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Galeazza Veneziana Ende XVII. J.h.

Begonnen von galeotti, 12. Mai 2017, 23:23:42

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galeotti


Das Bild ist wieder meinem Stift entsprungen
Nach mehreren Jahren melde ich mich mal wieder  an Board. Eigentlich war Schiffsmodellbau für mich abgeschlossen bis ich mir das Buch Navi Veneziani aus Italien mitgebracht habe. Darin sind eine Menge Original- Risse und Pläne aus dem Arsenal von Venedig und diversen anderen Quellen abgedruckt. Unter anderem auch einige von Galeassen des 17. und 18. Jh. und schon war ich wieder infiziert. Ich hatte auch noch das Buch "Galeazze un sogno neneziano" von Guido Ercole gekauft, musste aber feststellen, dass dessen Pläne eher reine Fantasieschiffe als echte Rekonstruktionen sind. Sowohl die Lepanto-Galeasse von 1571 als auch die von 1650 sind historisch nicht haltbar. und decken sich nur in einigen Teilen mit Originalplänen. Erstaunlich, dass seine Modelle im Marinemuseum von Venedig ausgestellt sind. Einen großen Baubericht möchte ich nicht schreiben aber ein paar Bilder zeigen.
Ich habe mich für einen Maßstab von 1:95 entschieden und benutze hauptsächlich Pappe, Karton und auch teilweise Holz. Das Spantengerüst habe ich in Hartpappe ausgeführt. die Zwischenräume, zwischen den Spanten mit Softknete ausgefüllt und diese durchtrocknen lassen. Da diese bei der Trocknung schwindet wurde das ganze noch mit wasserverdünnbaren Holzspachtel geglättet. Als Beplankung habe ich Fotokarton in 5 mm-Streifen geschnitten und den gesamten Rumpf damit beklebt. Die Auslegerbalken sind aus Holz





Das ist der gegenwärtige Stand. Die Segel sind nur für Fotos provisorisch befestigt da erst sämtliche Ruderbänke eingeklebt werden müssen, bevor die Takelage drankommt.

http://666kb.com/u.php



Fertig ist auf den Fotos noch nichts, weder der Anstrich noch die Verzierungen.
Zum Schiff noch etwas Historie
Galeassen kamen im 17. Jh. noch bei den diversen Dardanellen-Schlachten im osmanisch/venezianischen Krieg um Kreta Erfolge im Einsatz.
Auf den ersten Blick, scheint dieser Schiffstyp nicht mehr viel mit dem von 1571 zu tun zu haben.

Galeasse 1571
Das täuscht aber durch das Vorschiff, welches einem zeitgenössischen Segelschiff ähnlicher war als das einer Galea grossa b.z.W. Galeazza. Eigentlich hatte man nur das Vorkastell etwas gestreckt und an Stelle des Rammsporns ein begehbares Galion angebaut. Da diese Schiffe weniger zum entern gebraucht wurden, hatte der Sporn, der bei Galeeren die Brücke zum Gegner bildete seine Bedeutung verloren. Auch die Gestaltung der Heckaufbauten war etwas anders aber die weiten Überstände und Auskragungen über das Heck hinaus waren geblieben.
Die Corsia (Mittelgang) ist bei der Galeasse viel breiter (,ca 2 m ) als bei einer Galeere (ca 0,80 m), was den Vorteil einer größeren Bewegungsfreiheit für die Besatzung bot aber auch ermöglichte, dass sich die wichtigsten Luken, wie die zur "Santa Barbara" ( Bezeichnung für Pulverkammer auf Galeeren und Galeassen) auf der Corsia und nicht ,wie bei Galeeren unter den Ruderbänken befanden. Die Corsia selbst war, unter den Laufbrettern quer in Sektionen unterteilt in denen u.A. ein Teil des Trinkwasservorrates für die Ruderer aufbewahrt wurde. Ein Deck über den Ruderbänken war aber auch hier nicht vorhanden. Statt dessen waren Laufbrücken auf dem oberen Teil der seitlichen Schanzkleider (ca 2 ,-m über den Ruderbänken) angebracht worden, auf denen sich bei Kriegsfahrten ein Teil, der an Bord befindlichen Soldaten Söldner aufhielt. Kanonen konzentrierten sich auf Bug-und Heckkastell . Zwischen den Riemen waren einige Geschütze mit kleineren Kalibern untergebracht.
In der ersten Hälfte des 16. Jh. hatte Vettor Fausto , in seiner Eigenschaft als Chef des Arsenals, der auch ein Hobby-Konstrukteur war, festgelegt, dass Großgaleeren ein einheitliches Heck mit Heckruder ,welches an einem gekrümmten Steven befestigt war führen mussten. Diese Stevenform war allerdings ziemlich problematisch und erlaubte lediglich zwei Scharniere (Fingerlinge) als Befestigung für das Ruder. Ein solch krummes Ruder ließ sich schlecht mittels Pinne bedienen, da der obere Teil hin-und her schwenkte, statt sich nur zu drehen. Auch die Galeassen des 17. Jh. waren noch nach der Methode" alla Faustina" (nach Fausto) konstruiert (Skizze 1 Heck1). Man begann den ,weiterhin gekrümmten Steven zu modifizieren, indem man den unteren Teil durch ein gerades Stück einebnete, was ein normal drehbares Ruder ermöglichte (Skizze1 Heck 2). Um endlich ein, wie in Nordeuropa längst übliches Steuerruder zu nutzen wurde schließlich der gesamte Steven geradegezogen. Da die Südeuropäer aber Rundungen liebten bekam auch die Galeasse die beiden A....backen, die auch die Galeeren längst hatten. Bei der Galeasse waren sie aber etwas dicker. Genannt wurde dieses Ruder a Ponentina.

http://666kb.com/u.php
Vollkommen aus der Mode kam das Heck alla Faustina aber offenbar nicht ,denn das Firmenschild eines Schiffbauers des Arsenals aus den fünfziger Jahren des 18. Jh. zeigt tatsächlich den Rumpf einer Galeasse mit rundem Heck http://www.albert-ottenbacher.de/venice/nave.jpg Das Schiff unten rechts im Vordergrund.
Galeazza alla Faustina  http://www.veniceboats.com/images/navi-sottili-disegno-galeazza-alla-faustina-fianco-msnv.jpg
Galeazza a Ponentina: http://www.veniceboats.com/images/galeazza%20n%2066.jpg
Venezianische Galeassen wurden in Ihrem Rang farblich gekennzeichnet. Die Kommandoschiffe ware die "Galeazza rossa" mit einem komplett rotem (venezianisch rot) Anstrich. Nur der Unterwasserteil wurde mit einem weißen Schutzanstrich ,bestehend aus Waltran ,Unschlitt, zerstoßenem Glas, Harz und Bleiweiß gegen den Bohrwurm versehen. Die gewöhnliche Galeasse wurde nach ihrer schwarzen Farbgebung "Galeazza nera" genannt .
Das wars erst mal für heute.
:winken: Steffen



Galeere "la real" Schebecken, z.Z. Galeasse

galeotti

Eigentlich hatte ich im Text geschrieben, dass ich keinen Baubericht schreiben werde. Hätte man nicht in diesen Thread verschieben müssen.
Galeere "la real" Schebecken, z.Z. Galeasse

maxim

Toll, wieder was von Dir zu sehen!

Auch wenn kein vollständiger Baubericht geplant ist, ist dieser Beitrag schon sehr spannend!
Im Bau: Schwerer Kreuzer USS Salem (1/700, Kombrig)


bughunter

Zitat von: galeotti in 12. Mai 2017, 23:23:42
Das Bild ist wieder meinem Stift entsprungen
Das Modell ist ja schon toll, aber das Bild ist der Hammer :P

Viele Grüße,
Bughunter

Wikipedia sagt: "Ein Modell ist ein vereinfachtes Abbild der Wirklichkeit."
Deshalb baue ich lieber verkleinerte Originale.

Flugwuzzi

Toll gemacht ... sowohl Bild als auch Modell  :P

lg
Walter
DAS GEHEIMNIS DES ERFOLGES IST ANZUFANGEN. (Mark Twain)

galeotti

Hier ist ein Foto von der im Bau befindlichen Galeasse (oben) und ihrer Uroma ;) der Galia grossa aus dem ausgehenden 15. Jh. Die Galeazza kann man als Weiterentwicklung der spätmittelalterlichen großen Handelsgaleeren sehen.

Auf meinen zwei Zeichnungen ist die Veränderung der Bugsektion im Abstand eines Jahrhunderts dargestellt. Besaß die Galeasse von 1571 noch eine Ramme so wurde diese zugunsten eines Galions ab dem 17. Jh. weggelassen. Die Anzahl der Kanonen erhöhte sich aber nur unwesentlich. Einige Galeassen führten auch Bugspriet mit Blinde. Es existiert auch eine Zeichnung aus dem 18. Jh. welches eine venezianische Galeasse mit kompletter Rahtakelung zeigt. Zwecks besserer Segelbdienung besaß diese aber vermulich ein Deck ,möglicherweise ein Grätingdeck über der Rojersektion.

:winken: Steffen
Galeere "la real" Schebecken, z.Z. Galeasse

nuggetier

Fertig gebaute Modelle seit ich hier angemeldet bin: Porsche 356 B/C 1:24, ---  Umbau/Streckung ägyptische Figur "Sobek";
Angefangene Bauberichte:  "Rio Magdalena" 1:160, "Ghostbusters Cadillac", diverse "Citroen B14" 1:24, "Mississippi Queen" 1:271 http://www.modellboard.net/index.php?topic=43112.msg643463#msg643463, "Mississippi-Schauferaddampfer" 1:250, "Burgmodell" 1:400, "Odawara-Castle" 1:350, "Burg Eltz" Scratchbau 1:160, Umbau - aus '34er Ford wird ein Mercedes C

maxim

@ Steffen: aus Neugier: auf der Galeon waren bei Segelkriegsschiffen typischerweise die Mannschaftstoiletten. War das genauso bei den späten Galeassen? Und was ist mit den frühen? Und die Ruderer hatten sowieso Pech?
Im Bau: Schwerer Kreuzer USS Salem (1/700, Kombrig)


galeotti

#8
Zitat von: maxim in 16. Mai 2017, 06:26:07
@ Steffen: aus Neugier: auf der Galeon waren bei Segelkriegsschiffen typischerweise die Mannschaftstoiletten. War das genauso bei den späten Galeassen? Und was ist mit den frühen? Und die Ruderer hatten sowieso Pech?
Hi Maxim, über Toiletten schweigen sich die meisten Quellen aus und auch auf Plänen sind sie nicht eingezeichnet. Galionsaborte gab es wohl nicht, aber eine Galeasse besaß, ebenso wie eine Galeere genügend , den Rumpf überragende Ausbauten auf den Auslegern ,die geeignete Plätze dafür boten, wie hier bei der" Real" im Marinemuseum in Brcelona http://svsm.org/gallery/galley/IMGP3449. Die großen Überstände am Heck waren für die Offiziere und Passagiere vorbehalten. Auf Kriegsfahrten drängten sich fast 1000 Personen auf einem solchen Schiff und der Geruchspegel war sicher mächtig. Wie die Entsorgung der Notdurft der Ruderer ablief ist ebenfalls in keiner zeitgenössischen Quelle auffindbar. Ich vermute, dass diese Pützen oder andere Gefäße unter ihren Bänken verstaut hatten. Während des Ruderns dürfte es allerdings ziemlich schwierig gewesen sein.Eine Zeichnung vom Innenleben einer späten Galeasse zeigt ein gewisser Antonio Nadale in seinen venezianischen Notizen aus dem 18. Jh. http://www.internetculturale.it/jmms/iccuviewer/iccu.jsp?id=oai%3Awww.internetculturale.sbn.it%2FTeca%3A20%3ANT0000%3AIT-PD0158-SCAFF_II_A_34_60&mode=all&teca=MagTeca+-+ICCU Auch hier sind keine Aborte eingezeichnet . . Bei diesem Schiff der letzten Galeassengeneration war das Galion relativ kurz.
Über die Toiletten an Bord einer Großgaleere schrieb der Mönch Felix Fabri, der 1490 an Bord eines solchen Fahrzeuges auf Pilgerfahrt ins heilige Land war: Die Reisenden hatten für eventuelle Bedürfnisse, je ein irdenes Gefäß neben ihren Kojen stehen. Am Morgen waren diese Nachttöpfe zum größten Teil umgefallen oder umgestoßen und verwandelten den ,ohnehin stickigen Raum, in ein entsetzlich stinkendes Loch. Wer nach dem aufstehen seinen Darm erleichtern wollte, mußte zum Rammsporn der Galeere gehen, an dem einige Sitze mit Loch angebracht waren. Dort bildeten sich oft lange Schlangen von Wartenden, die schimpfend und fluchend, diejenigen, die einen der begehrten Lokusplätze ergattert hatten, zur Eile antrieben. In einem anderen Pilgerbericht empfielt der "Ritter von Grünemberg" die Anschaffung eines starken Riechmittels.
Besonders schamhaft sollte man möglichst nicht an Bord einer Galeere oder Galeasse gewesen sein.
Jean Marteilhe, ein zum Galeerendienst verurteilter französischer Hugenotte erwähnt die Schinderei, die eine Komplettreinigung einer Galeere für die Sträflinge darstellte. Die komplette Galeere wurde gekränkt um die Bänke unter Wasser zu setzen. Anschließend wurde alles mit Sand gescheuert und alle Holzteile mit eisernen Schabern bearbeitet. Er erwähnt auch in einem Nebensatz den Toilettengang der Sträflinge in ruderfreier Zeit. Der Ruderer meldete sich beim Aufseher, sagte "la Bande" was bedeutete, dass der Ruderer auf den Ausleger, zu den Speigatten, zwecks Erleichterung gehen wollte. Offenbar waren die Fußketten lang genug dafür.
Alles in allem war das Leben an Bord eine ziemlich anappetitliche Sache.

Galeere "la real" Schebecken, z.Z. Galeasse

maxim

Hi Steffen,
vielen Dank für die Ausführung - wirkt so, als hätte der zusätzliche Platz auf eine Galeasse nicht zu mehr Komfort geführt, zumindest nicht zu mehr Hygiene.

Das Galeeren furchtbar waren, habe ich schon öfters gelesen.

Bis denn
Lars
Im Bau: Schwerer Kreuzer USS Salem (1/700, Kombrig)


asdic

Ein richtig schöner Beitrag mit seltenen historischen Tiefgang - eigentlich sind Galeassen nicht mein Interessengebiet, aber diese gut recherchierten Anekdoten mit den hochwertigen Skizzen dazu beleben dieses Board ungemein.

galeotti

Zitat von: asdic in 24. Mai 2017, 21:37:14
Ein richtig schöner Beitrag mit seltenen historischen Tiefgang - eigentlich sind Galeassen nicht mein Interessengebiet, aber diese gut recherchierten Anekdoten mit den hochwertigen Skizzen dazu beleben dieses Board ungemein.
Hallo asdic, freut mich, wenn Dir meine Beiträge und Bilder gefallen. Als ich noch aktiver im Modellbau war habe ich mehrere solche illustrierten Threads erstellt, die auch noch vorhanden sind. Z.B. http://modellboard.net/index.php?topic=16628.0    http://modellboard.net/index.php?topic=24289.0
http://modellboard.net/index.php?topic=16438.15
Galeere "la real" Schebecken, z.Z. Galeasse

asdic

Fantastisch - das sind ja regelrechte Abhandlungen. Erinnert mich an der sehr gute Buch "Wachablösung auf dem Ozean", wo die Schlacht von Lepanto auch kurz angeschnitten wird. Die Lektüre macht noch mehr Spaß als das Bilder anschauen, und das heißt in diesem Board schon was. Die Unterstellung faschistischer Geschichtsverklärung in einem der Beiträge hat mich wahrscheinlich mindestens genauso irritiert wie dich - wobei die Rhetorik "übelstes Gesocks überhaubt" jetzt nicht wirklich eine linksliberale Handschrift trägt ;-)

galeotti

#13
Zitat von: asdic in 26. Mai 2017, 13:07:16
- wobei die Rhetorik "übelstes Gesocks überhaubt" jetzt nicht wirklich eine linksliberale Handschrift trägt ;-)
Sicher keine nette Bezeichnung, war aber nur eine Entgegnung darauf, dass "Panzerchen" die Amis als Gesocks bezeichnet hat. Das Wort ist erst in letzter Zeit hauptsächlich von Rechten verwendet worden. In Sachsen haben wir das auch früher, vollkommen ohne politischen Hintergrund für üble Leute benutzt. Grundsätzlich sollte man aber in öffentlichen Foren derartige Begriffe nicht verwenden, auch nicht wenn man verärgert ist :n??:
Wenn Dich das Thema Lepanto interessiert kannst Du auch hier noch einiges lesen http://www.geschichtsforum.de/f328/die-galeassen-von-lepanto-26173/  http://www.geschichtsforum.de/f14/venedigs-niedergang-beginnt-mit-personellen-fehlentscheidungen-49148/
Galeere "la real" Schebecken, z.Z. Galeasse

asdic

Völlig richtig, mein Zitat hat sich ja auch auf "Panzerchen" bezogen - danke für die Links; Das Forum kannte ich noch garnicht.

galeotti

#15
Hier habe ich einmal einen Schnitt, am Hauptspant skizziert. Die Corsia, der Mittelgang war bei Galeeren nur ca 90 cm breit, bei Galeassen fast 2 Meter. Der Aufbau der Duchten (Ruderbänke) war identisch bei beiden Schiffstypen. Als Fußboden und Ruheplatz befand sich unter der eigentlichen Ruderbank die bei den Franzosen Banquette genannte Fußbank. Damit stand die "Ciurma" (Rudermannschaft) nie auf dem eigentlichen Deck, sondern darüber. Unter der Banquette verwahrten sie ihre wenigen Habseligkeiten und ihre Essschüsseln. 

Um die Duchten einzupassen müssen zwei Figuren probesitzen.

Auf venezianischen Galeassen befand sich ein Beiboot quer zum Schanzkleid, welches deshalb durchbrochen war, zwischen den Ruderbänken. (Hier nur zum Testen ein Pappmodell, ist noch nicht das richtige Boot)

Da ich diesem Maßstab keine Grätings basteln wollte, habe ich etwas sehr Geeignetes entdeckt. In Saatschalen für Kresse befindet sich ein Gitterboden aus Plastik, dessen Löcher genau die richtige Größe haben. Auf Lukengröße zugeschnitten und mit hellbrauner Acrylfarbe gestrichen sind das ideale Grätings.
:winken:Steffen

Galeere "la real" Schebecken, z.Z. Galeasse

galeotti

Es existiert eine alte Zeichnung, vermutlich vom Beginn des 18. Jh. welche eine venezianische Galerasse mit einer vollständigen Querrahtakelage zeigt. Riemen sind auf dem Bild, anders als bei allen anderen historischen Abbildungen aber nicht dargestellt, nur die Ruderluken. Daraus kann man schließen, dass ,nachdem man die Galeasseneinheiten auflöste, die Schiffe selbst nicht abgewrackt sondern zu reinen Seglern umgerüstet wurden. Sie konnten zwar bei Flaute nach wie vor gerudert werden, führten aber wohl keine komplette ,mehrhundertköpfige Sträflingstruppe mehr mit. Zwecks besserer Segelbedienung dürfte auch ein geschlossenes Oberdeck gegeben haben.

Zeichnung stammt von mir, ich verletze nur mein eigenes Copyright :pffft:
:winken:Steffen
Galeere "la real" Schebecken, z.Z. Galeasse

Speedy

Vielen Dank für diese phantastischen Zeichnungen und Deine Erläuterungen. Das macht mir endlich einmal vorstellbar, wie es auf einer Galeere tatsächlich ausgesehen hat.

Ist es eigentlich richtig, dass die alten Römer, anders als bei Ben Hur dargestellt, keine Rudersklaven auf ihren Galeeren einsetzten? Wenn ja, warum ist man von dieser Praxis später abgewichen? Im Enterkampf hätte man doch erheblich mehr Kampfkraft gehabt.

galeotti

#18
Zitat von: Speedy in 08. Juni 2017, 08:26:54
Ist es eigentlich richtig, dass die alten Römer, anders als bei Ben Hur dargestellt, keine Rudersklaven auf ihren Galeeren einsetzten? Wenn ja, warum ist man von dieser Praxis später abgewichen? Im Enterkampf hätte man doch erheblich mehr Kampfkraft gehabt.
Hallo Speedy, weder die Griechen noch die Römer setzten Sklaven als Ruderer auf Kriegsschiffen ein. Auch die Galeerenstrafe für Kriminelle wurde erst 1500 jahre nach Ben Hur eingeführt. Ruderer war in der Antike und noch bis über das Mittelalter hinaus ein bezahlter Beruf. Mit dem Beginn des 16. Jh. änderte sich das allmählich. Mit der Einführung von Kanonen und Handfeuerwaffen an Bord von Galeeren wurden auch zunehmend Söldner angeheuert und die Bedeutung der Rojer als eigene Kampftruppe schwand, was sich auch auf ihren sozialen Status negativ auswirkte. Waren sie früher Mitglieder der Besatzung so wurden sie zunehmend als Unterschicht, mit schlechterer Verpflegung und Bezahlung an Bord betrachtet. Es wurde immer schwerer freie Männer, unter diesen verschlechterten Bedingungen zu bekommen. Die Venezianer setzten noch am längsten, von allen Mittelmeermächten auf freie Männer. Sie heuerten diese verstärkt in ihren Kolonien in Griechenland , Albanien und Kroatien an. Nachdem sie nach und nach diese Ländereien an das osmanische Reich verloren, mussten auch sie Sträflinge und gekaufte Sklaven ,meist in Gefangenschaft geratene Moslems einsetzen. Die Spanier, Malteserritter, der Kirchenstaat und Genuesen waren da schon längst, zum größten Teil auf Sträflinge und Kriegsgefangene umgestiegen. Die Inquisition verurteilte z.B. leichtere Fälle von sog. Ketzerei zum Galeerendienst und bei den Franzosen landeten unter Ludwig XIV. die Protestanten (Hugenotten) auf der Ruderbank. Es gab zwar nach wie vor immer einige Freiwillige ,"Buonavoglia" genannt, aber auch das waren in der Regel Leute, die Schulden abarbeiteten oder ehemalige Galeerensträflinge, die nach Abbüßung ihrer Strafe mit dem Leben in Freiheit nicht zurecht kamen. Sie wurden durch ihre Frisur kenntlich gemacht. Waren die gefangenen Ruderer kahl geschoren so behielten die Freiwilligen eine Haarsträhne in der Kopfmitte. Prügel erhielten sie aber ebenso wie die Sträflinge, konnten sich aber etwas besseres Essen und Wein kaufen, da sie eine kleine Heuer bekamen.
Da Galeeren und Galeassen einen enormen Menschenverschleiß hatten, wurden ständig Männer aus ganz Europa zusammengekauft. Im 16. Jh. verkaufte z.B. Nürnberg gefangene Kleinkriminelle nach Italien und 1539 wurden die Männer der verbotenen Hutterer- Glaubensgemeinschaft aus Niederösterreich an den genuesischen Admiral Andrea Doria als Ruderer geliefert. Die Franzosen entführten aus ihren amerikanischen Kolonien Irokesenkrieger für die Galeeren nach Europa. Nachdem das zu Unruhen in der indianischen Bevölkerung sorgte, wurden diese aber wieder zurückgebracht.
Galeeren sahen etwas anders als Galeassen aus. Sie waren viel flacher gebaut und hatten in der Regel einen Rammsporn, der aber immer länger und dünner wurde, was ihn mehr zur Dekoration als zum echten Kampfmittel werden ließ. Beispiel dafür ist mein Bild (mein Copyright) der Großmeistergaleere von Malta (Magistrale di Malta) ." Magistrale" bedeutete, dass der Großmeister (Magister) der Malteserritter für den Unterhalt des Schiffes aufkam.

Galeere "la real" Schebecken, z.Z. Galeasse