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*Fertig* Seemänner: Do-it-yourself

Begonnen von Murdock, 03. Mai 2004, 03:10:50

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Murdock

Als kleines Intermezzo und um den S 100 Bericht nicht zu strapazieren, gibt´s hier einen kleinen Zwischenbericht über Marinesoldaten.
Um meine Schnellboote mit Leben zu füllen, lege ich recht großen Wert auf eine venünftig agierende Besatzung. Problem dabei: Es gibt in 1:72 kaum brauchbare Figuren, weder für KM, noch für RN oder USN. Einigen Booten liegen zwar 3, 4 Figuren bei, aber das sind in der Regel immer die gleichen stereotypen Posen. Der Kapitän schaut durchs Fernglas, die Besatzung steht mit verkrampften Armen hinter einer Waffe. 3Party-Sätze wie bspw. von CMK für das VIIc-Boot von Revell, sind mir zu teuer, verlangen viel Nacharbeit und vermitteln auch nicht die Dynamik, die ich mir wünsche. Deshalb herrscht auf meinen Schiffen ein bunter Mix aus verschiedenen Armeeeinheiten, Nationalitäten und Bautechniken. Uniformfetischisten, die mit der Lupe hinsehen, erkennen natürlich meinen kleinen Betrug, aber das gemeine Volk wird wirksam getäuscht :D  Soldaten der Kriegsmarine, speziell die U-Boot und Schnellbootbesatzungen sind in der Beziehung sehr pflegeleicht, da die Uniformvorschriften in den Einheiten recht leger gehandhabt wurden und man dadurch viel Spielraum allein durch die Verwendung vorhandener Figurensätze  erhält.

Im einfachsten Fall kann man Luftwaffen- oder RAF-Personal einsetzen. Farblich angepaßt bekommt man so ganz passable Arbeitsruniformen der Marine hin. Für deutsche Boote in südlichen Szenarien kann man aus Afrika-Corps-Figuren adrette Marine-Tropenuniformen machen. Sogar Wehrmachtsuniformen können verwendet werden, da alle offiziell an Land stationierten Marineeinheiten auch feldgraue Uniformen besaßen. Der Kommandant auf meinem S100 ist z.b. ein Wehrmachtsofizier von Revell, dem ich einen blauen Rock und goldene Ärmelstreifen  verpaßt habe, und der Geschützführer der mittleren Flak ist von der Marineartillerie und trägt feldgau.



Oft muß ich aber mehr Aufwand betreiben um bestimmte Situationen darzustellen. Deshalb mache ich von den beiliegenden Plastiksoldaten meiner Boote grundsätzlich Silikonabdrücke und gieße daraus Zinnplagiate. Die Nationalität spielt keine Rolle, alles ist austauschbar. Die Umbautechniken sind den meisten sicher bekannt, aber da in letzter Zeit einige Fragen bezüglich VIIc-Personal gestellt wurden, zeige ich mal wie ich dabei vorgehe.

Ich brauchte für die Heckflak noch einen Ladeschützen. Als Ausgangsfiguren benutzte ich einen Plastiksoldaten von Revell (Panzergrenadier WW2) und den Zinnabguß eines Marinesoldaten vom Airfixschnellboot (Bodenpersonal Luftwaffe geht auch, es sollte nur nach Overall aussehen)

 

Als erstes werden beide enthauptet. Und zwar der Zinnmann, dessen Körper weiter verwendet wird, genau entlang des Kragens, und der Plastikmann mit zwei schrägen Schnitten, so das der gesamte Hals erhalten bleibt.



Danach habe ich die Körperhaltung angepaßt. Der große Vorteil von Zinn: Man kann Arme und Beine im kalten Zustand gnadenlos biegen ohne das irgendetwas abbricht. Und falls man es doch mal übertreibt, kann man innerhalb weniger Minuten eine neue Figur herstellen. Die neue Figur soll ein Magazin bereithalten, deshalb habe ich die Arme weit nach vorn geholt und um fast 90° angewinkelt. Bei  so massiven Verformungen ergeben sich manchmal zu große Biegeradien an Ellbogen- oder Kniegelenken. Dann kann man einfach Material auflöten und die Figur wieder in Form schnitzen. Bei dieser Figur ist der Biegeradius gerade noch erträglich und ehrlich gesagt war ich auch zu faul den Lötkolben anzuheizen.. Die Beinstellung wurde auch ein wenig geändert, damit der Kollege auf dem schwankenden Kahn einenfesten Stand hat.

Anshließend habe ich den Halsbereich bis zum Kragenrand aufgefräst, um dort den Wehrmachtskopf einsetzen zu können.



Am Wehrmachtskopf wird danach der Hals freigeschnitten, bis er in die gefräste Öffnung paßt. Zum Verkleben ist Sekundenkleber brauchbar.  Einfach 1 Tropfen in die Halsbohrung träufeln und den Kopf einsetzen. Jetzt muß man sich auch entscheiden, in welche Richtung der Mann schauen soll. Btw: Weil sich diese Weichplastikfiguren nur sehr schlecht feilen und schleifen lassen, benutze ich nur Köpfe bei denen die Formtrennnaht seitlich sitzt. Läuft die Naht mitten über das Gesicht, verunstalte ich beim Schleifen jedesmal die Visage (sieht man hier am ausgefransten Helm)



Anschließend wird der Kerl entfettet und grundiert, entweder mit Revell 5 oder wie hier mit Revell 57. Als nächstes lackiere ich die Hautpartien mit einer Mischung aus 30% Revell 88 und 70% Revell 35 und dann die Uniform mit einer Mischung aus 80% Revell SM 350 und 20% Revell 8. Wichtig ist, das man das seidenmatte Blau nimmt, mit dem matten 56 bekommt man nur eine graue Pampe.

 

Jetzt kommt das Marinesonderzubehör dran. Aus dicker Sektkorkenfolie schneide ich die abgebildeten Teile aus.



Die Teile bekommen eine beidseitige Basislackierung  mit Revell 88. Nach dem Trocknen werden sie dann zu einer Rettungsweste zusammen zusammengefügt. Das Material läßt sich hervoragend an die Körperkontur der Figur anpassen und  mit entsprechenden Werkzeugen kann man noch Nähte und Taschen einprägen.



Danach verpasse ich der gesamten Figur ein Ölfarbenwashing in schwarz und male zum Schluß trocken mit hellgrau auf der Uniform und mit Sienna im Gesicht ein paar Konturen heraus.  Wie man sieht, muß ich das noch ein bischen üben.Die Weste ist arg dunkel geworden. Aber erst durch das Washing bekommt die bis dahin zu helle Uniform den passenden dunklen Blauton der KM-Uniformen.




Zum Schluß noch eine etwas einfachere Variante.  Ein Original Panzergrenadier mit  abgeschnittenem Gerödel einfach blau lackiert. Die übergeworfene Weste (noch ein unlackierter Prototyp) verdeckt einen Großteil der zerschnittenen Rückenpartie und statt eine Handgranate zu werfen kann er an einem Bootstau ziehen, eine Kurbel bedienen, Golf spielen usw...




Nach diesem Schema ist ein großer Teil meiner Besatzung entstanden. Ich bin dadurch sehr frei in der Darstellung der Szene und die Kosten sind im Vergleich zu Resinfiguren sehr gering.


:winken: Murdock

Spritti Mattlack

Mal wieder erstaunlich, was Du aus einem ''Effe in Uniform'' (Bild 1) so zauberst.  :D

A man who is tired of Spitfires is tired of life

jörg

Respekt und danke für die Tipps,
Jörg

Hans

Meinen Glückwunsch, tolle Dinger. Wer sich schon mal in 1/72 abgeärgert hat, weiss was Du da eigentlich treibst.

Als Figurenmaler aber einen Tipp: Schwarzes Washing macht grau. Das passt vielleicht bei blau, aber ansonsten würde ich nicht die Farbreihe verlassen. Schwimmweste z.B. das Washing in dunkelbraun. Aber nicht falsch verstehen, keine Kritik, nur eine Anregung.

Hans
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

Pacific Strafer

Zitatstatt eine Handgranate zu werfen kann er an einem Bootstau ziehen, eine Kurbel bedienen, Golf spielen usw...

Das letztere aber bitte nur auf einem Flugzeugträger :D

Du hast mir mit Deinem Bericht ein paar gute Anregungen gegeben :P
72er Figuren sind schon ein schwieriges Geschäft.

Gruß Peter :winken:
"This is your hobby, and don't let anyone else tell you otherwise, as the only person you have to please is yourself!"

www.mbf-siegen.de

Talisker

Hi Murdock,

einfach Klasse und unglaublich kreativ wie Du Deine Mannschaft zusammenstellst! :P
Erinnert mich aber auch ein bischen an Mary Shelley's Frankenstein :D
Oder doch eher an "Resistance is futile" :3:

Servus
Talisker

Wolf

Mann, ich mach ja schon einiges in 1772....aber so Burschen umbauen, das ist schon was.
Wer Future hat, hat noch lange keine Zukunft

Murdock

@Alle
Danke für die Blumen *tiefverneig*.
Mit soviel Resonanz habe ich garnicht gerechnet. Im übrigen wäre ich ohne das Board und eure Bauberichte nie auf die Idee gekommen solche Umbauten durchzuführen. Das ist mal wieder ein schönes Beispiel, wie man sich in so einer community gegenseitig *befruchtet*  :1:

@Hans
Kritik ist ia erstmal was wertneutrales. Wenn ein erfahrener Figurenmaler ein paar nette Worte über meine Pinselei verliert, fühle ich mich schon gebauchpinselt. Aber wesentlich mehr hilft es mir, wenn man mir Fehler und Unzulänglichkeiten aufzeigt und anschließend noch einen guten Tipp dazulegt, wie es besser geht. In diesem Sinne: Danke für Deine Kritik.

@Talisker

  > We are BORG < (Boat  origination and reconditioning group)

:winken: Murdock

DER Christian

Klasse Artikel, gute Arbeit, Respekt.

Kann man vielleicht mal brauchen. :-)

Hans

Murdock,
die 1/72er Figuren in Metall von Hecker und Goros, kennst Du die?

http://www.plastik-modellbau-club-erding.de/Hecker/html/1_72.html

Grüße
Hans
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

Murdock

Ja, die kenne ich.  Der link ist auch auf dem XIIc- Zubehörbericht. Sehr schön modelliert und angemalt.  Ich frage mich wie die Abzeiichen gemalt werden. Ich habe an meinen Figuren schon mit 5/0, Stecknadeln und Trafodrähten gemalt. aber irgendwie werden es bei mir nur Farbkleckse .

:winken: Murdock

Hans

Murdock,
ich selber komme bei so kleinen Figuren mit Enamels überhaupt nicht und mit Ölfarbe nur eingeschränkt zurecht. Um so Winzzeugs zu bemalen, sind Wasser-Acrylfarben irgendwie besser geeignet. Um Enamels oder Öl so feinstrichig aufzubringen, muss man sie verdünnen, dass sie eigentlich nicht mehr decken. Bei Wasseracryl geht das etwas einfacher. Und man braucht einen spitzen, neuen, sauberen Pinsel. Er muss nicht 5/0 sein, Hauptsache er hält die Spitze. Am besten Kollinsky-Marderhaar-Qualität, den man dann auch für nix anderes verwendet.

Farbenhersteller sind Vallejo, Andrea, Lifecolor, Games Workshop.

Bezug z.B. bei http://www.kamar-zinnfiguren.de/

Grüße
Hans
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

Horus3K

1/72?!?! Meinen  :respekt:

Hans hat recht, nimm Wasser-Acryls für Figuren!!
Aber als Ergänzung zu Hans tipps: Auch bei Wasseracryls gilt, besser zuviel verdünnt als zu wenig..dann eher 2-3 schichten malen, die Deckkraft hängt aber auch mit dem Farbton und konsistenz der farbe zusammen...aber auf jeden fall mit wasser verdünnen, muss nicht viel sein!!
GW Farben zB sind im allgemeinen sehr gut was Deckkraft angeht, nur beim Rot verzweifel ich manchmal, da muss das Verdünnungsverhältniss schon optimal sein, mit etwas zuviel wasser deckt es gar nicht, etwas zuwenig, und es trocknet am pinsel!

Vermeide eine weisse grundierung, ausser du willst eine weisse Uniform/helle Figur....Schwarz ist perfekt!!

Einfach was rumexperimentieren, dann klappts scho!  ;)
Nur nicht zu viel, das kann zur Wissenschaft werden! :D

Also: Bei Fragen fragen!

Edit: Ich darf gar net dran denken mit Enamels Figuren zubemalen...bestimmt Alptraum pur!

MfG,
Robert

fuchsjos

Hallo Kollegen!

Da ich in der Vergangenheit, als meine Augen noch besser waren, auch bisweilen der Figurenmalerei gefröhnt habe, ein kleiner Tip um Borten, Abzeichen und ähnliches besser hinzukriegen.
Nicht aufmalen, sondern aufkleben. Man fertigt sich aus Seidenpapier quasi ein kleines Abziehbild, bemalte es nach Wunsch (oder bedruckt es im Tintenstrahldrucker - ist aber recht schwierig) und klebt es dann mit 'Kristal Metal Foil Adhesive' auf. Dadurch sind sehr scharfe Trennränder bei Borten, Ärmelringen ... möglich und das Seidenpapier ist so dünn, daß es kaum aufträgt und sich dem Untergrund sehr gut anpaßt. Eine Verfestigung des Materials kann man mit einer dünnen Schicht Weißleim erreichen.

Liebe Grüsse vom

Josef

Der_Kürassier

Hmmmm
1:72 selbstbau Figuren...
schon schön was man sich zaubern kann.
hätt ich aber sicherlich keine Lust/Zeit zu :1:  :1: