Unten am Fluss - Jütland um 900 n.Chr. - 1:72 --- FERTIG!!!!!!!!!!!!!!!!

Begonnen von Jensel1964, 24. April 2016, 19:52:04

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Jensel1964

Joah, kann man tatsächlich machen. Danke für den Hinweis.
Wenn ich mal so richtig Lust habe, deute ich die Bolzen mal an.
Jens  :winken:

Gilmore

Hatten die damals schon die Möglichkeit, Bretter, Bohlen etc. herzustellen oder bestand der Holzsteg damals evtl. aus Rundhölzern? Der Steg in Haithabu ist doch sicher nicht oginol. (Dumme Frage eines Laien)
Ich bin multitasking-fähig. Ich kann alle anfallenden Arbeiten gleichzeitig liegenlassen.

wefalck

Bretter und Bohlen wurden mit Axt und Keilen aus einem Stamm gespalten, nicht gesägt, und dann mit dem Dechsel weiterbearbeitet.
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Hans

Die Bretter in H. sind nicht original, aber der Fundplatz ist voll davon. Auch die Holzverbindungen sind belegt.

wefalck, ich hab so nen Haitabu-Steg auch grad fertig. In 72 sind die Holzdübel 0,2 mm stark. Macht keinen Sinn, echt nicht.
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

Jensel1964

Hallo zusammen!

Heute werde ich mich textlich etwas zurück halten und eher die Bilder sprechen lassen.

Hans (vielen Dank nochmal!!!) hat mir eine sehr schöne Zeichnung eines frühmittelalterlichen Fischerbootes zur Verfügung gestellt. Ich habe mich lange mit der Möglichkeit einer Umsetzung in Holz beschäftigt. Aber nachdem mir Balsa ständig zerbrochen ist und sich Buche für meine grobmotorischen Finger als zu hart erwies, bin ich auf  Kunststoff zurückgekommen. Das Material, mit dem ich normalerweise baue.
Den Kiel und die Spanten habe ich aus 1 mm starken Polystyrolplatten geschnitten und geschnitzt. Die Planken sind aus papierstarken Evergreenplatten geschnitten.

Die Umsetzung muss ich nicht großartig kommentieren. Die Bilder sagen genug, denke ich.
























Der Kronkorken dient nur als Größenvergleich. Ich trinke beim Bauen lieber Franziskaner.... :pffft:



Die folgenden Bilder sollen mal einen ersten Eindruck vom aktuellen Stand geben.

Für die Begrünung des Bodens ist mir in unserer Küche eine (wie ich meine) klasse Idee gekommen. Anstatt teure Streugüter zu verwenden, hab ich ein Glas ,,Kräuter der Provence" geplündert. Das ist nicht nur günstiger, es hat auch einen angenehmen Nebeneffekt: Mein Diorama riecht echt lecker.... :3:











Mit dem Boot muss ich mir noch was einfallen lassen, um es in Wasserlinienform zu bringen. Möglicherweise reicht das runterschleifen des Kiels und das Einbetten in Acrylgel. Wir werden sehen...




Und diese Begrünungselemente stellen nun den ersten wirklichen Kostenfaktor in diesem Diorama dar. Man kann halt nicht alles mit Kräutern machen.  ;)





Tcha, das ist also der heutige Stand und ich muss sagen, dass ich echt zufrieden bin. Ich denke, dass das ganz nett werden kann.
Vielen Dank für´s Reinschauen.

Jens  :winken:

wefalck

Hans/Jensel1964 - woher stammt die Zeichnung eines 'frühmittelalterlichen Fischerbootes' ?
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AnobiumPunctatum

Schönes Boot, Jens. Aber auf's Wasser möchte ich damit nicht. Die Spalten sind doch etwas breit.
Balsa ist für so ein Beiboot auch das falsche Material. Wenn überhaupt, dann Birne oder Buchsbaum. Wenn es ein weiches Holz sein soll, kannst Du auch Linde probieren.

Die Grundlage des Boots würde mich auch interessieren.
:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

Jensel1964

Ich will Hans da nicht vorgreifen, aber es handelt sich wohl um das Beiboot des Gokstad-Schiffes, dass ich hier als Fischerbootvorbild genommen habe.
Rausfahren würde ich mit dem Boot angesichts der Beplankung allerdings auch nicht.
Jens  :winken:

Hans

Genau so ist es. Es gibt da zwar noch ein oder zwei weitere Funde dieser Größenklasse, aber vom "Gokstad-Beiboot" gibt's einen Plan.
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

wefalck

OK, also eines von den 'Gokstad Færings' nach Christensen (1959) bzw. Dammann (1996) ?

CHRISTENSEN, A.E. (1959): Færingen fra Gokstad.- VIKING, tidskrift for norrøn arkeologi, 23: 57-69, 2 pl., Oslo, https://www.duo.uio.no/handle/10852/37585 (enthält die Zeichnungen).

DAMMANN, W. (1996): Das Gokstadschiff und seine Boote.- 76 p., Brilon-Gudenhagen, (Selbstverlag Arbeitskreis historischer Schiffbau e.V.).

Im übrigen würde ich aber bezweifeln, daß auf den Flußläufen (einschl. Jütlands) auf Kiel gebaute Plankenboote zum Fischen verwendet wurden. Solange noch ausreichend große Bäume vorhanden waren, waren Einbäume weit verbreitet, sogar noch bis in das späte 19. Jh. (z.B. in Ellerbek bei Kiel, das der Erweiterung der Kaiserlichen Werft weichen mußte). Ansonsten waren Prähme (ohne Steven) oder Bodenplankenboote mit Blocksteven seit Urzeiten bis in die Neuzeit in Gebrauch. Beide Grundtypen haben weniger Tiefgang als Kielboote und sind deswegen für flache Flüßchen besser geeignet. Auch sind die wesentlich einfacher zu bauen.

Eine Übersicht über die z.T. altertümlichen Boote (Nieder)deutschlands bis in das 20. Jh. geben

MITZKA, W. (1933): Deutsche Bauern- und Fischerboote.- Wörter und Sachen, Kulturhist. Zeitschr. f. Sprach- u. Sachforsch., Beiheft 6: 116 p., Heidelberg (Carl Winters Universitätsbuchhandlung).

RUDOLPH, W. (1966): Handbuch der volkstümlichen Boote im östlichen Niederdeutschland.- 150 p., Berlin (Akademie Verlag).

RUDOLPH, W. (1967): Die Übergangsformen zwischen Einbaum und Plankenboot an der südlichen Ostseeküste.- Ethnogr. Archäolog. Z., 8: 40-43, Berlin.
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Jensel1964

Vielen Dank für die Hinweise. Besonders der Linken zu dem norwegischen Bericht hat echt weiter geholfen. Ich sollte zumindest die "Sitzgelegenheiten" im Boot nochmal überdenken.
Den Hinweis zur unwahrscheinlichen Nutzung solcher Booten als Fischerboote werde ich so berücksichtigen:
Ich stelle eine Szene dar, in der der Schiffsmeister eines Langbootes Trockenfisch und anderen Proviant kauft oder tauscht. Und das mit dem Einbaum werde ich nochmal aufgreifen.
Jens  :winken:

Hans

#111
Naja, das mit den Bootstypen ist so ne Sache. Da stösst das "hätte doch so sein müssen" schnell an die Fundgrenze. Einen Einbaum hat man tatsächlich aus Haithabu. Einen. (1). Zweck unklar. Präme oder sowas in der Bauart liegen einfach nicht vor. Jetzt könnte man die beliebte "Fundlücke" strapazieren, aber nimmt man die ernst, hätten die Wikis auch Fahrräder gehabt. Halt aus Holz, vergeht komplett. Rückprojektionen sind in der Archäologie komplett unzulässig.
Die Zeichnung, nach der Jens das Boot gebaut hat, stammt von Dammann.

Der ausgewiesene Fachmann Jörg Nadler benutzt tatsächlich einen Einbaum für eine Darstellung, aber auch ein kleines Kiel-Plankenboot, besegelt. Gänzlich ungeeignet erscheint mir der Bootstyp jetzt wieder auch nicht.
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

wefalck

Das 'Rückprojektionen' nicht zulässig weiß ich natürlich auch. Es gibt aber entwicklungsgeschichtliche Studien, die gewisse historische Stammbäume aufzeigen, z.B.

GREENHILL, B., MORRISON, J. (1995): The Archaeology of Boats & Ships – An Introduction.- 288 p., London (Conway Maritime Press).

und gewisse Randbedingungen, wie die Verfügbarkeit von Materialien oder Techniken, die Rückschlüsse auf mögliche Lösungen, z.B. in der Bootsbautechnik, zulassen. In der Tat ist die materielle Überlieferung recht dünn und die Datierbarkeit häufig auch beschränkt. Gerade was die alltäglichen Gebrauchtsfahrzeuge in der Subsistenzwirtschaft anbelangt wissen wir über weite Strecken der Geschichte recht wenig.
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Hans

Hier meine Balsaholzversion - nicht um den Thread zu kapern, sondern nur als "Beleg", dass man m.E. für den Dioramenbau sich nicht unbedingt an die Regeln des klassischen Holzmodellbaus halten braucht. In 1/72 ist das Ding daumengroß und als noch dazu ungeübter Bootsbauer kommt man schon so recht zügig ans Ziel. Zudem fehlt es mir auch an entsprechendem Werkzeug, um zB die Spanten aus hartem Holz zu sägen...hier sind es mit Cyanacrylat versteifte Papierspanten, über die dann feuchtes Balsaholz gezogen wurde.
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

wefalck

Der Zweck heiligt die Mittel ... und das Ergebnis zählt ... :klatsch:
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Jensel1964

Das Boot sieht echt klasse aus, Hans. Und nein, das hat nichts mit "kapern" zu tun. Ich bin mal gespannt, wie mein Boot nach der Lackierung aussehen wird.
Ich beschäftige mich erstmal mit der Begrünung und den Haustieren.
Nach dem was ich bislang gelesen habe, scheinen Ziegen (Fleisch und Milch), Schweine (Fleisch) und Hühner (Eier und Fleisch) die häufigsten Haustiere gewesen zu sein. Die damaligen Schweine waren allerdings kleiner und pelziger.
Da ich die Tiere von Preiser in HO verwende, kompensiert das den Größenunterschied bei den Schweinen zumindest teilweise.

Eine Frage an die Experten: Wurden im frühen Mittelalter schon Fässer zum Warentransport (Trockenfisch, Salz etc.) verwendet?

Jens  :winken:

wefalck

Auf die Gefahr hin, daß Hans mich/uns eines Besseren belehren wird: Fässer waren die 'Container' schlechthin seit Urzeiten bis in die 1960er Jahre. Man hat fast alle Waren darin verpackt, da sich Fässer ja wasserdicht verschließen lassen und auch gut transportieren bzw. stauen lassen. Allerdings hatten die Fässer bis zur Zeit der industriellen Eisenproduktion keine Reifen aus Bandeisen, sondern aus gespaltenen Weiden o.ä.
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bughunter

Klasse, was Du hier zauberst!

Zitat von: Jensel1964 in 27. Dezember 2016, 23:28:22
Ich habe mich lange mit der Möglichkeit einer Umsetzung in Holz beschäftigt. Aber nachdem mir Balsa ständig zerbrochen ist und sich Buche für meine grobmotorischen Finger als zu hart erwies,
Weil gerade Weihnachten war - schicke mir mal Deine Adresse per PN, wenn Du etwas Birnenholzfurnier möchtest.

Bughunter :winken:

Wikipedia sagt: "Ein Modell ist ein vereinfachtes Abbild der Wirklichkeit."
Deshalb baue ich lieber verkleinerte Originale.

Hans

Nee, stimmt völlig. Fässer gibts massig im Fundgut. Die Form war aber länglicher, als wir es heute gewohnt sind und eben ohne Eisenreifen.

Wohl ein Getreidevorratsbehälter; Original; wurde als Brunneneinfassung zweitverwendet und ist deshalb so gut erhalten
http://www.vikingage.org/wiki/index.php?title=File:Hedeby_Wood_Barrel.JPG

Gerade Form :
https://distantmirror.files.wordpress.com/2010/03/sahti-barreloseberg-viking-shiposlovikingmuseum.jpg

Ladegut, Rekosntruktionsvorschlag in Roskilde:
http://www.mycamerashots.com/wp-content/uploads/2011/10/DSC02541_39_40.jpg

Andere Fässer in eher schlanker Form. Ob es "Einheitsgrössen" a la Container gab, weiss man nicht.
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

AnobiumPunctatum

Hans,

auch wenn Du Dein Boot aus Balsa gebaut hast, halte ich es für einfacher das Boot aus anderem Holz zu bauen. Furnier für die Beplankung lässt sich gut mit einem Skalpell schneiden. Für die Spanten reicht eine einfach Laubsäge. Für Holzmodelle muss man keinen Maschinenpark haben - auch wenn eine Dekupiersäge die Arbeit deutlich erleichtert.

Hast Du einen einfachen Steven oder den Formsteven des Originals verwendet? Ich habe diesen damals nicht hinbekommen.
:winken:  Christian

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Hans

Ich hasse Aussägen... :D... und dann erst noch Holz bestellen.... :D

Kein Formsteven..das ist dann schon etwas fuzzelig in der Größe. Für eine wirklich gute Replik würde ich nix kleineres als 1/30 nehmen.
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

nurmalso

Sehr beeindruckend, was man aus so wenig zaubern kann. Wegen der Originalgetreue würde ich mir da keinen Kopf machen.
Es liegt über 1000 Jahre zurück und unsereins hat schon Probleme ein Schiff von vor 100 Jahren halbwegs authentisch darzustellen.
Mir gefällt dieses Dio sehr, mal eine schöne Geschichte aus dem Alltag und bisher absolut stimmig umgesetzt.

LG  Frank

Hans

ZitatEs liegt über 1000 Jahre zurück
..man kann sie aber gut darstellen, wenn es die Schiffe/Boote noch gibt....  :D
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

AnobiumPunctatum

@nurmalso

Wenn man historischen Schiffsmodellbau betreibt, gibt es genug Quellen, um sein Modell möglichst realitätsnah zu bauen. Man muss sich nur die Mühe machen und die Quellen suchen und verwenden. Für meine Sloop existieren z.B. die Originalpläne und zeitgenössiche Literatur mit den Abmessungen der Bauteile.

Die Recherche macht in diesem Fall ein lebendiges und realitätsnahes Diorama aus. DasBoot kannst Du Dir in Oslo anschauen.
:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

nurmalso

Hallo

@ Hans und AnobiumPunctatum
    Mit Recherche kenn ich mich auch ein wenig aus und musste feststellen das die Segelschiffszeit ja etliche Jahrhunderte, wenn nicht
    ein Jahrtausend umfasst und daher interessanterweise mehr Material bietet wie die die kurze Periode von 1880 bis 1920. Ich hab
   auch in Freiburg im Bundesarchiv und an anderen Stellen recherchiert und muss sagen es gibt für diese Periode nicht so viel Material.
   Wenn es eine Auftragsarbeit für ein Museum wäre hättet ihr natürlich recht. Jensel1964 baut aber mal was anderes, wie sonst, für sein Vergnügen.
   Da sollte man nicht ganz so pingelig sein, er hat ja von sich aus sehr schön die Häuser und anderes realistisch der Zeit entsprechen umgesetzt.
   Wenn man es eng sieht muss ich dann wefalck zustimmen, Einbäume und Plattboote waren die VW's des kleinen Mannes. Da gibt es sehr
   interessante Sachen. Das sollte aber jeder für sich entscheiden um den Spass den wir am Hobby haben nicht zu killen.

   LG  Frank