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GLADIATOR - Tigris versus Maximus

Begonnen von Uwe B., 13. September 2012, 18:41:44

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Uwe B.

Hallo Figurenfreunde,

bisher habe ich mich mit eigenen Bauberichten noch ziemlich zurück gehalten, der Grund ist, dass ich ein recht langsamer Modellbauer bin (nicht nur "Weg und Ziel und so" sondern vor allem akuter Zeitmangel) und daher nicht so wahnsinnig viel zusammen kommt.

Ich möchte Euch heute aber ein fertiges Diorama zeigen, dass ich bereits in 2001 fertig gestellt hatte, daher hier mein Baubericht zu meiner Gladiator-Vignette. Mein Interesse für diese Szene wurde durch ein Kinobild aus dem gleichnamigen, allseits bekannten Hollywoodstreifen geweckt, die mir wegen ihrer Dynamik auf Anhieb gut gefiel, obwohl es dann noch 2 Jahre dauerte, bis ich damit begann, weil ich als Figurenfreund mit Schwerpunkt Rom gesehen hatte, daß Hollywood mit der Ausrüstung der beiden Gladiatoren - und auch der meisten anderen im Film - ziemlich daneben lag, aber darüber ist in anderen Foren und auch schon in Fachbüchern ausführlich diskutiert worden.

Ich kann hier nur Marcus Junkelmanns 'Das Spiel mit dem Tod - So kämpften Roms Gladiatoren' empfehlen. Darin beruft er sich auf frühere und leider z. T. nicht veröffentlichte Forschungsergebnisse und katalogisiert - eigentlich als erster - sämtliche Gladiatoren-Typen sowie in einem Aufwasch auch gleich ihre spezifischen Rüstungen. Danach lassen sich jeder Helm-, Schild- oder Beinschienentyp ganz bestimmten Gladiatorenarten zuordnen.

Die beiden hier dargestellten Protagonisten der Szene, der im Film bis dahin unbesiegte 'Tigris von Gallien (!?!)' und unser Hauptdarsteller Maximus lassen sich eigentlich überhaupt keinem Gladiatorentyp zuordnen. Tigris trägt eine absolut nicht belegte Ausrüstung. Auch kämpft er beidhändig mit Gladius und Axt (wie ein Dimachaerius, aber die trugen eigentlich zwei Schwerter):

Nachträgliche Änderung - da hatte ich in meinem Eifer wohl eine wichtige Forumsregel übersehen, sorry Hans. :2:, und ein gespeichertes echtes Photo hier abgelegt - ich denke ein Link zu einer Seite, die das gemeinte Bild zeigt, ist erlaubt ...


Quelle: https://presizely.abcmedia.no/980x%2Cdsu%2Csh%3A1.2%3A1.2%3A1.2%2Cq80%2Cprog/https://abcnyheter.drpublish.aptoma.no/out/images/article//2016/07/14/195229320/1/original/2907172.jpg
MSV - einmal ein Zebra, immer ein Zebra

Uwe B.

#1
Einzige Rechtfertigung für den zwar schönen aber sonst wohl überhaupt nicht historischen Helm könnte ein italienischer Sallet-Helm aus dem 15. Jahrhundert sein.

Aber auch nur dann, wenn man unterstellt, daß dieser Helm möglicherweise im Zuge der Renaissance den Versuch darstellte, ein im 15. Jahrhundert vielleicht noch bekanntes aber inzwischen verlorenes Original oder bildliche Darstellung eines Gladiatoren zu replizieren. Reine Theorie, aber nicht auszuschließen.

Siehe nachfolgenden Link des Renaissance-Helms:



Quelle, vor allem weitere Bilder siehe unter: http://www.metmuseum.org/toah/works-of-art/23.141
MSV - einmal ein Zebra, immer ein Zebra

Uwe B.

#2
Aber nun zu den Bildern. Leider hatte ich damals (2001) noch keine Digitalkamera und nur 4 WIP-Photos gemacht. Das erste zeigt Maximus' Gegner im Rohzustand.

Wie Ihr seht, ist die Figur größtenteils aus Milliput. Dabei brauchte ich auf Muskulatur und Körperteile nicht allzu große Sorgfalt verwenden, da ohnehin das meiste irgendwie bedeckt ist. Für den Körper nahm ich das Oberteil eines Wüstenratten-Engländers (dessen Uniform ich für meine Römer nicht brauchen kann), Arme und Beine aus Gießästen, alles verkleidet mit wenig Milliput. Dafür mußte dann die Ausrüstung etwas genauer modelliert werden.

Aber auch hierfür nehm ich am liebsten umfunktionierte Sachen, das spart Modellieren. In diesem Fall weiches Blech, von irgendeiner Tube (Zahnpastatuben sind heute leider Plastik, also Tomatenmark oder ähnliches) für die Tunica, die hier eigentlich nur so eine Art Rock ist, sowie für diverse Riemen oder - ausgestanzt - für den Hüftschutz aus Panzerschuppen.

Für die Helmmaske habe ich den wiederverwendeten Kopf einer anderen Figur genommen, das Gesicht blieb erhalten, der Rest wurde zum Helm ummodelliert.
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Uwe B.

Maximus:

Das Prinzip der Figurenerstellung ist das gleiche wie beim Gegenspieler, hier kann man sogar am auf dem Boden liegenden Arm noch den nur leicht rundgeschliffenen Gußast erkennen (Airfix-Grau). Das Gesicht des Maximus entstand so: ich besaß damals schon die 54mm-Zinnfigur von Andrea Miniaturas, die Maximus von der Anfangssequenz des Films als General zeigte.

Da ich andere Abgußtechniken nicht kenne, drückte ich den Kopf in eine ganz kleine Schale mit Gips, wobei die Masse von der Konsistenz her fast - aber noch nicht ganz - hart war. Nach dem endgültigen Aushärten hatte ich die gewünschte Negativform. Kleiner Knubbel Milliput rein, von hinten mit der Rückseite eines Bleistifts ganz in die Form gedrückt und wieder rausgezogen. Milliput ist noch weich und kann mit feinem Werkzeug, z. B. einer Nadel, noch verändert werden. In diesem Fall habe ich dem Russell noch das im Kinobild sichtbare Stirnrunzeln verpaßt und mit einer scharfen Klinge den Mund leicht geöffnet.

Für den kleinen Rundschild habe ich das Oberteil einer gelben Ü-Ei-Verpackung genommen (die Schokolade drum herum half, eine kurze Pause zu geniessen), es hatte nämlich die richtige Größe und Wölbung, was als reine Modellierarbeit viel zu aufwändig gewesen wäre und ich auch nicht so genau hinbekommen hätte. Der Arm war natürlich vorher gestiftet, so daß Körper und Schildarm getrennt bemalt und anschließend zusammen geklebt werden konnten. Die Nahtstelle verschwand praktischerweise unter Maximus' Schulterschutz.


MSV - einmal ein Zebra, immer ein Zebra

Uwe B.

Das letzte WIP-Photo zeigt den Tiger, zusammengesetzt aus Holz, Gußast, Draht und Milliput. Nach der Bemalung kamen dann noch 'echte' Tiger-Schnurrhaare hinzu. Mußte ich doch seinerzeit feststellen, dass sich in meinem eigenen Schnurrbart doch tatsächlich graue Haare dazwischen gefuscht hatten.  ;( Aber hier konnte ich dann zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, raus damit und an den Tigerkopf geklebt, die helle Farbe und die natürliche Krümmung der eigenen Schnurrhaare paßten wunderbar zum Tiger ... Das ist jetzt 11 Jahre her und am Modell hat sich noch nichts verschlechtert (der Tiger hat seine Schnurrhaare noch, kein Zerfall, alles in Ordnung).

Bei mir selbst - graue Haare raus, um den Eindruck eines dunkleren Schnurrbarts zu erzielen - das bringt nichts mehr.

Die einzelne Pranke rechts diente dazu, in dem noch weichen Arenasand entsprechende Tiger-Fußabdrücke zu erzeugen.

MSV - einmal ein Zebra, immer ein Zebra

Uwe B.

Besser zeigt dieses Photo die Zusammensetzung des Tigers. Links der eigentlich zum Einsatz im Diorame gedachte Prototyp, da er sich jedoch als zu klein heraus stellte, mußte ich einen neuen 'bauen' - siehe rechts - dort sieht man auch die echten Tiger-Schnurrhaare.
MSV - einmal ein Zebra, immer ein Zebra

Uwe B.

#6
Zur Entstehung des Photos:

Über Fotographiertechnik en kann ich Euch nichts neues erzählen. Vielleicht noch etwas über das Hintergrundbild. Es handelt sich um das Originalphoto aus dem Film, das ich mir vom Internet herunterlud und dann mit 'Paint' (alternativ: Photoshop) entsprechend meinen Bedürfnissen umeditierte.

Das heißt, ich mußte Tigris, Tiger und Maximus durch zuvor aus dem Bild herauskopierte Bildsegmente 'überklatschen', da die ja im Modell schon vorlagen. Dadurch bedingt wiederholen sich im Hintergrund natürlich verschiedentlich Zuschauergruppen, aber wenn man es nicht weiß und auch nicht vermutet, fällt es kaum auf. Die drei Gestalten im Hintergrund, die im Film ja den Tiger an einer Kette halten, mußten natürlich bleiben. Das so entstandene Hintergrundbild habe ich als 2. Foto diesem Beitrag angefügt.

Der Sockel der Vignette ist etwas erhöht, schließlich mußte ja auch die Öffnung im Arenaboden, durch die wie im echten Colosseum die Tiere in die Arena gelangten, eine gewisse Tiefe haben.
MSV - einmal ein Zebra, immer ein Zebra

Uwe B.

#7
Draufsicht.
MSV - einmal ein Zebra, immer ein Zebra

Uwe B.

#8
Zum Abschluß noch mal das fertige Diorama aus dem gleichen Blickwinkel wie das Ausgangsphoto aus dem Hollywood-Film. Mittels 'Paint' wurde zwischen Hintergrundphoto und Vignette ein weicherer Übergang erzeugt.
MSV - einmal ein Zebra, immer ein Zebra


Uwe B.

#10
Detailphoto aus einem anderen Winkel.
MSV - einmal ein Zebra, immer ein Zebra

MartinBim

Der Tiger ist großartig wie alles andere auch eigentlich.

Uwe K.

Phänomenal!!!!
Richtig klasse gemacht - meinen allerhöchsten R E S P E K T ! ! !
LG
Uwe

Uwe B.

Bradhower, MartinBim,

danke für Euer Lob, hör ich gern.

Uwe K.,

danke, lieber Namensvetter, Du hast mich ja selbst in Deinem Bericht animiert, mal was von mir zu zeigen.  ;)

Gruß - Uwe
MSV - einmal ein Zebra, immer ein Zebra

dafi

Herrlichst gebaut und phantastisch in Szene gesetzt! Danke fürs Zeigen :-)

Gruß, Daniel
... keine Angst, der will doch nur spielen ...

... to Victory and beyond!
http://www.dafinismus.de

Hans

Wunderbare Arbeit, super erklärt und klasse gebaut. Ich bin begeistert, wirklich.
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

starship24

Gut in Szene gesetzt! Der Helm von Tigris erinnerte im Film stark an die römischen Gesichtshelme jener Zeit.

http://www.flickr.com/photos/hen-magonza/4197208178/#

:winken:

fellfrosch79


tigrazor2012

Krass. Den Tiger hätte ich jetzt für eine überarbeitete Schleich-Figur oder etwas in der Art gehalten, wenn Du es nicht erwähnt hättest. Auch die Arbeit mit dem Milliput, die Idee und Umsetzung - GENIAL!

Lucas.

AnobiumPunctatum

:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

Wolf

Das zweite Foto aus Posting 8 ist ja mal richtig gut. Wie von den anderen schon gesagt, schöne Arbeit und Erklärung.
Wer Future hat, hat noch lange keine Zukunft

Uwe B.

Daniel (Dafi), gern geschehen.

Hans, Dir auch Dank für Dein Lob, das für mich schwer wiegt, weil Du ja vom Fach bist und Dich mit der Epoche besonders gut auskennst. Das mit den beiden Bildern in den ersten beiden Beiträgen dieses Threads hatte ich nicht bedacht, aber Respekt, wie schnell Ihr Moderatoren reagiert. Ich war noch am posten, und schon wurden die Bilder von Euch gecancelt.

starship24, das stimmt, das Beispiel, das Du gezeigt hast, ich glaub aus Ribchester, ist auch einer der besonders schönen. Man glaubt gar nicht, wie viele und verschiedene Typen sich von römischen Maskenhelmen erhalten haben.

fellfrosch79, freut mich, danke für's Lob und den Applaus.

tigrzor2012, Lucas, ich gebe Dir recht, immer wenn ich irgendwo im Kaufhaus vor Schleichfiguren stehe, bin ich von deren Machart fasziniert (Bemalung, Detaillierung). Aber die sind etwas zu groß, beim Maßstab meines Dioramas habe ich mich an den 54 mm-Figuren (1:32) gehalten.

AnobiumPunctatum, danke für den Daumen hoch - paßt zur Thematik, der besiegte Tigris Gallicus wurde ja im Film nach dem Zweikampf (von Maximus) verschont, also quasi begnadigt. Gruß aus Rheinhausen ... ist ja nicht so weit.

Uwe
MSV - einmal ein Zebra, immer ein Zebra

Uwe B.

Danke Wolf,

ich denke, Du meinst jenes, welches das Originalphoto nachstellen soll. Es ist leicht digital bearbeitet, um den Übergang vom Hintergrundphoto zum Diorama etwas zu verwischen.

Uwe
MSV - einmal ein Zebra, immer ein Zebra

Furianer

Sehr schön in Szene gesetzt und auch hervorragend gemacht  :P  Schön auch mal zu sehen was abseits "des Mainstreams" von Bismarck, Tiger und Co so gebaut wird!

:winken: Furi

Bongolo67

Toll! :1: :P
Ich liebe solche als Modell nachempfundenen Filmszenen!
Und das Ganze in Eigenarbeit zu erstellen ist überhaupt der Hammer!

Gruß

Ulf