Micro-Baubericht: pimp my LGB

Begonnen von Dannebrog, 18. Januar 2007, 10:31:44

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Dannebrog

Hallo Zusammen!

Vor einiger Zeit habe ich bei ´iBäh´ ein sehr wertvolles Modell verkauft und konnte mir von dem Erlös einen kleinen Taum erfüllen: eine LGB Gartenbahn. Entschieden habe ich mich dabei für eine Startpackung aus der LGB ToyTrain Reihe. Das ist eine leicht vereinfachte Version der klassischen LGB, die in China gefertigt wird und etwas weniger detailliert ist. Trotzdem besitzt sie die klassische LGB-Qualität, die alle so schätzen und lieben. Sie ist aber erheblich günstiger zu haben als die LGB Sachen, die in Deutschland gefertigt werden. Ausserdem soll sie (daher der Name) zum Spielen für Kinder besonders geeignet sein, was aber im Prinzip wegen der Robustheit und Qualität auf alle LGB zutrifft. Schienen, Kupplungen, Fahrwerke und elektrische Komponenten sind bei beiden LGB-Baureihen identisch, so daß LGB-ToyTrain und LGB klassik 100% miteinander kompatibel sind. In dieser Anfangspackung befand sich ein Schienenkreis, eine kleine Schmalspur-Dampflok, ein Güterwagen, ein Personenwagen und der Trafo nebst Anschluß. Langfristig möchte ich in meinem Garten eine auf Pfählen aufgeständerte Schmalspur-Inselbahn nachbilden, wie man sie teilweise noch auf den Nordseeinseln oder Halligen sehen kann. Wie gesagt fiel die Entscheidung für den ToyTrain  hauptsächlich wegen des Preises, aber auch weil ich auf Dampferzeuger, Soundmodul, Digitaldecoder und andere Finessen vorerst verzichten kann (kann man aber später alles nachrüsten). Das war mir den 2,5-fachen Aufpreis einfach nicht wert. Nicht verzichten jedoch kann ich auf etwas Detaillierung. Aber wofür ist man schließlich Modellbauer - das kann man nämlich prima selber machen!

Hier möchte ich euch kurz zeigen, was ich innerhalb eines Abends mit der Lok gemacht habe. So sieht die Lok (in LGB-Kreisen OTTO genannt) im Auslieferungszustand aus:



Es ist ein sehr schweres Modell. Das hohe Gewicht ist nötig, weil sie keine Haftreifen besitzt und wie im echten Leben nur mittels der Adhäsion, also der Reibung zwischen (Metall)Rad und Schiene, angetrieben wird. Die verwendeten Kunststoffe sind robust und wertig, sehen aber sehr nach Plastik aus.



Als erstes hab ich die Lok ein wenig zerlegt. So:


gotcha31

Bei dem was ich bisher von Dir schon gesehen habe bin ich ja mal gespannt was aus dieser kleinen Lok wird.

Träume erfüllen ist schon eine tolle Sache, dafür kann dann auch mal ein wertvolles Modell geopfert werden.

Viele Grüße
 :winken: Thomas
"Ich dachte, nach der Kuppe geht es geradeaus." Ring-Novize Robby Unser, nachdem er beim Training zum Nürburgring 24h-Rennen 1991 den einzigen Werks-Porsche am Flugplatz zerbröselte.

Dannebrog

Die Lok hat kein reales Vorbild, sondern stellt nur eine typische Schmalspurlokomotive dar! Deshalb habe ich bei meiner Nachdetaillierung auch kein reales Vorbild genommen, sondern frei Schnauze einfach das realisiert, was mir gut gefallen hat. Als inspiration dienten mir verschiedene Fotos von realen Loks. Also wenn sich den Eisenbahn-Freaks unter euch die Haare sträuben denkt bitte daran: das ist NUR EIN FUNMODELL!!!

Die Lok verfügt über keinerlei freistehende Leitungen - das wollte ich zuerst ändern. Zu diesem Zweck wurde der Sanddom auf beiden Seiten angebohrt und Leitungen aus ganz einfacher isolierter Kupferelektroleitung 1mm Quadrat Querschnitt gefertigt:



Der Einfachheit halber habe ich direkt die Ader mit der schwarzen Isolierung genommen. Die beiden Rohre mussten dann nur noch vom Sanddom herunter zum Fahrwerk geführt werden. Entsprechende Löcher waren im Fahrzeugboden bereits vorhanden. Geklebt wurde sparsam mit Sekundenkleber:



Für die Dampfleitungen musste ich vorne am Dampfdom den Verteilerkasten scratchen. Auch hier weider auf beiden Seiten Löcher für die Leitungen:



Hier ist die Dampfleitung vom Dampfdom zum Zylinder trocken eingepasst:



Auf einem historischen Foto in einem älteren LGB-Katalog war eine Dampflok zu sehen, die ihre Dampfrohre dick isoliert hatte. Ich nehme an um Kondensation an den Rohrwänden zu vermeiden. Zu diesem Zweck waren die Rohre mit, ich nehme mal an Asbest, umwickelt. Das hat mir ausserordentlich gut gefallen, sah irgendwie urig aus. Also habe ich meine Dampfleitungen eng und fest mit ganz ordinärer Paketkordel umwickelt:



So sieht das Ganze dann an der Lok aus:



Natürlich muss da noch Farbe drauf, hier Mattschwarz, das durch den Blitz irgendwie viel zu matt wirkt:



Das Bremsgestänge war in silber gespritzt - das geht so gar nicht. Also runter damit und in Mattrot umlackiert:


Dannebrog

@ Thomas: ja, es war einigermaßen leicht sich von dem Modell zu trennen, da es seit Jahren eh nur noch im Keller gut eingepackt im Karton rumlag. Der hohe Preis jedoch, den das Modell erzielte, hat mich sehr überrascht. Ich wusste zwar, daß die Dinger wertvoll sind, aber so... Nunja, für meine Gartenbahn war es halt gut, denn eine LGB bezahle ICH nicht mal eben so aus der Portokasse...  ;)

Dannebrog

Als nächstes ist das Häuschen dran. Zuerst wurden alle Fensterrahmen vorne und hinten lackiert. Von Hand und sehr vorsichtig:





Auch die Rahmen an der Seite wurden farblich behandelt, obwohl dort kein Fenster reinkommt:



Die Scheiben habe ich aus der berühmt-berüchtigten Hemdkragenversteifungsfolie gemacht. Die war hierfür absolut ideal:



Schon interessant zu sehen, wie sehr solch winzige Veränderungen die Optik verbessern!

Der Kohlebunker bekam ein Washing aus stark verdünntem Schwarz. Der optische Eindruck auf dem Bild täuscht - durch den Blitz wirkt das Washing sehr grau. Danach konnte er wieder montiert werden:



Die Lok hatte keine Türen und ich wollte auch keine scratchen! Damit dem Personal trotzdem nichts passiert, habe ich wenigstens Ketten vor den Einstiegen angebracht:



Nun können einige Aufkleber von dem dürftigen Aufkleberbogen angebracht werden. Natürlich die Baureihennummer (bei der Bahn haben alle Schmalspurloks die Baureihennummer 99), und ein ´DR´ macht sich immer gut:



Es ist durchaus üblich, daß Schmalspurloks Namen bekommen. Diese hier wurde auf den Namen ANNA getauft. Eine Loknummer ( 8 ) hat sie auch noch bekommen:



Nun kann sie erstmal wieder montiert werden:


Dannebrog

Zum Schluß habe ich der Lok noch ein dezentes Rundherumwashing verpasst, nur um einige Verschmutzungsspuren anzudeuten. Denn meine Lok soll im Zustand top gepflegt, aber im Gebrauch dargestellt werden - wie bei einer Museumsbahn halt.

Und so sieht sie dann aus, nach ein paar Stunden einfacher, aber intensiver Arbeit:







Ich denke so kann man sie erstmal lassen. Weitere farbliche oder bauliche Veränderungen sind nicht ausgeschlossen, sondern sogar sehr wahrscheinlich.

Und während die Spachtelmasse auf meinem Küstentanker Shell Welder trocknet, mache ich mich demnächst über die Waggons her...

Danke für eure Aufmerksamkeit!

Dannebrog

NACHTRAG: hier noch ein Direktvergleich vorher-nachher:




Trinity

:P

Mini-Max:  :D

Minmaler Aufwand, maximales Ergebnis.

Wirklich Klasse was mit ein paar Handgriffen machbar ist!

Wirklich toll geworden!

Marcus.K.

Wahnsinn - der direkte Vergleich!!

Zuerst war ich ja etwas .. hm .. verdutzt und leicht "missgestimmt" ob des Kaufs eines - auch noch chinesischen - Plagiatproduktes. Klar kosten die weniger als das mit deutschen Arbeitskräften produzierte "Original".

Andererseits: das scheint ja eine unserer (deutschen) Krankheiten zu sein. Hier Gefertigtes ist gleich auf einem so hohen Niveau (oder/und auch hohem Ross?) angesiedelt, dass sich das Normalsterbliche gar nicht leisten können (und dann auch nicht leisten werden). Z. T. weil es "dem Markenbewußtsein nicht gut tut, billig zu sein". Ich glaube, recht oft wird an der deutschen Marktwirklichkeit vorbeientwickelt.

Vielleicht sollte sich deutsches Management (dass natürlich viel lieber neben einem Phaeton in der Fachzeitschrift abgebildet wird, als bei der IAA neben einem Polo stehend) manchmal überlegen, dass man ja durchaus edelste Varianten anbieten kann - aber dem Normalbürger gern auch mal vereinfachte Versionen anbieten sollte - einfach um auch Arbeitsplätze in Deutschland zu halten ..

Ich als Produktentwickler Automobilbereich denke natürlich, dass es für die deutsche Industrie durchaus sinnvoll ist, unseren Vorsprung (wo er noch da ist) gerade in Hightech und Know-How zu halten, auszubauen, zu sichern. Billig können anderen (Chinesen?) leichter - oberfläche betrachtet. Genau genommen müssten viele Produkte auch durch Anwendung von modernen Arbeitsmittel (nicht NUR Automation) der billigen Arbeitskraft "trotzen" können. Gerade dieses Produkt hier zeigt ja auch einen der Gründe, warum die Chinesen billiger sind. Weglassen von Gimmigs, die eigentlich die Masse nicht braucht (und in diesem Fall ein begabter Begeisterter auch noch mit Spaß selber dazu baut).

hm: das war jetzt offtopic - sorry.

Zum Thema:
Toller Umbau, einfach, schnell - und so erstaunlich effektiv. Toller Bericht - toller Umbau!  :klatsch:  :klatsch:  :klatsch:

Dannebrog

VORSICHT: der ToyTrain  ist 100% LGB und wird unter gleichem Logo und gleichem Händlernetz vermarktet. Schienenmaterial, Lok- und Wagenchassis, Trafos und elektrische Komponenten sind 100% identisch mit der klassischen LBG. Es handelt sich also mitnichten um ein Plagiat, sondern um eine leicht abgespeckte und massenproduzierte Modellreihe INNERHALB von LGB.

Vielleicht habe ich mich da etwas missverständlich ausgedrückt.  :1: Jedenfalls war der nach China verlagerte Geschäftszweig ebensowenig von Insolvenz bedroht wie der im Amiland beheimatete ´LGB of America´.

Dennoch: letztendlich war es ja wohl die Hochpreispolitik, die das LGB-Stammwerk in die Insolvenz trieb. Zweifellos waren und sind LBG-Fahrzeuge sehr hochwertig, aber wenn ein Waggon schon 500,- Euro kostet... Wer kann sich das noch leisten?? Und nur vom eingefleischten Fankreis kann kein Unternehmen alleine leben.

Übrigens ist das LGB Stammwerk in Deutschland ja gerettet: der Besitzer der Rügener Kleinbahn (Stichwort: Rasender Roland) hat es gekauft, alle Arbeitsplätze erhalten und die Produktion läuft wieder.

EDIT: ich hab den Originaltext oben etwas abgeändert, da er doch etwas missverständlich war.

AnobiumPunctatum

Schöner Umbaubericht.  :P

Ich würde nur den kohlekastenaufsatz (Bretterverschlag) noch holzfarben bemalen, da diese normalerweise nicht mitlackiert worden sind. Ansonsten würde etwas Alterung Deiner Kleinlok gut zu Gesicht stehen.
:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

Marcus.K.

Jau .. vielleicht ist das Wort "Plagiat" dann von mir falsch gewählt.

Mir ging es eigentlich auch eher darum, dass Produkte eben in China und nicht hier bei uns produziert werden, billiger sind, eher gekauft werden und der Trend nach "Billiglohnländern" zu verlagern durch das Kaufen dieser Produkte eben eher gefördert wird. Es ist vielleicht etwas "billig", populistisch und stark vereinfacht: aber wer sich einen Japaner als Auto kauft, sollte sich nicht beschweren, wenn er in der deutschen Automobilindustrie seinen Job verliert. Stichwort "Geiz ist geil" ..

Da Manager eben nicht klüger als Käufer sind (jeder wie ers verdient  :D ) fühlt sich ein Manager dadurch ja bestätigt. Dass er sich (und uns) damit aber eigentlich den Ast absägt, auf dem er sitzt ...

Ich bin kein Träumer oder sogar Nationalist (Deutschland den Deutschen?  :] Quatsch!)... klar leben wir in einer Weltwirtschaft. Das ist - gerade für uns Deutsche (fast ohne natürliche Rohstoffe - "nur" mit Wissensvorsprung) - auch gut so. Aber so wie der Manager hat auch ein Käufer eine Verantwortung. Unser KAUFVERHALTEN steuert den Markt.

Aber - daher ja meine Einschränkung - das deutsche Management sollte nicht jeder Mode nachlaufen und mal den Kopf gebrauchen. Phantasie statt schnelles Geld - darin liegt viel mehr Zukunft. Und die Signale des Markes (Verbrauchter kauft keine überteuerten Spielwaren) RICHTIG lesen und entsprechend reagieren ... Dahin würde ich gern kommen.

Aber sorry - das ist schon wieder nicht Thema der Vorstellung!
Deine Lokomotive ist SUPER schön - und durch Deine Eingriffe noch viel, viel schöner geworden. Ganz große Klasse, es scheint so einfach zu sein ...
 :klatsch:  :klatsch:  :klatsch:

Ach ja, Christian hat recht, das war mir auch gleich ins Auge gesprungen - die Holzbretter holzfarben, das gibt dem Ganzen noch etwas mehr. Die wurden ja auch sicher öfter mal ausgetauscht, weil sie beim Befüllen mit Kohle durchgebrochen sind, oder?

Dannebrog

Hallo Christian,

ich hatte gehofft, daß Du was sagst - weiss ich doch daß Du Dich mit Bahnen auskennst. Siehst Du - mit dem Holzverschlag war ich mir total unsicher, da ich zum Verr... kein Vorbildfoto finden konnte wo das genau hervorgeht. OK, das wird auf jeden Fall noch geändert.

Wie gesagt soll meine Lok zwar top-gepflegt, aber im Betrieb befindlich aussehen (wie eine Museumsbahn). Also so in etwa:



Was würdest Du denn an Alterungsspuren noch machen?

Dannebrog

@ Marcus: Du kannst ruhig Deine Meinung vertreten, hab nix dagegen  :D  - dafür sind Foren ja da!  :P

mm

Das Ergebniss spricht für sich!

Und ... Oh bitte ein paar Gebrauchsspuren für Emma, ach ned das ist ja die Anna.

AnobiumPunctatum

@Dannebrog

Fahrwerk, Kolben, Ventile, kurz alles was geschmiert werden muss: Fett bzw. Ölspuren (seidenmatt schwarz)
Kohlekasten: Kohlenstaub (antrazith und schwarz matt) am besten Pulverfarben
Wasserkasten, Speisewasserdom: Kalkspuren (weiß, lasierend)
Fahrwerk unten und Räder: Rostspuren (Flugrost der Schienen)

Auf dem letzten Bild sieht es so aus, als ob die Innenseite des Führerstandes beige ist. Denk auch an die Bemalung der Armaturen auf der Kesselrückseite.

Alle Alterungsspuren kannst Du ganz dezent auftragen, wenn die Lok einen gepflegten Zustand machen soll. Am besten orientierst Du Dich an Bilden aus dem Internet.
:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

Dannebrog

Vielen Dank!  :P  Da kann man doch mal was mit anfangen.  :1:

jaerschen

Ein Baubericht der ganz anderen Art.
Schön das mal Abwechslung reinkommt, gefällt mir echt gut
Gruß
Jürgen :winken:


Im Bau:
HMS Triton 1773 1/48

KlausH

Hi Dannebrog,

vielen Dank für deinen Bericht; es macht Spaß, zu sehen, wie du das Schmuckstückchen aufpeppst! Klasse Arbeit. :P

Schöne Grüße
Klaus

Dannebrog

So, ich hab mal während der Sturmnacht den Kohlebunker überarbeitet:



Ausserdem habe ich das Gestänge weiter verschmutzt und jede Niete einzeln gealtert (auf dem Bild noch nicht zu sehen).

Marcus.K.