HM Sloop Fly, 1776 - Scratchbau eines Plank on Frame Modells, Maßstab 1/32.

Begonnen von AnobiumPunctatum, 09. April 2013, 21:42:15

0 Mitglieder und 2 Gäste betrachten dieses Thema.

AnobiumPunctatum

1977 habe ich auf einer Schiffsmodellbausstellung in Duisburg ein in Bau befindliches Admirality Modell der Souvereign of the Seas gesehen. Ich weiß nicht mehr wie lange ich vor dem Modell gestanden und das filigrane Spantwerk betrachtet habe. Seit dieser Zeit war klar, dass ich irgendwann auch ein derartiges Modell bauen möchte.

2007 habe ich meinen ersten Schritt in den Holzmodellbau gewagt und den Querschnitt der HMS Triton des OnlineProjekts von ModelShipWorld in Angriff genommen.
2008 sollte dann der Baubeginn des POF-Modells (Plank on Frame) des gleichen Schiffs starten. Den Kiel hatte ich damals gelegt, doch gefiel mir die für den Group-Build gewählte Bauweise mit ausschließllich Doppelspanten, die so gar nichts mit der Konstruktion englischer Schiffe zu tun hat, nicht. Eine Änderung erwies sich leider als nicht durchführbar und zum Neuzeichnen der Pläne fehlte und fehlt mir einfach noch Wissen.

Auf der Suche nach einer möglichen Alternative fiel meine Wahl auf die Swan-Class Sloops, deren Bau als Echtspantmodell David Antscherl in einer Buchreihe ausführlich beschreibt. Zusätzlich zur Rekonstruktion von D. Antscherl liegen mir Kopien der Original Pläne aus dem NMM vor:

  • HMS Fly: Deck-Layouts
  • HMS Atalanta: Deck-Layouts
  • HMS Cygnet: Spanten und Seitenansicht
Da es zwischen den Schiffen der Klasse kleine Unterschiede gibt, hatte ich 2011 beschlossen die HMS Pegasus, da sie die Grundlage der Beschreibungen in den Büchern ist, nicht als bestimmtes Schiff sondern als Stellvertreter für die Schiffsklasse zu bauen.

Durch Zufall bin ich letztes Jahr an einen Scan des As Built Sheer and Profile Plan der HMS Fly gekommen. Mit diesem wichtigen Plan habe ich einen kompletten Satz Unterlagen zum Bau eines bestimmten Schiffs der Klasse (einen Spantplan gibt es nur von der HMS Cygnet, das Plankschema im Original nur von der HMS Hornet) vorliegen.
Hinzu kommt, dass der Originalplan der HMS Fly, die bemalten Friese an den Bordwänden zeigt und ich diese Darstellung gerne an meinem Modell zeigen möchte. Sie ist für ein Schiff dieser Größenordnung sehr ungewöhnlich.

Im März diesen Jahres habe ich den Kiel für mein Traum-Modell gelegt.

Auch wenn der Bau eines solchen Modells sehr speziell und langwierig ist, hoffe ich, dass sich der eine oder andere hin und wieder in meinen Baubericht verirrt.
Wenn Fragen zu Begriffen oder der Vorgehensweise auftauchen, stellt sie einfach. Wenn ich mich -was man Holzmodellbauern gerne nachsagt- in Details verliere, meldet Euch.
:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

AnobiumPunctatum

#1
Bevor es losgeht, einige Informationen zum gewählten Vorbild.

HMS Fly war eine von 26 Schiff.Sloops der Swan Class, die nach einem Entwurf von John Williams gebaut wurden. Der Kiel wurde im Janur 1776 auf der George White Werft in Sheerness gelegt. Der Stapellauf fand am 14.91776 und die Indienststellung am 19.10.1776 statt.
Zwischen July und September 1778 wurde das Schiff in Porthmouth überholt und das Unterwasserschiff gekupfert.
Die Bewaffnung bestand ursprünglich aus 14 6Pfdr-Kanonen auf dem Oberdeck. Mit Admirality Order vom 22.7.1780 wurden die Bewaffnung um zwei weitere 6 Pfdr. erhöht. Von 1794 an trug sie zusätzlich 3 12Pfdr Karronaden auf dem Achterdeck und 2 12 Pfdr-Karronaden auf dem Vordeck.
Das Schiff sank im Januar 1802 vor Neufundland.
:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

AnobiumPunctatum

#2
Für den Bau des Spantgerüst habe ich mir ein Timbering Set (Zusammenstellung auf die richtige Stärke gehobelter Brettchen) aus Birne und ein weiteres Set aus Buchsbaum für die Masten und Rahen beiHobby Mills in den USA bestellt. Die Beplankung wird später aus Buchsbaum, evtl auch aus einer hellen Birne, die ich noch besitze und die Decks aus Stechpalme entstehen.


Auch wenn das Modell der beim Original verwendeten Bauweise nahe kommen soll, ist es manchmal sinnvoller die Bauweise den Möglichekiten der heimischen Werft anzupassen. Während beim Vorbild der Kiel aus massiven Holzbalken zusammengebaut wurde, ist es deutlich einfacher, den komplizierten Übergang zwischen Kiel und Vordersteven durch die Verwendung von zwei Leisten herzustellen. Die entstehende Naht wird später durch das Rising Wood und den Falschen Kiel verdeckt. Auch den unteren Teil des Stevens habe ich aus zwei Leisten zusammengeleimt; der Upper Stem dagegen ist wieder massiv.


Für die Darstellung der Kalfaterung nutze ich einen einlagigen schwarzen Zellstoff. Die Holznägel haben einen Durchmesser von 0.75mm, für die Beplankung spöäter sollen sie 0.5mm werden. Zur Herstellung schneide ich mir quadratische Leisten aus 0.8mm Furnier, welche mit einem Zieheisen entsprechend gezogen werden.

:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

AnobiumPunctatum

Auf dem Rising Wood sitzen später die Spanten. beim Original wir jeder zweite Spant zur Aufnahme des Floor Timbers ausgespart. Da das Detail später nicht sichtbar ist, habe ich nur die Seiten entsprechend gefräst, um die richtige Position jedes zweiten Spants zu kennen.


Der korrekte Sitz wurde mit einem Dummy geprüft und bei Bedarf mit eine Schlüsselfeile angepasst.


Das Knee of the Head wird erst nach Fertigstellung des Spantgerüsts benötigt, doch ist es deutlich einfacher das aus Einzelteilen aufgebaute Teil an den Vordersteven anzupassen, so lange diese noch plan auf dem Tisch liegen kann.




Um das Bauteil später lagerichtig am Steven befestigen zu können, habe ich zwei 1mm Löche durch den Vordersteven gebohrt und zwei Drahtstifte in das Knee geklebt.

:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

AnobiumPunctatum

Der Bau des Lower Apron (auf diesem sitzen die vorderen Kantspanten) war die erste echte Hürde: die Anpassung an die Rundung des Stevens, der Übergang zum darüber liegenden Bauteil, die Treppenstufen und Aussparungen zur Aufnahme der Spanten. Letzere wurden mit der Fräse und kleinen Beiteln geschnitzt.




Die beiden folgenden Bilder zeigen den aktuellen Stand meiner Konstruktion.


:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

Jensel1964

Also als im Holzbereich volkommen ahnungsloser nehme ich mal in der 1. Reihe Platz und bewundere Deine Arbeit.  8o

Wenn ich allein die ersten Schritte sehe, bin ich schwerstens beeindruckt. DAS ist mal so eine ganz andere Liga als Plastikmodellbau.

WAS natürlich nicht abwertend gemeint sein soll, denn ich bin ja auch ein Plastikmodellbauer und weiß wie schwer und anspruchsvoll das sein kann..... :1:

(Bloß keine Diskussion lostreten.... :woist:)

:winken: Jens

bughunter


Wikipedia sagt: "Ein Modell ist ein vereinfachtes Abbild der Wirklichkeit."
Deshalb baue ich lieber verkleinerte Originale.

KlausH

Hey, Christian, klasse, daß du uns einen BB gönnst! Ich bin dabei. Du weißt, daß mich Holz als Material sehr fasziniert, und vielleicht gerade, weil ich nicht wirklich damit umgehen kann, schaue ich dir mit Vergnügen über die Schulter. Denn du kannst es, eindeutig.  :1:

Schöne Grüße
Klaus

Alex

ah, Christian baut wieder etwas, was wird sicherlich spannend! :) Viel Erfolg bei dem Projekt!

Alex

Hier ist mein Portfolio, und hier meine weiteren Berichte (<-- Upgedated am 20.9.2015)
Finisher des Phantom-, Viermot-, Matchbox- und Artillerie-Groupbuilds, sowie des Bierdeckels-, Panzer-, Oldtimer- und OOB-Contests!

schemelschelm

Einfach krass! 8o Ich sehe die ersten Teile und bin schwer beeindruckt. Ich wünsche ebenfalls viel Erfolg beim Bau! :P

Chris712

In der ersten Reihe noch was frei? :D ich setzte mich dazu. Hatte auch mal ein kurzes Holzintermezzo, aber wieder zum Plaste zurück gekehrt.
Bin echt gespannt.  :P

Gruß

Travis

Christian bastelt wieder! :9:

Als vollkommen Ahnungsloser freue ich mich, losgelöst von jeglichem Fachwissen Dir - einem echten Fachmann - über die Schulter schauen zu dürfen! :D

Jetzt rockt die Holzklasse!

Tho :santa:
- Modellbaufreunde Siegen -

I knew it, I knew it! Well, not in the sense of having the slightest idea but I knew there was something I didn't know!

Come to the dark side, Luke...   We have cookies!!!

maxim

Im Bau: dänische Schaufelradkorvette Gejser (1/700, Brown Water Navy Miniatures)


AnobiumPunctatum

Vielen Dank für 's Vorbeischauen und die netten Worte.  :1:

@Thorsten
Fachmann ist etwas übertrieben. Ich habe noch eine Menge zu lernen, bis ich die Konstruktion in Ihrer Gesamtheit nachvollziehen kann.
:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

JWintjes


Bradhower

Habe ich diesen Baubericht schon abonniert  :woist:

Ah! - Jetzt!  :6:

Ich wünsche dir viel Erfolg, Christian und das du die ersten Hürden (meisterlich) nimmst   :)

Grüße Marcel

Puchi

Absoluter Pflichtbaubericht! :9: Wer hier nicht zuschaut, ist selber schuld... :pffft: ;)

Zitat von: AnobiumPunctatum in 09. April 2013, 21:42:15
Wenn ich mich -was man Holzmodellbauern gerne nachsagt- in Details verliere, meldet Euch.
Ich sicher nicht! So ein Bau besteht eben aus unzähligen Detailschritten, die allemal interessant sind...

Viel Erfolg bei diesem Hammerprojekt, Christian! :klatsch:

Liebe Grüße,

Karl

JokerLDS

Sehr sauber!  :P

In einer Zeit, in der das Fass zum wechseln in den Holzbereich beinahe überläuft........


....auch ich setze mich mit in die Sitzreihen. Knabberkram und Getränke stehen neben mir  :1: :P



viele Grüße,
David

AnobiumPunctatum

Vielen Dank für Euer Interesse. Das motiviert zum Schreiben und Fotografieren  :P und hilft auch über den ein oder anderen Tiefpunkt, der mit Sicherheit im Laufe eines solchen Projekts kommt
:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

bughunter

Ach ja, ich habe nochmal im Netz nach "Plank on Frame" Modell gesucht, mir war dieser Typ Modelle nicht geläufig. Es wird also ein teilweise beplanktes Spantengerüst, wobei dieses nah am Original konstruiert ist?

Wikipedia sagt: "Ein Modell ist ein vereinfachtes Abbild der Wirklichkeit."
Deshalb baue ich lieber verkleinerte Originale.

AnobiumPunctatum

Plank on Frame (POF) bedeutet nur, dass das Modell mit richtigen Spanten und nicht mit Modellspanten (engl. Plank on Bulkhead, POB) gebaut wird. Bei einem POF Modell ist es daher möglich, dass alle Decks, also auch die, welche bei einem beplankten Modell unsichtbar sind und daher in der Regel nicht dargestellt werden, eingebaut werden können.
Bei dieser Bauform gibt es die verschiedensten Varianten. Die beiden oberen Bilder auf der Seite von admiralitymodels.com  zeigen zwei der möglichen Varianten eines POF Modells. Das Modell von Greg Herbert zeigt die originale Spantanordnung, das getakelte Modell von Donals McNarry die vereinfachte Bauweise mit Doppelspanten, wie sie z.B. Harold Hahn angewendet hat.

Ich möchte der Konstruktion des Originals soweit möglich folgen. Dazu gehören Einzelspanten und der Ausbau aller Decks. Zusätzlich soll das Modell analog zur Atalanta auf der genannten Seite getakelt werden.
:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

Bongolo67

Hallo Christian,

sehr interessant, da bin ich dabei! :1:
Ist sonst so gar nicht meine Welt, aber da sind wir wieder beim Thema "Blick über den Tellerrand".

Gruß

Ulf

Puchi

Zitat von: AnobiumPunctatum in 12. April 2013, 06:30:13
Ich möchte der Konstruktion des Originals soweit möglich folgen. Dazu gehören Einzelspanten und der Ausbau aller Decks. Zusätzlich soll das Modell analog zur Atalanta auf der genannten Seite getakelt werden.
Das heißt, es wird vom Ausbau her eine Mischung aus "Pegasus" und "Atlanta", wenn ich dich richtig verstanden habe? Wie weit wirst du den Rumpf dann beplanken?

Liebe Grüße,

Karl

AnobiumPunctatum

@Ulf
Willkommen an Bord.

@Karl
Das ist zumindest meine Vorstellung. Am besten stellst Du mir die Frage zur Beplankung noch einmal, wenn das Spantgerüst fertig ist. Ich habe zwar einige Vorstellungen, mich aber noch nicht für eine endgültige Variante entschieden.
:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

AnobiumPunctatum

Auf dem Stern Deadwood werden später die achteren Kantspanten befestigt. Dieses Bauteil unterscheidet sich bei den verschiedenen Einheiten der Swan-Klasse. Um die richtige Variante für mein Modell der HMS Fly bauen zu können, habe ich zuerst mit Hilfe des AsBuild Plans die Rekonstruktion von D. Antscherl modifiziert.
Das Deadwood wird aus 5 einzelnen Hölzern zusammengesetzt. Das größte Problem hierbei ist, dass man unwillkürlich dazu neigt, nur bis zur Linie der Vorlage zu schleifen. Berücksichtigt man zusätzlich den Leim beim Zusammenkleben wird das fertige Deadwood schnell einen Millimeter zu hoch. Da dieser Fehler später nicht zu korrigieren ist, müssen die Bauteile fortlaufend anhand der Zeichnungen geprüft werden. Die Klebestellen markiere ich mit Pastellkreide, damit diese am späteren Modell noch erkennbar sind. 1mm Messingdraht dient zur zusätzlichen Sicherung der Bauteile untereinander und zur Befestigung auf dem Kiel.


Als nächstes werden die Treppenstufen und die Aussparungen für die Spanten markiert. Marabu Fixogum hat sich für die temporäre Befestigung der Vorlagen bewährt.


Wie beim Lower Apron werden die Stufen nun mit der Fräse und kleinen Stechbeiteln herausgearbeitet. Die kleine Kante am hinteren Ende wird erst nach dem Ankleben des Stevens beigearbeitet. An der Stelle neigt das Holz sonst unweigerlich dazu, auszureißen.


Der untere Teil des Deadwoods muss nun noch konisch beigearbeitet werden.


Die letzten 3 Bilder zeigen das fertige Bauteil an seiner Position auf dem Kiel.




:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."