Flugzeuge Lilienthal's Monoplan - 1/48, AJP

[Puchi]

Griaß Euch, werte Mitkleber!

So, ich musste unbedingt wieder mal ätzen!

Diesmal handelt es sich um den von Otto Lilienthal gebauten Monoplan und ich darf Euch einladen, das Modell zu begutachten:




Historisches:

Otto Lilienthal (1848 – 1896) arbeitete – anfangs gemeinsam mit seinem Bruder Gustav – an einem damals "gewichtigen" Problem: der Mensch konnte nicht fliegen. Dazu entwickelten sie eine Reihe von Flugapparaten, einer der ersten war der sogenannte "Normalsegelapparat" oder auch Monoplan.

Dabei handelt es sich um einen Gleiter, mit dem Lilienthal an die 250 Meter weit geflogen ist. Gesteuert wurde der Gleiter hauptsächlich durch Gewichtsverlagerung.

Ab 1894 ging der Gleiter sogar in Serienproduktion und war somit das erste in Serie produzierte Flugzeug.

Der Apparat hatte eine Spannweite von 6,7 Metern und ein Gewicht von ca. 20 kg.

Lilienthal selbst wurde bei einem Absturz im Jahre 1896 so schwer verletzt, dass er an den Folgen der Verletzungen starb.

Wer mehr über Lilienthal und dessen Gleiter lesen möchte, hier nur 2 der vielen Möglichkeiten im Netz und auch in der Literatur:
https://de.wikipedia.org/wiki/Normalsegelapparat
https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Lilienthal

Das Modell:

Der Bausatz im Maßstab 1:48 stammt von AJP-Maquettes aus Frankreich und besteht aus 1 Ätzteilplatine, Papier für die Bespannung und einer Figur.

Machen wir vielleicht zuerst einen kleinen Rundgang um den Gleiter, gefolgt von ein paar Detailfotos und den dazugehörenden Bemerkungen zum Bau:



















Und jetzt die Details zu Modell und Bau:

Das erste, das auffiel war, dass die Tragflächen des Modells 10 Flügelrippen hatten, historische Fotos und Fotos von Museumsmodellen allerdings nur 9 Rippen zeigten. Somit musste jeder Tragfläche ein Rippe entnommen werden, was einen umfangreichen Umbau zur Folge hatte. Hier die bereits korrigierte Version:

Die Hände - an der Figur waren das lediglich 2 waagrechte Scheiben - habe ich jedenfalls aus Fimo neu modelliert, damit der gute Otto den Griff auch wirklich umfasst. Ebenso wurden die Gurte, durch die die Arme gesteckt werden, ergänzt.

Es wurden beinahe alle Ätzteile mittels 2K-Kleber aufgedickt, um sie nicht zu platt wirken zu lassen. Das Holz wurde mittels Acrylfarben imitiert, sämtliche angeätzten Ösen wurden entfernt und durch aus Litzendraht gebogene Ösen ersetzt und die Papierbespannung an den Rändern um die "Holzteile" gewickelt:


Das Papier habe ich mit verdünntem Weißleim auf die aufgedickten und lackierten Ätzteile geklebt. Danach wurden sie mit 2 Schichten Gunze Metal Primer gehärtet. Die grundlegende Farbgebung erfolgte mit Acrylfarben, die mit Weißleim gemischt und mit Wasser verdünnt wurden.
Da die Tragflächen kuppelartig gebogen sind, waren Falten im Papier vorprogrammiert. Um diese zu glätten, wurde einfach Botox Wasser mit der Airbrush darübergenebelt – und schon war die Bespannung babypopoglatt.
Zur Belebung der Oberfläche wurde noch Pastellkreide aufgebracht.

Für die Verspannung mittels gezogenem Gußast wurden Spannschlösser der Firma Gaspatch verwendet. Der Verlauf der Seile musste gegenüber der Bauanleitung an einer Stelle (vorderstes Seil) korrigiert werden:


Die T-förmigen Verstärkungen wurden aus Evergreenstreifchen gescratcht. Hier sieht man auch schön, dass die Bespannung um die Flügelkanten gelegt ist:


Die Masten, an denen die Verspannungsseile zusammenlaufen, wurden der Stabilität wegen durch Messingrundstäbe ersetzt und die Seile stumpf daran festgeklebt:


Auch auf der Unterseite wurden wieder Spannschlösser und Selbstbauösen verwendet. Die Bausatzteile der Holzkonstruktion wurden mit Plastiksheet verkleidet und mit Acrylfarben auf Holz getrimmt:


Die Verspannungsseile an der Unterseite laufen auf einen Ring zu, der im Holzgerüst eingehängt ist:


Dieser Ring wurde aus Litzendraht gebogen und nach dem Einfädeln in den Holzbalken verlö... verklebt :


Noch ein paar Worte zur Figur(enkatastrophe): die beiliegende Figur war – in meinem Fall zumindest – eigentlich ein Fall für den Mistkübel. Das Gesicht war nur rudimentär vorhanden, anstatt der Nase prangte ein schönes Loch von einem Lufteinschluss, die Augen waren so gut wie nicht vorhanden – bei diesem Anblick wäre sogar ein Unfallchirurg in Ohnmacht gefallen. Weiters war im Rücken in Bauchhöhe ebenfalls ein Loch, das so breit und tief war, dass man die Figur problemlos mit 2 Fingern zusammenklappen konnte. Ein Hohlkörper quasi. Auch sonst war die Oberfläche mit kleinen Lufteinschlüssen übersät. Ich habe die Figur trotzdem verwendet, da ich es interessant fand darzustellen, wie Flugapparat und Piloten interagierten. Makrofotos davon erspare ich Euch jedoch.  

So ich hoffe, die kleine Präsentation hat Euch gefallen, auch konstruktive Kritik ist natürlich wie immer willkommen.


Liebe Grüße,

Karl

[mumm]

Mir gefällt dein neues Werk, Karl.
Bei der Verspannung wäre ich wohl irgendwann, ganz entgegen Lilienthal, ohne Gleiter irgendwann aus dem Fenster ´hupft...

Und da sollen die Drachen dann neben stehen? 

Peter 

[eydumpfbacke]

Ja, die Verspannung hätte mich ebenfalls zur Verzweiflung getrieben.

Klasse Arbeit

[bughunter]

Was für ein schönes Stück Geschichte!
Das Teil gefällt mir super, mit dem Papier, der Alterung, den Spannschlössern (was hast Du als Spannseil genommen?) und vor allen Dingen mit den aufgedickten Ätzteilen! Das sieht ja wirklich nach Holz aus

Und dann noch der Starthügel, ok der Fliegeberg war nicht so steil, auch der später genutzte Gollenberg bei Stölln war ein ,,... ein nach allen Seiten abfallender sandiger Hügel", aber egal. Er bringt Leben in ein spannendes Mini-Dio! Der Bewuchs und die "Alterung" der Steine sind Und von den Problemen mit der Figur ist nichts zu sehen, wegen Deiner Künste und weil er gut verdeckt ist

Danke fürs Zeigen,
Bughunter

[Graf Spee]

Ah, der Karl meldet sich modellbautechnisch zurück.
Und dann auch gleich mit solch einem "Paukenschlag"
Wirklich außergewöhnlich und gut gelungen.

(Da hast Du wohl ein wenig beim Bughunter abgeguckt )

[AnobiumPunctatum]

Jetzt geht der Karl auch in die Luft.
Der Einstand ist die absolut erstklassig gelungen

[tsurugi]

Tolle , filigrane Arbeit und die Darstellung mit dem Berg gefällt mir sehr gut.

[FlyingCircus]

Respekt, richtig richtig gut geworden.

[Puchi]

Vielen Dank, liebe Leute!

Und da sollen die Drachen dann neben stehen? 

Klar, Drachenjagd mit dem Monoplan...

Klasse Arbeit

Danke schön!

...was hast Du als Spannseil genommen?

Gezogenen Gußast. Ob's klug war, wird die Zukunft zeigen. Mal sehen, ob sich die Tragflächen bei Feuchtigkeits- und Temperaturschwankungen verziehen, dann wär natürlich was gummiartiges besser gewesen.

Da hast Du wohl ein wenig beim Bughunter abgeguckt

Naja, auf die AJP-Bausätze und die Gaspatch-Sachen bin ich durch den Frank gekommen, stimmt (Dank an Frank!). Aber sonst kann man den Monoplan nicht mit seiner Demoiselle vergleichen, dazu sind die Modelle zu verschieden.

Jetzt geht der Karl auch in die Luft.

Klar Christian, denn:





@tsurugi & FlyingCircus: danke sehr!


Liebe Grüße,

Karl

[Flugwuzzi]

Nachdem ich den kleinen Gleiter schon in Puchberg begutachten durfte, kann ich sagen ... 

Der Gleiter ist äußerst sauber gebaut und lackiert. Die filigrane Verspannung und die schöne Farbgebung (Durchscheineffekte) sehen in Natura einfach phantastisch aus.

Das Aufdicken der Ätzteile hat sich absolut ausgeszahlt und das Endergebnis mit der Farbe drauf sieht wie Holz aus.
Beeindruckend was du aus der flachen Ätzeilplatine und dem "Jausenpapier" hergestellt hast.

Die Darstellung kurz vor dem Start gefällt mir richtig gut ... der gute Lilienthal hatte damals bestimmt kribbelige Knie vor dem Start 

Die Figur ist "Naja" ... 
Aber da kannst du absolut gar nix dafür. Den Resinbrocken des Herstellers, den du mir gezeigt hast, hätte ich eher als Resinabfall interpretiert. Verwunderlich was du trotzdem aus der Figur herausgeholt hast. 
Aber durch die Figur bekommt man einen schönen Eindruck von der tatsächlichen Größe des Gleiters.

Ein großartiges Modell.

lg
Walter

[Puchi]

Auch Dir ein herzliches Danke, Walter!

[f1-bauer]

Servus Karl,
sehr schöner Ausflug in die Anfänge der Fliegerei. Wie man sieht hast Du nichts verlernt  .  Mir gefallen Deine Verbesserungen und die Holzdarstellung sehr gut. Ich wäre da nie auf die Idee gekommen, die Rippen im Flügel zu zählen. Nicht mal da kann man sich auf den Hersteller verlassen  Deinem Adlerausge entgeht sowas natürlich nicht.

Der Figur sieht man den katastrophalen Ausgangszustand bei Leibe nicht an - das Ergebnis und die kleine Szene insgesamt sind erste Sahne 

@bughunter: das passt schon mit der Darstellung einer "Klippe". In Deinem Link zum Fliegerberg steht, dass Liliental vorher von den "Rauhen Bergen" in Berlin Steglitz startete.

Ende der 1880er Jahre wurden der Sand der Rauhen Berge als Baumaterial genutzt und eine große Sandgrube angelegt. Weite Teile der Rauhen Berge vor allem in ihrem Südwestteil wurden dabei abgebaut.[4] Am steilen Rand der Sandgrube machte 1892 Otto Lilienthal seine Flugversuche.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Rauhe_Berge_(Berlin-Steglitz) und http://www.berlin-suedwest.de/integas/fotografie/fotografie_panel_script.php?thema=Die%20Rauhen%20Berge

Gruß
Jürgen 

[Wolf]

Wunderbar!

[darkmoon2010]

Einfach genial 

[USronald]

Karl, absolut spitze was du hier zeigst....... super!!!

Ich geniesse deine arbeit immer sehr und mochte dein "trieb" haben zum bauen momentan. Grosse inspiration fur mich (und ich denke fur viele andere).

Toll!!

[Puchi]

Danke Euch für das tolle Feedback!

@Jürgen: ja, ab jetzt kannst Du mich Rippenzähler nennen.

Ernsthaft: ich habe die Rippen abgezählt, damit ich feststellen konnte, ob ich mit meinen vorhandenen Spannschlössern auskomme oder welche nachbestellen muss. Da hat sich dann die Diskrepanz gezeigt.

@Wolf & Thomas: super, dass Euch der Gleiter samt Dio gefällt! Danke Euch beiden!

@Ronald: na, ist doch eine feine Sache, wenn man jemanden mit seiner Arbeit motivieren kann! Das ist auch für mich ein Ansporn! Danke!


Liebe Grüße,

Karl

[KlausH]

Hallo Karl,

das ist wirklich eine genial gute Arbeit. Du hast es echt drauf, sowohl was den Bau als auch die Farbgebung angeht.

Klasse, einfach klasse!

Schöne Grüße
Klaus

[Travis]

Wow, das ist ja mal was außergewöhnliches, was zudem noch außergewöhnlich gut gebaut ist! 
Gefällt mir ausgesprochen gut! 

Tho

[Puchi]

@Klaus: Merci! Das ist Balsam für die Modellbauerseele.

@Thorsten: ja, ich habe schon lange Zeit Bausätze von Modellen aus den Anfängen der Fliegerei gesucht, da sie wirklich eine extravagantes Aussehen haben. Irgendwie gefällt mir diese Mischung aus Filigranität und Komplexheit.

Danke Euch beiden für die aufbauenden Kommentare!


Liebe Grüße,

Karl

[Russfinger]

Moin Puchi,

wie es der Zufall so will, ist ausgerechnet Heute Lilienthals Todestag. Soll mich aber nicht dran hindern, Dir zu Deiner ausgezeichneten Arbeit zu gratulieren. Bei der ersten Aufnahme habe ich tatsächlich gedacht, du hättest auf 1:1 umgesattelt und würdest uns den einen oder anderen Hüpfer präsentieren.
Ansonsten fällt mir nicht viel mehr ein als: irre.  Und: DANKE, dass Du ein Modell aus der Frühzeit der Luftfahrt baust.
Verdient haben es die tollkühnen Männer allemal!



Russie

[Universalniet]

Daschliesse ich mich gleich an .....

Karl, famos!!!!!! 

[Puchi]

Danke, werte Mitstreiter!

Und: DANKE, dass Du ein Modell aus der Frühzeit der Luftfahrt baust.

Absolut nix zu danken, Michael. Mich faszinieren diese alten Mühlen ja irrsinnig, ich weiß nicht wie oft ich als Kind den Film "Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten" gesehen habe - hauptsächlich der Flugzeuge wegen natürlich. Meine Eltern mussten da jedesmal mit ins Kino und dachten da wahrscheinlich das erstemal ans Enterben.

Ich habe auch noch einen ganzen Haufen weiterer AJP-Bausätze auf Lager (Avro Triplane, Bleriot Type 11, Voisin-Farman, Antoinette, Bristol Boxkite und einige mehr), die irgendwann noch gebaut und hier gezeigt werden.

@Marc: Dankeschön für's Lob!


Liebe Grüße,

Karl

[Jensel1964]

So, nun bin ich aus dem Urlaub zurück und komme endlich mal dazu, Deinen "Einmann-Bruchpiloten mit Aussicht auf einen längeren Krankenhausaufemthalt" zu würdigen. 
Ich bin wirklich beeindruckt von Deiner Geduld und der Akrebie, so eine frickelige Verspannung 1a umzusetzen. Das ist absolut genial geworden und die Figur hat durch Deine Nacharbeit echt gewonnen  . 

Ich frage mich nur, wie man auf die wahnwitzige Idee kommen kann, mit so einem Teil fliegen zu wollen. 

Jens 

[Gilmore]

Huch - dieser Thread ist mir in den letzten Tagen durch die Lappen gegangen. Toll, daß Du wieder daheim im MB bist, habe mir schon Gedanken gemacht, wo unser Karl wohl geblieben ist, schon lange nichts mehr von Dir gelesen. Da hast Du also ganz klammheimlich den Lilienthal-Gleiter gebaut.
Großartiges Modell, besser geht's nimmer! Ein sehr realistischer Durchschein-Effekt dank Papierbespannung, filigrane Streben und Rippen, tolle Verspannung und ein schön gewordener Otto. Nix zu meckern!
Aus der entnommenen Rippe schuf der Herr die Demoiselle - die erste "sie" unter den Flugzeugen.

[Puchi]

Großen Dank Euch beiden für das Lob!

... und die Figur hat durch Deine Nacharbeit echt gewonnen  . 

Die konnte auch nichts mehr an Qualität verlieren. Das war eigentlich der Vorteil der schlechten Gussqualität. Vor allem für mich als Figurenbemalneuling.

Ich frage mich nur, wie man auf die wahnwitzige Idee kommen kann, mit so einem Teil fliegen zu wollen. 

Nunja, der Otto hat sich damit nicht gleich vom Hügel gestürzt. Da gingen schon Testsprünge von niedrigen Gestellen voran, um etwaige Verbesserungsmöglichkeiten auszuloten.

Toll, daß Du wieder daheim im MB bist, habe mir schon Gedanken gemacht, wo unser Karl wohl geblieben ist, schon lange nichts mehr von Dir gelesen.

Danke Jürgen. Ja, bei uns ist einiges zusammengekommen, das nicht gerade motivierend war für Modellbau und Board.

Aus der entnommenen Rippe schuf der Herr die Demoiselle - die erste "sie" unter den Flugzeugen.

Der ist gut! Hoffentlich liest das der bughunter, damit er weiß, dass seine Demoiselle vom Monoplan abstammt.


Liebe Grüße,

Karl