Interessante blaue Grundfarbe bei Curtiss?

Begonnen von Primoz, 12. Dezember 2008, 14:42:53

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Primoz

Da gibt es aber doch einen bedeutenden Unterschied: die deutschen Flugzeuge waren "in den inneren Bereichen" eloxiert, während diese P-40 außen blau eloxiert und innen mit einem Zinkchromatanstrich grundiert waren.
Das Leben ist eine sexuell übertragbare unheilbare Krankheit mit tödlichem Ausgang

HSS

Primoz, das weiß ich leider nicht, dazu müßte man wissen was "an sich volleloxierte Flugzeuge" sind.

Friedarrr

Also erstmal an den Bildern kann ich mich nicht sattsehen!! :P

Vielleicht waren die Bleche im Innebereich auch eloxiert und wurden nur überlackiert. Anders kann ich es mir nicht erklären, denn bei Anodisieren kann man nicht nur eine Seite beschichten, außer man legt das Blech flach auf das Elektolyt auf oder deckt eine Seite ab??


Aus welchem Material waren die Schaufeln des JUMO 004 Verdichters?




Primoz

Zitat von: Friedarrr in 02. September 2009, 21:02:57
Vielleicht waren die Bleche im Innebereich auch eloxiert und wurden nur überlackiert. Anders kann ich es mir nicht erklären, denn bei Anodisieren kann man nicht nur eine Seite beschichten, außer man legt das Blech flach auf das Elektolyt auf oder deckt eine Seite ab??

Ich weiß nicht ... eines der Fotos zeigt klar und deutlich, dass der Hinterrumpf innen Zinkchromatgelb und im unteren Drittel Zinkchromatgrün (d.h. zweimal grundiert - wohl wegen des Kondenswassers oder so); eloxiert und noch zweimal grundiert wäre irgendwie zuviel des Guten.
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kalkleiste

Guten Tag zusammen,

die Turbinenschaufeln des Jumo 004 bestanden zuerst aus Tinidur ( austenitischer Kruppstahl mit 30% Nickel, 15% Chrom und 1,7%Titan),
später aus Cromadur (austenitischer Kruppstahl mit 13% Chrom, 18% Mangan und 0,7% Vanadium).

Chromlegierte Grüße von der
Kalkleiste

Friedarrr

#30
Zitat von: kalkleiste in 03. September 2009, 17:51:42
Guten Tag zusammen,

die Turbinenschaufeln des Jumo 004 bestanden zuerst aus Tinidur ( austenitischer Kruppstahl mit 30% Nickel, 15% Chrom und 1,7%Titan),
später aus Cromadur (austenitischer Kruppstahl mit 13% Chrom, 18% Mangan und 0,7% Vanadium).

Chromlegierte Grüße von der
Kalkleiste


Und die Verdichterschaufeln??

Promiz, ich finde das wenn es so gewesen ist auch viel, aber erstens hat das eloxieren, wie jemand vorher schon geschrieben hat, auch eine festigkeitssteigernde Eigenschaft und zweitens kann/wird es sich bei einem der Farbaufträgen um einen Haftgrund handeln....


Wolf

#31
Was die Turbinenschaufeln angeht, so bin ich mir da nicht ganz sicher. Ich habe jetzt nicht entsprechendes Buch zur Hand, meine mich aber zu entsinnen das sman später auf Grund von Rohstoffmangels von den hochwertigen Stoffen weggegangen ist und später auf einfachere Metalle zurückgegriffen hat.
Um bei diesen dann der Temperatur Herr zu werden waren die dann innen hohl und außerdem nicht fest mit der axialen Achse verbunden sondern mit einer Art Stift der durch die am Fuss schlaufenförmigen Schaufel getrieben wurde.

EDIT: Kalkleiste liegt mit seinen Angaben zum Jumo richtig. Das was ich in Erinnerung hatte bezog sich auf die BMW 003 Triebwerke. Hier wurden entpsrechend veredelte Hohlschaufeln verwendet.

EDIT 2: zu den Verdichterschaufen wird explizit nichts gesagt. Lediglich dass das Triebwerk ab 41 umkonstruiert wurde und im größeren Maße auf Tiefziehblech Fliegwerkstoff 1010 umgestellt wurde welche Alluminium beschichtet waren. Ab der Ausbaustufe 004B4 hatte das Jumotriebwerk dann auch Hohlschaufeln
Wer Future hat, hat noch lange keine Zukunft

Friedarrr

Mit der Turbine kommen wir aber nun weit vom Thema ab??
Und wer hat danach gefragt??

Schnurx

Nochmal nachgeworfen: In der Betriebsanleitung zur Ju-87 B-1 und zur Ju-52/3m findet sich folgende Passage: "Eloxierte Teile dürfen nur trocken oder mit säurefreiem Öl abgerieben werden. Beschädigte oder Freßstellen sind vorsichtig mit feinstem Schleifpapier abzuschleifen und mit Ausbesserungslack Ikarol (Ikarol 141, farblos bei Ju-87 B1 und lkarol 143, gelblasierend bei Ju-52/3m), auszubessern.

Interessant finde ich die Verwendung von verschieden gefärbtem Lack für die Ausbesserung. Wurde bei der Ju-87 ein anderes Eloxierungsverfahren als bei der 52 verwendet und bei der 52 darum zur Kenntlichmachung der eloxierten Stellen farbiger Lack verwendet?

Primoz

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Hans

Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger


bbudde

Ja, das ist eloxiert. Da bin ich mir sehr sicher. Meine Lenkerhörnchen am Fahrrad sind auch blau eloxiert und sehen farblich fast identisch aus. Aufgesprühte Farbe sähe auf jeden Fall anders aus. Gruß

bbudde

Apropos. Ju 87 in Berlin Da sind die Cockpitinnenseiten auch grün eloxiert. Habe da auch noch Fotos von und mir fast Ärger beim fotografieren eingehandelt beim Überschreiten der Absperrung. :winken:

Kurfuerst

#39
Zurück zur P-40 und dem eigentlichen Thema des Threads:

Ich habe da meine Zweifel, dass es sich bei den blauen Blechen tatsächlich um eine Eloxierung handelt.

Auf einigen Fotos erkennt man, dass das Blau teilweise wieder runtergenommen wurde. Ich vermute, dass es sich hierbei eher um sogenannte Anreißfarbe handelt, die vor der Bearbeitung der Bleche (anreißen/bohren/nieten) flächig aufgesprüht wurde. Das Anreißwerkzeug reißt nur den Lack an, nicht aber das darunterliegende Blech.

Seit den 1920ern verwenden die Amerikaner für solche Arbeiten beispielsweise "DYKEM Blue Steel", das flächig aufgetragen genau diese Anmutung besitzt und mittels Lösemitteln wieder abgewaschen werden kann. Dieser Anreißlack kann allerdings auch problemlos überlackiert werden.

Gerade bei den LIFE Fotoserien gibt es Aufnahmen, die die Curtiss O-52 Owl während und nach der Fertigstellung zeigen.
Während der Montage sind alle großflächeigen Teile der Beplankung in lasierendem Blau gehalten, nach Fertigstellung zeigt sich die O-52 allerdings in blankem Naturmetall. Es würde also keinen Sinn machen, eloxierte Bleche zu verwenden, um nach Fertigstellung die Eloxierung wieder zu entfernen.

Während...
http://farm3.staticflickr.com/2487/4129626042_bd1d18ce97_z.jpg?zz=1

Im Flug...
http://farm3.staticflickr.com/2772/4129639916_0527c069b3_z.jpg?zz=1


:winken:

Friedarrr

#40
Zitat von: bbudde in 05. Januar 2014, 14:31:28
Apropos. Ju 87 in Berlin Da sind die Cockpitinnenseiten auch grün eloxiert. Habe da auch noch Fotos von und mir fast Ärger beim fotografieren eingehandelt beim Überschreiten der Absperrung. :winken:

Hatten wir hier schon und ich bleibe beim Chromatisiert!

Friedarrr

#41
Mhm, ganz abzustreiten währe es nicht ohne Beweise. Aber sie bemalen die Bauteile mit "Anreißfarbe" reißen an (körnen??) bohren, senken und vernieten? Das für viele hunderte Maschinen und an denen viel tauendmale? Da würde ich lieber mit FEMI (ggf. Schablone/Plott...) direkt arbeiten, weil schneller und genauer!  

Das Silber der OWL scheint mir nicht Naturmetall zu sein, sondern ein "Zinkanstrich" oder Ähnliches?!



Zitat von: Kurfürst in 05. Januar 2014, 14:55:52
Ich habe da meine Zweifel, dass es sich bei den blauen Blechen tatsächlich um eine Eloxierung handelt.

Auf einigen Fotos erkennt man, dass das Blau teilweise wieder runtergenommen wurde. Ich vermute, dass es sich hierbei eher um sogenannte Anreißfarbe handelt, die vor der Bearbeitung der Bleche (anreißen/bohren/nieten) flächig aufgesprüht wurde. Das Anreißwerkzeug reißt nur den Lack an, nicht aber das darunterliegende Blech.

Seit den 1920ern verwenden die Amerikaner für solche Arbeiten beispielsweise "DYKEM Blue Steel", das flächig aufgetragen genau diese Anmutung besitzt und mittels Lösemitteln wieder abgewaschen werden kann. Dieser Anreißlack kann allerdings auch problemlos überlackiert werden.

Gerade bei den LIFE Fotoserien gibt es Aufnahmen, die die Curtiss O-52 Owl während und nach der Fertigstellung zeigen.
Während der Montage sind alle großflächeigen Teile der Beplankung in lasierendem Blau gehalten, nach Fertigstellung zeigt sich die O-52 allerdings in blankem Naturmetall. Es würde also keinen Sinn machen, eloxierte Bleche zu verwenden, um nach Fertigstellung die Eloxierung wieder zu entfernen.

Während...
http://farm3.staticflickr.com/2487/4129626042_bd1d18ce97_z.jpg?zz=1

Im Flug...
http://farm3.staticflickr.com/2772/4129639916_0527c069b3_z.jpg?zz=1


:winken:

bbudde

Von mir kurz zum Schluss hier. Ich glaube man kann weiter darüber streiten, ob das eloxiert oder chromatisiert ist. Aber ich denke es läuft alles darauf hinaus, dass das reine Metall elektrolytisch behandelt wurde und nicht mit Farbe übersprüht wurde. Und wenn, wäre das so wie "Tamiya Clear Farben" auf Metall zu sprühen, wobei sich mir darin der Sinn nicht erschließt. P.S.: Die Fotos von mir aus dem Technik Museum für Verkehr und Technik werde ich wohl demnächst mal bei 'Primeportal' posten, da es noch mehere andere Flugzeuge sind und  ich die Fotos hier immer stark runter komprimiern muss. Link folgt dann. LG

Kurfuerst

#43
Nochmal zur P-40...

Meine Theorie, es könne sich um einen Anreißlack handeln, lege ich erst einmal ad acta.

Allerdings gibt es einen ganz einfachen Grund, warum dieses Blau als Eloxierung im Sinne eines Korrosionsschutzes ausscheidet:

Die Beplankung der P-40, P-36/Hawk Model 75 besteht aus ALCLAD Blechen. Diese Bleche benötigen von Haus aus keinen zusätzlichen Korrosionsschutz, da auf dem Trägernaterial aus einer Aluminiumlegierung eine Schicht reinen Aluminiums gebunden ist, die als eigentlicher Korrosionsschutz fungiert. Reines Alu ist von sich aus schon ein hervorragender Schutz vor Korrosion.
Die Army Air Force gab in ihren Spezifikationen vor, dass bei solchen Blechen die Stärke der äußeren (hochreinen) Aluminiumschicht mindestens 1/20 der gesamten ALCLAD Blechstärke betragen muss. Ein zusätzliches Eloxieren/Anodisieren solcher Bleche war also nicht notwendig.

Eine Broschüre von Curtiss, No.5894-A zur Hawk 75-A, besagt explizit "The following parts will not be anodized: [...] All Alclad aluminum alloy materials. [...]"
http://i225.photobucket.com/albums/dd135/humebates/CurtisssHawk75salesbrochure.jpg


Bei der Recherche bin ich aber auf folgendes gestoßen:

Vor der Bearbeitung der Bleche, ganz gleich, ob manuell oder maschinell, sowie während der Montage war es notwendig, die Oberfläche dieser ALCLAD Bleche zu schützen, damit die korrosionsschützende Wirkung nicht verloren geht. Zu diesem Zweck wurde bei Curtiss "Lionoil Prussian Blue" Schutzlack verwendet.  Quelle hierfür ist eine weitere Broschüre mit Arbeitsanweisungen von Curtiss zur P-36/Hawk Model 75 von 1938.

Andere Bauteile aus Aluminiumlegierungen, etc. erforderten hingegen einen separaten Schutz vor Korrosion - Zinkchromat.
Dies erklärt auch, warum auf den von Primoz gezeigten Bildern Teile der Zelle sowohl in dem lasierenden Blau und in bestimmten Bereichen bereits in Zinkchromat grundierte Teile zu sehen sind.

Ein für die Arbeiter willkommener Nebeneffekt beim Umgang mit derart behandelten Blechen, insbesondere beim Nieten, war der Umstand, dass das Blau für die Augen auf Dauer weitaus angenehmer war als blankes, helles Aluminium. Nach Fertigstellung war der Schutzlack gemäß Arbeitsanweisung wieder zu emtfernen. Grund: Der abschließende Decklack, bei der P-40 Olive Drab, hat auf den "nackten" ALCLAD Blechen auch ohne Grundierung eine sehr gute Haftung.


Nachfolgend beziehe ich mich auf eine Aussage von Dana Bell auf Network54.com. Dana Bell ist zwar ein ausgewiesener Experte/Publizist auf dem Gebiet, und seine Aussage klingt recht plausibel, jedoch fehlt mir hierzu noch der "schriftliche Beweis":

Nach Kriegsbeginn, und somit steigender Fertigungsraten, erteilte die Army Air Force Curtiss sogar die Genehmigung, Olive Drab direkt auf den Schutzlack aufzutragen, und diesen nicht mehr vor der Lackierung herunterzuwaschen. Allerdings hatte diese Vorgehensweise den Nachteil, dass der Decklack leichter abplatzen konnte.

:winken:

Hans

Bestätigt meinen Verdacht, den ich in der Zwischenzeit entwickelt hatte. Kam aber bei ALCLAD nicht weiter, weil beim Googeln immer so ein merkwürdiges Modellbauprodukt auftauchte. Ich hab ich auch gefragt, weshalb das Alu eine zusätzliche Schicht braucht, bis ich an die Beschädigung dachte - die bei den deutschen Maschinen unterschiedlich gelöst wurde - gegen Kriegsende dann durch die Nachbemalung der bearbeiteten Stellen (fälschlicherweise immer als Spachtel bezeichnet). Klasse, dass sich der alte Thread jetzt wieder gelöst hat. An solchen Tagen liebe ich das Forum besonders.  :D
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

pilotace

Zitat von: Kurfürst in 05. Januar 2014, 18:55:42
Bei der Recherche bin ich aber auf folgendes gestoßen:

Vor der Bearbeitung der Bleche, ganz gleich, ob manuell oder maschinell, sowie während der Montage war es notwendig, die Oberfläche dieser ALCLAD Bleche zu schützen, damit die korrosionsschützende Wirkung nicht verloren geht. Zu diesem Zweck wurde bei Curtiss "Lionoil Prussian Blue" Schutzlack verwendet.  Quelle hierfür ist eine weitere Broschüre mit Arbeitsanweisungen von Curtiss zur P-36/Hawk Model 75 von 1938.

Danke Kurfürst, für die gute Recherchearbeit. :P :1: Das klingt für mich absolut plausibel und bestätigt meinen Gedanken, dass komplett blau eloxieren für mich irgendwie "sinnlos" erscheint.

Friedarrr

#46
Erstmal vielen Dank für die Recherche Kurfürst, ohne Gegenbeweise kann man so nichts entkräften, zumal diese Schutzmaßnahmen aufwendig sind aber dennoch plausibel erscheinen...?

Auch viele andere Flugzeughersteller verwendeten und verwenden Plattiertes- (platiniertes)Alu. Betrieben oder betreiben aber kaum diese aufwendige Schutzmaßnahme, zeigt hier, wenn es so ist, wie sorglos die Amis zu dieser Zeit produzieren konnten.





   

Primoz

Zitat von: Kurfürst in 05. Januar 2014, 18:55:42
Nach Kriegsbeginn, und somit steigender Fertigungsraten, erteilte die Army Air Force Curtiss sogar die Genehmigung, Olive Drab direkt auf den Schutzlack aufzutragen, und diesen nicht mehr vor der Lackierung herunterzuwaschen. Allerdings hatte diese Vorgehensweise den Nachteil, dass der Decklack leichter abplatzen konnte.

Das Risiko hielt sich wohl in Grenzen, denn Fotos von P-40 mit größeren Lackabplatzern kennt man kaum. :winken:
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Kurfuerst

@Primoz
Wobei zu dieser Vorgehensweise der tatsächliche Beleg fehlt, denn im Grunde genommen beeinträchtigt der Schutzlack die Haftfähigkeit des "blanken" Alclads sogar. Anscheinend erachtete man eine verminderte Haftfähigkeit aufgrund der kriegsbedingten Notwendigkeiten als vernachlässigbar oder die Verminderung an sich war nur minimal und immer noch im Rahmen geforderter Parameter.

Ich bin aber immer noch dran, etwas Greifbares aufzutreiben. On verra...

@Friedarr

Natürlich ist ein solches Vorgehen aufwendig. Aber es repräsentiert noch zu einem gewissen Grad Produktionsverfahren und Maßnahmen zur Qualitätssicherung aus der Vorkriegszeit. Die Fotoserie ist ja auf das Jahr 1940 datiert.
Auch bei Douglas oder NAA verwendete man im gleichen Zeitraum zumindest bei Teilen der Struktur ebenfalls mittels blauem Schutzlack versiegelte Bleche. Fotografische Belege hierfür finden sich bei der A-20 und der B-25. Andere Hersteller wiederum verzichteten gänzlich darauf. Entweder war die Oberfläche sogenannter "Alclad alloys" robuster als man es vielleicht bei Curtiss et al. befürchtete, bzw. zeigte die Erfahrung, dass ein solches Verfahren nicht mehr notwendig war oder man verzichtete zu einem bestimmten Zeitpunkt darauf, die Bleche während der Fertigung im Sinne einer Produktionsvereinfachung und höherer Fertigungsraten auf diese Weise zu schützen.

Allem Anschein nach ließ man die blaue Versiegelung irgendwann herstellerübergreifend  fallen; das Warum und Wann geben die bis jetzt vorliegenden Quellen nicht preis. Und ob das als "sorglos" zu bezeichnen ist, lasse ich mal dahingestellt.

Was man bis jetzt auch noch nicht schlüssig klären kann, ist die Frage, ob die Alclad Bleche bereits vom Lieferanten oder erst im Werk der jeweiligen Flugzeughersteller mit diesem temporären Schutzlack versehen wurden.

Zu "Alclad":

An sich handelt es sich bei der Begriff "Alclad" um einen Produktnamen von Alcoa Inc., der sich aber schon recht früh zum Sammelbegriff korrosionsbeständiger Alubleche (auch von anderen Herstellern) entwickelte. Alclad besteht aus einem Träger aus Duraluminium (Legierung aus Aluminium, Kupfer, Magnesium, Mangan, aber in Spuren auch Eisen oder Silizium) und einer Schicht hochreinen Aluminiums. Duraluminium bringt die Stabilität, das reine Aluminium sorgt als äußere Schicht für den benötigten Korrosionsschutz.

Bei einem (Alclad)Blech mit einer Gesamtstärke von 1,5mm sollte gemäß Vorgabe USAAF die Stärke des Korrosionsschutzes aus reinem Aluminium  mindestens 1/20 der Gesantstärke betragen. Das wären in diesem Fall 0,075mm, was man in der Tat als "Haaresbreite" bezeichnen kann.

Heute sind im Flugzeugbau gelb- und grünchromatierte, bzw. farblos/gelb-/grünpassivierte (chromfrei) oder anodisierte alumiumlegierte Bauteile, insbesondere bei der Beplankung, an der Tagesordnung. Zusatzlichen Korrosionsschutz bieten, je nach Material, Anstriche/Grundierungen in "Zinkchromat".

Um noch einmal den Bogen zurück zu den blauen Curtiss zu schlagen, möchte ich exemplarisch die Fertigung der Boeing 747-8 heranziehen.
Dort verwendet man von Haus aus korrosionsbeständige, ursprünglich farblose Bleche, die mit einem grünen Schutzlack versehen werden, um den Korrosionsschutz während der Bearbeitung und Montage aufrechtzuerhalten. Viele kennen mit Sicherheit Bilder sogenannter "Green Birds":
http://www.ainonline.com/sites/default/files/uploads/FinalBodyJoin_1_.jpg
http://4.bp.blogspot.com/_lM2iV0sLHAM/SwG8HR0vsEI/AAAAAAAADtg/iebmhTy53tA/s1600/7478rolloutrj.jpg

Nach Fertigstellung wird dieser Schutzlack vor dem Lackieren wieder abgebeizt und abgewaschen. Danach folgt ein durchgehender Auftrag von Zinkchromat Gelb, und danach die eigentliche Lackierung der Maschine im jeweiligen Kundenlivree.

Hier ein Video im Zeitraffer der Fertigung und Lackierung einer 747-8:



:winken:

Kurfuerst

#49
Update zu "Lionoil Prussian Blue":

Auf der weiteren Suche bin ich auf einem Social Reading Portal auf einen Katalog der Firma " Nicholas Beazley Airplane Company" aus dem Jahre 1931 gestoßen. Dort werden neben diversem luftfarttechnischem Zubehör (Fliegerbekleidung, Ersatzteile, usw.) auch Lacke der Firma "Berry Brothers" gelistet. Und genau dort jabe ich "Lionoil Clear and Prussian Blue" gefunden.

Dort heißt es in der Artikelbeschreibung wie folgt:
Zitat
Lionoil Clear is too well known in aircraft industry to need a description here, as this product is used on practically all commercial airplanes for a primer, as a protection against rust on metal tubing and all metal surfaces and as a sealer and preservative for wood. Lionoil Clear and Prussian Blue can be dipped, brushed or sprayed.

Aha! Also wurde dieser Lack bereits vor 1931 als Grundierung, Rost-/Korrosionsschutz für Metallrohre sowie zur Versiegelung und Imprägnierung von Holzbauteilen verwendet. Und wahrscheinlich haben viele der damaligen Flugzeughersteller auf diesen Schutzlack zurückgegriffen. So far, so good...

Jetzt kommen noch einmal das "Alclad" und das "Army Air Corps" ins Spiel:
Korrosionsbeständige Alcladbleche hatten 1931 noch keinen wirklichen Einzug in den Flugzeugbau gehalten. Aus früheren Recherchen weiß ich noch, dass das US Army Air Corps erst um 1936 "Alclad alloys" in die für Flugzeughersteller verbindlichen Spezifikationslisten aufgenommen hat. Und erst ab 1937 akzeptierte das Air Corps zur Abnahme auch Flugzeuge in Naturmetallfinish, sofern die Oberflächen mit korrosionsbeständigen Blechen gem. Spezifikation beplankt waren. Wie bereits zuvor von mir angeführt, bedurften damalige "Alclads" keines separaten Korrosionsschutzes und boten auch in nicht grundiertem Zustand einen zufriedenstellenden Haftgrund für nachfolgende Decklacke. Natürlich konnte eine zusätzliche Grundierung die Haftungseigenschaften deutlich verbessern.

1938 tauchten dann erstmals Maschinen des Air Corps in abwaschbarer Manöverlackierung am Himmel über den USA auf und im Mai 1939 wies General Arnold das Air Materiel Command an, die Verwendung eines festen Tarnanstriches als Standard für alle Kampfflugzeuge zu untersuchen. Das AMC hatte zwar Bedenken hinsichtlich der Kosten, des zeitlichen Aufwandes sowie des durch die Lackierung bedingten höheren Gewichts und höheren Luftwiderstandes, aber General Arnold "verdonnerte" schließlich das AMC dazu, einen entsprechenden Tarnanstrich zu untersuchen.

In einem Buch zur B-18 Bolo von William Wolf bin ich dann erneut fündig geworden:
Dort wird für das Jahr 1938 eine Air Corps Specification zitiert, dass wie seit 1936 spezifiziert, bei "Alclad alloys" ein zusätzlicher Korrosionsschutz zwar weiterhin entfalle, aber beispielsweise "Lionoil Prussian Blue", bzw. Lacke anderer Hersteller mit vergleichbaren Eigenschaften (großflächig und großzügig aufgetragen) zur wasserdichten Versiegelung von Nahtstellen und Nietverbindungen innerhalb der Flugzeugstrukturen einzusetzen seien. Darüber hinaus empfehle man den Herstellern, alle notwendigen Maßnahmen zum Schutz unbehandelter Bleche während Lagerung, Bearbeitung und Montage zu treffen. Hierzu empfahl man ebenfalls "Lionoil Prussian Blue", bzw. führte es sogar als Referenz an. Nach der Endmontage sei diese Lackschicht wieder von der Außenhaut zu entfernen. 1938 war Naturmetall immer noch das Standardfinish amerikanischer Kampfflugzeuge.

1940 wurde dann bei der P-40-CU schließlich die Kombination aus Olive Drab No.41 und Neutral Gray No.43 als standardmäßiger Tarnanstrich eingeführt.

Uff! Ich glaube, so langsam habe ich "Prussian Blue" geleckt... 8)