Moin, werte Mitstreiter
Heute präsentiere ich Euch mal etwas für mich ungewöhnliches: nämlich ein Modell zu einem Original mit spekulativem Hintergrund...
(Die meisten von Euch wissen, das sich mein Modellbaubereich eigentlich auf Flugzeuge der ehemaligen deutschen Luftwaffe
im letzten Kriegsjahr beschränkt, und das zumeist belegbar anhand wenigstens eines Original-Fotos).
Bei diesem Modell jedoch ist die Faktenlage hinsichtlich der Lackierung mehr als "dünn".
Lediglich zwei Authoren (einer davon ist auch gleich der Verleger des anderen Buches) haben in den seither vergangenen 73 Jahren von diesem Vorbild Kenntnis bekommen und es publiziert.
Als Beleg werden die Interviews mit den zwei beteiligten Piloten sowie den Flugbucheintrag des einen angeführt.
Zusätzlich gibt es eine von beiden Piloten unterzeichnete (eidesstattliche???) Erklärung, die in den besagten Büchern abgedruckt ist.
Hier das von mir vorgestellte Buch von Jerry Crandall:
"The Focke-Wulf Fw 190 Dora - Volume One"Das andere Buch ist
"The Focke-Wulf Ta 152" von Thomas H. Hitchcock, erschienen bei Eagle Editions (dem Verlag von J. Crandall)
Ausgangslage der Geschichte ist folgende:
Seit Ende Januar des Jahres 1945 stehen dem Jagdgeschwader 301 erstmals eine Hand voll Tank Ta 152 Jagdmaschinen zur Verfügung.
Das Muster weckt die Hoffnung der Piloten, einen gewissen Grad der Luftüberlegenheit zurückzuerlangen – die Maschine ist voll Höhentauglich
(Druckkabine, Höhenlader), extremst wendig und mit dem JuMo 213 E-1 Motor sehr schnell und den alliierten Maschinen wieder mal ein kleines Stückchen voraus.
Allerdings ist die Versorgung mit Ersatzteilen und Maschinen zu diesem Zeitpunkt bereits völlig zusammengebrochen (wen wundert's, so kurz vor Kriegsende...

).
Der Kommodore des mit der Ta 152 ausgerüsteten JG 301 in Stendal, Obstlt. Fritz Auffhammer, hat am 22. März einen Termin mit Rüstungsbeauftragten und Technikern
im 120 Kilometer entfernten Luftwaffen-Erprobungszentrum Rechlin, und gedenkt den anwesenden Herren mit Nachdruck
in den Ar... ...die verzweifelte Lage zu erläutern.
Für den Flug wird eine Tank 152 flugklar gemacht und weil das Muster der deutschen Flak völlig unbekannt ist (Jetzt beginnt der spekulative Teil)
in einem Signalrot lackiert... (Eine recht ähnliche Praxis erfolgte bei den Fw 190 D vom Platzschutz des JV44 – hier waren die Maschinen unterwärts in Rot mit weißen Streifen lackiert.)
Als Begleitung wird der technische Offizier Hptm. Roderich Cescotti in einer Focke Wulf Fw 190 D-9 mitfliegen.
Beide Piloten bestätigen in Interviews mit dem Author Jerry Crandall diese Begebenheit und die ungewöhnliche Lackierung der Maschine.
Im Britmodeller-Forum hat J. Crandall nochmals betont, das er anhand der Aussagen beider Piloten keinen Zweifel an deren Aufrichtigkeit hat:
https://www.britmodeller.com/forums/index.php?/topic/234994512-info-needed-on-fw-doras/&page=2&tab=comments#comment-2218597Im mittlerweile geschlossenen "Luftwaffe-Experten.org"-Forum hatte sich J. Crandall detaillierter zum genauen Farbton geäußert:
ZITAT:
"...After Mr. Auffhammer and others related the story involving the red-orange Ta152 I built and painted four Ta152 models for them to choose the correct color rather than to rely on a verbal description. The one every one agreed on was painted with a mixture of about 25% RLM 04 Yellow and 75% RLM 23 Red. One of the parties involved remarked "I'll never forget that color I can see it like it was yesterday". Mr. Auffhammer said he wanted the brightest red they could mix..."
Im "FalkeEins"-Luftwaffe-Blog wird die Story kritischer beleuchtet, und anhand von Aussagen Willi Reschke's (damals Pilot beim JG 301) hinterfragt:
http://falkeeins.blogspot.de/2010/04/towards-perfection-tank-ta-152-reschke.htmlVon den beiden Farben RLM04 und RLM23 hatte die Staffel jedenfalls genug: die Reichsverteidigungsbänder des JG 301 waren Gelb/Rot.
Soviel zur Faktenlage...
...Dieser Vogel in Orange-Rot??? Das und die Story übt schon sehr lange auf mich große Faszination aus und das muss umgesetzt werden – Fake oder nicht!

Zunächst wurde das Modell in Weiß grundiert und mit Gelb eine erste Farbschicht lackiert, bis ich dann in mehreren Stufen die eigentliche Lackierung aufbrachte:
Das RLM04 Gelb von Gunze kommt einigermaßen an den Originalton heran, anders das RLM23 Rot:
das liegt doch ziemlich jenseits des Originals, ist mehr eine Art "Insignien-Rot".
Also habe ich mir anhand der Farbtafeln von Warneke&Böhm (beiliegend den Luftwaffe Camouflage&Markings" Büchern von K. Merrick)
aus verschiedenen Rottönen der Gunzepalette ein RLM23 hergestellt und nach der o.g. Mischung die Farbe angemischt.
Das Modell ist der alte Bausatz von Dragon (1991), dem immer wieder nachgesagt wird, er sei übel zu bauen:
https://www.scalemates.com/kits/114307-dragon-5501-focke-wulf-ta-152-h-1Kann ich so nicht bestätigen, bis auf das die Flügeloberschalen etwas verzogen waren, passten die Teile relativ gut zusammen.
(Die Flügel habe ich schlicht durch zurückbiegen wieder in Form gebracht...). Spachteln musste ich nirgends.
Die schön detaillierte Motornachbildung des JuMo 213 habe ich nicht eingebaut – den möchte ich zusammen mit anderen Motoren separat präsentieren,
außerdem verschwindet dieses Teil komplett in unsichtbaren Tiefen des Rumpfes...
Aber urteilt selbst:
...und zum Abschluss noch:
Den Dragon-Bausatz habe ich mit folgendem Material ergänzt:
• bedruckte Sitzgurte von Eduard
https://www.scalemates.com/kits/117679-eduard-49002-seatbelts-luftwaffe-wwii-fighters• Teile aus dem Ätzteilset von Eduard
https://www.scalemates.com/kits/117300-eduard-48224-ta-152h-1• Auspuffanlage von Quickboost
https://www.scalemates.com/kits/197285-quickboost-qb-48-132-ta-152h-exhausts• Läufe der Flächenbewaffnung MG 151/20 sowie Mündungsrohr MK 108 aus Messing von Albion Alloys, brüniert
• Tauchrohre an den Fahrwerksteilen durch Aderendhülsen ersetzt
• eine EZ42 Visiereinrichtung gescratcht
• div. Draht für Leitungen
• "unsichtbares Nähgarn" für den Antennendraht
Die Decals sind vom Aeromaster Bogen "Fw-190D/Ta-152 National Insignias", AeroMaster - Nr. 48-024 (von 1992!!!), und ließen sich trotz des Alters mit Micro-Set&Sol problemlos verarbeiten.
(Den Link zu Scalemates habe ich wg. der abgebildeten Hakenkreuze lieber unterlassen...

)
Grundiert habe ich das Modell mit Mr.Base White 1000 von Gunze,
lackiert mit den Acrylfarben der Gunze Mr. Hobby AQUEOUS HOBBY COLOR Palette,
dezente Betonung der Gravuren erfolgte mit selbstgemixtem Washing aus Ölfarben von Norma/Schminke,
versiegelt wurde mit Enamel-Klarlack von Humbrol im Verhältnis 2 Teilen Glanz- zu 3 Teilen Mattlack.
Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit, jetzt könnt Ihr...

Skyfox
P.S.:
Die Vorstellung, das sich 70 Jahre nach Kriegsende zwei betagte Veteranen einen Scherz mit einem (vielleicht etwas nervigen???) "Ami" mit seinen dusseligen Farbfragen erlaubt haben könnten, finde ich allerdings auch hochgradig amüsant...
EDIT: fehlendes Bild eingefügt...
EDIT 2: fehlender Link ergänzt