Seeschlacht von Lowestoft 1665 - Wapen van Edam

Begonnen von HWB, 25. Februar 2007, 19:21:32

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HWB

#250
Kommen wir nun zu den Segeln.
Das Modell soll eine Mischung von gesetzen und geborgenen Segeln zeigen, da es beigedreht hat, ist auch ein backstehendes Segel dabei.
Zur Orientierung bei der Segelstellung diente dies Gisaille der "Mercurius".

Quelle: http://www.maritiemdigitaal.nl/index.cfm?event=search.getdetail&id=100093486

Bei Chapman Fregatte "Jupiter" hatte ich für die gesetzten Segel noch Seidenpapier verwendet.
http://www.modellmarine.de/index.php?option=com_content&view=article&id=766

Da gab es einige Nachteile, die ich diesmal verbessern wollte. Seidenpapier scheint stark durch, mußte also bemalt werden. Durchs Bemalen wurde es aber recht dick und steif. Vorversuche mit Seidenpapier verliefen hier nicht so zufriedenstellend. Gerade ds back-stehende Segel, in dem sich Mast und Wanten abzeichnen trasute ich mir damit nicht zu.
Versuche mit Papiertaschentuch, das verwende ich ja bereits für die geborgenen Segel, verliefen da besser. Mit verdünnten Leimwasser lassen sich die Lagen verkleben, ein Schuß Holzbeize im Wasser sogt für die richtige Farbe. Die trägt dann auf dem Stoff auch nicht auf. Mit dem richtigen Verhältnis Leim-Wasser bleibt das Tuch auch geschmeidig und wird nicht bretthart.
Visuell sahen 3 Lagen am Besten aus, von der Materialstärke waren 2 Lagen aber deutlich besser. Stärke und Angriff waren mir wesentlich, also lief der Kompromiß uaf 2 Lagen hinaus.



In die Segel wurde damals ein gehöriger Bauch eingearbeitet. Ein Extremfall für solch einen Bauch ist heute ein Spannbetttusch.
Solch einen Segelbauch wollte ich auch haben. Man nannte das "Lose in den Lieken", praktisch wurden wohl Falten in die Segelsäume gelegt und diese dann am Liektau festgenäht.

Das Prinzip habe ich übernommen. Mit einer spitzen Pinzette wurden Falten in den Segelsaum gepetzt, die Falten dürfen nicht zu groß werden und zu tief ins Segel reinlaufen. Also besser viele kleine Falten als wenige große. Die Falten wurden dann mit Sekundenkleber fixiert.
Das Ergebnis ist dann solch ein bauchiges Tuch.


Zu dieser Zeit wurde die Segelfläche noch durch Bonnets vergrößert oder verkleinert. Bonnets sind Segelstreifen, die ans Stammsegel angebunden werden.
Das Bonnet wurde vom Hauptsegel abgeschnitten, gesäumt und wieder angebunden.



Zuvor mußten noch die Liektaue angeklebt werden. Hierzu eignet sich Texttielkleber, der bleibt flexibel und macht alle Bewegungen mit ohne wieder abzureißen.

Angeschlagen schaut das Segel dann so aus. Recht gut zu sehen ist das annähernd senkrechte Seitenlieg, während des Segel mittig deutlich gewölbt ist.
Um diesen Effekt ging es mir.



Um die Fock back zu stellen, wurde das ganze Modell möglichst in die Senkrechte gebracht.
Die Fock wurde mit einem weichen Pinsel gut mit Wasser angefeuchtet und mit provisorisch angebrachten Hilfsfäden ausgerichtet.
Durch vorsichtiges Pinseln wurden die Konturen vom Mast und der Takelage herausgearbeitet.




Nach dem Trocknen schaut es dann so aus



Das Großsegel wurde nach dem gleichen Prinzip hergestellt. Nach dem Befeuchten dann aber zur Rah hin mit Geitauen und Gordingen geborgen.



Zum vollständigen Bergen der Untersegel waren auf den Rahen jede Menge Rinbolzen angebracht. Daran waren Leinen befestigt, mit denen die Segel dann zusammengebunden wurden. Diese Ringbolzen sind aus gezwirbelter Kupferlitze gemacht, die Enden in kleinen Bohrlöchern in der Rah versenkt, nur die Ringe schauen raus.



Die Halstaue der Unteren Segel hatten die Besonderheit, daß sie sich über die Länge stark verjüngten. Da sie recht stark beansprucht wurden, waren sie über weite Strecken gekleedet.
Am Modell kann man diese dünner werdenden Taue ebenfalls umsetzen. Schlägt man seine Taue selbst, kann man zwei Fäden zusammenknoten. Von den vier Enden führt man eines zur Schalg und drei zum gleichen Stift auf der Spannseite der Reeperbahn. Verteilt man die Knoten über die Länge des zu schlagenden Taus, bekommt man ein ganz ansehnliches Eegebnis. Verdickungen durch die Knoten kann man später unter dem Kleeden verschwinden lassen.
Hier das dicke und das dünne Ende des gleichen Taus nebeneinander


und nach dem Kleeden & Bemalen


Blick auf den Großmast mit Tauwerk und Segeln


Im Gegenlicht scheint die Takelage durch den Segelstoff, so wie es sein soll




Etappenziel Großmast ist erreicht




und auch der 3. und letzte Mast

Holger

Im Bau: holländische Fregatte "Wapen van Edam" von 1644

In Planung:
HMS Royal Katherine 1664 Eendracht 1654

HWB

#251
Das Modell soll Teil eines Dioramas werden, das in der Seeschlacht bei Lowestoft 1665 zwischen Niederländern und Engländern angesiedelt ist, wenn es denn mal fertig werden sollte...

Das heißt aber, es muß so einiges beschädigt sein. Kaputtmachen ist gar nicht so einfach wie das auf den ersten Blick erscheinen mag. Aber Segel bieten sich da gut an.

Auf zeitgenössichen Zeichenungen gibt es da wahre Fetzenorgien. Möglich, daß Ketten- und Stangengeschosse solche Löcher reißen. Oft scheinen die Segel entlang der Nähte aufgeplatz zu sein.


Quelle alle drei: Eigene Aufnahmen im Schiffahrtsmuseum Amsterdam

Daran orientiert habe ich einige Löcher in die Segel gerissen. Weitere Schäden an der Takelage müssen noch realisiert werden.
Stärkere Schäden an Masten, Rahen und Spieren mache ich dagegen keine mehr, das ist nachträglich zu heikel.





Aktuell bin ich mit den Stückpfortendeckeln beschäftigt. Nach einer Ralley durch die letzten beiden Jahre ist das nun der derzeitige Stand.


Der äußere Teil des Deckels ist aus Furnier, der innere Teil aus Papier. Beim Original war auf der Innenseite des Deckels ein Rautenmuster geritzt, an den Schnittpunkten saßen die Nägel, die die beiden Teile des Deckels zusammenhielten. Das Rautenmuster habe ich im Zeichenprogramm angelegt und ausgedruckt. Ganz dicht dran ist es zu erkennen. Die Farbe muß noch etwas nachgearbeitet werden. Der Ring zum Schließen der Pforte ist wieder eine dünne Kupferlitze, die über einen 0,5 mm Bohrerschaft gezwirbelt wurde. Auf der Außenseite sitzt das Gegenstück. Von der geht das Reep zum Öffnen des Deckels ab.
Das Scharnier zwischen Pfortenklappe und Bordwand ist ein Fake aus 0,5 mm Polystyrolrundstab, beweglich ist also nix...


Um Laternen, Flaggen und Crew muß ich mich noch kümmern.


Holger

Im Bau: holländische Fregatte "Wapen van Edam" von 1644

In Planung:
HMS Royal Katherine 1664 Eendracht 1654

AnobiumPunctatum

Hallo Holger,

schön, dass Du Deinen Baubericht fortsetzt. Wenn man das Modell in Wilnsdorf einmal live gesehen hat, weiß man, wie klein es ist. :P
:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

maxim

Sehr interessante und anschauliche beschriebene Fortsetzung!  :P
Im Bau: dänische Schaufelradkorvette Gejser (1/700, Brown Water Navy Miniatures)


dafi

Einfach brilliant!

Zum Thema Segellöcher, ich glaube bei den Schussversuchen mit der Vasakanone wurde auch ein Segel beschossen. Schaue Mal bei utub.

Lieber Gruß, DAniel
... keine Angst, der will doch nur spielen ...

... to Victory and beyond!
http://www.dafinismus.de

Dubz

Mal ganz davon abgesehen, dass das großartig ist, interessiert mich ganz dringend welchen dünnen Faden Du zum kleiden verwendet hast. :)

Gruss,

Dirk
Im Bau: St.Gabriel, Kanonenboot, Syren
Galerie: Galactica, Sulaco, Sherbourne - Maria HF31

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HWB

Herzlichen Dank für eure Rückmeldungen.
Dirk, generell verwende ich Thread aus dem Fliegenfischen-Zubehör zum Schlagen meiner Taue.
Alles von 6/0 abwärts eignet sich, der dünne Faden ist UNI Caenis ~20/0. Je höher die Zahl, desto dünner der Faden.
Die üblichen Verdächtigen bei den Herstellern solcher Garne sind UNI, Sheer, Veevus.

Caenis ist angeblich das dünnste Garn was auf dem Markt erhältlich ist, und es war nur in US Shops zu finden.
Der Warenwert wargar nicht mal das Problem, die Portokosten sind astronomisch und Zollgebühren falle an.

Es gab damals eine Sammelbestellung von Interessenten. Ich hatte hier bestellt, ging ohne Schwierigkeiten http://www.jsflyfishing.com/fly-tying-thread-2

Habe jetzt aber auch ein reichliches Sortiment in diesem deutsche online-Shop entdeckt, Caenis führt er auch. Habe dort aber keine Erfahrung mit dem Bestellen.
http://www.adh-fishing.de/fliegenbinden/bindematerial/garn
Holger

Im Bau: holländische Fregatte "Wapen van Edam" von 1644

In Planung:
HMS Royal Katherine 1664 Eendracht 1654

Dubz

Perfekt!

Danke Holger für die ausführlich Antwort. Hab es auch gerade hier gefunden, UK ist dann doch näher als US :)

http://www.flyonlyonline.co.uk/UNICAE.html

Gruss,

Dirk
Im Bau: St.Gabriel, Kanonenboot, Syren
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HWB

ZitatHab es auch gerade hier gefunden, UK ist dann doch näher als US smile
Ja, das ist auch eine Quelle. Noch sind die Briten in der EU, dann fallen auch keine Zölle an.
Aber vielleicht sollte man sich beeilen... ;)
Holger

Im Bau: holländische Fregatte "Wapen van Edam" von 1644

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HWB

#259
Inzwischen hat das Modell seine Crew erhalten. Hierfür habe ich Preiser Eisenbahnfiguren Spur N verwendet und mit Magic Sculp nach meinen Wünschen umgebaut.
IMG_5138.jpg

Anschließend hatte ich die Figuren mit Ölfarben bemalt, hier eine Auswahl.
IMG_5262.jpg

Schließlich bekam jede Figur einen Platz auf dem Modell. Ein Ziel war auch die Stimmung der vollgestopften Kriegsschiffe jener Zeit einzufangen.


Holger

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HWB

#260
Und nach der Crew kam das Modell noch in sein Element.
Die Wasserfläche ist eine Styrodurplatte, den Wellengang reingeschnitten, Wellenkämme mit Spachtelmasse modelliert.
Anschließend mit Blautönen bemalt und dan mit Künstleracryl aufmodelliert und mit einem Löffel die Stuktur reingedrückt.
Abschließend mehrfach mit glänzendem Klarlack überzogen. Die brechenden Wellenkronen habe ich aus einer Mischung von zerriebenem Salz mit Klarlack draufgesetzt.
Um die Darstellung abzurunden noch die Szene mit dem Boot eingebaut.
Kaum zu glauben, aber damit wäre dieses Modell tatsächlich fertig - Juhu :O
Eine Käseglocke ist auch schon besorgt. Nun könnte es an den Teilabschnitt II gehen, vorher muß ich aber nochmal in mich gehen.
Sonst bin ich bis zur Rente mit dem Gesamt-Dio, wie es mir vor Jahren mal vorschwebte , nicht fertig.

Holger

Im Bau: holländische Fregatte "Wapen van Edam" von 1644

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AnobiumPunctatum

Klasse, die Edam ist ein absolut beeindruckendes kleines Modell geworden. :klatsch: :klatsch: :klatsch:
:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

maxim

Wirklich ein super Diorama und ein sehr interessantes Modell  :klatsch:
Im Bau: dänische Schaufelradkorvette Gejser (1/700, Brown Water Navy Miniatures)


Haupti

Wow. 10Jahre! Tolles Modell! Dein Durchhaltevermögen ist einfach bewundernswert!

galeotti

Grandios, wie immer.  :klatsch: :klatsch: :klatsch: Deine guten Augen, ruhigen Hände und vor allem Ausdauer möchte ich haben. :1:
Galeere "la real" Schebecken, z.Z. Galeasse

Jensel1964

Weniger als "atemberaubend" wäre eine Beleidigung 8o :P :P :P :P

So viel Liebe und Akrebie sieht man nicht oft und das Thema ist wirklich außergewöhnlich und perfekt getroffen.
Danke für´s Zeigen!!!  :klatsch: :klatsch:
Jens  :winken:

Flugwuzzi

Großartig  :klatsch: :klatsch: mein Glückwunsch zur Ausdauer und Fertigstellung  :P

Das Modell sieht in seinem Element sowas von beeindruckend aus. Nicht nur dass das Schiff großartig gemacht ist, auch die Figuren und die Wasserdarstellung gefallen ungemein. Da ist alles so schön stimmig gestaltet und eine Freude anzusehen.

Mein tiefster  :respekt: ist dir gewiss.

lg
Walter
DAS GEHEIMNIS DES ERFOLGES IST ANZUFANGEN. (Mark Twain)

Frankzett

Beeindruckend!
Ich bin eben über diesen thread gestolpert Schiffsbau und Figuren, das sieht man ja eher selten-wow!

Die Figuren finde ich finde ich auch toll, das Arbeiten nur mit Magic Sculpt in diesem Maßstab stell ich mir eher schwierig vor ...

Grüße
Frank

HWB

Herzlichen Dank für eure Kommentare.
Der Bau hat sich tatsächlich hingezogen, es waren aber auch einige längere Pausen drin.
Magic Sculp funktioniert richtig gut, ein wenig Eingewöhnung ist nötig - wie bei allem.
Den kompletten Zierrat habe ich daraus "geknetet", ich möchte das Zeug nicht mehr missen.

Grüße
Holger
Holger

Im Bau: holländische Fregatte "Wapen van Edam" von 1644

In Planung:
HMS Royal Katherine 1664 Eendracht 1654

jazznote

Großartig, glücklich es noch zu sehen.  8o Wo kann man das Schiff denn in Zukunft live erleben? VG Timo  :)
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gebaut 1:72: U-VIIC 1:48: P-38,I-16,Delta Dagger,Black Widow,Corsair,B-29,Corsair 1:35:Firefly,Jagdpanther 1:32:SuperSportster

bughunter

Beeindruckendes Modell! Und ebenso Deine Geduld :P Dieser Baubericht lief ja schon ein paar Jahre, bevor ich angemeldet war, und ich dachte, schon eine Weile dabei zu sein 8o
Wahrlich ein Lebenswerk!

Viele Grüße,
Bughunter

Wikipedia sagt: "Ein Modell ist ein vereinfachtes Abbild der Wirklichkeit."
Deshalb baue ich lieber verkleinerte Originale.

McCool

Den wohlverdienten Elogen möchte ich mich gern anschließen! Es ist ja nicht nur ein phantastisches Modell, sondern eine ganze, lebendige Szene voller hochinteressanter und wohlrecherchierter Details, die da zu entdecken sind! Wunderschön!  :klatsch:

matz

Alles schon gesagt, einfach Klasse.  :P :P :P . Ist nicht mein Thema, aber all die Details wirken enorm stimmig, richtig zum ,,Sattsehen".
Auch die Wasserdarstellung ist wirklich beeindruckend.  :klatsch:
Aber ganz besonders imponiert mir Dein Durchhaltewille. Modellbau mit den Qualitäten eines Marathonläufers  :1:

matz
Wer aufhört, besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein.
(Philip Rosenthal, Unternehmer, *1916 +2001)

HWB

Vielen vielen Dank für eure Beiträge, ja es hat ein wenig länger gedauert. Aber es hat auch richtig Spaß gemacht, sonst hätte ich es auch nicht durchgezogen.
ZitatWo kann man das Schiff denn in Zukunft live erleben?

Ich bin seit einigen Jahren regelmäßig im Fühjahr in Wilnsdorf auf der Ausstellung der Modellbaufreunde Siegen am Stand der Modellmarine, das Modellboard ist gegenüber vertreten. Da bringe ich das Modell mit.
Dann gibt es noch in Herdecke ein Treffen, das am WE der Intermodellbau entstanden ist. Im Herbst/Winter hat sich ein zweiter Termin etabliert.


Grüße
Holger
Holger

Im Bau: holländische Fregatte "Wapen van Edam" von 1644

In Planung:
HMS Royal Katherine 1664 Eendracht 1654

jazznote

Danke, wäre ein Schiff fürs Maritime Museum.
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gebaut 1:72: U-VIIC 1:48: P-38,I-16,Delta Dagger,Black Widow,Corsair,B-29,Corsair 1:35:Firefly,Jagdpanther 1:32:SuperSportster