Schußversuche mit hist. Cannonade

Begonnen von Uwek, 12. Juni 2007, 11:25:57

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Uwek

Hallo Freunde der historischen Segler und Kriegsschiffe,

in MSW hat ein Mitglied einen link zu Youtube veröffentlicht und ich hoffe daß dieser den meisten noch nicht bekannt ist.

Hier wird deutlich gezeigt wie extrem die Wirkung damaliger Geschütze auf eine hölzerne Bordwand war
und man kann sich beim Anschauen deutlich vorstellen, was bei einem Seegefecht "los war".

Wenn man dies gesehen hat weiß man auch genau, warum alles unnötige unter Deck oder von Bord gebracht wurde wenn ein Gefecht bevorstand.



Beeindruckend!

Dragon666

Ein fröhlich Moin Moin an alle...

Alle Achtung, fliegen da die Fetzen. Haua Haua Haua Hau.

Is ja irre, was da fürn Bums hinter ist.
Gruß Drachili
Mein Portfolio

nOnliQuid

Das ist wirklich ein hoch interessantes Video! Hat jemand eine Ahnung wie schwer die gezeigten Karonaden sind ,oder sein könnten????
Klasse Link danke Uwe :P

MS

Hallo,

ach du sch....   8o  - jetzt weiß ich auch warum die Franzosen die ersten Carronaden auf Englischen Kriegsschiffen "Teufelskanonen" nannten.
Danke für den Link - eindrucksvolle Bilder.

Ein gängiges Geschossgewicht für Carronaden des 18. Jhd. waren glaub ich 68 Pfund.

Gruß

Martin  :winken:

panzerchen

wie man eine Kartoffelkanone baut

Nachtrag:
Fällt die eigentlich unter das Kriegswaffenkontrollgesetz ????

Tudor

@Panzerchen

Das weiß ich nicht genau, aber meines Wissens nach kann man trotzdem schon Ärger wg. Verstoßes gegen das Waffengesetz bekommen. Da ist's dann sowieso unerheblich ob Kriegswaffen oder "normale" Feuerwaffen.

jaerschen

Hallo Uwe,
cooler Link, da kann man sich wirklich lebhaft vorstellen was damals so abgegangen ist bei einem Gefecht
Gruß
Jürgen :winken:


Im Bau:
HMS Triton 1773 1/48

deleted_Account

@panzerchen

Mit Essen spielt man nicht.   :aerger:   :D


Gruß Maeks :woist:

hwe

Hallo Uwe,

schade, da scheint eine Frage untergegangen zu sein: Weisst Du, welches Kaliber die Carronaden in dem Film haben?

Ausserdem ist in meinen Augen nicht wirklich deren echte, verheerende Wirkung gezeigt worden.

Carronaden sind ja bekanntlich Kurzstrecken-Waffen. - Die wurden dann gerne mit Munition befüllt,
die besonders gegen die Besatzung gewirkt haben dürfte. - Also Schrotkugeln und ähnliches.

Die Wirkung einer solchen Ladung auf eine Besatzung...

Abgesehen davon würde mich auch in dem Video interessieren, ob der simulierte Schiffsrumpf authentisch genug war. - Dicke Eichenbohlen, dicht an dicht... - Das in dem Film kam mir eher vor, wie
ein Handelsschiff, aber aus Fichte! - Mit weitem Spant-Abstand!

Nicht umsonst hat die U.S.S. Constitution den Spitznamen "Old Ironsides" bekommen. - Als einige Kugeln, die ein relativ weit entfernter Gegner abgefeuert hattte, einfach am Rumpf abprallten...

Ciao,

HWE
 :mariinee:

FSC_Zombie

Also mir kommt das auch etwas arg heftig vor was da gezeigt wird. Kann es sein das hier bewußt übertrieben wird? Wenn der Schaden von Caronaden wirkich so heftig gewessen sein soll, dann hätte man ja damals ja ganze schiffe damit ausrüsten können und nach wenigen Schußwechseln wäre keine Geschützbedienung auf dem anderen Schiff mehr kampffähig. Dem war aber nicht so denn die Linienschiffe hatten vorwiegend Kanonen und wenig Caronaden.
Und wenn ich mir die Splitterwirkung an der Bordwand ansehe, so kommt ichj wie hwe zum den Schluß, das das eher ein weicheres Holz ist als Eiche.
Aber ich lass mich da gern eines besseren belehren
Im Bau: USS Syren 18 Kanonen(Caronaden) Brig 1:48

"Ich will nicht behaupten, dass Horrorfilme wirklichkeitsnah sind. Aber in vielen gibt es doch Anleihen aus der Realität: Meiner Hochzeitsnacht."

Al Bundy

narfnarf

ZitatOriginal von FSC_Zombie
Dem war aber nicht so denn die Linienschiffe hatten vorwiegend Kanonen und wenig Caronaden.

Natürlich. Die wollten ja auch nicht immer erst richtig nah an den Gegner ranfahren um schießen zu können. Kanonen hatten immerhin erheblich höhere Reichweiten als Caronaden.

hwe

Nur zur Info,

wenn ich den Sprecher richtig verstanden habe, soll das eine "authentische" Rekonstruktion einer Mittschiffssektion eines Schiffes sein, die an der Schlacht auf dem Erie-See teilgenommen hat. (Falls einer was damit anfangen kann). - Die Holzwände sollen 15" dick gewesen sein. (Was für ein Holz wurde leider nicht erwähnt)

Trotzdem: die Splitterwirkung dürfte so oder so enorm gewesen sein.

Und noch ein Hinweis: Der eine Schuss geht durch ein Püttingeisen, und reisst es durch das Holz. Kugel und Eisen wurden 30 Fuß hinter dem Aufbau gefunden. - Das zerstörte Püttingeisen hätte einen entsprechenden Schaden an den Wanten hinterlassen...

Ciao,

HWE
 :mariinee:

maxim

ZitatOriginal von FSC_Zombie
Also mir kommt das auch etwas arg heftig vor was da gezeigt wird. Kann es sein das hier bewußt übertrieben wird?
Es gibt diverse zeitgenössische Beschreibungen, in denen hervorgehoben wird, dass Karronaden im Nahkampf den Vorteil haben, dass sie nicht einfach Durchschüsse verursachen (wie die langrohrigen Kanonen), sondern massive Splitterwirkung zur Folge haben. Wenn ich mich richtig erinnere, liegt dies an der geringeren Mündungsgeschwindigkeit der kurzrohrigen Karronaden.
ZitatOriginal von FSC_Zombie
Wenn der Schaden von Caronaden wirkich so heftig gewessen sein soll, dann hätte man ja damals ja ganze schiffe damit ausrüsten können und nach wenigen Schußwechseln wäre keine Geschützbedienung auf dem anderen Schiff mehr kampffähig.
Wie narfnarf schon schrieb: das Problem der Karronaden ist die geringe Reichweite. Für Nahkämpfe sind sie optimal, aber wenn der Gegner manövierfähiger und schneller ist, dann nützen die Karronaden nichts, weil sie nicht eingesetzt werden können. Der Gegner bleibt einfach auf Distanz und zerschießt das mit Karronade bewaffnete Schiff.

Ein Beispiel dafür ist die Erbeutung der mit Karronaden statt langrohrigen Kanonen ausgestatteten USS Essex (32-Kanonenfregatte, 40 32-Pfünder-Karronaden bei insgesamt 46 Kanonen) durch HMS Phoebe (36-Kanonen-Fregatte, 26 langrohrige 18-Pfünder, plus 9-Pfünder und Karronaden) und HMS Cherub (20-Kanonen-Achterdeck-Sloop, eventuell in erster Linie Karronaden - ihr Beitrag zur Erbeutung war aber auch unbedeutend).


ZitatOriginal von hwe
wenn ich den Sprecher richtig verstanden habe, soll das eine "authentische" Rekonstruktion einer Mittschiffssektion eines Schiffes sein, die an der Schlacht auf dem Erie-See teilgenommen hat. (Falls einer was damit anfangen kann).
War das eine Frage? Diese Schlacht fand am 10.9.1813 im Krieg von 1812 statt, der  Erie-See ist einer der Großen Seen zwischen den USA und Kanada (deshalb damals auch Kriegsgebiet). Die US-Flotte unter O.H. Perry siegte in der Schlacht.
Im Bau: Schwerer Kreuzer USS Salem (1/700, Kombrig)


Warlock

Dazu gerade mal eine Frage/Anmerkung :

Vor einigen Jahren hab ich mal eine Führung auf einer Burg mitgemacht deren Aufgabe es war den Zoll auf dem Rhein zu überwachen.
Während der Führung kamen wir auch an ein paar Kanonen vorbei die auf den Rhein gerichtet waren und deren Aufgabe es war Schiffe zum Zoll zahlen zu bewegen :-)

Leider weiß ich nicht mehr von wann die Kanonen genau waren - ich glaube ca. 18xx.

Jedenfalls hat der Führer erzählt, dass die Kanonen nach Abgabe von einem Schuss ca. 30 - 60 Minuten zum Abkühlen gebraucht haben bevor ein erneuter Schuss abgegeben werden konnte.

Was sagt ihr dazu ?
We are the pirate metal drinking crew

maxim

ZitatOriginal von Warlock
Jedenfalls hat der Führer erzählt, dass die Kanonen nach Abgabe von einem Schuss ca. 30 - 60 Minuten zum Abkühlen gebraucht haben bevor ein erneuter Schuss abgegeben werden konnte.

Was sagt ihr dazu ?
Miese Qualität, wenn sich das Geschütz einerseits so stark erhitzte und andererseits es dann erst so lange abkühlen musste, ob wohl zu vermeiden, dass das Rohr springt.

Da wurde wohl jemand beim Kauf verarscht oder hat zu viel gespart. Aber vielleicht ging es ja auch mehr um den symbolischen Eindruck, man also einfach ein paar Kanonen da haben wollte? ;)
Im Bau: Schwerer Kreuzer USS Salem (1/700, Kombrig)


hwe

Ich glaube schon, dass man 60-90 Minuten braucht, damit sich das Geschütz wieder abkühlt. - Auf "Umgebungstemperatur"!

Entweder muss das eine absolute Uralt-Kanone gewesen sein, die man nicht vernünftig laden konnte, oder die - wie von Lars schon erwähnt - sonst Risse bekommt und zerspringt.

Um 1800 lag die Feuergeschwindigkeit der englischen Navy bei ca. 90 SEKUNDEN für eine Salve.

Zum laden einer Kanone, nachdem sie abgefeuert wurde, gehört auf jeden Fall auch, dass sie nass ausgewischt wird, um sie wieder auf eine "brauchbare" Temperatur abzukühlen.

Was sicher auch einen Einfluss hatte, war die Erfindung von Pulverkartuschen, die das Pulver vor frühzeitiger Selbstentzündung durch das zu heisse Rohr schützten. - Denn wenn ich Pulver "pur" in eine gerade abgefeuerte Kanone (ohne sie vorher abzukühlen) schütte, brauche ich mich nicht wundern, wenn das Ding gleich wieder hochgeht!

Unter solch blöden Voraussetzungen kommt man vielleicht auf eine Feuergeschwindigkeit von 60-90 Minuten.

Oder hast Du diech bei der Führung vielleicht nur verhört und es waren 60-90 Sekunden?  :6:

Ciao,

HWE
 :mariinee:

galeotti

ZitatOriginal von hwe
Oder hast Du diech bei der Führung vielleicht nur verhört und es waren 60-90 Sekunden?  :6:
Der Museumsführer dürfte durchaus recht haben. Es kommt ganz darauf an aus welchem Jahrhundert die Kanonen stammen.
Zwei Schuß pro Stunde waren bis zum 17. Jh. das Maximum. Ein abschrecken der Kanone mittels kalten Wassers, dürfte dem Material auf Dauer eher geschadet haben.
 :winken: Steffen
Galeere "la real" Schebecken, z.Z. Galeasse

Murdock

@nonliquid
ZitatHat jemand eine Ahnung wie schwer die gezeigten Karonaden sind ,oder sein könnten????

Karronaden waren leichter als Schiffsgeschütze des gleichen Kalibers, das Rohr war kürzer und der Durchmesser der Pulverkammer war kleiner als die Kaliberbohrung. Sie schossen mit geringerer Ladung als reguläre Geschütze. Zum Gießen der Munition (Eisenkugeln) benutzte man Formen, deren Durchmesser mit denen der Karronadenbohrungen identisch war. Das "Spiel" der Kugel im Rohr war sehr viel geringer als bei "normalen" Schiffsgeschützen und resultierte nur aus der Schrupfrate der Eisenkugel beim Abkühlen.

Und weil eben diese Munition so gut abdichtete und dadurch den Gasdruck besser nutzte, benötigte man weniger Schwarzplver um die gleiche (oder höhere)  Abschußgeschwindigkeit erreichen wie eine Kanone.
Die geringe Treibladung und die kurze Rohrlänge waren aber auch der Grund für die geringe Reichweite der Karronaden.
Ein Munitionieren mit Schrot, Eisenteilen oder Silberbesteck halte ich für wenig wahrscheinlich, da das Verdämmen der vielen Projektile sehr schwierig wäre und den technischen Vorteil dieser Waffe nicht nutzt.  Dafür gab es Munition für Standardgeschütze wie "Grape Shots" ,"Canister Shots", "Carcass Shots" und später diverse "Shrapnels"
Die Karonade war eine Kurzstreckenwaffe, die mit geringer Ladung auf kurze Distanz erheblichen Schaden anrichtete, und zwar hauptsächlich durch (Holz)Splitterwirkung, wie in dem Video zu sehen. Ein gängiger Spitzname dieser Geschütze war deshalb auch  "The Smasher".

Zum Gewicht:  
Auf einem Bild erkennt man die Faust des Kannoniers zusammen mit der Rohrmündung. Im visuellen Vergleich Faust-Bohrung würde ich dem Kaliber großzügige 13cm (5.13in) geben. Im Osprey 90 (Napoleonic Naval Armament 1792 - 1815) gibt es eine Vergleichstabelle:

42 pdr. - 6.84in
32 pdr. - 6.25in
24 pdr. - 5.68in
18 pdr. - 5.16in
12 pdr. - 4.52in

Danach könnte die Carronade ein 18Pfünder sein. Aus dem gleichen Buch weitere Daten zum 18pdr (Richtwerte):
Gewicht: 10 cwt (centweight ; 1 cwt = 112 lb = 50,802345 kg) entspr. 508 kg
Bohrung: 5.16 inch, entspr. 13.1 cm
Treibladung: 1lb 8 oz, entspr. 680 gr
Geschoßgewicht: ca. 8,3 kg (eigene Rechnung)

Reichweite bei Rohrerhöhung von:
1": 340 yards, entspr. 311m
2": 550 yards, entspr. 503m
3": 745 yards, entspr. 681m
4": 920 yards, entspr. 841m
5": 1050 yards, entspr. 960m


:winken: Murdock

Juergen Schulz

ZitatOriginal von panzerchen
wie man eine Kartoffelkanone baut

Nachtrag:
Fällt die eigentlich unter das Kriegswaffenkontrollgesetz ????

Nein, so weit musst du gar nicht gehen. Es handelt sich um einen verbotene Waffe gemäß Waffengesetz. Die maximale Geschossenergie, Lauflänge, Herstellung durch Personen ohne Berechtigung - Ich kann das Video zwar nicht sehen, aber was einen Bastler von solchem Gerät in D erwartet, wenn es der Staatsanwalt mitbekommt, ist nicht wirklich spaßig.

Jürgen :winken:

panzerchen

Das waren ja auch amerikanische Videos, im freiesten Land der freien Weltdarf man auch mit Kartoffeln schießen.
Aber wir sind ja nicht das freieste Land der freien Welt, oder ?

Nur mal als Vergleich zur Verhältnismäßigkeit der Mittel staatlichen Verhaltens:
Ein mir persönlich bekannter verzweifelter Langzeitarbeitsloser, den die "Argentur für Arbeit" ( ein übler widerwärtiger Euphismus, und Diejenigen hier im MB, die schon längere Zeit arbeitslos waren und von ihren wenigen Ersparnissen über die Runden kommen mußten, werden begreifen, was ich meine ! )  wieder mal schikanierte, und der aus reiner Verzweiflung die ( zugegeben unbedachten ) Worte fallen ließ:  "Muß ich jetzt etwa meine Signalpistole holen und eine Bank überfallen damit ich was zu Essen habe ?", hatte nicht etwa Hilfe erhalten, sondern die Drecksbande hatte nix Besseres zu tun, als ihm eine Anzeige zu verpassen.
Hausdurchsuchung, Beschlagnahmung der Signalpistole ( das Harmloseste der Welt-->für Silvesterfeiern !!! ) und selbstverständlich ein gehörige Geldstrafe für Jemanden, der ohnehin am Existenzminimum dahersiecht !
Wer weiß denn schon, daß ein harmlose Signalpistole, wie sie hierzulande die Wengerte traditionell zum Vertreiben der Vögel aus den Weinbergen benutzen, plötzlich durch neues Gesetz was ganz Schlimmes Strafbares geworden ist ?

Ich entnehme den Beiträgen also, daß es besser ist, im weniger freien Land der freien Welt auf den Bau oder gar den Betrieb einer derartigen Kartoffelkanone zu verzichten.

Hallo, Schäubles Schergen:
Ich halte mich daran !

Was ist eigentlich, wenn Historiker solch alte Geschütze ( oder diese mittelalterlichen Wurfmaschinen ) zu "Forschungszwecken" nachbauen ?
Kommen die auch in den Knast ?

Warlock

ZitatOriginal von hwe
Oder hast Du diech bei der Führung vielleicht nur verhört und es waren 60-90 Sekunden?  :6:

Nee Nee das waren schon mehr als 90 Sekunden. Weiß das halt noch weil ich mich so gewundert hab und die "Filmvorstellung" von Kanonengefechten in diesem Moment stark relativiert wurden bei mir.

Ich denke ohne genaues Wissen bzgl. des Baujahres der Kanone werden wir da keine abschliessende Antwort finden. Aber ich denke mal das die Antwort von galeotti der Antwort am nächsten kommt :-)
We are the pirate metal drinking crew

maxim

ZitatOriginal von Warlock
ZitatOriginal von hwe
Oder hast Du diech bei der Führung vielleicht nur verhört und es waren 60-90 Sekunden?  :6:

Nee Nee das waren schon mehr als 90 Sekunden. Weiß das halt noch weil ich mich so gewundert hab und die "Filmvorstellung" von Kanonengefechten in diesem Moment stark relativiert wurden bei mir.

Ich denke ohne genaues Wissen bzgl. des Baujahres der Kanone werden wir da keine abschliessende Antwort finden. Aber ich denke mal das die Antwort von galeotti der Antwort am nächsten kommt :-)
Gestern auf Arte kam eine Sendung über die Kanonen der englischen Flotte zur Zeit der Schlacht gegen die Armada. Da wurde erwähnt, dass die englischen Kanoniere mit den neuen Kanonen etwa alle zwei Minuten schießen konnten, während die Spanier nur alle zehn Minuten einen Schuss abgeben konnten.

Es war mir aber nicht ganz klar, ob diese unterschiedliche Schussfolge etwas mit den Kanonen selbst zu tun hatte. Schließlich haben die Engländer auch einheitliche Batterien eingeführt (bessere Munitionszufuhr) und die Geschützbesatzungen speziell ausgebildet.

Der Boden der englischen Kanonen war wohl auch stärker, weil sie die Tiroler Geschützbautechniken mit Hilfe von Industriespionage übernommen hatten (Engländer haben halt gerne kopiert). Ein stärkerer Boden kann eventuell auch eine höhere Schussfolge ermöglicht haben, wenn man das Geschütz so nicht nur mit einer stärkeren Treibladung laden konnte, sondern es insgesamt stabiler war.
Im Bau: Schwerer Kreuzer USS Salem (1/700, Kombrig)


panzerchen

"Industriespionage" ?
Vielleicht, vielleicht auch nicht.

In einer ähnlichen Sendung vor etwa einem Vierteljahr wurde berichtet, daß England einem österreichischen Gußspezialisten ( ? ) die Gelegenheit gab, seine verbesserten Kanonen zu fertigen.
Ausdrücklich wurde die erheblich größere Kaliberlänge und damit die größere Mündungsgeschwindigkeit mit der Folge erhöhter Reichweite erwähnt !
Erst diese größere Reichweite ermöglichte den Engländern die mobile Kampfführung mit leichten schnellen Schiffen, welche die Armada wirksam aus der Distanz bekämpfen konnten.

Und wie so oft:
Eine neue Waffe ermöglichte ( oder erzwang ) neue Taktiken.

McCool

Diese erwähnte Sendung wird man höchstwahrscheinlich als den üblichen ZDF - History-Mystery - Müll  abhaken müssen. Soweit ich das sehe, steckt hinter der Fernsehsendung (bzw. es gab wohl mehrere zu dem Thema) letztlich ein "Roman" - von wem wohl - W. zu Mondfeld (und einem Mitautor). Das Mondfeld eine überbordene Phantasie hat, hat er bereits vor längerer Zeit bewiesen, und ich habe keine Hinweise gefunden, daß seine Geschichte um das tiroler Kanonengenie "Adam Dreyling" auf mehr als heißer Luft beruht.  Mehr dazu hier, 2. und 3. Post und die Links darin http://www.napoleon-forum.de/index.php?showtopic=1502
Falle jemand Beweise für die Mondfeld - Theorien hat, dieser Dreyling also tatsächlich existierte und bedeutendes Wissen nach England transferierte, würde mich das sehr interessieren!  

Zum Video - die Frage nach dem Baumaterial ist sicher sehr berechtigt. Eiche scheint es tatsächlich nicht zu sein, aber die Schiffe auf den großen Seen waren ja wohl tatsächlich aus Weichholz gebaut (wie auch einige Salzwasserschiffe).  Ob allerdings die in dem Video verwendeten Hölzer in Qualität und Abmessungen denen des Originalschiffs nahekommen, ist anhand des Videos nicht zu beantworten.

Die Schießbedingungen, die in dem Video zu sehen sind, sind natürlich ideal.  Auf dem Wasser ging ein großer Teil der Geschosse wegen des Rollens daneben - entweder ins Rigg oder vor dem Ziel ins Wasser.

Die Wirkung der Carronade war, wie bereits erwähnt, aufgrund der relativ geringen Geschoßgeschwindigkeit,  auf die entsprechenden Distanzen verheerender als die von Langrohrkanonen. Letztere durchbohrten, Carronadengeschosse zerrissen oder zerschmetterten das Ziel eher.  
Das geringe Spiel der Carronaden war aber auch ein Problem.  Bei Erhitzung und vermutlich auch infolge des Pulverschleims wurde der Rückstoß, der aufgrund des geringen GEschützgewichts ohngehin relativ heftig war, noch stärker.  Das Hauptproblem bei Erhitzung zumindest bei englischen gußeisernen Kanonen des 18. jhdts scheint überhaupt weniger die Gefahr des Zerspringens, sondern die Gefahr des rabiaten und unkontrollierbaren Rückstoßes gewesen zu sein.  Das feuchte Auswischen des Rohrs konnte, wenn man die Masse des Rohrs in Betracht zieht, wohl nicht sehr viel zur Abkühlung beitragen. Es diente eben vor allem dazu, Kartuschenreste zu löschen.  

Wie groß ist die Schußfolge? Pauschale Angaben für das 17. Jhdt "pro Stunde zwei Schuß" sind relativ wertlos.  Es kommt auf das Kaliber an und auf welche Art das Geschütz eingesetzt wird. Ist es ein schweres Belagerungsgeschütz,  kann es eben sein, daß die meiste Zeit benötig wird, den schweren Apparat auf seiner primitiven "Lafette" wieder in Schußposition zu bringen - dann liegt es weniger an der benötigten Ladezeit oder notwendiger Abkühlung des Rohrs.  Ein leichteres Geschütz wie eine Schlange konnte sicher auch im 17. Jhdt weit öfter Schießen als zweimal pro Stunde. Sonst wäre nicht zuletzt die Feldartillerie völlig sinnlos gewesen.  Zweifellos wurde aber im 18. Jhdt aufgrund u.a. wegen verbesserten Drills die Schußfolge erheblich gesteigert.
Für Dreipfünder der englischen Landartillerie las ich einmal von bis zu vier oder fünf Schuß in der Minute (Kartätschen). Möglicherweise ist diese Zahl ein wenig übertrieben, zeigt aber, daß man mit kleinen Kalibern sehr schnell schießen konnte; allerdings zeitlich begrenzt, allein aus Gründen der Erschöpfung der Geschützbedienung, und vermutlich ohne Zielen und Richten (z.B. bei Abwehr eines Infanterieangriffs auf kurze Distanz).  

Die Schießgeschwindigkeit  hängt dann vor allem vom Kaliber des Geschützes ab.  Ein Dreipfünder kann logischerweise leichter bedient werden und schneller feuern als ein Zweiundvierzigpfünder.  Daher muß man sich auf von der Vorstellung verabschieden, es seien immer  bevorzugt "Breitseiten" geschossen worden.