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1/16 Figuren ...

Begonnen von DJ, 26. Mai 2002, 15:59:19

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Hans

Arne,
das ist Propaganda der Griechen und der Römer. Es scheint dies zwar gegeben zu haben, quasi sowas wie 1000 Jahre später die Berserker bei den Wikinger. Es scheint sich um eine Art 'Elite' gehandelt zu haben. Welchen Umfang dies hatte, ist nicht bekannt.

Und: Dies betraf nur einen ganz bestimmten Zeitabschnitt, eben als die Kelten die Griechen überrollten ( 278 v. Chr.)

Nackte Kelten wurden nur von den Griechen bzw. römische Kopien davon, dargestellt. Nicht von den Kelten selber. Es gibt einige Münzen, da scheint die griechisch-römische Propaganda auf die Kelten selber zurückgewirkt zu haben.

Was immer vergessen wird: Das 'keltische' Zeitalter umfasst rund 1000 Jahre. Die römische Propaganda umfasst Zeiten um 380 v. Chr und geht, mit Unterbrechungen umgefähr bis 10 v. Chr. Dabei werden 'Kelten' aus allen Siedlungsräumen, von England bis Kleinasien, durcheinander in einen Topf geworfen.

Es sind eigentlich die rund 200 Jahre von 400 - 200 v. Chr. als die Kelten immer wieder nach Süden zogen, die das Barbaren-Image verursacht haben. Danach haben die Römer sie systematisch niedergehalten, es kam zu den ersten Genozids der Weltgeschichte. Und es klingt doch immer besser, einen 'starken', 'Wilden' , 'barbarischen' Gegner zu besiegen...

Die Auswertung der eigenen Darstellungen sowie der archäologischen Fundlage gibt dagegen ein durchaus differenzierteres Bild. Guck mal zum Beispiel unter //www.hallstattzeit.de , um einfach mal einen Eindruck z.B. des Zeitabschnitts ca. 800 v.Chr bis 600 v. Chr zu bekommen.

Grüße,
Hans
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

ArneVdPM

Hallo Hans,

Du scheinst Dich mit der römisch-germanischen Geschichte ja ganz gut auszukennen. Ich habe noch einen Bruder, dessen "Fachgebiet" die Römer sind. Allerdings betreibt er unser Hobby nicht. Aber ich habe ihn auch schon das eine oder andere gefragt, da ich von Verlinden noch einige 120mm Römer habe. Wenn er also mal keine Antwort weiß, kann ich einfach Dich fragen. Wunderbar!!

Viele Grüße
Arne

Hans

Arne, gerne.
Mit den Germanen kenn' ich mich aber nicht so aus. Die Römers kenn' ich, da ich mich als Franke mit dem Limes etc beschäftigt habe und beim Figurenbau/-bemalung in den 1990ern drauf konzentriert hatte.

Die Vorgeschichte jedoch, also für Süddeutschland die Zeit von ca. 50.000 v.Chr bis 15 v.Chr. beschäftigt mich semi-professionell. Mein Bruder und ich arbeiten nebenbei für das Naturhistorische Museum in Nürnberg, wir machen Rekonstruktionen und Museumsmodellbau , von 1/100 bis 1/1.

Grüße,
Hans
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

Wolf

Das ist wirklich superinteressant was ihr hier schreibt. Ich kannte zwar den ausdruck Berserker, wußte aber bis heute nicht daß dies im Zusammenhang mit den Wikingern steht und so eine Art Elite darstellt. Hans, Du hast geschrieben daß die keltenfigur so nicht historisch korrekt ist, wie haben die denn stattdessen ausgesehen, bzw wie waren sie gekleidet?
Übrigens, so wie die Keltenfigur aussieht hätte ich mir eher einen Gallier aus der Cäsar Zeit vorgestellt......aber ich nehme an das ist auch falsch  :rolleyes:
Wer Future hat, hat noch lange keine Zukunft

ArneVdPM

Hallo Leute,

wenn ich die Keltenfigur sehe, muss ich an Asterix denken  ;)
Aber ich möchte Wolfs Frage aufgreifen und sie ebendso an Hans stellen: Was ist falsch an der Figur?

Gruß
Arne

Hans

Drehen wir's mal um: Was ist richtig?

Richtig ist: Es zeigt einen Mann.....

Spass beiseite:

Helm: Niemals Helmbüsche ab La-Tene-Zeit. ( La Tene-Zeit: A: 450-400 v. Chr. B: 400-300 v.Chr. C: 200 - 100 v.Chr. D: 100 - 15 v.Chr). Kein einziger der vorhandenen Helme hat eine Vorrichtung dafür. Die Knöpfe an der Helmspitze sind im Gegensatz zu den italischen, später römischen Varianten massiv gegossen. Keine Bohrung, nichts.

Schwert: Die Details am Griff kann ich nicht erkennen, gehe jetzt mal davon aus, dass es passt. Man muss aber auch darauf achten, denn Griffform und Schwertlänge sind 'chronologisch empfindlich', d.h. jede Zeit hatte seine eigene Länge ( La Tene A = Kurz bis La Tene D = sehr lang) , Form ( spitz zulaufend bis parallele Schneiden mit sehr stumpfen Ende).

Schwertscheiden: Waren ab La-Tene-Zeit immer aus Metall. In Seitenfalze wurden Metallblätter vorne und hinten eingeschoben, oft Eisen, manchmal auch verziertes Bronzeblech. Unten dann als Abschluss ein bronzenes Ortband. Ortbänder immer eher spitz, nie so stumpf.

Gürtel: Kommt jetzt auf die Zeitstellung an. Schlichte Ledergürtel warens jedenfalls nie. Am Anfang ( La Tene A) Leder mit aufwendigen Beschlägen, dann reine Eisen- und Bronzegürtel ( La Tene B/C). In La Tene D  dann wieder beschlagene Ledergürtel. Figur ist aber La Tene A , B , C  ( kann nicht näher bestimmt werden, eben weil die Details fehlen...). In La Tene D hatten sie komplett andere Helme

Zöpfe: Vergesst allen barbarischen Quatsch. Folgt man den eigenen Darstellungen, hatten sie kurzes, nach hinten gekämmtes Haar, manchmal noch einen Lockenkranz a la Alexander der Grosse. Das Ding mit den Zöpfen, langen, ungepflegten Schnauzbärten ist griechisch/römische Propaganda. In La Tene D gibt's allerdings Hinweise auf Schnauzbärte. Vorher allenfalls gepflegte Knebelbärte oder einen nach oben gezwirbelten Schnurrbart.

Nackter Oberkörper: Ja genau, so hat er auszusehen, der Edle Wilde. So wie Winnetou! Kein Nachweis dafür vorhanden. Es gibt ein paar Darstellungen, die die Römer angefertigt haben. Aber sie folgten dem klassischen Barbarenbild, auch die Germanen ( sogar eher die Germanen...!) werden so dargestellt.

Schuhe: Richtiger wären z.B. Schnabelschuhe mit Fransenaufsätzen wie Golfschuhe

Schild: Ich kann den Schildbeschlag nicht erkennen. Aber auch da muss man genau auf die Zeit achten.

Armschmuck/Torques: Der Barbar an sich trägt eine Oberarmberge... na gut. Gibts sehr selten in den Gräbern. Torques noch seltener, so gut wie nie. Torques ( der Halsring) gibts an Götterstatuen, als Einzel-Verwahr-Opferfunde und in extrem reichen Fürstengräbern. Der Standard-Krieger hatte sowas nicht.

Tattoos: Ein nicht auszurottendes Vorurteil. Von den britannischen Kelten wird geschrieben ( von den Römern), dass sie sich mit Waid tätowierten. Wie das geht, weiss man nicht, da Waid nicht etwa eine blaue Flüssigkeit ist, sondern farblos und erst durch bestimmte Oxidationsprozesse sich blau färbt. Der Farbstoff ist nichts anderes als Indigo, mit dem eure Jeans gefärbt sind. Kann aber sein, dass ein Farbpulver damit angesetzt wurde, mit irgendeinem Träger als Bindemittel. Dies gilt aber nur für Kelten auf den britischen Inseln! Für die Festlandkelten fehlt jeglicher Nachweis. Zudem gibt's keine entsprechenden Tätowiernadeln im Fundgut - im Gegensatz z.B. zu bestimmten Zeitabschnitten der Bronzezeit, aber das ist locker 1500 Jahre vor den Kelten.



Grüße,
Hans
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

ArneVdPM

Hans,

ich falle auf die Knie vor Dir und beuge ergeben und erfuchtsvoll mein Haupt.
Hochachtung!! Du bist eine schier unerschöpfliche Wissensquelle!!
 :respekt:  :respekt:  :respekt:  :respekt:  :respekt:

Hans

I am NOT begging for compliments, Sir!

Zufälligerweise ist das halt ein Spezialgebiet von mir. Andere sind z.B. zum Thema Luftwaffe Spezialisten.

Grüsse,
Hans
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

Wolf

jetzt mach Dich mal nicht kleiner, Du kennst Dich ja nicht nur mit den Kelten aus, nicht wahr.  :1:  :P
Wer Future hat, hat noch lange keine Zukunft