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Eigenbau-Feilmaschine

Begonnen von wefalck, 22. August 2015, 23:27:02

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wefalck

Die Arbeiten an SMS WESPE (http://www.modellboard.net/index.php?topic=31623.0) sind mal wieder etwas ins Stocken geraten, da ich mich auf maschinenbaulichen Abwegen befinde. Eigentlich wollte ich die WESPE erst fertig machen, habe aber dann festgestellt, daß ich bei verschiedenen Teilen eine Feilmaschine gut gebrauchten könnte ...

Feilmaschinen sind nahezu vollständig aus den modernen mechanischen Werkstätten verschwunden. Dafür gibt es wohl mehrere Gründe: zum einen werden viele Gebrauchsgegenstände und Spielzeuge werden heute nicht mehr aus gestanzten Blechteilen, sondern überwiegend aus Spritzgußteilen hergestellt, so daß weniger Stanzwerkzeuge gebraucht werden. Für empfindliche und dünne Blechteile gibt es heute auch andere Umformverfahren, wie z.B. das Photoätzen. Die Uhren- und Schmuckindustrie verwendet aber nach wie vor Stanzteile. Aber auch die Herstellung der Matrizen und Stempel hat sich geändert. Während die Stempel durch Fräsen und Schleifen erzeugt werden können, ist das bei den Matrizen mit oft scharfen Innenecken nicht möglich. Die Feilmaschine mit ihrer Auf- und Ab-Bewegung ist dazu in der Lage. Ein neigbarer Tisch erlaubt darüberhinaus die Einarbeitung eines Freiwinkels, so daß die gestanzten Teile ungehindert aus der Matrize fallen können. Heute werden aber zur Herstellung der Matrizen neuere (CNC-)Verfahren, wie die Funken- oder Lasererosion verwendet. Handgeführte Feil- bzw. Läppmaschinen werden aber noch zur Bearbeitung von Spritzgußformen eingesetzt.
In einer Modellwerkstatt hat die Feilmaschine aber durchaus noch viele Einsatzmöglichkeiten, vorallem zur Bearbeitung von Blechteilen mit scharfen Ecken und die zu bearbeiteten Flächen in einem genau definierten Winkel zu einander liegen müssen. Die Feilmaschine kann auch als Dekupiersäge verwendet werden. Aus diesem Grund gibt es noch kleine Anbieter für Gußteile aus denen man sich eine Feilmaschine selbst bauen kann. Einige wenige, auf die Schmuckindustrie spezialisierte Hersteller bieten noch Feilmaschinen an, die aber entsprechend schwer und auch teuer sind.


Feilmaschine für die Schmuckindustrie (http://www.walther.ch/hwz/d-fm77.htm)


Bausatz für eine Feilmaschine (http://www.martinmodel.com/MMPtools-subfiles/MMPtools-sub.html)

Einige Hersteller kleiner Drehbänke boten in der Vergangenheit Feilmaschinen an, die auf das Bett aufgesetzt und durch den Spindelstock angetrieben wurden. Eine Feilmaschine ist auch im handwerklichen Uhrenbau von Nutzen, z.B. bei der Herstellung durchbrochener Räder. Daher hat der eine oder andere eine solche Maschine passend zu den Uhrmacherdrehbänken selbst hergestellt, die nun gebraucht hohe Preise bei Liebhabern erzielen.


Cataract-Feilmaschine für Drehbank (siehe: http://www.lathes.co.uk/cataract/index.html)


Feilmaschine aus dem Katalog von 1913 eines unbekannten deutschen Herstellers.


Zeichnung einer Feilmaschine aus dem Katalog von 1913 eines unbekannten deutschen Herstellers.

Der Bau einer Feilmaschine stand schon sei geraumer Zeit auf meiner Wunschliste. Vor einiger Zeit habe ich auch ein Los seltener (und teurer) Vallorbe (http://www.vallorbe.com/) Maschinenfeilen erstehen können. Das Los enthielt rund, halbrunde, dreikantige, quadratische und rechteckige Feilen von 1 mm Durchmesser bzw. 1 mm x 1 mm Querschnit bis hinauf zu 4 mm x 4 mm mit jeweils unterschiedlichen Hieben. Im Gegensatz zu den meisten anderen Feilen haben Maschinenfeilen einen gleichbleibenden Querschnitt über die ganze Länge und Angeln an beiden Enden.


Schatzkiste mit Maschinenfeilen


Eine Auswahl unterschiedlicher Maschinenfeilen

Zunächst hatte ich daran gedacht meine nur mäßig nützliche Proxxon DS 230/E Dekupiersäge in eine Feilmaschine umzubauen. Diese Maschine hat aber keinen neigbaren Tisch und unter dem Tisch war zu wenig Raum für den Feilenhalter. Im Nachlaß meines Vaters fand sich dann aber ein funktionsuntüchtiger Stichsägenvorsatz für eine Bohrmaschine, die meine Phantasie anregte. An der Maschine bewegte sich nichts mehr und der Fuß war abgebrochen. Die Schrauben des Deckels, hinter dem sich der Mechanismus verbirgt, saßen derart fest, daß ich sie schließlich ausbohren mußte. Nach der Deckel herunter war, wurde klar, warum sich nichts mehr bewegte: sämtliche Hohlräume, einschließlich des Kugellagers, waren mit verdichtetem Sägemehl vollgepackt, wohl weil die Maschine überkopf unter einem Sägetisch verwendet worden war. Nach gründlicher Reinigung bewegte sich wieder alles. Somit hatte ich einen Mechanismus und ein Gehäuse für meine zunkünftige Feilmaschine.


Der zerlegte Stichsägenvorsatz

Nach einer Tabelle in dem obenerwähnten Katalog von 1913 betrug die Hubfrequenz maximal 400 Hübe pro Minute für weiche Materialien und weniger für harte Materialien. Ich habe mir deswegen aus China einen Gleichstrom-Getriebemotor kommen lassen, der bei 12 V an der Antriebswelle 400 Upm hat. Durch die Untersetzung sollte genügend Drehmoment für die kleinen Feilen vorhanden sein.


Gleichstrom-Getriebemotor         

Um den Schlitz für die Feilen möglichst klein zu halten, damit man auch an kleinen Teilen arbeiten kann, sollte sich die Rotationsachse des neigbaren Tisches möglichst in seiner Oberfläche befinden. Ebenso muß die Rotationsachse durch die Achse der Feile gehen. Deswegen muß der Tisch auf einem (Halb-)Zylinder gelagert werden, der sich in einer entsprechenden Lagerschale drehen kann. Auch der gebrochene Fuß der Stichsäge war nach diesem Prinzip konstruiert und eine enstprechende Lagerschale an das Gehäuse der Stichsäge angegossen. In meinem Fundes fand sich ein passendes Stück Rundaluminium aus dem der Lagerzylinder gedreht wurde. Später wird der Zylinder in der Mitte durchgesägt werden und die beiden Teile nebeneinander unter den Tisch geschraubt werden. Die Lagerschale im Gehäsue wurde auf den richtigen Durchmesser ausgefräst. Andere Lagerflächen am Gehäuse wurden plangefräst, was allerdings bis an die Kapazitätsgrenzen meiner Uhrmacher-Fräsmaschine ging. Zum Glück ist der Zinkdruckguß gut zu fräsen.


Aufbau zum Ausfräsen der Lagerschale für den Feiltisch


Teilbearbeitetes Gehäuse

Fortsetzung folgt ...
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pucki

Echt cooles Projekt. :P Freue mich schon drauf wie es weitergeht.

Gruß

  Pucki
Ich bin PucKi, ein älterer Mann und überzeugter Single, der immer noch versucht ein perfektes Modell zu bauen.

Capri-Schorsch

Geile Sache.Respekt was du aus den alten Maschinen baust.

matz

Da bin ich auch gespannt, wie aus der defekten Baumarktstichsäge eine Präzisionsfeile wird  :klatsch:
Hat ein bisschen was von der derzeit so populären "Maker"-Bewegung.
matz
Wer aufhört, besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein.
(Philip Rosenthal, Unternehmer, *1916 +2001)

fuchsjos

Sehr interessantes Projekt - ich hatte auch schon einmal an einen Eigenbau gedacht. Für einige spezielle Anwendungen ist nur eine Feile brauchbar, da man mit anderen Werkzeugen aus Platzgründen einfach nicht dran kommt (z.B. die Nachbearbeitung der Geschützluken bei historischen Segelschiffen). Ich wurde dann aber im Internet fündig - unter dieser Adresse gibt es einen Anbieter für eine elektrische Feile für Modellbauer. In der Werkzeugaufnahme lassen sich auch handelsübliche Schlüsselfeilen einspannen.

http://www.kaleas.de//kaleas.cgi?action=show&sessionID=47335312144041109347335312&lang=de&page=shop-produktliste.html&cat=32&subcat=3210&catname=Bohren, Schleifen&arcode=x

LG
Josef

pucki

@fuchsjos

Dein Link verweist auf eine Mini-Bohrmaschine. Also etwas was sich DREHT. Das Teil was hier gebaut werden soll, arbeitet mit HUB (also vor und zurück).

Ich kenne nur eine Maschine die den halbwegs !!!! ähnlich ist, und das ist der Schleifpen von Proxxon. Wobei mich das Projekt deshalb interessiert wenn es "eine Nr. größer ist" als der Schleifpen. Und man demzufolge auch mal mit der Arbeit fertig wird. ;)

Ich gebe zu, ich hab mal aus Spaß nach einer Schleifmaschine gegoogelt die dieser hier gebauten ähnlich ist, hab aber leider nix gefunden MIT HUB. Teile die sich drehen, gibt im Nagelstudio-Bereich bis zum abwinken.

Gruß

  Pucki
Ich bin PucKi, ein älterer Mann und überzeugter Single, der immer noch versucht ein perfektes Modell zu bauen.

Capri-Schorsch

Mit Hub wirst du dann eher bei den Druckluftsachen fündig werden.
Da hab eich für die Firma schon mal gesucht und auch einiges gefunden.

wefalck

Ich nehme an, der Link sollte auf das dem PROXXON-Gerät ähnlichen elektrischen Handschleifer auf der gleichen Seite verweisen. Solche Schleif- und Feilmaschinen mit einer hin-und-her-gehenden Bewegung werden auch für den professionellen Werkzeugbau angeboten. Ein bekannter Hersteller ist http://diprofil.com. Sie dienen zum Schleifen und Polieren z.B. bei der Herstellung von Spritzgußformen. Diese Maschinen haben mit der hier vorgestellten Maschine aber nur die Bewegung des Werkzeuges gemeinsam. Meine Maschine ist stationär und hat einen Arbeitstisch, so daß die Bewegung des Werkzeuges gegenüber dem Werkzeug genau definiert ist. Somit lassen sich geometrisch genau definierte Formen herstellen.


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wefalck

Bevor eine werkstattlose Woche wegen einer Dienstreise vor mir liegt, noch ein 'up-date' zu den weiteren Fortschritten:

Das Drehteil für das Feiltisch-Lager wurde in der Mitte durchgesägt und die beiden Hälften gegeneinander nach sorgfältigem Ausrichten im Schraubstock geklemmt. Mit einem Schlagzahnfräser wurde die Oberfläche vollkommen eben gefräst und die Dicke um 2 mm reduziert, so daß später die Rotationsachse des Tisches in seiner Mitte liegt.


Fräsen der Auflagefläche für den Feiltisch

Die Position der beiden Hälften wurde auf der 4 mm Aluminium-Platte für den Tisch genau angerissen, ebenso die Befestigungsbohrungen. Nach Ankörnen wurde die auf der PROXXON-Tischbohrmaschine mit einem 3 mm NC-Anbohrer gebohrt. Die NC-Anbohrer sind sehr kurz und steif und geben Bohrlochwandungen die fast wie gerieben aussehen.


Feiltisch-Lager in Position auf der Unterseite des Tisches

Anschließend wurden die beiden Hälften mit ein paar Tropfen Sekundenkleber nach genauem Ausrichten auf die Platte geklebt. Diese Operation erleichterte das genaue Übertragung der Bohrungen mit einem kalibrierten Körner. Mit einem leichten seitlichen Schlag fielen die Teile wieder auseiander und wurden auf der Fräsmaschine gebohrt und mit M3-Gewinden versehen. Ich beginne für gewöhnlich die Gewindebohrungen mit zwei oder drei Gängen auf der Maschine, um sicherzustellen, das sie konzentrisch und vertikal sind. Das Gewinde wird dann von Hand fertig geschnitten.


Gewindebohrungen für die Befestigung des Feiltisches auf dem Lager

Das Besäumen der Aluminium-Platte für den Feiltisch hat die Kapazität der Fräsmaschine wirklich ausgereizt. Ich mußte die Platte dazu mit einer Zwinge am Schraubstock befestigen, da anderernfalls die Spndelhöhe über dem Tisch nicht ausgereicht hätte.


Besäumen der Platte für den Feiltisch

Der Feiltisch mit dem provisorisch verschraubten Lager wurde nun auf den Tisch der Fräsmaschine geklemmt, um den Schlitz für den Anzugsbolzen fräsen zu können. Der Bolzen wird später mit einem Exzenter angezogen werden.


Fräsen des Schlitzes für den Anzugsbolzen

Fortsetzung folgt zu gegebener Zeit ...

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bughunter

 :P
Du baust Dir Maschinen selbst, von denen ich nicht mal eine Ahnung hatte, daß es so etwas gibt :meister:
Da schaue ich Dir weiter sehr gern über die Schulter!

Viele Grüße,
Bughunter

Wikipedia sagt: "Ein Modell ist ein vereinfachtes Abbild der Wirklichkeit."
Deshalb baue ich lieber verkleinerte Originale.

wefalck

 :pffft: Danke  :3:

****************

... und weiter geht es:

Der Exzenter wurde aus einem Stück Stahl gedreht, während der eigentlich Kugel-Hebel ein Schrotteil aus der Grabbelkiste ist, das an den Exzenter hartgelötet wurde. In der Vergangenheit habe ich solche Teile auch schon öfter selbst mit Hilfe des Eigenbau-Kugeldrehapparates hergestellt (http://www.maritima-et-mechanika.org/tools/radiustool/radiustool.html).


Einfache Methode, um Exzenter an Wellen anzudrehen



Anzugsbolzen und Exzenterhebel für das Feiltischlager


Feiltischlager provisorisch zusammengesetzt

Fortsetzung folgt ...
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Universalniet


matz

So langsam krieg ich den Hauch einer Ahnung wie das Ganze später mal aussieht. V.a. die Lösung mit der Exzenterklemme ist SUPERB !  :P

matz
Wer aufhört, besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein.
(Philip Rosenthal, Unternehmer, *1916 +2001)

wefalck

Früher wurde im (feinen) Maschinenbau viel mit solchen Exzenterklemmungen gearbeitet. Spindel- und Reitstock meiner Uhrmacherdrehbänke sowie andere Teile werden so z.B. auf dem Bett befestigt. Diese Klemmungen sind aber teuer in der Herstellung, da sie sorgfältig hergestellt und individuell angepaßt werden müssen. Deswegen sind so wohl verschwunden. Auch gibt es m.W. keine Normung dafür. Der große Vorteil ist, daß man sie mit einer Vierteldrehung vollständig lösen kann und bombenfest halten.
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Starfighter


pixar1744

Wahnsinn,
Sehr präzise Handwerkskunst, vom allerfeinsten. Die Idee mit dem Exzenter hab ich mir direkt gemerkt. Bitte noch mehr von den Tricks! Was  nutzt du für eine Drehmaschine? (bin auf der suche nach einer)

Beste Grüße
Seb

wefalck

Danke für die Blumen  :D  ... Ich verwende verschiedene historische Uhrmacherdrehmaschinen: http://www.maritima-et-mechanika.org

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Das nächste Teil war der Sockel für den Gegenhalter. Ein Gegenhalter ist für die Arbeit mit den dünnen Maschinenfeilen zwingend notwendig, die wie ein Sägeblatt eingespannt werden müssen, um den Feildruck aufnehmen zu können. Der Fuß des Stichsägen-Gußteils ist hohl und wie ein Haus mit Dach geformt. Ein Stück Aluminium wurde sorgfältig auf Maß gefräst und eingepaßt. Es wird durch zwei Senkkopfschrauben gehalten.


Selbst hergestellte Bohrstange


Ausbohren des Sockels

Die 10 mm-Bohrung für den senkrechten Stab des Gegenhalters stellte mich anfänglich vor Probleme. Die Spindelhöhe über dem Tisch war einfach zu gering für handelsübliche 10 mm Bohrer. Das Teil ließ sich leider auch nicht im Vierbackenfutter spannen, um die Bohrung auf der Drehbank auszudrehen. Schließlich habe ich ein lang geplantes Projekt dazwischengeschoben und mir eine Bohrstange aus einem 8 mm-Rundstahl hergestellt. Dazu mußte ich mir auch noch einen Fräserhalter mit Spannzangenschaft für 8 mm-Fräser aus einem entsprechenden Rohling anfertigen. Mit der neuen Bohrstange war dann die Herstellung der 10 mm-Bohrung ein Kinderspiel.


Sockel für den Gegenhalter


Sockel beim Probeliegen

Fortsetzung folgt ...

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Wie man auf dem Bild der geöffneten Stichsäge sieht, wird der Stößel für das Sägeblatt durch zwei selbstausrichtende Gleitlager geführt. Diese Gleitlager bestehen aus zwei durchbohrten Kugeln aus Gußeisen, die in entsprechende Lagersitze des Gehäuses eingepreßt sind. Der Stößel besteht interessanterweise aus einem 3/8 Zoll (!) Rundstahl.


Selbsausrichtende Lager für den Stößel der Stichsäge im Originalzustand

Die Schmierung der Führung verließ sich auf die Selbstschmierung zwischen Stahl und Gußeisen. Entsprechend schlackerte der Stößel inzwischen in einem für eine Feilmaschine unzulässigen Maß. Ich habe deshalb die Lagerkugeln ausgebaut und nach sorgfältiger Zentrierung für selbstschmierende Lager mit 10 mm Außendurchmesser ausgedreht. Die Lagerbuchsen habe ich über den bekannten Dienst, der mit E beginnt aus China bezogen. Ich denke, daß solche Buchsen normalerweise in Drucker u.ä eingesetzt werden. Der Stößel ist aus poliertem und kalibriertem Silberstahl.


Ausgedrehte Lagerkugel, Lagerbuchse und neues Lager zusammengebaut

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Der originale Kurbeltrieb bestand aus einem nur schlecht zu bearbeitenden Stahl. Jedenfalls war es unmöglich auf meiner Uhrmacherdrehbank eine akzeptable Oberflächenqualität hinzubekommen. Da ich das ursprüngliche Design ohnehin etwas verändern wollte, habe ich den Kurbeltrieb aus einem Stück 32 mm-Rundstahl komplett neu angefertigt. Motorseitig wurde der Trieb auf 6 mm ausgebohrt, um direkt auf den Ausgabeschaft des Getriebes aufgesteckt zu werden. Dort wird er mit einer Madenschraube formschlüssig gesichert.


Der originale Kurbeltrieb


Der neue Kurbeltrieb mit Kreuzkopf und Stößel

Der Kreuzkopf wurde ebenfalls neu angefertigt, da sowohl der Kurbelzapfen als auch die Kreuzkopfbahn durch die ungeschmierte Stahl-auf-Stahl-Reibung ausgenudelt war. Der Kurbelzapfen läuft nun auch nich mehr direkt in der Bahn, sondern die Kraft wird durch einen Stein aus Messing übertragen (Bronze wäre besser gewesen, hatte ich aber nicht vorrätig).


Der neue Kurbeltrieb zusammengebaut

Die neue Kurbel wurde in verschiedenen Abständen für den Kurbelzapfen gebohrt, um Hübe von 10 mm, 15 mm und 20 mm zu ermöglichen. Es ist aber leider durch die Gegebenheiten des Gehäuses nötig, fast die ganze Maschine zu zerlegen, um den Hub einzustellen. Die Madenschraube, die den Kurbelzapfen hält wird nur schwer zugänglich sein. Der maximale Hub von 20 mm wird auch nur bei horizontalem Tisch möglich sein, da anderenfalls der Feilenhalter nicht genügend Raum unter dem Tisch hat. Die Praxis wird zeigen, ob ein Hub von 15 mm ausreicht.


Der neue Kurbeltrieb provisorisch installiert

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Maschinenfeilen gibt es ja in den verschiedensten Größen und Formen, so daß ein entsprechender Feilenhalter entworfen werden mußte. Ich entschied mich für Reduzierhülsen, passend zu den Feilengrößen, die in einem fest installierten Feilenhalter aufgenommen werden. Geschlitzte Reduzierhülsen erlauben auch die Verwendung von Laubsägen.


Herstellung der Befestigungslöcher für die Reduzierhülsen im Feilenhalter

Der Feilenhalter wird auf dem Antriebsstößel mit einer Madenschraube fixiert. Ein ähnlicher Halter sitzt auf der Führungsstange des Gegenhalters. Beide Feilenhalter wurden mit um 90° versetzten Bohrungen versehen, die mit einem M3-Gewinde versehen wurden. Die zugehörigen Schrauben werden durch Bohrungen in den Reduzierhülsen hindurch direkt auf die Feilen wirken.


Herstellung der Querbohrungen in den Reduzierhülsen auf der Fräsmaschine

Die Reduzierhülsen wurden aus Alumium gedreht und mit für die vorhandene Auswahl an Feilen passenden Bohrungen versehen. Querbohrung erlauben die Halteschrauben auf die Feilen zu wirken. Das Arrangement an Querbohrungen erlaubt es die Feilen nach Bedarf in verschiedene Richtungen zu drehen.


Die Auswahl an Reduzierhülsen

Die Führungsstange für den Gegenhalter wurde auf der Uhrmacherdrehbank mit einem Feingewinde 8 mm x 1 mm versehen, da ich einen entsprechenden Gewindebohrer zur Hand hatte. Zwei Rändelmuttern werden eine Spiralfeder unter Druck halten, die ihrerseits Zug auf die Feilen bzw. Sägeblätter ausübt. Dünne Feilen und Sägeblätter müssen unter Zug gehalten werden, damit sie bei der Aufwärtsbewegung nicht abknicken. Die Rändelmuttern wurden aus Aluminium hergestellt, um die bewegten Massen möglichst gering zu halten.


Unterer und oberer Feilenhalter zusammen mit der oberen Führungsstange

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Das nächste Teil, das anstand, war der Gegenhalter bzw. die obere Sägeblattführung. Für die Konstruktion der Feilen- bzw. Sägeblattführung gibt es drei prinzipielle Möglichkeiten. Jede hat ihre spezifischen Vor- und Nachteile:

1) die Feile/Säge kann in einen Rahmen eingespannt werden und dieser Rahmen wird auf und ab bewegt, wie dies bei den weiter oben abgebildeten antiken Maschinen der Fall ist; der Vorteil einer genauen Paralleführung und konstanten Werkzeugspannung wird durch die Bewegung größerer Massen erkauft, so daß die Maschine gut am Werktisch befestigt werden muß; falls man den Rahmen nicht abnehmbar gestaltet, ist die Arbeit an größeren Werkstücken mit nur einseitig geführten Feilen/Sägen nicht möglich.

2) der Rahmen für die Feilen-/Sägeführung steht fest und hat an seinem oberen Ende ein Gleitlager für einen Führungskolben; die Feile bzw. das Sägeblatt wird durch eine (nachstellbare) Feder unter Spannung gehalten, die bei jeder Hubbewegung komprimiert wird; dieses Prinzip wird z.B. bei der kleinen Proxxon Dekupiersäge angewendet; Nachteil ist die über den Hubzyklus veränderliche Federspannung, Vorteil, daß der gesamte Gegenhalter leicht abgebaut werden kann; außerdem sind die bewegten Massen relativ gering.

3) Der Gegenhalterarm ist als Blattfeder ausgeführt, so wie dies bei vielen älteren Dekupiersägen der Fall ist; diese Konstruktion ist für eine Feilmaschine nicht geeignet, da das Werkzeug nicht parallel geführt wird, sondern über den Hubzyklus eine Pendelbewegung ausführt (was beim Sägen hingegen nützlich ist).

Da bei dem Stichsägenvorsatz der Mechanismus durch einen Deckel geschützt ist, war eine Konstruktion nach (2) bereits vorgegeben. Das erleichtert auch das Arbeiten mit kurzen Feilen ohne Gegenhalter.


Ausbohren des Gegenhalters für den Ständer


Ausbohren des Gegenhalters für das Lager der oberen Feilenführung

Der Gegenhalter wurde aus einem Abschnitt von 15 mm x 15 mm Aluminium hergestellt. Die Bohrung für das selbstschmierende Lager der oberen Feilenführung und die Säule wurden für leichten Presssitz ausgebohrt bzw. für Schiebesitz ausgerieben. Um dem Teil die etwas die Anmutung eines Gußteiles zu geben, wurden Gewichtserleichterungen mit einem Kugelfräser eingefräst. Die Enden wurden auf der Drehbank an einer Feilscheibe abgerundet. Solche Feilscheiben sind heute extrem rar und dann teuer, aber ich hatte vor einiger Zeit das Glück eine solche zu einem guten Preis zu finden.


Bearbeiten des Gegenhalters um ihm die Anmutung eines Gußsteils zu geben


Abrunden der Enden des Gegenhalters an einer Feilscheibe in der Drehbank

Der Gegenhalter wurde dann geschlitzt, um ihn mit einem Anzugsbolzen an der Säule in der erforderlichen Höhe feststellen zu können. Die Anzugsschraube fand sich in meiner Grabbelkiste von Teilen alter Uhrmachermaschinen, hatte aber das ungewöhnliche Gewinde von 7/32 Zoll Druchmesser und 24 Gängen pro Zoll. Glücklicherweise hatte ich vor Jahren auf dem Flohmarkt aus den Restbeständen einer alten Wiener optischen Fabrik ein Handvoll exotischer Gewindebohrer erstanden und es fand sich der richtige darunter.


Schlitzen des Gegenhalters auf der Fräsmaschine


Der fertige Gegenhalter mit Anzugsbolzen

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wefalck

Da die Feilmaschine dazu gedacht ist, sehr kleine Teile zu bearbeiten, ist es wichtig, daß der Spalt zwischen den Feilen und dem Tisch möglichst klein gehalten wird. Andererseits habe ich eine beträchtliche Auswahl von Feilenformen und –größen. Die Lösung sind herausnehmbare Einsätze im Arbeitstisch.


Bohren und Senken der Rohlinge für die Einsätze

Die Rohlinge wurden als Quadrate aus einer 2 mm dicken Aluminiumplatte geschnitten. Ein Loch mit 2 mm Durchmesser wurde genau in der Mitte der Quadrate gebohrt. Auf diese Weise konnten die Rohlinge auf einen Spanndorn aufgefädelt und dann in Drehbank rund-gedreht werden.


Quadratischer Spannzangenhalter mit gebohrtem und gesenktem Einsatz

Der gleiche Aufnahmedorn wurde in einen quadratischen Spannzangenhalter gespannt und dieser wiederum in einem Schraubstock auf der Horizontalfräsmaschine. Durch Umschlagen konnten zwei genau symmetrische Befestigungslöcher für M2 Senkkopfchrauben gebohrt und gesenkt werden.


Fertige Rohlinge für Tischeinsätze

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StiftRoyal

Allerfeinste Feinmechanik! Ich liebe es bei soetwas zu zuschauen. Deine Uhrmacher Drehbank scheint ja wirklich sehr flexibel zu sein. Ist das eine Lorch?

Helge

Wenn Du denkst es geht nicht mehr, dann .... Dann gib einfach auf!

wefalck

Danke für den Link zu meiner Web-Seite  :D

Ist eine Lorch, Schmidt & Co. WW-Drehbank mit so ziemlich allem Zubehör, das jemals in den Katalogen gelistet war (und mehr). Für die Uhrmacherdrehbänke gibt es sehr viele Spannmittel, um vorallem kleine und kleinste Teile beim Bearbeiten zu halten. Die Spindelaufnahmen der Drehbank und der beiden Fräsmaschinen sind alle für 8 mm WW-Spannzangen eingerichtet, ebenso die selbstgebaute Teilvorrichtung, so daß man Werkzeug und Werkstücke leicht von einer auf die andere Maschine transferieren kann.
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