstahl wurde abgelängt, an den Enden plangedreht und mit einer Zentrierbohrung mit Schutzsenkung versehen. Um während des Drehens eine gute Oberfläche zu erzielen, wurde der automatische Längszug auf der Uhrmacherdrehbank eingerichtet (ich besitze glücklicherweise eine der seltenen Gewindeschneideinrichtungen für Uhrmacherdrehbänke).


Drehen des Rohres mit automatischem Vorschub auf der Uhrmacherdrehbank

Auch wenn ein Vorbesitzer zum Satz der Wechselräder noch ein besonders 'zahnreiches' hinzugefügt hat, ist der erzielbare minimale Vorschub pro Umdrehung noch zu groß, um schon Hochglanz beim Drehen zu erzielen. Irgenwann muß ich mir mal ein Zahnrad mit 180 Zähnen machen (lassen). Das Kernrohr ist leicht kegelförmig mit einem eingeschlossenen Winkel von 1 Grad der durch Probieren mit mit der Tastuhr am Oberschlitten eingestellt wurde. Die Bereiche der beim Vorbild heiß aufgezogenen Ringe sind zylindrisch. Zum Drehen dieses komplexen Teils habe ich mir eine bemaßte Zeichnung gemacht, die die einzelnen Schlittenbewegung festhält, gerechnet von einem gedachten Nullpunkt aus. Das reduziert das Messen auf Kontrollen.


Arbeitsskizze zum Drehen (mit dem fertigen Rohr)

Die Enden der Mantelringe sind verundet um Spannungen abzubauen. Zu deren Herstellung wurde die Lorch, Schmidt & Co. Freihanddreheinrichtung verwendet. Diese besteht aus einer Stahlplatte, die anstatt des Supports auf dem Drehbankbett montiert wird. Der Drehstahl wird in einem Stempelförmigen Halter auf Spitzenhöhe gehalten. Dieser Halter ist auf dem kleinen Tisch beliebig hin- und herbewegbar, so daß jede beliebige Freiform gedreht werden kann. Alternativ hätte man das auch mit einer T-Auflage und einem Handdrehstichel machen können, mangels Übung bin ich aber nicht so geschickt mit diesem bei Uhrmachern weit verbreiteten Werkzeug.




Verrunden der Mantelrohre mit der Freihanddreheinrichtung

Das Rohr wurde dann noch mit feinen Feilen und Naßschliffpapier geglättet. Bei der Anwendung des letzteren sollte man nicht vergessen, da Drehbankbett abzudecken und den Support möglichst weit wegzuschieben.


Ausbohren des Kalibers (1,9 mm im Maßstab 1:160)

Fliegend gespannt in einer übergroßen Spannzange wurde das Rohr vorne glattgedreht und mit etwas Untermaß für das Kaliber gebohrt. Mit einem feinen Ausbohrstahl wurde die Bohrung geglättet. Ursprünglich hatte ich auch daran gedacht, die Züge anzudeuten, aber eine kurze Rechnung zeigte, daß bei 72 Zügen dazu ein Werkzeug mit nur 0,04 mm Schneidenbreite nötig gewesen wäre ... :pffft:

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wefalck

Am Rohr fehlen nun noch die Schildzapfen und der Schlitz für den Verschlußkeil. Im Original sind die Schildzapfen ein Schmiedeteil. Hier ein etwas komplexes Dreh- und Frästeil, das an das Rohr angelötet werden wird. Für die Schildzapfen und den Verschlußkeil sind Fräsungen genau in der Mittellinie des Rohres erforderlich. Im Prinzip läßt sich das auf der Fräsmaschine machen, doch ich habe einen Teilkopf (http://www.maritima-et-mechanika.org/tools/dividinghead/dividinghead.html), der genau auf Spindelhöhe in der Drehbank montiert werden kann. Das Rohr kann dafür natürlich nicht fliegend gespannt werden und deshalb kam ein Gegenhalter zum Einsatz.


Teilapparat für den Kreuztisch der Drehbank

Der Schlitz für den Verschlußkeil hat die Form eines Schlüssellochs, d.h. eine Seite gerade und eine runde Seite. So etwas kann man natürlich nicht fräsen. Zum Glück befindet sich an der Stelle, wo sich beim Vorbild der Pulverraum befindet ein Verstärkungsring. Wohl vorausschauend war dieser nicht angedreht, sondern als separater Ring gefertigt worden. Dieser Ring wird später warm auf das Rohr aufgezogen werden. Mit Fräsern unterschiedlichen Durchmessers wurde der Schlitz ausgearbeitet und anschließend durch Feilen nachgearbeitet. In der gleichen Einspannung wurden die Löcher für die Schildzapfen gebohrt.


Fräsen des Schlitzes für den Verschluß

Die Schildzapfen sind zunächst ein Drehteil, gewissermaßen eine kurze Stange mit zwei Scheiben. Im Teilkopf auf der Fräsmaschine wurden die Scheiben zu Vierkanten gefräst. Für die weitere Bearbeitung wurde das Rohr dann ebenfalls in die Fräsmaschine gespannt und der Sitz für die Vierkante genau passend gefräst. Die Schildzapfen wurden separiert und dann an das Rohr gelötet.


Fräsen der Sitze für die Schildzapfen


Einpassen der Schildzapfen

Das Rohr wurde dann wieder in den Teilkopf auf der Fräsmaschine gespannt. Mit einem Kugelfräser wurden die Ausrundungen angearbeitet. Dazu kann das Rohr mit Hilfe eines Schneckentriebes im Teilkopf gedreht werden.


Fräsen der Ausrundungen an den Schildzapfen

Die Zieleinrichtungen waren zu dieser Zeit noch eine primitive Angelegenheit und Zielen erfolgte im Prinzip noch über Kimme und Korn. Das Korn saß auf den Schildzapfen während die Kimme (der Visieraufsatz) auf das hintere Ende des Rohres geschraubt wurde. Dafür gab es einen ausgefrästen Sitz mit einem Gewinde. Dahinein wurde der sogenannte Aufsatz geschraubt. Tangential ein Loch von 0,3 mm Durchmesser zu bohren ist ein Ding der Unmöglichkeit. Ich habe deswegen einen kurz abgebrochenen 0,3 mm Bohrer vorne flach geschliffen und diesen zum Anseken verwendet. Die Bohrung für den Aufsatz wurde mit einem normalen Bohrer fertig bearbeitet.




Bearbeiten der Sitze für die Visieraufsätze

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Sachse 3

Hallo wefalck,

erst einmal sei gesagt, Modellbau vom feinsten. Da habe ich auch gleich mal eine Frage an Dich, sozusagen als Wespenfachman. Ich habe den Bausatz von HMV S.M.S. Wespe und S.M.S. Natter. Auf dem Deckelbild sind beide abgebildet und haben einmal zwei rote und einmal zwei schwarze Schornsteinringe. Im Bausatz haben beide schwarze Ringe. Da ich mir nicht vorstellen kann, dass beide die gleiche Ringanzahl und Farbe haben meine Frage. Hast Du Ahnung welche Farbe zu welchem der beiden Schiffe gehört? Ich bin zwar noch nicht einmal bei der Kiellegung, möchte aber schon mal vorarbeiten.

Gruß
Michel

Ich betrachte auch einen siegreichen Krieg an sich immer als Übel, welches die Staatskunst den Völkern zu ersparen bemüht sein muß. (Otto von Bismarck)

Im Bau: Langzeitprojekt Hafenstadt 1:250, Dampfer "Schwan" 1:250, Kirche Wang 1:150, Dampfer "Kronprinz" 1:250
I.WK-GB: Heizölfahrzeug Baltrum 1:250
Vorläufig stillgelegte Projekte:"SMS Markgraf", "Suworow"

wefalck

Danke für das Kompliment  :D  Erinnert mich daran, daß ich mal weiter berichten sollte. Zuviel unterwegs in letzter Zeit.

Zu Deiner Frage muß ich allerdings passen. Meines Wissens wurden diese Ringe als taktische Zeichen ab den 1890er Jahren verwendet, ihre genaue Bedeutung und Anwendung kenne ich allerdings nicht. Ich vermute, daß jedes Boot in einem Geschwader auf größere Entfernung auseinanderhalten konnte. S.M.S. NATTER hatte zumindest zeitweise drei schmale Ringe:



S.M.S. MÜCKE nur einen Ring:



S.M.S. CROCODILL hingegen vier Ringe:



Von S.M.S. SCORPION gibt es ein Bild mit einem Ring und ein Bild mit zwei schmalen Ringen. Auf einem früheren Bild im '78er Schwarz' haben die Boote breite Ringe in unterschiedlichen Positionen:



Ich habe mich mit diesen Ringen nicht weiter beschäftigt, da ich S.M.S. WESPE in ihrer Ursprungsform darstellen möchte, bei der der Schornstein einfarbig sandgelb gestrichen war. Der Modellbaubogen basiert im Wesentlichen auf dem Plan von W. Bohlayer, wie mir dessen Zeichner einmal mitgeteilt hat. Woher er die Information zu den Ringen genommen hat, kann ich nicht sagen.


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unilee

Echt schöne Arbeit, beneide dich für deine Fähigkeit! :meister:
Bin immer offen für Vorschläge die mich verbessern können!

wefalck

Danke für die Komplimente  :D

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Das nächste noch fehlende Teil ist der Keilverschluß. Dieser 'Keil' hat aber eine ziemlich komplexe Geometrie, mit einer flachen Front, einem runden Rücken (der sich an den entsprechenden Teil des hinteren Rohres anlehnt und die Kraft der Pulvergase auf das Rohr übertragen soll) sowie verschiedene Eindrehungen (z.B. für die Liderung, einen Kupferring) und Ausfräsungen (z.B. für die Anzugs- und Bewegungsschrauben).


Rundfräsen des Verschlußkeils

Ein solches Teil wird am besten aus dem Vollen gefräst, wobei man von Rundmaterial ausgeht, daß man in einer Spannzange spannen kann. Auf dem Rundtisch der Fräsmaschine wurde das Rohteil zunächst in einem vertikalen Spannzangenhalter eingerichtet. Das erlaubte die verschiedenen koaxialen Bohrungen vorzunehmen und den runden Rücken anzufräsen. Für den nächsten Arbeitsschritt wurde das Rohteil im horizontalen Teilkopf auf der Fräsmaschine eingerichtet. Dies erlaubte die Ausführung verschiedener runder Ausfräsungen.


Abtrennen des fertigen Verschlußkeils


Plandrehen der Trennfläche

Als ein überraschend zeitraubendes Teil entpuppte sich der Verschlußdeckel des Keils. Dieser nimmt Kraft der Bewegungs- und Anzugsschrauben auf. Er ist mit mehreren Sechskantschrauben auf dem Keil befestigt und trägt auch noch einen kleinen Ring, in den die Kette zur Begrenzung der Verschlußbewegung eingepickt wird. Es hat vier Versuche gekostet, bis ich ein einigermaßen brauchbares Teil hinbekommen habe. Zwischenzeitlich hatte ich es auch mit Ätzen probiert. Es hat mich dann einige graue Haare gekostet, bis die zuvor hergestellten Mikro-Sechskantschrauben an ihren Platz gelötet waren. Die Anzugsschraube ist beim Original ein ziemlicher Brocken mit einem groben Gewinde mit feiner Steigung und kann deswegen leicht auf der Drehbank immitiert werden. Die Bewegungsschraube ist beim Original nur etwa 2 cm stark und hat ein sehr steiles Gewinde. Ich habe sich durch zwei miteinander verdrillte Drähte immitieren müssen. Alle Teile wurden elektrochemisch verzinnt und, soweit möglich, poliert, um ihnen die Anmutung von blankem Stahl zu geben.


Fräsen von vier- und sechskantigen Schraubenköpfen

Die Einzelteile des Verschlusses wurden mit Sekundenkleber bzw. Zaponlack zusammengefügt.
Zu diesem Zeitpunkt wurde auch noch der markante Verstärkungsring gedreht, der über den Bereich des Pulverraumes gezogen wird. Dieser Ring bekam auch noch zwei Bohrungen in die später die Zahnbögen der Höhenrichtmaschine eingehängt werden.






Das nahezu fertige Rohr der 30,5 cm RK L/22 (Zahnstocher zum Größenvergleich)

Zum Einschießen wird nun noch die Lafette gebraucht ...
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Universalniet

Das ist in meinen Augen Uhrmacherpräzision ...  8o 8o
So etwas habe ich im Modellbau noch nicht gesehen!!  :P :P :P

maxim

Das 30,5 cm-Geschützrohr ist wirklich beeindruckend!  :klatsch:
Im Bau: dänische Schaufelradkorvette Gejser (1/700, Brown Water Navy Miniatures)


wefalck

Danke für die Blumen, man tut was man kann ... leider geht es wegen vieler Reisen und 'Zwischenprojekten' nur langsam voran.

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Die Arbeiten gingen mit der Oberlafette weiter. Diese besteht im Wesentlichen aus schmiedeisernen (oder gegossenen ?) Rahmen für die Wangen auf die Bleche aufgenietet wurden. Die Wangen werden durch Riegel zusammengehalten, die mit L-Profilen auf diese genietet wurden. Damit stellte sich die Frage, wie die Nieten am besten darzustellen wären. Der Modellbauer hat heute grundsätzlich vier Methoden zur Auswahl: Oberflächenätzen, Prägen, das Aufbringen von Tropfen eines geeigneten Materials, wie z.B. Weißleim (wobei man diese auf eine Trägerfolie auftragen und dann wie ein Abbziehbild applizieren kann) oder Galvanoplastik. Eine fünfte Möglichkeit, nämlich einzelne Niete zu drehen und dann in Bohrlöcher einzulöten oder zu –kleben habe ich wegen des Aufwandes und des Maßstabs garnicht erst in Betracht gezogen. Eisenbahnmodellbauer, die ja auch viel mit genieteten Objekten zu tun haben, verwenden alle diese Methoden, während im Schiffsmodellbau wohl überwiegend geätzt wird. Ich habe mich ebenfalls für das Ätzen entschieden, da man ja bei dieser Methode die Teile gleich auch 'auschneiden' kann.


Ätzmaske für die Wangen der Oberlafette

Dazu mußte ich mir aber erst einmal die Technik des Ätzens zueigen machen. Grundsätzlich ist das für einen 'Schmalspurchemiker' wie mich natürlich kein Problem, jedenfalls nicht der naßchemische Aspekt. Auch das Zeichnen der Masken ist ja Dank des Computers leicht gemacht. Ich hatte aber lange Zeit mit zwei verfahrenstechnischen Problem zu kämpfen: erstens eine gleichmäßige Belichtung zu erreichen und zweitens eine gleichmäßige und dichte Schwärzung der Masken. Geizig, wie ich bin und weil sich im Fundus meines Vaters eine UV-Glühlampe fand, habe ich es damit versucht, war aber wenig erfolgreich. Schließlich habe ich mir aus der elektronischen Buch ein richtiges Belichtungsgerät geangelt, das eine deutliche Verbesserung brachte. Das Problem der gleichmäßigen Schwärzung habe ich allerdings immer noch nicht hundertprozentig gelöst. Overheadfolien mit einem Tintenstrahldrucker bedruckt lieferten zwar keine perfekten, aber doch brauchbare Ergebnisse.


Geätzte Wangen der Oberlafette

Viele Modellbauer entwickeln zu Anfang eines Projektes eine ganze (oder mehrere) Ätzplatine mit allen erforderlichen Teilen. In diesem Fall haben sie auch die Möglichkeit die Maskenherstellung und das Ätzen selbst als Lohnfertigung außer Haus zu geben. Da sich in meinem Fall die einzelnen Bauteile aber erst während des Baues entwickeln, da Forschung und Bau z.T. parallel laufen, ist das nicht möglich. Ich wollte das Ätzen als eine ad hoc-Technik, wie das Drehen oder Fräsen verwenden. Deshalb sind meine Platinen auch nur etwa so groß wie zwei Postwertzeichen und ich verwende aus Ätzgefäß eine Filmdose. Damit bleiben auch die Flüssigkeitsmengen gering, mit denen man zu hantieren hat und die man entsorgen muß. In einer Mietwohnung ohne 'naßchemisches Labor', hat das seine Vorteile. Die Produkte der Küvetten- oder Schalenätzung erreichen allerdings nie die Qualität professionellen Schaumätzens. Ich habe auch lange mit den verschiedenen Parametern des Prozesses, wie Belichtungszeit, Lösungskonzentrationen und Ätzdauer experimentiert.


Einzelteile der Wangen fertig zum Verlöten


Einzelteile der Oberlafette vor der Endmontage

Nachdem Wangen (vier jeweils spiegelverkehrte Teile) aus 0,5 mm starkem Ms-Blech in akzeptabler Qualität herausgekommen waren, wurden diese auf 0,8 mm dicke Kernstücke (entsprechend dem schiedeeisernen Rahmen) aus Ms-Blech aufgelötet. Zunächst wurden dazu die geätzen Wangen als Schablone zum Anzeichnen verwendet, die verschiedenen Bohrungen vorgenommen und dann die beiden Kernstücke mit der Laubsäge ausgesägt. Die Bohrungen dienten dann auch zum Zentrieren der drei Lagen während des Lötens. Vor dem Verlöten wurden die sauber geputzten und entfetteten Teile chemisch verzinnt. An die Wangen wurden auch noch die Ösen (im Original Gußsteile) für die Rückholtakel angelötet, die aus Draht gebogen, mit Lötzinn aufgebaut und dann gebohrt worden waren.


Die zusammengebaute Oberlafette (die 'rostige' Farbe ist der Beleuchtung geschuldet !)

In einer provisorischen Vorrichtung wurden die Wangen mit den Riegeln verklebt, die z.T. selbst aus mehreren Ätzteilen bestehen. Zu deren präzisen Lokalisierung waren in den geätzten Teilen Schlitze vorgesehen wordn. Geklebt wurde, weil mir das Risiko zu groß erschien, daß alles während des komplexen Lötvorganges wieder auseinanderfallen könnte – ich bin kein so begnadeter Löter, obwohl ich eigentlich eine über 45-jährige Erfahrung darin habe. Die Abdeckbänder für die Schildzapfenlager sind ebenfalls Ätzteile, die entsprechend gebogen und verlötet wurden.


Die zusammengebaute Oberlafette (die 'rostige' Farbe ist der Beleuchtung geschuldet !)

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Wie immer beeindruckend und interessant! Und dann fast wie beim Original gebaut - abgesehen von den haufenweise Nieten.
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Marderkommandant

Beeindruckend....einfach unglaublich....musst Du die Kanone nicht nach dem Bau wieder demilitarisieren, um dem Kriegswaffenkontrollgesetz genüge zu tun?  :7:

Nö, im Ernst - das ist mehr als nur beeindruckend...das ist fantastisch! Ich bleibe dran!

Mit den besten Grüßen,
Andreas
Als der Herr am siebten Tag über die Erde wandelte und Sein Werk betrachtete, stellte Er fest, dass die Steine zu weich geraten waren. Darauf schuf Er den Panzergrenadier.

wefalck

#47
Nachdem wir hoffentlich alle, ohne zu schlittern, in das Neue Jahr gerutscht sind sowie das Projekt der Mikro-Fräsmaschine erfolgreich abgeschlossen wurde, soll hier nun nach langer Pause weitergehen.

Ich habe zuerst einmal einen Blick in die Schachtel mit den bisher produzierten Einzelteilen geworfen, um meiner Erinnerung nachzuhelfen:



Auch das Lesen des eigenen Bauberichtes ist eine gute Hilfe dabei, an die bisherigen Fortschritte anzuknüpfen. Es gibt dann hoffentlich bald von konkreten Fortschritten zu berichten ...
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Bohemund

Sehr schön, da freue ich mich drauf. Deine Arbeiten sind wirklich Schmuckstücke.

wefalck

Danke für die aufmunternden Worte !

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Für die Höhenrichtmaschine hatte ich schon vor langem Zahnräder geschnitten. Ein Problem in dieser Größe ist die Zahnform. Selbst in Damenarbanduhren wären die Zähne größer. Ich habe zwar verschiedene Zahnradfräser aus der Uhrenindustrie, aber die waren immer noch zu grob. Ich mußte deswegen mit einem Linsenfräser mogeln, was aber wohl kaum sehen wird.


Teilkopf auf der Uhrmacherfräsmaschine

Zum Fräsen wurde ein Stück Rundmessing in einer Spannzange im Teilkopf gespannt. Seit die Bilder gemacht wurden habe ich aber eine verbesserte Version des Teilkopfes für die Fräsmaschine aus einem alten Reitstock einer Uhrmacherdrehmaschine gebaut.


Zahnradrohling im Werden

Von dieser gezahnten Rundstange werden nun zwei Scheiben abgesägt, die auf der Drehbank weiterbearbeitet werden.

So sehen die Zahnradrohlinge nach dem Abschneiden, aber noch vor der weiteren Bearbeitung aus:


Zahnradrohlinge

Das größte Zahnrad hat einen Durchmesser von knapp 4 mm. Bei einem Modul von ca. 0,06 beträgt die Zahnweite ca. 0,1 mm. Beim Original sah das so aus:


Geschützexerzieren aus S.M.S. WESPE(?)

Bei den russischen Klonen des Geschützes auf der heute finnischen Festung Suomenlinna vor Helsinki sah die Höhenrichtmaschine sehr ähnlich aus:


Antrieb der Höhenrichtmaschine

Auf der Innenseite der Wange der Oberlafette griff ein Ritzel in einen Zahnbogen ein, der am Geschützrohr angeschraubt war.


Zahnbogen-Richtmaschine

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