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Römischer Vexilliumträger

Begonnen von Sonnenteich, 05. Januar 2009, 19:16:09

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Sonnenteich

Hallo,
zum Einstand zeig ich auch mal was. Es ist ein alter Römer, Größe 60mm, Hersteller ist Soldiers.
Bemalt mit Acrylfarben!
Hoffentlich gefällt er!


Dann noch etwas  science fiction, ebenfall 54mm.


Grüße
Frank

Nelson1805

Placet sage ich da mal zu dem Römer  ;) Wirklich sehr gut gemacht wie ich finde. Würde zu gerne wissen, wie man mit Acrylfarben sowas tolles hinkriegt.

Und der SF-Rocker gefällt mir allein schon aufgrund der Tatsache, dass er Bassist ist  :D :D :D
"As a ship is undoubtedly the noblest and one of the most useful machines that ever was invented, every attempt to improve it becomes matter of importance, and merits the consideration of mankind." Thomas Gordon, Principles of Naval Architecture (1784)

Im Bau:
- Colombo Express, 1/700, Revell
- HM Cutter Sherbourne, 1/64, Caldercraft

Plastiker

@ Nelson1805 : Ich verrat´s Dir! Üben, üben und nochmals üben! Die Frage habe ich mir früher nämlich auch imer gestellt und von Figur zu Figur lernte ich dazu und auch meine Technik änderte sich.

@ Sonnenteich : Sehr tolle Figuren! Die Bemalung ist in meinen Augen stimmig, die Bases sehr schön gestaltet und beide wirken ihrem Stil entsprechend!
Ein paar Detailfoto´s würden mich interessieren!!! ;)


Gruß Olli, der Plastiker

Hans

Blaue Pteryges! Bingo!  :D

( P.S. Das ist ein Insidergag... :6:)

Hallo Frank,
freut mich, dass du hierher gefunden hast und dich gleich mit so tollen Arbeiten vorstellst!

H.
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

Muddi

Richtig klasse....  :P  Vorallem die SF-Figur hat es mir angetan...  :D :klatsch: :klatsch: :klatsch:

Gruss von der Muddi :-) 

www.muddis-modellbauseite.de

Wer nur zurückschaut kann nicht sehen,was auf ihn zukommt... (Konfuzius.)
Waren im Osten Westen erlaubt und haben Linke Rechte????

GIJoe

Hui. Schöne Figuren.  :P

Ist der Rocker scratch oder gibt's den irgendwo? Der ist wirklich stylish...

Keep the brushes wet
Uli
Don't drink and drive ! You might hit a bump and spill your drink...

JWintjes

Phantastische Ausführung, auch wenn mir der Wagneropertyp mit dem Vexillum als Figur nicht wikrlich gefällt. Deine Arbeit ist aber 1A!  :P

Jorit

Hans

ZitatWagneropertyp

Wobei dieser Wagneroperntyp aber völlig dem Stand der Kenntnis entspricht, mit einer kleinen Ausnahme. Der Helm ( Fundort Theilenhofen, jetzt im Germanischen Nat.museum Nürnberg) hatte keinen Helmbusch. Alles andere ist völlig ok. Aber ich geb' zu, der römische Geschmack muss nicht jedem gefallen... :6:

De gustibus non est disputandum. Sic est.

H
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

JWintjes

Zitat von: HansTrauner in 06. Januar 2009, 10:48:36
ZitatWagneropertyp

Wobei dieser Wagneroperntyp aber völlig dem Stand der Kenntnis entspricht, mit einer kleinen Ausnahme. Der Helm ( Fundort Theilenhofen, jetzt im Germanischen Nat.museum Nürnberg) hatte keinen Helmbusch. Alles andere ist völlig ok. Aber ich geb' zu, der römische Geschmack muss nicht jedem gefallen... :6:

De gustibus non est disputandum. Sic est.

H

Ehm, Einspruch Euer Ehren.

Mein Miks steht momentan im Büro, aber dem Schwert nach zu urteilen (Kastenortband) gehört der Knabe mindestens in die Severerzeit, wenn nicht später ins dritte Jahrhundert. Da würde ich einen anders gestalteten Schuppenpanzer erwarten (übrigens auch für die Zeit zuvor, der kommt mir extrem kurz vor, selbst mit Panzerunterkleid), einen anderen Gürtel (vielleicht nach dem lyonnaiser Vorbild) - moment, hat unser Kandidat überhaupt einen? - und auf jeden Fall (nicht nur im dritten Jahrhundert) ein anderes Vexillum; das hier ist nämlich als Vexillum nicht wirklich brauchbar, soll heißen es steht nichts drauf.

Die Farbgebung ist ein anderes Kapitel, da bin ich ohnehin notorischer Skeptiker.  :D

Jorit

Hans

#9
Ach du Schreck... :D..

Diese Ortbänder, mitunter auch auch Knochen gefertigt etc etc. liegen massenweise am Limes herum, Zugmantel, Pfünz etc., sie stammen aus der Niedergangszeit des Limes. Dann passt auch der Helm dazu. Schuppen gibts dazu auch in höchst unterschiedlichen Größen und Formen. Das die Länge des Schuppenpanzers ingesamt freinchronologisch empfindlich ist, ist mir neu, allerdings halte ich mich aus einer 'Schnittdebatte' heraus, da die Darstellungen unterschiedlich sind. Auch ist mir neu, dass man 1. Hälfte 3. Jhd einen Gürtel tragen "muss". Eine Schwalbe (Lyon) macht noch keinen Sommer. Selbst wenn, macht ein fehlender Gürtel die Figur noch nicht zum Wagneroperntyp. Was das Vexillum anbelangt: Die meisten Darstellung römerseitig zeigen gar nix, die Reliefs waren aber oft bemalt. Das einzige erhaltene tatsächliche Exemplar eines Vexillums aus Ägypten (Fundumstände zweifelhaft; kunsthistorisch mitunter auf Anfang 3. Jhd datiert; AO: St. Petersburg, Eremitage) zeigt zwar eine Figur, aber keinerlei Beschriftung. Also auch hier: Beschriftung kann, muss aber nicht.

H
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

JWintjes

#10
Zitat von: HansTrauner in 06. Januar 2009, 14:34:55
Diese Ortbänder, mitunter auch auch Knochen gefertigt etc etc. liegen massenweise am Limes herum, Zugmantel, Pfünz etc., sie stammen aus der Niedergangszeit des Limes. Dann passt auch der Helm dazu.

Keine Einwände.

ZitatSchuppen gibts dazu auch in höchst unterschiedlichen Größen und Formen. Das die Länge des Schuppenpanzers ingesamt freinchronologisch empfindlich ist, ist mir neu, allerdings halte ich mich aus einer 'Schnittdebatte' heraus, da die Darstellungen unterschiedlich sind.

Schuppenformen - das ist wohl eine endlose Debatte. Mich überzeugt der Ansatz, daß Schuppen seit der Severerzeit deutlich an Größe zunehmen, auch nicht wirklich. Das meinte ich auch nicht. Das Teil ist einfach zu kurz geschnitten, egal ob Severer, früher oder Spätantike.

ZitatAuch ist mir neu, dass man 1. Hälfte 3. Jhd einen Gürtel tragen "muss".

Keiner wird gezwungen, einen Gürtel zu tragen. Es ist einfach praktisch...  :D

ZitatSelbst wenn, macht ein fehlender Gürtel die Figur noch nicht zum Wagneroperntyp.

Womit wir bei so Sachen wie den Farben, dem Federbusch und der Form des subarmalis, wenn's denn eins ist, angelangt sind.  ;)

ZitatWas das Vexillum anbelangt: Die meisten Darstellung römerseitig zeigen gar nix, die Reliefs waren aber oft bemalt. Das einzige erhaltene tatsächliche Exemplar eines Vexillums aus Ägypten (Fundumstände zweifelhaft; kunsthistorisch mitunter auf Anfang 3. Jhd datiert; AO: St. Petersburg, Eremitage) zeigt zwar eine Figur, aber keinerlei Beschriftung. Also auch hier: Beschriftung kann, muss aber nicht.

Hm. Reliefs aus Benwell, Bridgeness und Corbridge zeigen deutlich Beschriftung, insofern könnte man etwa bei der Darstellung aus Adamclissi argumentieren, da sei das eben draufgemalt gewesen; aber das ist insgesamt für meinen Geschmack viel zu archaeologisch argumentiert.

Die Teile hatten ja eine Funktion, und das Erkennen einer vexillatio wird ohne Beschriftung nachgerade unmöglich, wenn's sich nicht gerade um eine Einheit handelt, die jeder kennt (Prätorianer etwa). Ganz abgesehen davon werden vexilla von Tacitus und Sueton erwähnt, die jeweils bezeugen, daß die Namen der kommandierenden Offiziere auf den vexilla draufstanden. Vom militärisch-organisatorischen Standpunkt aus betrachtet ist - wie gesagt abgesehen von etwa Prätorianern - eine Beschriftung das einzige, was einen Sinn ergibt, gerade bei Einheiten, die aus verschiedenen vexillationes (von verschiedenen Ausgangseinheiten) zusammengestellt sind.

Ansonsten verliert man als Präfekt ja schnell mal die Übersicht...  :D

Zu dem Stück aus Ägypten sollte man vielleicht noch sagen, daß Rostovtzeff, der das Teil publiziert hat, ganz dezidiert darauf verweist, daß es sich um ein religiöses Banner oder eine Korporationsfahne gehandelt haben könnte, er aber aufgrund von Form und Farbgebung annimmt, es handele sich um ein im militärischen Bereich zu verortendes vexillum. Das, so Rostovtzeff, sei mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Ehrenpreis und kein "Alltagsvexillum" gewesen. Tatsächlich sogar Rostovtzeff, daß ein Fund in einem Grab eine Verwendung als vexillum ausschließt, und es sich wohl viel eher um ein donum militare gehandelt haben muß.

Langer Rede kurzer Sinn: Als Belegbeispiel für vexilla im alltäglichen Einsatz taugt es nicht.

Jorit

JWintjes

Nur mal so als Fußnote - kann sein, daß "Wagneroperntyp" ein wenig zu hart ist als Urteil. Allerdings frage ich mich manchmal schon, warum wir mit größter Akribie Uniform- und Technikkunde betreiben und dementsprechend dann Figuren- oder Bausatzhersteller mit schöner Regelmäßigkeit in die Pfanne hauen, wenn es um die Moderne geht, wieso das alles in der Antike plötzlich keine Rolle mehr spielen soll.

Jorit (in dem es immer noch wegen der Zvezda-Schiffe brodelt...  :D :D)

Hans

Zitatwieso das alles in der Antike plötzlich keine Rolle mehr spielen soll
:D :D

Ach, da sagst du mir nicht wirklich was neues... :D

Allerdings stelle ich aber auch fest, dass viele 'Bilder', die von der Antike und der Vorgeschichte vorhanden sind, durch 'Living History' oder 'Reenactment' geprägt sind. Hier kann es mitunter vorkommen, dass bestimmte 'Bilder' als unumstößlich gelten, ohne das wirklich ein Überblick über die Grundlagen besteht, bzw was an weiteren Interpretationen denkbar wäre. Blaue Pteryges zB....  :D

H
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

JWintjes


Primoz

Ach, Leute, helft doch einem neugierigen Halbwissenden: Sind die blauen Pteryges nun der letzte Schrei der Erkenntnis oder ein mutiger Ausdruck künstlerischer Freiheit?
Das Leben ist eine sexuell übertragbare unheilbare Krankheit mit tödlichem Ausgang

Hans

Das ist jetzt aber eine etwas längere Geschichte. Diese Streifen, genannt Pteryges für griechisch 'Federn' haben die Römers der griechischen Idealwaffenausstattung abgeguckt. Vielen am römischen 'Stil' war von den Griechen entlehnt. Diese hatten diese 'Federn' bereits rund 450 Jahre vorher unterhalb ihrer Leinenpanzer hängen, später auch unter den Muskelpanzern. Die kannten die Römer natürlich nicht im Original, aber von den griechischen Heldendarstellungen her (als Statuen, Gemälden und auf Keramik). Diesem Ideal hingen sie nach. Auch die Kaiserstatuen der Römer zeigen ein griechisches Idealbild.

Bei Römers, eigentlich eher ein nüchternes Volk, stellt sich nun im nachhinein die Frage: Was sollten die Dinger bezwecken und aus welchem Material waren sie?

Das die Dinger keinen Zweck haben könnten, sondern einfach als schick, als Heldenausstattung gelten, wird gemeinhin nicht akzepiert. Weil ja im Kriegswesen alles einen Zweck haben muss. ( Ich persönlich halte dies natürlich für Unfug, man schaue sich mal die napoleonischen Soldaten an. Kein Mensch diskutiert über den waffentechnischen Vorteil 1-Meter-hoher Bärenfellmützen, aber bei Römers muss immer alles einen sachlichen Grund haben... :pffft:).

In der herrschenden Meinung sind die Dinger also nun ein Unterleibsschutz, da der Panzer (nach griechischem Vorbild...!!) nicht sehr weit herunterreicht. Na gut. Aber jetzt kommts:

Aus was sind die denn dann? Man weiss es nicht. Es haben sich keine erhalten. Aber weil sie ja schützen müssen...müssen sie aus Leder sein. Sagt man so, hat sich so festgefressen. Lange Zeit hat man ja auch in jedem Film komplette Lederrüstungen gesehen.

Also: Pteryges sind aus Leder.

Weiter: Welche Farbe hatte denn sowas? Wieder: Keine Ahnung. Es hat sich nix erhalten.
Und jetzt die alten Annahmen: Leder färben? Ach nee, dass konnten die doch noch nicht.... Gleichwohl gibt es oft moderne Darstellungen in knallrot mit gelben Nähten. In der Reenactment-Szene haben sich dagegen naturfarbene Pteryges durchgesetzt.

Also: Pteryges sind rot oder naturfarben.


Hmmmmm.....gäb's da vielleicht auch andere Blickwinkel? Alternativen? Welche Alternativen sind denn auch plausibel.

Material: Niemand kann belegen, dass die Pteryges aus Leder sind. Die Annahme geht immer nur von der Schutzwirkung aus. Nicht gehärtetes Leder (in Wachs gekocht) hat jedoch null Schutzwirkung. Gehärtetes Leder wäre dagegen steif, die Darstellungen zeigen aber hochflexibles Material. Zudem sieht man oft Nähte seitlich, dazu Fransen. Also zwei Lagen Leder? Hochflexibel? Also gut, weiches Leder. Schaf oder Ziege? Das ist nicht lederbraun, sondern eher hell, je nach Gerbung.

Leinen? Weshalb eigentlich nicht? Die Leinenpanzer waren aus...Leinen. Gedoppeltes Leinen hat keine geringere 'Schutzwirkung' als weiches Leder. Fransen sind einfacher einfach aus dem Material zu gewinnen. Spricht etwas gegen Leinen? Nee.

Fazit: Pteryges können genauso gut aus sehr hellem, fast weissem Schafs-oder Ziegenleder oder aus mehrfach gedoppeltem Leinen bestehen.

Farbe: Leder färben? Geht natürlich! Kann man wie Wolle färben, auch mit pflanzlichen Stoffen. Man kann auch 'oxidierend' färben, also mit Küpenfarbstoffen. Wichtig ist allenfalls die Grundfarbe, man kann dunkles oder fleckiges Leder schlecht 'hell' färben. "Rote" Färbungen sind möglich, auch quasi Färbungen a la Schuhfarbe, zB durch Fett plus Pigment, also jeder Erdfarbton geht auch.

Leinen färben: Klar geht das. Ergibt zwar keine extrem kräftigen Farben, aber es geht ohne Probleme.

Fazit: Technisch alles kein Problem, farbige, gefärbte Pteryges aus unterschiedlichen, flexiblen Materialien in vielen Farbstoffen sind möglich.

Haben Römers das gemacht? Klar haben sie das gemacht. Anbei eine Augustus-Statue des Primaporta-Typs mit rekonstruierten Farben. Hier sind die Dinger abwechselnd rot und blau. Die anderen Beispiele sind älter, nicht römisch, aber schön bunt....

Fazit: Bunt geht genauso gut wie nicht bunt. Es gibt aber mehr als deutliche Hinweise für bunt.

H.





Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

Der Lingener

Moin Jorit, moin hans,
ich liebe es, wenn sich zwei Fachleutchen aus Uni und Museum so richtig tief in die Materie verirren und Dinge diskutieren, von denen wir Laien aber auch wirklich nix verstehen. Und das Schöne daran:
Man lernt sogar noch etwas dabei! Ich habe mir euren fachlichen und in kollegialem Ton dargebrachten "Schlagabtausch" mal ausgedruckt und wenn demnächst mal jemand nach "Pteryges" fragt, dann hab ich aber sowas von Ahnung  :D.
Ich wünsch euch was
Michael
www.kitreviewsonline.de

Modellbau soll Spaß machen, Entspannung bringen und Hobby bleiben!

JWintjes

Zitat von: HansTrauner in 14. Januar 2009, 19:49:03
Das die Dinger keinen Zweck haben könnten, sondern einfach als schick, als Heldenausstattung gelten, wird gemeinhin nicht akzepiert. Weil ja im Kriegswesen alles einen Zweck haben muss. ( Ich persönlich halte dies natürlich für Unfug, man schaue sich mal die napoleonischen Soldaten an. Kein Mensch diskutiert über den waffentechnischen Vorteil 1-Meter-hoher Bärenfellmützen, aber bei Römers muss immer alles einen sachlichen Grund haben... :pffft:).

Grundsätzlich stimme ich dem Gedanken völlig zu. Allerdings muß man bei den Pteryges schon sagen, daß sie als unterer Abschluß eines subarmalis sehr sinnvoll sind. Und ein Panzerunterkleid wiederum ist nicht nur sinnvoll, sondern notwendig. Panzer ohne Panzerunterkleid zu tragen negiert nicht nur einen großen Teil seiner Wirkung, er macht auch das Tragen etrem unangenehm.

ZitatAus was sind die denn dann? Man weiss es nicht. Es haben sich keine erhalten.

Vorsicht. Die Masada-Stücke sind verschiedentlich als Pteryges interpretiert worden, und auch iberisches und unteritalisches Fundmaterial ist in diese Richtung gedeutet worden. Ich gebe allerdings gerne zu, daß die Identifikation von kleinen Stofffetzen nicht gerade eine exakte Wissenschaft ist.  :D

ZitatAber weil sie ja schützen müssen...müssen sie aus Leder sein. Sagt man so, hat sich so festgefressen. Lange Zeit hat man ja auch in jedem Film komplette Lederrüstungen gesehen.

Naja, im Kino.  :D Wie Du ja selbst sagst, sind Pteryges aus Stoff genauso denkbar; tatsächlich sind Leinenpanzer ja ein in Unteritalien und Spanien sehr häufig auftretendes Phänomen.

ZitatFazit: Technisch alles kein Problem, farbige, gefärbte Pteryges aus unterschiedlichen, flexiblen Materialien in vielen Farbstoffen sind möglich.

Haben Römers das gemacht? Klar haben sie das gemacht. Anbei eine Augustus-Statue des Primaporta-Typs mit rekonstruierten Farben. Hier sind die Dinger abwechselnd rot und blau. Die anderen Beispiele sind älter, nicht römisch, aber schön bunt....

Möglich? Auf jeden Fall. Die Frage ist allerdings, wo römische Soldaten im Gegensatz zu Generälen (oder jungen Senatorensprößlingen...) ihr subarmalis und damit ihre pteryges herbekamen. Eine weitverbreitete Theorie besagt, daß die von den Soldaten aus Stoffresten hergestellt wurden. Dagegen sprechen vor allem die Carlisle-tablets, in denen subarmalis als inventarisierter Ausrüstungsgegenstand aufgeführt wird (von der Interpretation, es handele sich dabei um Waffen, halte ich reichlich wenig).

Bei Soldaten wäre ich mit aufwendiger Farbgebung insgesamt vorsichtig.

Jorit

Thomas Trauner

#18
Hallo Jorit,

ich habe von römischer Militaria nur wenig Ahnung. Trotzdem zu deinen Sätzen:
ZitatGrundsätzlich stimme ich dem Gedanken völlig zu. Allerdings muß man bei den Pteryges schon sagen, daß sie als unterer Abschluß eines subarmalis sehr sinnvoll sind. Und ein Panzerunterkleid wiederum ist nicht nur sinnvoll, sondern notwendig. Panzer ohne Panzerunterkleid zu tragen negiert nicht nur einen großen Teil seiner Wirkung, er macht auch das Tragen etrem unangenehm.

folgendes:

Der römische Körperpanzer entsteht ja nicht aus dem nichts. Die ältesten Stücke sind villa-nova/urnenfelderzeitliche (ca. 1000.v.Chr.), sie verschwinden wieder kurz und tauchen um 650 v.Chr. bei den Griechen und anderen eisenzeitlichen Bevölkerungen in Europa auf.
Und nur bei den Griechen, so ab dem 4.Jh.v.Chr. und dann eben als Kulturübernahme bei den Römern tauchen diese Pteryges auf. Sonst nicht. Weder urnenfelderzeitliche Panzer, noch hallstattzeitliche noch griechische/ethruskische vor dem 4.Jh. haben sie. Offenbar tauchen sie erst in ihrer Neuverwendung nach den Leinenpanzern, die Pteryges haben, mit solchen auf.
Kurz: Panzer und Pteryges sind nicht zwingend zusammen.
Es besteht also keine zwingende Annahme, dass diese eine Schutzwirkung hatten.
Was Material und Farbgebung angeht: Das wissen die Götter. Vor allem die, welche in dem von Hans gezeigten Katalog abgebildet sind....

Nix für ungut.

Thomas

PS: Nicht mal ein normales Unterkleid ist zwingend. Es gibt eine griechische Vase, wenn ich mich recht entsinne aus dem 8.Jh.v.Chr., auf der mehrere Hopliten zwar Panzer, Helm und Hoplon tragen, aber ansonsten nackt sind....

Hans

Unter dem Kettenhemd macht eine Unterfütterung Sinn, keine Frage. Die Pteryges könnten Bestandteil davon gewesen sein, können aber auch ein extra Teil gewesen sein.

Was die Farbigkeit anbelangt: Beim normalen Miles wäre ich insgesamt auch vorsichtig mit Farbe, ungefärbte Sachen sind da schon eher wahrscheinlich. Aber hier haben wir eine Spezialfunktion, einen der wichtig war und sich auch nimmt.

H
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

Marcus.K.

Zitat von: Der Lingener in 15. Januar 2009, 00:07:30
Moin Jorit, moin hans,
ich liebe es, wenn sich zwei Fachleutchen aus Uni und Museum so richtig tief in die Materie verirren und Dinge diskutieren, von denen wir Laien aber auch wirklich nix verstehen. Und das Schöne daran:
Man lernt sogar noch etwas dabei! Ich habe mir euren fachlichen und in kollegialem Ton dargebrachten "Schlagabtausch" mal ausgedruckt und wenn demnächst mal jemand nach "Pteryges" fragt, dann hab ich aber sowas von Ahnung  :D.
Ich wünsch euch was
Michael
DEM möchte ich mich hier mal voll und ganz anschließen...
Ungemein spannend!

Beim Abwägen ob Schutzfunktion oder nicht, ob weiches oder hartes Leder (oder Leinen) ... und auch ohne die spezielle Materie auch nur ansatzweise zu kennen .. aber ein Panzer ist doch (wenn kein Kettenhemd) eher eine relativ "steife" Geschichte, oder? Ich denke gerade an meine Zeit als (ziemlich schlechter) Feldhockeytorwart zurück. Da hatte ich auch so den ein oder anderen "Panzer". Anfangs noch aus Bambus und Leder - später viel mit Kunststoff und Schaum. Aber rückblickend weiß ich noch, dass es sehr unangenehm war, wenn - egal bei welcher Version - das "weiche" Untermaterial irgendwo am Rand "weg" war. Denn bei Belastung (Bewegung, Treffer, was auch immer!) schnitt oder drückte (je nachdem) dann das "härtere" Material durchaus unangenehm in das darunter liegende Gewebe. DAS TAT WEH! Also achtete man an sich immer darauf, dass gerade der Rand immer von weichem Material umgeben war. So konnte sich bei Anpressen das weichere (das war ursprünglich tatsächlich weiches Leder) um das harte (Bambus, später Plastik!) herum anschmiegen und es tat nicht weh .. na ja, nicht so sehr weh  - Aua! Torleute sind Masochisten. Wahrscheinlich war ich deswegen auch nicht wirklich gut!  ;)

Also - wenn die alten Griechen zeitweise nackt unter ihren Panzern rumliefen - dann waren die auch Masochisten (war´n die das nicht sowieso?  :D). Es sei denn, der Panzer hatte - ähnlich wie das moderne Sportausrüstungszeug - eine innen angebrachte weiche "Unterfütterung", die bei den Fresken oder Vasenbildern einfach nicht dargestellt sind. ... oder es sei denn, der Panzer war selber nicht ganz so hart (Leder- oder Leinenpanzer?).

Gerade wenn ich mir aber die Bilder der alten Kämpfer da ansehe, sieht mir das schon so aus, als würde man versucht haben, den Tragekomfort dadurch zu optimieren, dass man ganz unten einen dünnen (heute nähme man sogar einen "atmungsaktiven" - in jedem fall aber einen schweißabführenden) Stoff, darüber ein dickeres - und dennoch flexibles Material und dann erste den harten Panzer trug. Gerade das Blau-rote "Ding" an den Ärmeln von Augustus (sieht der nicht irgendwie dem "guten" Putin ähnlich?) ist doch deutlich dicker, als der Stoff darunter. Kann man sowas mit Leinen oder Stoff machen? Hmm...
Bei dem griechischen (?) Bogenschützen finde ich nebenbei, dass die "Lappen" da um die Hüfte herum relativ steif wirken. Das fällt nicht wie Stoff. Muss aber zwar kein Leder sein - aber ich habe schon den Eindruck, dass das eher härteres als weiches Leder ist. So ein "Lederröcken" würde auch beim Hockey gut funktionieren, denke ich. Darunter würde ich trotzdem etwas aus Stoff tragen (damit nix scheuert) und wenn das dann am Bauch in einen Panzer überginge, fühlte ich mich schon besser geschützt. Gerade die Hüfte war zumindest bei meinen Rüstungen nicht gut geschützt (wohl weil man da instinktiv besser reagierte - und das "Beste Stück" dann doch einen Unterleibsschutz hatte - und auch weil man in der Hüfte sehr beweglich sein muss). Aber dieser vermutliche Lederrock würde blaue Flecken um die Hüfte schon abschwächen ... und würde die Beweglichkeit wenig einschränken ... Gute Lösung - sollte man mal für Hockeyausrüster drüber nachdenken!

So ... aber diese Überlegungen sind - wie schon weiter vorn auch angedeutet - ja nix anderes als irgendwelche Überlegungen (hm) und tragen daher bestenfalls zur Untermauerung von Möglichkeiten bei.

Primoz

Uuu, da hab ich aber eine schöne Diskussion in Gang gesetzt.  :6:

Danke für die ausführlichen Erläuterungen.  :winken:
Das Leben ist eine sexuell übertragbare unheilbare Krankheit mit tödlichem Ausgang

JWintjes

Zitat von: Thomas Trauner in 15. Januar 2009, 09:46:17
Der römische Körperpanzer entsteht ja nicht aus dem nichts. Die ältesten Stücke sind villa-nova/urnenfelderzeitliche (ca. 1000.v.Chr.), sie verschwinden wieder kurz und tauchen um 650 v.Chr. bei den Griechen und anderen eisenzeitlichen Bevölkerungen in Europa auf.
Und nur bei den Griechen, so ab dem 4.Jh.v.Chr. und dann eben als Kulturübernahme bei den Römern tauchen diese Pteryges auf. Sonst nicht. Weder urnenfelderzeitliche Panzer, noch hallstattzeitliche noch griechische/ethruskische vor dem 4.Jh. haben sie. Offenbar tauchen sie erst in ihrer Neuverwendung nach den Leinenpanzern, die Pteryges haben, mit solchen auf.
Kurz: Panzer und Pteryges sind nicht zwingend zusammen.
Es besteht also keine zwingende Annahme, dass diese eine Schutzwirkung hatten.

Daß die Pteryges eine hellenistische Mode sind, will ich gar nicht in Abrede stellen. Allerdings wäre ich mit der Zurückweisung einer Schutzfunktion etwas vorsichtig. Wenn wir die Dinger nur auf Statuen sähen, dann würde ich vermutlich sagen "Hey, irgendeine Luxusapplikation". Wir sehen die aber eben nicht nur da; ich gebe natürlich sofort zu, daß die ganzen ikonographischen Darstellungen stark idealtypisch sind, von daher könnte man argumentieren, daß in der Realität die pteryges gar nicht so verbreitet waren.

Daß Panzer und pteryges nicht zwischend zusammengehören, will ich nicht bestreiten. Panzer und Unterkleid gehören zwingend zusammen.  ;) :D

ZitatPS: Nicht mal ein normales Unterkleid ist zwingend. Es gibt eine griechische Vase, wenn ich mich recht entsinne aus dem 8.Jh.v.Chr., auf der mehrere Hopliten zwar Panzer, Helm und Hoplon tragen, aber ansonsten nackt sind....

Das ist zwar richtig - Du meinst wahrscheinlich die Chigi-Kanne, es gibt zahlreiche solcher Abbildungen -, aber die Nacktheit hat da eine Funktion, man spricht auch gerne von "heroischer Nacktheit". Die Wirklichkeit bildet das nicht ab.

Subarmalia sind bei den Römern gut belegt - und was den Panzer angeht sind sowohl Schuppen- als auch Riemenpanzer ohne subarmalis ziemlich problematisch. Letzten Endes ist das so, wie Marcus ganz treffend festgestellt hat - Panzer ohne Unterstützung ist auaaua, sowohl beim Tragen als auch wenn jemand draufzimmert.  :D

Im Falle etwa der lorica segmentata kann man sogar sehr schön sehen, daß der Panzer ohne unterstützendes Unterkleid gar nicht richtig funktioniert.

Jorit

Hans

Gegen das Unterkleid sagt ja auch keiner was. Ich frag mich nur, ob die Pteryges zwingend am Unterkleid befestigt sein müssen.

Was diese hellenistische Darstellung anbelangt: Doch, das geht. Haben wir ausprobiert, sowohl mit mehrlagigen Leinenpanzern als auch mit urnenfelderzeitlichen und hallstattzeitlichen Metallpanzern. Die einzige Voraussetzung: Sie müssen gut an den Körper des Tragenden angepasst sein. Wirkliche Probleme gibts nur bei Kälte, nicht jedoch bei Hitze. Man braucht da nicht mal ein Innenfutter, Metall auf Haut geht einwandfrei. An den Armen kanns zwicken, aber da hilft wirklich nur gute Passung, so oder so.

H
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

JWintjes

Habt Ihr da auch draufgeprügelt?  ;)

Aber ernsthaft, bei Leinenpanzern kann ich mir das gut vorstellen. Bei einer lorica segmentata geht es gar nicht, und bei einem Metallvollpanzer bin ich bei Dauereinsatz - und wie gesagt Beanspruchung im Gefecht - skeptisch, wenn der direkt auf der Haut sitzt. Energieverteilung beim Schlag kann es dann ja gar nicht geben.

Jorit