Lackierung à la Kurfürst - Ein "Lackierbericht"

Begonnen von Kurfuerst, 07. März 2011, 18:43:02

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Kurfuerst

Salü,

nachdem recht häufig nachgefragt wurde, wie ich beim Lackieren meiner Modelle vorgehe, hab ich kurzfristig beschlossen,
genau diese Schritte bei meinem aktuellen Modell zu dokumentieren.

Um Oberflächen am Modell nicht allzu eintönig wirken zu lassen, gibt es einige recht einfach Schritte, wie man dies bewerkstelligen kann.
Insofern hoffe ich, dass sich einige von euch vielleicht davon inspirieren lassen, und selbst damit beginnen, in der Hinsicht ein wenig
rumzuexperimentieren. Natürlich hat jeder seine eigene Arbeitsweise und bekanntlich führen viele Wege nach Rom.
Ich erhebe also in keinerleiAnspruch auf Allgemeingültigkeit oder auf "Hopp, jetzt mach das so, Du Lewwerworschd/Berchnuffbremser*!"  8)

*Hochdeutsch: Leberwurst/Bergaufbremser

Also keine Angst und ran an die Farbe!

Anschauungsobjekt: Hawker Hunter FGA.9, ACADEMY 1:48
Verwendetes Zubehör: AiRES Detail Set (Cockpit, Landeklappen, Fahrwerksschächte, etc.)
Verwendete Farben: Gunze Mr.Base White Grundierung, Gunze Mr.Color Dark Green und Ocean Grey, Alclad II White Aluminium.


STEP 1 - Grundierung und Preshading

Meine Modelle werden grundsätzlich vor dem Lackieren grundiert.
Mittel meiner Wahl sind hierbei entweder Mr.Base White oder Mr.Surfacer 1200 von Gunze.
Beide Grundierungen trocknen recht zügig und bilden eine solide Basis für die anstehende
Lackierung. Falls notwendig, erfolgt ein Nassschliff mit 6000er Körnung, um evtl. körnige
Nebelrückstände vom Modell zu entfernen.
Schleifrückstände entferne ich mit einer weichen Zahnürste und Wasser mit ein wenig Spülmittel darin.

Nachdem die Grundierung erfolgt ist, trage ich im zweiten Schritt das Pre-Shading auf.
Grundsätzlich kommt der Effekt umso besser zur Geltung je detaillierter die Oberfläche  eines Modells gestaltet ist:
Panel-Lines, Klappen oder Nietenreihen. Anhand von detaillierten Skizzen habe ich insbesondere bei den Tragflächen
einige Nietenreihen ergänzt. Hierzu kam ein Nietroller zur Verwendung.

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STEP 2 - Lackierung der Unterseite mit Alclad II "White Aluminium"


Die Unterseiten des Originals waren keinesfalls naturmetallisch belassen, sondern in einem ganz ähnlichen Farbton
lackiert wie man sie an den Unterseiten von BW Luftfahrzeugen finden konnte: Weißaluminium.
Metallic-Lack meiner Wahl ist und bleibt bei mir die Alclad-Serie. Die Farben lassen sich recht einfach verarbeiten und trocknen ruckzuck.

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Weiterer Vorteil: Die Farben sind lasierend, d.h. der Untergrund, bzw. das Pre-Shading, scheint noch ein wenig durch.

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STEP 3 - Lackierung der Oberfläche im Grundton "Ocean Grey"


Bisher "business as usual"... Grundfarbe wird flächig aufs Modell aufgesprüht.
Die Mr.Color Farben (lösemittelhaltige Acryls) werden mit einem 30-40%igen Anteil an Verdünner in mehreren Schichten aufs Modell gebracht.
Auch die Mr.Color Farben trocknen recht schnell und neigen, sofern nicht ausreichend verdünnt, gerne dazu, auf dem Modell einen
körnigen "Nebel" zu hinterlassen. Dieser lässt sich aber auch wieder problemlos mit einem Nassschliff beseitigen.

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STEP 4 - Wolkiges Aufhellen der Grundfarbe


Das Pre-Shading zeichnet sich zwar noch durch die Grundfarbe ab, aber das ganze wirkt immer noch zu flächig oder homogen.
Um die Oberfläche etwas stärker zu "modellieren" und zu beleben, werden alle durch Panel-Lines oder Nietreihen begrenzten Flächen
aufgehellt. Dazu wird die Grundfarbe mit ein wenig Weiß oder einem sehr hellen Grau versetzt und stark verdünnt, ca. 50%, aufgetragen.

Dabei sollte man nicht zu gleichmäig arbeiten, ruhig mal mit der Airbrush ein wenig länger hier und da verweilen.
Das Ergebnis dieser Behandlung stellt sich wie folgt dar:

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Hier sieht man den Effekt ein wenig deutlicher:

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STEP 5 - "Verblenden" der Grundfarbe


Mittels stark verdünnter Grundfarbe wird noch einmal ein dünne Schicht komplett flächig auf das Modell gebracht.
An sich kann man sich jetzt fragen, ob man diesen Effekt nicht schon durch das bloße Vorschattieren erreicht hätte.
Aber nach meiner Erfahrung erzeugt man durch dieses Prozedere eine wesentlich subtilere Nuancierung der Farben.
Die aufgehellten Flächen "verschmelzen" sozusagen mit der umgebenden Farbe. Das ist aber, wie ich zugeben muss,
reine Geschmackssache.

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STEP 6 - "Maskenball"


An sich wäre es keine allzu große Sache, das Tarnmuster freihändig aufzulackieren, aber ich möchte hier mal eine andere Vorgehensweise
zeigen, die einige Leute bisher noch nicht kannten.

Dazu wird die dem Bausatz beiligende Bemalungsanleitung mithilfe eines Bildbearbeitungsprogramms auf Modellgröße gebracht
und ausgedruckt. Die zu lackierenden Stellen werden mit einem Skalpell ausgeschnitten, und schwupps hab ich meine Lackierschablonen.

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Tamiya Masking Tape und dünne "Würstchen" aus UHU Tac helfen beim Fixieren der Masken, und als nächstes kann die Grundfarbe der
tarnflecken auflackiert werden. Liegt die Schablone "press" auf dem Modell erhalte ich randscharfe Tarnflecken. Lasse ich die Masken
ein bissel über der Oberfläche "schweben", erhalte ich weniger stark konturierte Flecken, weshalb man auch von "Schwebenden Masken" spricht.

Radien oder wellenartige Linien lassen sich ganz hervorragend mit dünnen Streifen aus PVC Schutzband maskieren, das man in fast jedem Baumarkt bekommt.

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Auch bei britischen Nachkriegsmaschinen sind etliche Spielarten zu finden:
Entweder durchgehend randscharfe Tarnflecken, bei anderen Maschinen weich auslaufende Begrenzungen,
in einigen Fällen sogar eine Mischung aus beidem.



STEP 7 - Lackierung der maskierten Flächen


Siehe STEP 3, nur halt mit der jeweiligen Tarnfarbe.  ;)

Bei der Tarnfarbe wiederholen sich die weiteren Arbeitsschritte analog zu STEP 3-5.

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Hat man diese Schritte hinter sich gebracht, könnte nach dem Entfernen der Maskierung folgendes dabei herauskommen:

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Sollte beim Lackieren die eine oder andere Kontur zu hart oder zu weich geworden sein, kann man nochmal freihand ein wenig
gegensprühen.

An sich ist die Lackierung damit soweit gediehen, dass man im nächsten Gang die Decals aufbringt. Aber bevor ich dies tue, bekommen
meine Modelle immer einen dünne Schicht glänzenden Klarlacks, dem eine kleine Menge Tamiya Smoke zugesetzt wurde.
Je nachdem, wieviel Smoke man beigibt, kann man dem Farbkleid einen hauch mehr "Tiefe" verpassen.

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Sodele, Fortsetzung folgt wenn's um's Kleingerödel geht. Hoffe, das ganze erschlägt euch nicht zu sehr.
Viel Spaß beim Nachkochen. Für das Gelingen des Gerichts übernehme ich keine Haftung!   :pffft:

Viele Grüße,
Erik



EDIT: Bilder gesichert und direkt in das Tutorial eingefügt.

Skyfox/MB-Team

starship24

Moin, Erik, schön dass du dir hier die Mühe machst Lackiertechniken Schritt für Schritt zu verdeutlichen!

Russfinger

Vielen Dank fürs lehrreiche Tutorial. :meister:
Nachkochen kann ich leider nicht - da (bewusst) nicht im Besitz einer Airgun.
Was aber nicht heißt, dass ich keinen Spaß beim Betrachten hatte.

:winken:

Russie


No Kit left behind!

Prowler


Schnurx

Vielen Dank! Sehr anschaulich beschrieben und prima bebildert. Eine Hauptfrage hätte ich: Wie hältst/ befestigst/platzierst Du das Modell denn zum Sprayen? Oder hältst Du das in einer Hand und die Airbrush mit der anderen?

Norman

Vielen Dank für die ausführliche Erklärung der jeweiligen Schritte

GT

Danke auch von meiner Seite für das "kleine" Tutorial, ich liebe das Finish deiner Modelle, dabei ist die Art das zu erreichen garnicht so schwer, wenn man eben die Schichten nicht übertreibt und auf das durchscheinen des Preshading achtet. Sehr nett dir mal "über die Schulter zu schauen".

Gruß
Mike.

Kurfuerst

Zitat von: Schnurx in 07. März 2011, 19:25:01
Eine Hauptfrage hätte ich: Wie hältst/ befestigst/platzierst Du das Modell denn zum Sprayen? Oder hältst Du das in einer Hand und die Airbrush mit der anderen?

Genau so! Das Modell in der einen (nichtfusselnde Baumwollhandschuhe) und die Gun in der anderen Hand.
Selbstredend sollte man natürlich darauf achten, dass die Farbe grifffest ist.   :D

Rolle

Klasse beschrieben. Erinnert mich an meine Vorgehensweise. So weit sind wir da nicht auseinander. Das mit dem Smoke im Klarlack werde ich mal testen.
Mit Uhu Tack hatte ich allerdings Probleme, die hinterließen einen Fettfilm und die nächste Farbe hielt darauf natürlich nicht.
Gruß aus Hamburg
Rolf Karotka
---------------------------------
Modellbau-Stammtisch-Hamburg.de

Skyfox

Jepp, ich schließe mich ganz meinen Vorschreibern an: Vielen Dank für die anschauliche Exkursion durch die gar fürstliche Farbgebung. :meister:
Das kommt gerade recht: ich lackiere gerade zum ersten mal mit einer Vorschattierung und gedenke auch, Deine "wolkige" Nachbehandlung zu pröben...

Merçi beaucomp!
Skyfox
MBSTHH 
Im Gedenken an meinen Freund Ulf Petersen, 1967 – 2018

Universalniet

Das war in wenigen Schritten eine der besten Lackiererklärungen, die ich in der letzten zeit gesehen habe.

:meister: :meister: :meister:  :respekt:

Gruß,

Marc

Viper

Tolle Anleitung und geniale Lackierung. :P
Vielen Dank dafür!  :klatsch:

Ich werd das bei meiner Zero die demnächst zur Lackierung ansteht, mal testen...  :woist:


Gruß
Thomas

Schnurx

Zitat von: Kurfürst in 07. März 2011, 19:49:09
Das Modell in der einen (nichtfusselnde Baumwollhandschuhe) und die Gun in der anderen Hand.

Danke! Hmmm, das ist auch meine Methode. leider habe ich da das Problem,das ich zuviel wackle, zu ungenau bin. Derart grade Linien, wie Du beim preshading, krieg ich nie so hin.

Travis

Hmm.... "Smoke" im Klarlack?

Das sollte ich vielleicht auch mal bei naechster Gelegenheit versuchen...  :D

Danke fuer die Tips!

Tho :santa:
- Modellbaufreunde Siegen -

I knew it, I knew it! Well, not in the sense of having the slightest idea but I knew there was something I didn't know!

Come to the dark side, Luke...   We have cookies!!!

Rune

Ich lerne jeden Tag hier im Forum dazu. Super Beschreibung  :klatsch:

WaltMcLeod

... und wieder was gelernt !  :9:  Danke


:winken: Walter
... dahoam im schönen Oberalm, Salzburger-Land

starship24

Ein "Filtern" erzeugt bei einem Flugzeugmodell in diesem Maßstab immer eine erstaunliche Wirkung wie man sieht. Ebenso bei Modellen von gut detaillierten Unterseebooten in größeren Maßstäben.

Wolf

Sehr anschaulicher Beitrag!  :P
Das mit dem Smoke ist für mich eine Option die ich auch noch nicht gekannt habe. Man lernt nie aus  :1:
Wer Future hat, hat noch lange keine Zukunft

Schnurx

Yep, ist eine gute Idee. Kenne jemand, der seine 1/144 nachträglich "maßstabsgerecht" aufhellt, indem er in den Mattlack ein winziges bischen weiß gibt und auch Filter an sich habe ich schon verwendet, aber das beimischen in den Klarlack ist eine prima Idee. Spart einen Arbeitsgang ;)

Keks_nascher

Gruß Michi

HSS


Primoz

Das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen! Schön und anschaulich beschrieben. :winken:
Das Leben ist eine sexuell übertragbare unheilbare Krankheit mit tödlichem Ausgang

Tkaner

#22
Sehr lehrreich, Danke dafür! :P

Nun brennt mir doch etwas auf der Seele.

Wie würdest de an einem dunklen Modell vorgehen(kennst ja meine vorliebe für die dunkelblauen Navy Kisten)?

Gruß Tkaner


klBergmen

Wirklich super beschrieben und fotografiert.
Nachdem du die Unterseite mit Alclad lackiert hast ist ja im Übergangsbereich zur Oberseite die Grundierung und das Preshading vom Alclad überdeckt. Ziehst du das nach dem Abkleben der Unterseite nochmal nach oder ignorierst du das. In dem Bereich ist ja dann das Preshading weniger stark und der Untergrund anders.
Warum befestigst du die Höhenruder erst nach der Lackierung ?

control

Vielen Dank für die tolle Lackieranleitung. Vielleicht kriege ich ja jetzt auch mal eine Kurfürst-Lackierung hin  :D