Werner Zimmermann: Das etwas andere Schiffsmodell

Begonnen von Teredo, 01. Januar 2009, 11:41:26

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Teredo

Das etwas andere Schiffsmodell
Grundlagen und Techniken für den realistischen Schiffsmodellbau

von Werner Zimmermann

Paperback, 104 Seiten, zahlreiche Schwarzweißfotos und -skizzen.
Neckar-Verlag, 2004.
ISBN 978-3-7883-0682-3
€ 11,50




Dass es so lange gedauert hat, bis ich mir das Buch angeschafft habe, lag wohl an dem etwas sonderbaren Titel ,,Das etwas andere Schiffsmodell". Obendrein war da noch so ein komischer Dampfer im Packeis abgebildet – brrrrr!
Dann wurde das Buch in Mondfelds neuer Enzyklopädie als nicht gerade unwichtig erwähnt, und die knapp zwölf Taler bedeuten auch nicht die Welt.
Vorneweg: Neben dem Dampfer taucht auch noch ein U-Boot auf, aber sonst geht es in erster Linie um hölzerne Segelschiffe.
Das eher schmale Bändchen ist alphabetisch nach Stichworten gegliedert: Mit ,,Abziehbilder" fängt es an, mit ,,Webeleinen" findet es sein Ende. Die einzelnen Artikel sind manchmal nur ein paar Absätze lang, andere erstrecken sich über mehrere Seiten. So ist ,,Farbgebung historischer Schiffe" sieben Seiten lang. Dabei handelt es sich um den überabeiteten grundlegenden Aufsatz aus dem ,Logbuch'. Allein dieser Abschnitt ist schon den Kaufpreis wert. Nach der Lektüre dürfte kein Modellbauer mehr ein Schiff, das vor dem Ende des 18. Jahrhunderts gebaut wurde, blau anmalen.
Zimmermann erläutert den ,realistischen' Schiffsmodellbau, den er gegen den ,akademischen' abgrenzt. Besonders wichtig in diesem Zusammenhang sind seine Ausführungen zu ,,Detaillierungsgrad" und ,,Maßstab" (so heißen auch die entsprechenden Abschnitte, deshalb die Anführungszeichen). Die Konsequenzen aus seinen Thesen sind manchmal schon erstaunlich: In kleineren Maßstäben hält er die plastische Ausarbeitung kleinerer Details nicht nur für überflüssig, sondern für falsch. Spanten von Beibooten etwa sind seiner Ansicht nach nicht mehr originalgetreu auszuführen, sondern einfach durch (sorgfältige!) Pinselstriche zweidimensional darzustellen. Ähnliches fordert er für die Plankenverdübelung. Segel aus Stoff – und sei er noch so fein – würden eigentlich nie dem originalen Eindruck entsprechen können, mit Papier käme man zu weitaus besseren Resultaten.
Manches was der ,herkömmliche' Modellbauer sich unter Mühen abringt, wird schlicht als überflüssig über Bord geworfen: Taue selbst schlagen? Kein Gedanke.
Und so geht das munter weiter.
Bei jedem Absatz kommt irgendetwas Verblüffendes, und der Leser, der sich schon näher mit der Materie beschäftigt hat, kommt ins Grübeln: Vielleicht sollte man den einen oder anderen Ratschlag wirklich einmal selbst umsetzen. Denn dummes Zeug steht da nirgends, und die Modelle von Werner Zimmermann gehören bekannterweise in die absolute Oberliga.
Fazit: Das Büchlein ist mehr als sein Geld und gehört in jeden (Schiffsmodellbauer-)Haushalt.
Sich sägen bringt Regen.

modellbau.fan

Hallo Teredo,

vielen Dank für die Buchvorstellung.  :P

Auch wenn das Buch von Herrn Zimmermann verfaßt wurde, empfinde ich das Fazit und die Betrachtungsweisen hinsichtlich 'realistischen' Schiffsmodellbau mit dem Themenbereich 'Detaillierung vs. Maßstab' als sehr absolutistisch eines sehr dedizierten Blickwinkels.

Ich denke jeder hat ein 'Recht auf eigene Meinung.' gerade unter dem Fokus 'Was möchte ich mit meinem Modell bezwecken.' und davon ableitend entscheidet sich der Detaillierungsgrad im einem gewählten Maßstab. Weitere Faktoren hinsichtlich Entscheidungsfindung sind technische Möglichkeiten, persönliche Handfertigkeiten etc. ...

Da orientiere ich mich als 'herkömmlicher' oder soll ich besser sagen als 'Ottonormal'-Modellbauer lieber an Philip Reed und Büchern spezieller Epochen / Schiffe / Typen, als an akademischen Betrachtungsweisen zu hölzernen Schiffchen.

Sorry, modellbau.fan  :winken:

Teredo

Zitat von: modellbau.fan in 01. Januar 2009, 20:50:28
Auch wenn das Buch von Herrn Zimmermann verfaßt wurde, empfinde ich das Fazit und die Betrachtungsweisen hinsichtlich 'realistischen' Schiffsmodellbau mit dem Themenbereich 'Detaillierung vs. Maßstab' als sehr absolutistisch eines sehr dedizierten Blickwinkels.

Das ist wohl ein Missverständnis. Zimmermann erläutert seine Sichtweise und seine Techniken, aber er propagiert sie nicht als allein selig machend. Noch weniger verurteilt er andere Sichtweisen.
Da ist beispielsweise der Herr Mondfeld wesentlich rigoroser in seinen Äußerungen.

ZitatIch denke jeder hat ein 'Recht auf eigene Meinung.' gerade unter dem Fokus 'Was möchte ich mit meinem Modell bezwecken.' und davon ableitend entscheidet sich der Detaillierungsgrad im einem gewählten Maßstab.

So ähnlich sagt es Zimmermann.

ZitatDa orientiere ich mich als 'herkömmlicher' oder soll ich besser sagen als 'Ottonormal'-Modellbauer lieber an Philip Reed und Büchern spezieller Epochen / Schiffe / Typen, als an akademischen Betrachtungsweisen zu hölzernen Schiffchen.

Gerade das Akademische ist nicht die Sache Zimmermanns. Für sich selbst formuliert er sein Ziel eher so, dass man auf einem Foto nicht mehr erkennen soll, dass es sich um ein Modell handelt, sondern dass es eine Abbildung des Originals sein könnte. Dazu gehört u. a. die historisch richtige Farbgebung, aber eben auch die Anwendung teilweise verblüffend anderer Techniken und Materialien.
Am Ende kommt durchaus etwas ganz ähnliches wie bei Reed heraus.


Sich sägen bringt Regen.

modellbau.fan

Hallo Teredo,
das relativiert für mich die Rezension. Mich erschrecken nur solche beispielhaften dogmatischen Aussagen:

ZitatIn kleineren Maßstäben hält er die plastische Ausarbeitung kleinerer Details nicht nur für überflüssig, sondern für falsch.

... by the way.

Eventuell könntest Du ja der Buchvorstellung ein paar Bildauszüge spendieren, dass könnte Irritationen vermeiden.  ;)

CU modellbau.fan  :winken:

Teredo

Zitat von: modellbau.fan in 02. Januar 2009, 18:39:14
Hallo Teredo,
das relativiert für mich die Rezension. Mich erschrecken nur solche beispielhaften dogmatischen Aussagen:

ZitatIn kleineren Maßstäben hält er die plastische Ausarbeitung kleinerer Details nicht nur für überflüssig, sondern für falsch.

Natürlich wirkt der ganze Text zu diesem Thema nicht so pointiert. Er diskutiert den Zusammenhang von Maßstab und Betrachterabstand zum originalgroßen Objekt und folgert daraus, dass bei einer Distanz von über 35 m, ab der räumliches Sehen nicht mehr möglich ist, "dass eine plastische Darstellung bestimmter Details in diesem Maßstab unter Umständen kontraproduktiv wirken kann, weil diese am Originalschiff nicht mehr als körperliche Objekte in Erscheinung treten."

ZitatEventuell könntest Du ja der Buchvorstellung ein paar Bildauszüge spendieren, dass könnte Irritationen vermeiden.







Bitteschön!

Sich sägen bringt Regen.

Marcus.K.

Danke schön! ... auch für die Vorstellung

Ich habe mir - nach der Erwähnung andernorts (Farbe von stehendem Gut?) - das Buch bestellt und verschlungen! Sehr interessant!

Gerade die Sache mit dem Maßstab und der Wahrnehmung von 3D-Strukturen würde mich aber noch weiter interessieren. Da ich mich selber ja eher passiv verhalte und wenig Modelle gesehen habe (außer hier auf Photos), würde ich gern mal von Euch allen wissen, wie Ihr das empfindet. Aber ich werde diese Frage vermutlich einfach im entsprechenden Platz nochmal neu stellen - ist ja ein interessantes Thema - und nicht teil der Buchbesprechung!

Intruder_Devil505

Mann Jungs :winken:, da habt Ihr mich aber schön ins Schleudern gebracht mit dieser Buchvorstellung  :D. Nachdem ich das hier gelesen, bzw. die Bilder der Segel gesehen, habe, war es mit dem Segelnähen bei meinem Schiffchen vorbei. Ich habe jetzt 1 Woche rumexperimentiert und immer wieder den Thread gelesen, tja, was soll ich sagen, am Freitag hab ich mir das Büchlein bei amadingsbums bestellt. Und Ihr seid Schuld :pffft: :klatsch: :klatsch: :klatsch: :winken:

hwe

Interessante Besprechung. - Ich habe mir das Buch jetzt auch mal bestellt. 11,50 sind ja nun kein Beinbruch.

Mir ist auch klar, dass man einiges "tricksen" kann und auch, dass zum Beispiel Segel meistens richtig schlecht aussehen, wenn man sie aus Stoff macht, statt aus Papier. Trotzdem will ich mich noch nicht so recht damit anfreunden, zum Beispiel Beiboot-Spanten nur zu malen. - Hintergrund: Was passiert, wenn sich der Licht-Einfallswinkel ändert? - Dann sieht das Beiboot plötzlich von innen merkwürdig aus... - Das kann bei "echten" Spanten nicht passieren. - Man muß also SEHR GENAU wissen, wo man Spanten nur aufmalt...

Mal sehen, wie mir das Buch sonst noch so gefällt...

Ciao,

HWE
:mariinee: