Takellage während einer Schlacht

Begonnen von Marcus.K., 27. April 2007, 10:30:38

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Marcus.K.

Ahoi Vollmatrosen und Holzwürmer (und wer sonst interessiert ist),

beim stöbern und recherchieren ist mir aufgefallen, dass es schon reichlich mühselig ist, die Takellage eines historischen Schiffes nachzuvollziehen.

Jetzt ist mir durch diverse Bücher aufgefallen, dass die Schiffe für ein Gefecht auch in der Takellage "klar" gemacht wurden. D.h. es wurden Maßnahmen ergriffen, die Manövrierbarkeit - auch mit Schaden in der Takelung - ermöglichen. Auch zum Schutz vor Herabfallendem oder z. T. auch gegen Scharfschützen wurden Maßnahmen ergriffen.

So etwas habe ich aber an Schiffsmodellen noch nie bemerkt. Fast alle Modelle werden mit ausgerammten Geschützen dargestellt - aber keiner hat zusätzliche Strippen gezogen, oder?
D. h. doch wohl, dass die Situation bestenfalls beim Einlaufen und Salut-Schiessen darstellen kann ..  X(

Kennt Ihr Modelle, bei denen die Veränderungen für die Schlacht berücksichtigt sind?
Gibt es in Büchern Hinweise, welche Taue doppelt belegt wurden, während der Schlacht?
Hat jemand eine Idee??

Uwek

ZitatOriginal von Marcus.K.
Ahoi Vollmatrosen und Holzwürmer (und wer sonst interessiert ist),

beim stöbern und recherchieren ist mir aufgefallen, dass es schon reichlich mühselig ist, die Takellage eines historischen Schiffes nachzuvollziehen.

Jetzt ist mir durch diverse Bücher aufgefallen, dass die Schiffe für ein Gefecht auch in der Takellage "klar" gemacht wurden. D.h. es wurden Maßnahmen ergriffen, die Manövrierbarkeit - auch mit Schaden in der Takelung - ermöglichen. Auch zum Schutz vor Herabfallendem oder z. T. auch gegen Scharfschützen wurden Maßnahmen ergriffen.

So etwas habe ich aber an Schiffsmodellen noch nie bemerkt. Fast alle Modelle werden mit ausgerammten Geschützen dargestellt - aber keiner hat zusätzliche Strippen gezogen, oder?
D. h. doch wohl, dass die Situation bestenfalls beim Einlaufen und Salut-Schiessen darstellen kann ..  X(

Kennt Ihr Modelle, bei denen die Veränderungen für die Schlacht berücksichtigt sind?
Gibt es in Büchern Hinweise, welche Taue doppelt belegt wurden, während der Schlacht?
Hat jemand eine Idee??

Hallo Marcus,

interessante Frage die du hier aufbringst!

Aus den vielen Gemälden die Schlachten darstellen ist ja bekannt, dass das Fock und das Großsegel gerefft wurden wenn das Schiff "in Action" war.
Wir wissen auch dass die einzelnen Decks mehr oder weniger leer geräumt waren, also alle Ausrüstungsgegenstände die nicht bei der Schlacht benötigt wurden, entweder unter Deck geräumt wurden, oder sogar über Bord gingen. Die meisten Verletzungen während der Schlacht wurden ja durch herumfliegende Holzsplitter verursacht und nicht durch den Treffer selber.
Die Boote wurden ans Heck gehängt und wurden hinterhergezogen, nicht ohne die wertvollen Habseligkeiten des Kapitäns dort zu verstauen. Deswegen wurden die Boote auch nie beschossen, da hier wertvolles gelagert war. Bekannt sind auch meist die zusammengerollten Hängematten die als Kugelschutz in den Finknetzen verwendet wurden.

In Nicholas Blakes - The Illsutrated Companion to Nelson´s Navy steht dass die Yards (Rahen) zusätzlich zum Rack mit Ketten gegen Herunterfallen gesichert wurden. Dies habe ich jedoch noch nie bei einem Modell gesehen, oder noch nie bemerkt.
Zusätzlich wurden direkt unter den Rahen zusätzliche Seile oder Klafaterwerk um den Mast herumgebunden um das Herunterrutschen der Rahen zu verhindern, wenn die Rahfall und die Toppnanten zerschossen waren. Sozusagen als Notbremse!

Was man bei manchen Modellen sehen kann sind Enterschutznetze, siehe z.B. die Portugisische Karavelle auf Seite 221 von Mondfelds "Schiffsmodelle" oder auch die Schutznetze über den einzelnen Decks, die die Mannschaft vor herunterfallenden Teilen sichern sollten.

Von einer doppelten Takelung habe ich bisher noch nichts gelesen!

Wie du schon richtig geschrieben hast zeigen die meisten Modelle mit geöffneten Pforten irgendetwas, jedoch nicht unbedingt ein Kriegsschiff bei der Schlacht.......
werde einmal schauen, ob ich in meiner Buchsammlung oder im web Modelle finde, die das eine oder andere "Ship in Action" richtig zeigen!

janmaat

Das wesentliche wurde ja schon in den beiden vorigen Beiträgen geschrieben - also das Sichern vor allem der schweren Unterrahen mit Ketten, das Ausspannen von Netzen über dem Hauptdeck bzw. der Kuhl zum Schutz vor herabfallenden Teilen. Von einer verdoppelten Tauführung ist allerdings auch mir nichts bekannt, außer beim Großstag, oft auch beim Fock- und beim Besanstag, wo bei großen Schiffen aber standardmäßig, nicht erst im Gefechtsfall, unter dem eigentlichen Stag ein Hilfsstag gesetzt war.

Zu korrigieren ist die von Uwek geäußerte Auffassung, die wertvollen Habseligkeiten des Kapitäns und der Offiziere seien in den hinterhergeschleppten Beibooten verstaut worden. Das wäre viel zu riskant gewesen. Vielmehr wurden die, so wie die Möbel und die Schotts, in den Raum verbracht, jenen Teil des Rumpfs, der unter dem Orlopdeck lag.

Was die Segel betrifft, so reffte man Fock- und Großsegel sicherlich, soweit das die Situation ermöglichte. Allerdings kenne ich auch einige Bilder von Seeschlachten, auf denen von verlässlichen, in der Materie bewanderten Malern auch die großen Untersegel als gesetzt dargestellt werden:

http://www.nmm.ac.uk/mag/pages/mnuExplore/ViewLargeImage.cfm?ID=BHC0448&letter=b  

http://www.nmm.ac.uk/mag/pages/mnuExplore/ViewLargeImage.cfm?ID=BHC0984&letter=b

http://www.nmm.ac.uk/mag/pages/mnuExplore/ViewLargeImage.cfm?ID=BHC0331&letter=b

http://www.nmm.ac.uk/mag/pages/mnuExplore/ViewLargeImage.cfm?ID=BHC0486&letter=b

http://www.nmm.ac.uk/mag/pages/mnuExplore/ViewLargeImage.cfm?ID=BHC0274&letter=b

Meines Erachtens hing es ganz von den jeweiligen Windverhältnissen und taktischen Erfordernissen ab, mit welche Segel ein Kapitän setzten  bzw. wegnehmen ließ, um sein Schiff an den Feind zu bringen oder von diesem abzusetzen versuchte.

Ob das in maritimen Romanen oft geschilderte Wässern der Decks und ihr Bestreuen mit Sand gegen die Rutschgefahr in Blutlachen für die Geschützbedienungen und die Seesoldaten der Wirklichkeit entspricht, weiß ich nicht.

Interessant finde ich bei verlässlichen Darstellungen von Kriegsschiffen des 17. Jahrhunderts (ich weiß leider im Moment nicht mehr, wo ich's gesehen habe), dass dort die durchbrochene Relings der Back, des Achterdecks und der Marse mit roten Stoffbahnen verhängt wurden - sicherlich nicht als Schutz gegen Kugeln, sondern wohl als Sichtschutz. Von diesem Usus dürfte allerdings unser Begriff Schanzkleid (Kleid =Stoffbahn, wie bei den aus mehrerem Kleidern zusammengesetzten Segeln) herrühren.

Grüße

Janmaat/Edgar :mariinee:

stoffel

Hallo zusammen,

bei klar Schiff zum Gefecht wurden alle Zwischenwände der Batteriedecks entfernt und Einrichtung der Kajüten in das Hold ( der Laderaum und überall da wo Platz war unter dem Orlopdeck gelagert) gebracht, die Boote sind zu oft einfach verloren gegangen, wegen der Splittergefahr wurden die außen Bords gebracht, aber auch nicht immer.

Die Untersegel wurden geborgen, sofern es nicht eine Verfolgungsjagd war und man alles Zeug brauchte. Und auch der rest der Takelage wurde reduziert, denn jedes gesetzte Segel war eine zusätzliche Brandgefahr.

Die Hängematten wurden jeden Tag ab ca 4:00 Uhr morgens ! dem allgemeinen Wecken in den Finknetzen verstaut und da blieben sie bis zur Nacht.

Grüße Stoffel