Sea Harrier FRS.1, Italeri, 1:72

Begonnen von Alex, 18. Juli 2008, 17:14:51

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Alex

Modell: Sea Harrier FRS.1
Massstab: 1:72
Artikelnummer: 1236
Material: Spritzguss
Preis: ca. 12€


Zum Original
Die Harrier dürfte als erster Senkrechtstarter mittlerweile allen bekannt sein. Die RAF hatte ihre ersten Harrier 1969 in Dienst gestellt. 1975 bestellte die Royal Navy 34 Harrier FRS.1 (die Abkürzung steht für Fighter/Reconnaissance/Strike), die ab 1978 in den Dienst eintraten. Spätere Bestellungen folgten, so dass total 57 Exemplare an die Navy ausgeliefert wurden. Schon ziemlich früh musste sich die Harrier im Einsatz bewähren; im April 1982 nahm Argentinien die britischen Falkland-Inseln ein, was den Falklandkrieg in Gang setzte. Die HMS Hermes und Invincible waren mit 20 Sea Harriers an Bord in diesem Konflikt in Einsatz, den England schliesslich gewann.

Der Konflikt zeigte aber auch Schwächen der FRS.1 auf, die mit dem Update FA2 verbessert wurden. Am Auffälligsten war dabei das neue Radar ("Blue Vixen"), das der Sea Harrier ermöglichte, die AIM120 AMRAAM-Luft-zu-Luft-Lenkwaffe mitzuführen. Die FA2 sind an der grösseren (und etwas weniger ästhetischen) Nase zu erkennen. Aber auch unter der Haube gab es Verbesserungen, so wurde die Reichweite vergrössert und das Cockpit modernisiert. Der Erstflug der FA2 fand 1988 statt und 1990 bestellte die Royal Navy weitere 18 Sea Harrier, die Letzten wurden 1999 ausgeliefert. Die Sea Harriers waren auch im Balkan im Einsatz (Kosovo und Jugoslavien), sowie im Irak (auch zur Durchsetzung der Flugverbotszonen).

Das Ende der Sea Harrier kam nur kurze Zeit später und ziemlich unerwartet. Um Kosten zu sparen, hat die britische Regierung beschlossen, dass die Navy und Air Force nur noch einen Typ Harrier betreiben sollen. Als Basis wurde die GR.7 der Air Force ausgewählt. Leider ist die GR.7 eine Erdkampf-Harrier und hat kein so fortschrittliches Radar wie die FA.2. Ebenfalls aus Kostengründen wurde beschlossen, die Luftverteidigungsvariante zu streichen. Die Royal Navy hat dadurch den Schutzschild um ihre Flotte verloren. Der Zustand sollte noch bis 2012 anhalten; bis dann sollten die F-35 Joint Strike Fighter und der neue britische Flugzeugträger im Dienst stehen.


Technische Daten:
Länge (FRS.1): 14.50m
Spannweite: 7.70m
Höhe: 3.71m
Leergewicht: 6632kg
Max Abflugsgewicht: 11884kg
Max Geschwidigkeit: 1120km/h
Einsatzdauer, typisch: 90 Minuten, 100 Seemeilen vom Träger
Triebwerk: 1 Rolls-Royce Pegasus Mk. 104/106, Max. Schub 95.6 kN
Bewaffung: 4 Flügel- und 3 Rumpfstationen.

    * Flügelinnenstation: max. 900kg, meist Zusatztanks oder (früher) die nukleare WE177 Bombe
    * Flügelaussenstationen: max. 450kg, (meist 2 Sidewinder, die neueren Harrier FA.2 konnten AIM-120 AMRAAM tragen)
    * Rumpfstationen: meist 2 30mm-Kanonenpods mit je 120 Schuss Munition

Zum Modell
Die Proportionen sind sehr stimmig. Die typischen Merkmale der Sea Harrier sind gut wiedergegeben und die Dimensionen stimmen praktisch auf den Millimeter. Das Modell weist ein paar Schwachstellen auf, die aber ohne grossen Probleme verbessert werden können. Der Aufbau ist (ähnlich wie bei anderen Herstellern der Harrier/Sea Harrier) modular, das heisst der vordere Rumpfteil ist separat ausgeführt, um auch die landgestützten Harrier aus den gleichen Grundformen herstellen zu können.

Die Gussäste
Das Modell besteht aus 4 Gussästen. Gussast 1 beinhaltet den vorderen Rumpfbereich, sowie kleinere Teile. Gussast 2 und 3 sind dem Rest des Fliegers gewidmet, und Gussast 4 schliesslich ist für die Cockpithaube (zweigeteilt) inkl. Head-Up-Display.




Details
Dem Modell sieht man sein Alter leider an. Es ist mehr als genügend Fischhaut vorhanden und auch Auswerfermarken sind massenhaft vorhanden. Leider oftmals an sichbaren Stellen wie z.B. auf dem Pilotensitz, auf den Fahrwerksbeinen oder auf den Reifen. Auch was Detaillierung betrifft, ist das Modell von der rustikalen Seite, flache Instrumentenpanels mit Decals sind heute definitiv nicht mehr Standard. Auch im Fahrwerkschacht herrscht gähnende Leere. Andererseits weist das Modell sehr filigrane, versenkte Blechstösse auf. Sie sind dermassen fein, dass man vermutlich nach Verschleifen des Rumpfes einige nachgravieren muss... Die beigelegte Bewaffnung ist bescheiden. Die 2 Kanonenpods sind vorhanden, zwei Flügeltanks und 2 Sidewinder. In einer dermassen schlechten Ausführung (die typischen Rollerons fehlen...), dass man besser auf sie verzichten sollte, wenn sich in der Grabbelkiste nichts Besseres finden lässt. Die transparenten Teile sind nicht ganz so transparent wie sie sein müssten. Interessant ist, dass Italeri die Sprengschnüre mit erhabenem Relief an die Kanzel gegossen hat. Ich bin gespannt, ob das bei der Politur der Haube nicht eher hinderlich sein wird, und man dieses (zweifelsohne gut gemeinte) Detail zuerst mühsam entfernen muss...




Links: die einzige Detailierung der Cockpit-Seitenwände sind die Auswerfermarken.
Mitte: die Qualität der Details ist an sich gut. Auch feine Details wurden fein wiedergegeben. Es schien mehr am Willen zu fehlen, als am Können.
Rechts: Leider sind zuviele Auswerfermarken vorhanden, auch an sichtbaren Stellen




Links: Die Cockpitwanne. Keine Details, nur angedeutete Pedale.
Mitte: auch hier sieht man, dass einzelne Teile fein gegossen sind, so z.B. der Steuerknüppel (Teil Nr. 9). Hingegen ist das Instrumentenbrett (Teil Nr. 11) flach. Da gehört gemäss Anleitung ein Decal hin.
Rechts: im Fahrwerkschacht herrscht gähnende Leere. Da ist der Scratchbauer gefordert.


Decals:
Die Decals sind versatzfrei gedruckt, das Trägerpapier ist dünn und Matt. Wartungshinweise sind ebenfalls in ausreichender Anzahl vorhanden. So sollten eigentlich alle Decalbögen aussehen...



Die Anleitung und Bemalungsvarianten
Die Anleitung ist klar und einfach. Wie üblich bei Italeri beginnt sie mit einer mehrsprachigen, kurzen Geschichte des Originals, danach eine Abbildung der Gussäste (nicht benötigte Teile grau hinterlegt), sowie eine Farblegende. Dabei hat man sich auf Modelmaster-Nummern beschränkt, aber wo es möglich ist, mit FS-Nummern ergänzt. Der Bau wird in 10 Stufen erläutert.



Es sind 3 Harriers darstellbar. Die erste Version ist "Dark sea grey" über alles, die 1982 auf der HMS Invincible stationiert sein soll, und trägt die Registrierung ZD608. Die zweite ist mit der etwas interessanteren Farbgebung versehen, die Unterseite ist weiss, die Oberseite ist ebenfalls Dark sea grey, und stellt die Sea Harrier XZ451 dar, die 1979 in Yeovilton stationiert war. Die dritte Version schliesslich ist eine indische Harrier, die ebenfalls in der weissgrauen Bemalung daherkommt.
Ob die Kennungen korrekt sind, ist fraglich: die sehr ausführliche Seite www.targetlock.org.uk nennt als Datum für den Erstflug der ZD608 den 20.September 1985. Bei der XZ451 ist die Lage etwas eindeutiger; da stimmen die Daten überein. Diese Harrier hat im Falkland-Konflikt teilgenommen, und hat 3 Anschüsse erzielt, somit ist sie sicherlich die interessanteste Version.





Fazit
Die Harrier von Italeri bietet eine gute Ausgangsbasis; die Proportionen stimmen und die Gravuren sind schön filigran. Damit sind schon einmal wichtige Voraussetzungen erfüllt, um daraus ein schönes Modell zu bauen. Ein Wermutstropfen sind die mangelnden Details. Wer da etwas Besseres erreichen möchte, muss Eigeninitiative zeigen. Eduard bietet leider keine Zurüstteile für die Sea Harrier an. Auch die vielen Auswerfermarken stören.

+ Proportionen und Gesamteindruck
+ Feine, versenkte Gravuren, Detaillierung (wo vorhanden...)
+ Decals und Versionsauswahl

- viele Gussgrate und Auswerfermarken
- mangelnde Details (Cockpit, Fahrwerk)
- Aussenlasten


Hier ist mein Portfolio, und hier meine weiteren Berichte (<-- Upgedated am 20.9.2015)
Finisher des Phantom-, Viermot-, Matchbox- und Artillerie-Groupbuilds, sowie des Bierdeckels-, Panzer-, Oldtimer- und OOB-Contests!

HSS

Klasse Bausatzvorstellung von einem Flugzeug, von dem ich auch vom Original nichts wusste. :P

Thorsten_Wieking

Jaja, die gute, alte Esci-Form. Steht als einziger bisher gebauter Harrier (Altlast aus der Jugend) bei mir in der Vitrine, schon seltsam wenn ich überlege, das der Harrier mit zu meinen (vielen) Favoriten im Luftfahrtsektor gehört. Allgemeiner Tenor ist, das die Esci Harrier mit die besten sind, mir sagen vor allem die durchgehenden Tragflächen zu, so kann man sich schonmal nicht im Winkel täuschen.

@Axel
sind an Deiner Cockpithaube auch Kratzer an der Seite? Auf meine Ersatzbestellung für meine 4 Harriermodelle hat mir Faller schonmal eine Kanzel geschickt (hatten nicht mehr auf Lager) die allerdings die gleichen Schäden aufwies.

Gruß
Thorsten
"Erst wenn das letzte Spielzeuggeschäft geschlossen ist, werdet Ihr feststellen, das man beim Onlineshopping keine freudestrahlend-glänzenden Kinderaugen sehen kann."

Gibbs Rule #9 " Never Go Anywhere Without A Knife "

Graf Spee

Interessantes Modell (Sowohl Modell als auch Original  :1: ), und auch ein schönes Modell.
Zumindest das Original, wenn man sich Deine Vorstellung mal durchließt.
Schade das sie (Die Briten) die ausser Dienst gestellt haben. War immer ein interessanter Anblick. ;(
Handle nur nach derjenigen Maxime,
durch die zugleich wollen kannst,
das sie ein allgemeines Gesetz werde.



Alex

Zitat von: Graf Spee in 18. Juli 2008, 19:13:41
Zumindest das Original, wenn man sich Deine Vorstellung mal durchließt.

ich sehe das Modell gar nicht negativ; wenn man das Modell nur für die Vitrine bauen will und sich nicht an nicht sichtbaren Details wie Fahrwerksschacht oder Cockpit austoben will, so erreicht man mit relativ wenig Aufwand ein gutes Ergebnis. Es gibt noch ein paar Zurüstsets (Lufteinlässe, Schubdüsen), und auch diverse Eduard-Sets kann man dafür missbrauchen. Klar ist es nicht das Nonplusultra, aber die Basis ist schon einmal gut.

@Thorsten
das mit der Cockpithaube ist mir nicht aufgefallen...


Alex
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Graf Spee

Na dann ist ja gut. Für mich las sich das mehr wie so ein "Naja"-Bausatz.
Handle nur nach derjenigen Maxime,
durch die zugleich wollen kannst,
das sie ein allgemeines Gesetz werde.



Murdock

Eine sehr ausführliche Bausatzvorstellung, Alex. Ich baue z.Zt. die FRS Mk1 von Hasegawa und habe nun eine schöne Vergleichsmöglichkeit.

:winken: MUrdock

Alex

Zitat von: Murdock in 19. Juli 2008, 17:06:59
Eine sehr ausführliche Bausatzvorstellung, Alex. Ich baue z.Zt. die FRS Mk1 von Hasegawa und habe nun eine schöne Vergleichsmöglichkeit.

:winken: MUrdock

schiess los, wie ist so die Hase? Sollte etwa ebenbürtig sein...

Alex
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Prowler

Hallo,

ich habe den Sea-Harrier von Hasegawa schon mal gebaut und besitze den Harrier Gr.3 von Esci noch im Rohzustand,also ungebaut.
Ich denke schon,das daß Hasegawa Modell ohne weiteres mithalten kann.Aber da sollte man auch nicht viele Details im Cockpit bzw. Fahrwerkschächte erwarten.Eben auch ein alter Kit...ich schätze Anfang 80er Jahre oder so.


Grüße

Peter

Murdock

@Alex
Prowler hat das Wesentliche gesagt. Versenkte überwiegend korrekte Gravuren, weitestgehend stimmige Proportionen, das Seitenleitwerk ist am Rumpf angegossen, linke/rechte Flächen separat. Die Ausführung der Bug/Cockpitsektion ist ähnlich wie bei Italeri. Das Cockpit besteht aus Sitzschale und Instumentenpanel, 2teiliges Canopy, dünner und schlierenfreier Guß mit erhabenen Sprengschnüren innen. Laut "Modelers Datafile 11"  ist die Hasegawanase 4mm zu kurz (habe ich aber noch nicht geprüft). Der Übergang Cockpit/Hauptrumpf muß gespachtelt werden. Es gibt keine Fahrwerkschächte im Rumpf. Die Räder werden nur eingesteckt. Die Fertigungsqualität scheint bei Italeri etwas schlechter zu sein. Der Hasegawa-kit hat nur minimale Grate. Als Waffen gibt es die GunPods, Sidewinder, Sea Eagle und 1000 lb Boben. Alle Waffenleitwerke sind zu dick. Die Decals erscheinen auch sehr dick, mittlerweile deutlich vergilbt und unpräzise gedruckt. Baubar sind RNAS Yeovilton und HMS Invincible (Pre Falkland) sowie HMS Hermes und HMS Illustrious (1982). Ich denke auch, das der Hase mit dem Italeri vergleichbar ist. Datafile 11 bezeichnet den Italeri/Esci-Kit dennoch als den besten erhältlichen 1/72 Bausatz.
Ich werde einen Martin Baker 10 aus der Restekiste einbauen und verwende einen Decalsatz von Model Alliance. Wahrscheinlich wird's eine PreFalkland Version in Extra Drak Sea Grey und White.

:winken: Murdock   

Prowler

Wie sieht es denn mit dem GR.3 von Esci/Italeri aus? Gilt der Bausatz auch als der beste Harrier-Kit in 1:72?
Kann ich vielleicht froh sein,das ich den noch nicht verkauft habe.Obwohl ich den Gr.3 von Hasegawa auch noch besitze,unzerstört,ähm..ungebaut! :3:

Grüße

Peter

Thorsten_Wieking

Zitat von: Prowler in 20. Juli 2008, 17:37:12
Wie sieht es denn mit dem GR.3 von Esci/Italeri aus? Gilt der Bausatz auch als der beste Harrier-Kit in 1:72?
Kann ich vielleicht froh sein,das ich den noch nicht verkauft habe.Obwohl ich den Gr.3 von Hasegawa auch noch besitze,unzerstört,ähm..ungebaut! :3:

Grüße

Peter

Da bei beiden Versionen der gleiche Rumpf verwendet wird, denke ich mal, das die Aussage aus dem SAM Datafile hier auch zutreffen. Wie gesagt, alleine schon die durchgehenden Tragflächen sehe ich als großes Plus bei der Esci/Italeri Form.
Erst bei den AV-8B/Gr.Mk.5 Versionen stehen die "alten" Formen von Italeri und Esci hinter denen von Hasegawa hinten an. Hier hat Hasegawa auch einige sehr interessante Varianten rausgebracht, z.B. eine Version der italienischen Marine etc.

Gruß
Thorsten
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