Bailey-Brücke - Artitec - Maßstab 1/87

Begonnen von mhase, 02. Dezember 2018, 18:47:29

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mhase

Bailey-Bridge / Portable Panel Bridge


Modell:    : Bailey-Bridge - Standard Bridge / Bailey-Bridge-Extension-Set
Hersteller: Artitec
Maßstab  : 1/87
Art. Nr. :   : 1870140 und 1870141
Preis ca.   :  ca.30,- bzw. 19,- EUR


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Zum Vorbild:

Sir Donald Baileys Brücke galt nach den Ausführungen des alliierten Oberkommandierenden in Europa, Dwight Eisenhower, als eine der drei Garanten für den Sieg der Allierten in Europa. Mehr als 3.000 dieser Brücken wurden bis Kriegsende allein in Italien errichtet und machten damit die Bemühungen der Achsenmächte, den Vormarsch der Alliierten zu stoppen, zunichte. Im Einsatz war dieses Brückenbaugerät ab 1942 bis weit in die 80er bei US-, britischen und alliierten Truppen. Auich heute noch ist dieses Gerät als nachbauten und erweiterte Konstruktionen weltweiot im Einsatz.
Der Bund hält für seine Straßenbauverpflichtungen rund 2.300 Tonnen dieses Materials in mehreren Lagern bundesweit, das auch immer wieder zum Einsatz kommt, vor. So zum Beispiel hier in Bayern in der Nähe von Simbach am Inn nach der Flut 2016. Häufig werden diese und auch die sog. "D-Brücken" durch das THW im Auftrag des Bundes aufgebaut.

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Die Grundidee, eine Brückenkonstruktion in Baukastenbauweise mit seitlichen Elementen und einer aus mehreren Teilen zusammenzusetzenden Fahrbahnkonstruktion zu bauen, war bereits in den 30ern in Form der sog. "Callendar-Hamilton-Bridge" in Neuseeland entstanden. Die neue Konstruktion Donald Baileys verletzte hier Patente, so dass letztendlich dafür auch noch Ausgleichszahlungen geleistet werden mussten.

Diese Brücke wurde als "Portable Panel Bridge - PPB" ab 1943 auch in den USA "lizenzgefertigt", doch waren diese in den USA gebauten Brücken auf Grund von Maßdifferenzen häufig nicht mit den in Großbritannien gebauten kompatibel und kombinierbar, so dass immer nur einheitliches Material verwendet werden musste. Auch war die Qualität offensichtlich nicht die beste, so dass rund 850 "Einheiten", d.h. Brückensätze, nach Kriegsende als Ausschuß wieder in die USA zurückgeschickt wurden.   

Die ersten Brücken wurden in Tunesien durch das Royal Corps of Engineers gebaut, letztendlich waren diese in mehreren tausend Einheiten gefertigten Brückensysteme weltweit im Einsatz und werden teilweise auch heute noch als Nachbauten ge- und verbaut 

Das Sytem aus Paneelen, Querträgern und darauf aufbauenden Oberbelägen mit enormen Spannweiten und Traglasten gab und gibt nahezu unbegrenzte Möglichkeiten zum Bau von für das jeweilige Vorhaben geeigneten Brücken und Konstruktionen, beginnend von der "S-S" bzw. I.1. (Single-Single), d.h. ein Feld auf jeder Seite, bis hin zu T-T (Triple-Triple (III.3) mit Erweiterungen zur Abstützung. Je nach geforderter MLC und Spannweite waren und sind da viele Kombinationen möglich. Allerdings werden heute deutlich geringere Lastannahmen angesetzt, d.h. eine Brücke, die vor 30 Jahren noch mit 24 Tonnen Tragkraft angesetzt war, hat heute deutlich weniger. das wiederum bedeutet im Umkehrschluß, dass breiter (mehr Felder) und ggf. mehrstöckig gebaut werden muss.

Der Bau funktioniert von einer Landseite her unter Zuhilfenahme eines sog. "Schnabels", der auf der anderen Uferseite zunächst beim Einschieben aufliegt und dann abgebaut wird. Durch das Gewicht der Brücke auf der bauseitigen Landseite ist dieser Schabel bis zum Aufliegen auf der jenseitigen "Kipprolle" immer so nach oben geschwenkt, dass die Brücke dann stabil eingefahren werden kann. Während des Einschiebens wird immer wieder von der Bauseite her angebaut, um das Gleichgewicht der ins Wasser ragenden Konstruktion mit dem Teil, der noch am Land ist - gegebenefalls mit Zusatzgewichten - zu halten. Mit Hilfe von vorgefertigten Tabellen der Gewichte etc. ist dies absolut problemlos möglich, wenn der Untergrund entsprechend vorbereitet ist.

Während es während des 2. Weltkrieges nur eine standardisierte Brückenkonstruktion mit einer Querträgerlänge von 5480mm  und einer Fahrbahnbreite von 3280 mm gab, wurde 1945 auf Grund der nunmehr breiteren Kettenfahrzeuge Konstruktionen mit breiteren Querträgern und Fahrspuren eingeführt. Diese wurden in den USA mit den Bezeichnungen M2 und M3 versehen. Vgl. dazu auch die TM 5-277 der US-Army. Auch die Bundeswehr war für dieses Brückenbaumaterial ausgebildet, die damalige HDv 287/54 vom Dezember 1960 war lange Jahre "die" Ausbildungsvorschrift für den Bau von Brücken und Konstruktionen dieses Typs.
Eine sog. "Grundeinheit" für eine Uferbrücke "D-D" mit knapp 40m Länge und Cl. 35/45 konnte auf 44 LKW 5t verladen und mit entsprechendem Personaleinsatz verbaut werden.

Nach dem Krieg baute Acrow-Wolf das Material, auch hier gibt es ein hervorragendes Werk, das "Bailey-Uniflot-Handbuch".

Während des Krieges waren nach meinem Kenntnisstand diese Brücken entweder SCC 2 (britische Brücken) oder olive drab (US-Army) lackiert. Heute sind diese zivilen "Baileys" meist in einem dunklen Tannengrün gehalten. Die alu-farbigen Brücken, die man manchmal sieht, sind meist Leichtbauten des Systems Acrow300 o. ä. Dort sind auch die Querträger etwas anders verbaut als beim "Original"

Der Verfasser dieser Zeilen hatte im Februar 1981 bereits das Vergnügen, in Hoya an der Weser an einem der Brückenbaulehrgänge des THW für die Bailey-Brücke teilzunehmen. Mit den hier gezeigten Kollegen durften wir eine 15m M1- Brücke in "Handarbeit" bauen....

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Zum Modell:   

Wer sich wie ich auch im kleineren Maßstab 1/87 modellbauerisch "rumtreibt" und Militär oder/und Zivil baut, wird sich über diese beiden Sets freuen, geben sie doch die Möglichkeit, kleinere Szenen darzustellen.

Um es vorwegzunehmen, Artitec hat hier ganz bewusst eine generische Brücke des Typs M2 mit verbreiterter Spur in "Fertigstellung" konstruiert, auf Teile die die Darstellung "im Bau" ermöglichen, wurde bewusst verzichtet. Diese Brücke ist insgesamt hervorragend gestaltet und auch absolut maßstäblich (ihr wisst, ich bin Millimeterfan ....)


Hier die Inhalte der beiden Bausätze:

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Neben den sog. "Brückenfeldern" (im Bild oben links) sind auch Querträger und komplette Fahrbahnelemente (im Bild am Spritzling unten) vorhanden, dazu Verstrebungsrahmen, Grundplatten mit Lagerbock und Endpfosten - Anzahl je Bausatz jeweils s. hier:

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Fertig schaut das dann so aus:

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bzw. die Ergänzung:

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Der Bauplan ist sehr übersichtlich und hilfreich:

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Jetzt sind nur noch Ideenreichtum und Geldbeutel gefragt um hier was zu "zaubern"....

Vor lauter Freude möchte ich aber nicht versäumen, hier einen kleinen Wermutstropfen zu vergießen - die etwas verbreiterte M2-Brücke (Fahrbahnbreite 3810 mm) wurde erst ab 1945 eingeführt. Ich denke aber, dass die rund 6 mm breitere Fahrbahn hier niemanden stören wird und das Modell durchaus auch als Brücke für ein Diorama aus der Zeit des 2., Weltkrieges darstellbar ist.

Hier zum Abschluß noch ein Bild, wie die Unterseite einer Standard-Bailey-Brücke Typ M1 in der Bauweise D-D bzw. II.2 mit 3280 mm Fahrbahnbreite aussieht:

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Fazit:

Ein klasse Idee mit sehr guter Umsetzung, die viel Bastelspaß ermöglicht. Aus dem Kasten gebaut oder mit eigenen Zubauteilen als "Baustelle" versehen macht diese Brücke was her!


+ Modellauswahl
+ Maßstäblichkeit
+ Verarbeitung
+ Bauplan

- derzeit nichts, evtl. etwas teuer im Einkauf, wenn man Größeres plant....

Mein Dank gilt hier Hr. Haas der Fa. Artitec für das Zur-Verfügungstellen der Muster

Gruß

Michael


mhase

Ein paar Details im Text korrigiert und ergänzt.

M.

eydumpfbacke

Danke für die Vorstellung.
Interessantes Bauwerk
Es grüßt der Reinhart :santa:

Ich bau grundsätzlich nicht originalgetreu.
Wenn doch, ist das Zufall

Hans

Und auch grad interessant, weil man es zivil oder für THW-Dios nutzen kann.
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger