*** Fertig *** Restauration eines Rennbootes Update 26.04.06

Begonnen von moorkapitaen, 06. März 2006, 10:42:07

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moorkapitaen

Moin Forum,

bei Interesse möchte ich hier auch mal einen 'Baubericht' posten.
Hier möchte ich dann  mal eine andere Seite des Modellbaus darstellen.
Konkret geht es um die Restauration eines E-Bay-Schnäppchens:



Falls kein Interesse an einem solchen Bericht besteht, bitte ich um einen kurzen Hinweis - ansonsten
will ich versuchen hier ein paar Einblicke in die 'Geheimnisse der Verbrenner-Rennboottechnik zu geben  :D

Gruss Jürgen
Mein Verein: www.moorkapitaene.de
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moorkapitaen

Dann fangen wir doch einfach mal an mit einer Bestandsaufnahme:

Geliefert wurde ein ca. 20 Jahre altes Rennboot mit einer Ausstattung aus der gleichen Epoche. Diese möchte ich für die Wiederherstellung auch gerne verwenden.
Als erstes wurde der 78 mal 28 cm grosse Rumpf entkernt, wobei dieser filigrane Motorhalter zum Vorschein kam der von aussen ! festgeschraubt war!

Die Schrauben waren dann mit etwas Polyesterharz bekleckert um die ganze Sache dann abzudichten  :2:
Die hier noch sichtbare Welle wurde mit einem Lötkolben erhitzt und konnte dann auch einfach aus dem Rumpf gezogen werden.
Der Rumpf besteht glücklicherweise aus einem Glasfaserschnitzellaminat und nicht aus ABS - den hätte ich sonst gleich wegwerfen können.
Nachdem alle entstandenen Öffnungen mit Klebeband verschlossen wurden habe ich erstmal ein paar Liter Persilwasser in die Schale gekippt, um die gröbsten Verunreinigungen zu bereinigen. Anschliessend wurde der Rumpf mit Backofenreiniger eingesprüht, damit lassen sich die Rückstände des Motors recht gut entfernen.

Morgen zeige ich Euch dann was vom Motor  :D

LG Jürgen
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Wolf

scheinbar stimmt was mit dem verlinken der Fotos nicht. Ich sehe jedenfalls keine.
Wer Future hat, hat noch lange keine Zukunft

moorkapitaen

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oZZy

hi

ich hoffe, du machst da auch eine geile (rasante ) lackierung drauf? ;)

viele grüsse
oZZy
youtube.com/watch?v=BU9w9ZtiO8I 
youtube.com/watch?v=rCg-wE1d2Q0

moorkapitaen

Mal sehen, Vorschläge nehme ich gerne entgegen  :D
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KlausH

Also ich sehe die Fotos. Und ich wäre auch durchaus an einem Bericht interessiert; ich fahr zwar selbst keine RC-Boote, aber ein guter Kumpel von mir besitzt unzählige Rennboote jeden Kalibers, mit denen ich auch schon mal rumdüsen durfte. Daher fände ich es schon sehr interessant.

Schöne Grüße
Klaus

kalli

Auf jeden Fall besteht Interesse. Ist mal was anderes. :1:

uman 9te

willst du den motor, und den schalldämpfer, so wie die welle wieder verwenden?
hat sich ja in der zeit einiges gehtan.
gruß uman

moorkapitaen

Hallo Uman,

vor 20 Jahren kamen gerade die Hydro-Antriebe (mit halbgetauchtem Prop) in Mode. Die FSR-V-Klassen mit vollgetauchtem Antrieb gibt es Heute aber immer noch. Das Antriebskonzept werde ich also beibehalten (was anderes gibt die Rumpfform auch nicht her). Details wie Welle oder Ruder werde ich aber gegen 'moderne' Komponenten austauschen - dazu später mehr.

Aber nun zum Herzstück jeden Rennbootes: Dem Motor  :D



Es handelt sich hier um einen Speed20 Marine des östereichischen Herstellers WEBRA. Die 20 steht dabei für die Hubraumgrösse in CubicInch was dann umgerechnet ca. 3,5 ccm³ ergibt.
Im Web konnte ich über diesen Motor leider nicht mehr viel finden, eine EMail-Anfrage an den Hersteller wurde aber in Rekordverdächtiger Zeit mit einem Datenblatt beantwortet  :respekt:
Demnach leistet der Knattermann ca. 1,1 PS bei 30.000 U/Min! Zuletzt im Handel war dieser Motor übrigens 1989. Aktuelle Wettbewerbsmotoren haben die doppelte Leistung  8) .
Der Schalldämpfer ist ein sogenanntes Resorohr. Dieses soll neben der Schalldämpfung die Leistung erhöhen. Dazu werden die Abgase im richtigen Moment durch eine Prallplatte zum Motor zurückgeleitet um hier dann eine bessere Zylinderfüllung zu erreichen (quasi ein einfacher Turbolader). Die Leistungssteigerung liegt dabei im 10 bis 20%tigen Bereich

Der Zustand des Zerknalltreiblings war  noch recht ansprechend. Zumindestens lies er sich von Hand noch durchdrehen. Das Restöl im Motor hatte sich verfestigt, zum Glück war der aber mit Synteti-Öl gefahren worden. Das auch gerne verwendete Rizinus-Öl hätte den Motor verharzt und wahrscheinlich irreperabel beschädigt.
Nachdem ich das Ding über Nacht in WD40 gebadet und einige Stunden in Backofenreiniger eingeweicht hatte wurde der Motor inkl. Vergaser demontiert und gereinigt. Nach Zusammenbau und einer groben Vergasereinstellung ging es dann auf dem zum 'Prüfstand' umgebauten Arbeitsbock.
Und nach nicht mal 5 Minuten rappelte das Ding im feinsten Zweitaktsound los  :9:

Der Rumpf ist sauber, der Motor rappelt - jetzt geht es ans Flicken der Rumpfbeschädigungen.
Auf dem Foto erkennt man z.B. noch die ach 6mm-Löcher mit denen der Motor befestigt war.

Gruss Jürgen
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uman 9te

kannst ja noch ein bischen nitro zugeben :)
gruß uman

Dannebrog

Der Motor sieht ja zumindest optisch wirklich noch sehr gut aus! Schön, daß er noch läuft!!!!

moorkapitaen

Und weiter geht's....

...der Rumpf ist dran.

Nach der gründlichen Reinigung wurden die Löcher von aussen mit Klebeband versiegelt und dann von innen gründlich angeschliffen und mit Epoxyd-Harz und GFK-Gewebe verschlossen.
Ich verwende lieber Epoxyd anstelle des Polyesterharzes, weil dieses längs nicht so stark riecht (die geruchslosen Dämpfe sind allerdings genauso gesundheitsgefährdent).
Als Gewebe verwende ich Material mit einer Dichte von 160 gr/qm². Auf dem Bild kann man noch den Unterschied zwischen der Verarbeitung mit Gewebe (über den dunklen Löchern) und dem originalen Kraut-Laminat des Rumpfes erkennen (hier wird kein Gewebe sonder einzelne Fasern verwendet).
Aus der Gründen der Festigkeit verwende ich übrigens grundsätzlich 24-Stundenharz. Die viel verkaufte 5-Minutenmischung kommt nur im Notfall ins Boot (Wenn's mal schnell gehen muss  8) )



Besondere Aufmersamkeit verlangte die Wellenhose. Diese war bereits ziemlich angefressen und muss rekonstruiert werden. Dazu wurde die äussere Form mit Klebeband und ABS-Stückchen grob nachgebildet. Von Innen wurde die Wellenhose dann mit einer Mischung aus Harz und GFK-Fasern ausgearbeitet.
Hier mal das berühmte Vorher/Nachher-Foto:


Jetzt geht's erstmal ans spachteln und schleifen der Rumpfmacken und dann hoffe ich, daß die bestellten Lacke und Füller bald ankommen.

Gruss Jürgen
P.S. @Uman, meine Knatterwurzeln liegen im RC-Car-Bereich daher fahre ich meine Motoren grundsätzlich mit 16 % Nitro - man gönnt sich ja sonst nichts  :D
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uman 9te

da gab es mal einen schweizer, den haben wir gefragt, warum sein motor so schnell ist, er hat gesagt, 80% nitro dann gat er :D
war seidem bei uns ein beliebter spruch.
gruß uman

moorkapitaen

Update 23.03.06

Ein bischen was ist in der Zwischenzeit passiert, und natürlich auch (wie immer bei mir) ein kleines Missgeschick - mehr dazu am Ende des Berichtes.


Nachdem die Wellenhose geflickt und die anderen Rumpflöcher mit Harz verschlossen wurden habe ich eine neue Welle montiert. Diese besteht aus 4mm-Stahl und ist an beiden Enden mit einem Edelstahllager kugelgelagert.
Das Fahrverhalten eines Rennbootes wir stark vom Wellenwinkel beeinflusst. Dieser war vorherie recht steil, womit zu viel Energie für das 'anheben' (Lift) des Bootes verbrannt wurde - diese Energie fehlt dann natürlich für den Vortrieb.
Damit sitzt dann auch der Motor ca. 2 cm tiefer im Boot, was zusätzlich den Schwerpunkt begünstigt.

Der monströse Motorhalter passte natürlich nicht mehr. Dieser wurde unterhalt des 'U' kurzerhand abgesägt. Dann schnitt ich passende Gewinde in das Alu-Stück um den Halter dann mit Alu-Winkeln zu verschrauben - diese Winkel sind widerum im Bootsrumpüf einlaminiert.

Als ich das Boot dann mit den einlaminierten Aluwineln in der Hand hatte, viel mir auf, das folgender 'Motor' zufällig genau auf die Halterung passte:



Klasse! Ich wollte schon immer mal einen Zweizylinder im Boot habten (muss nur noch sehen wo ich den Kessel unterbringe)  :D

Und dann kam's. So langsam muss ich mir über die Lackierung Gedanken machen. Da der Rumpf mit der Zeit ziemlich gelitten hatte, ist hier ein komletter Lackaufbau erforderlich - angefangen mit dem Füller.
Also den 2K-Füller zusammengemischt, das ganze in die Lackierpistole abgefüllt, angefangen zu sprühen, mich über die ersten guten Ergebnisse gefreut und mir den Rest des Füllers (ca. 100ml) über Klamotten, Schuhe, Kompressor und Pflastersteine gekippt weit ich Trottel vergessen hatte den Deckel auf den Farbbecher zu schrauben
 :10:
LG Jürgen
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moorkapitaen

Zwischendurch hatte ich schon nicht mehr dran geglaubt, aber ich hab's tatsächlich fertig bekommen...



Nur die Probefahrt steht noch aus.

Da 'normaler' Acryllack vom Methanolsprit angegriffen wird, war dieses auch mein erster Versuch mit Zweikomponentenlack - ging besser als erwartet  8)



Hier die Welle mit neuem Ruder (wird ggf. noch gekürzt) und den Einlass der Wasserkühlung.



Resorohr mit neuer Befestigung. Schlauch für die Druckbetankung. Tank und Vergaseranlenkung.



Wasserdichte RC-Box mit den Servos für Ruder und Vergaseranlenkung



Der Schlauch für den Kühlwasserablass werde ich später noch kürzen. Im Hintergrund der Starter und das notwendige Akku. Als Fernsteuerung habe ich erstmal den alten Sender verwendet. Die Quarze und Akkus hatte ich natürlich getauscht.
Insgesamt hat der Bau einigen Frust bereitet, man konnte aber gerade im Hinblick auf die Lackverarbeitung vieles lernen ohne einen wirklich guten und wertvollen Rumpf zu versauen.  :D

Gruss Jürgen
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KlausH

Hi Jürgen,

echt verblüffend, was du aus dem Oldie gemacht hast! :respekt: Auch die Lackierung gefällt mir, wirklich gelungen.

Du solltest uns aber unbedingt zu gegebener Zeit noch verraten, wie die erste Probefahrt verlief!  :1:

Danke für den ungewöhnlichen, aber sehr interessanten Bericht! :P

Schöne Grüße
Klaus