Rigging Period Fore-and-Aft Craft - von Lennarth Petersson

Begonnen von hwe, 10. November 2007, 00:22:19

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hwe

Rigging Period Fore-and-Aft Craft, von Lennarth Petersson    

Titel:  Rigging period Fore-and-Aft Craft
Autor:  Lennarth Petersson
ISBN:  978-1-86176-237-5
Format:  ca. DIN A 5 (etwas größer)
Seiten: 111
Illustrationen: geschätzt: ca. 220 Zeichnungen
Bindung: Hardcover, Leinen mit Schutzumschlag
Sprache:  Englisch
Preis ca. :  ca. 25-35 Euro, je nachdem wie und wo man es kauft





Beschreibung:  

Der Autor ist vielen kein Unbekannter. Sein Buch "Rigging Period Ship Models" ist für viele Modellbauer ein
Klassiker und wird immer wieder gerne als Grundlage für die Takelung von historischen Vollschiffen
hergenommen. - Vermutlich unter anderem deswegen, weil Herr Petersson in dem Buch fast nichts schreibt
und er darauf baut, dass seine Zeichnungen "selbsterklärend" sind. - Das scheint auch ganz gut zu funktionieren,
denn das Buch ist international sehr beliebt.

Im vorliegenden Buch geht er ganz genauso vor, also wieder fast kein Text, dafür jede Menge Zeichnungen.
Allerdings ist sein Ziel diesmal nicht der klassische Dreimaster mit Rahsegeln, sondern das Buch ist kleineren
Schiffen gewidmet, die ebenfalls gerne gebaut werden.

Er hat sich dafür 3 typische und bekannte Schiffstypen herausgesucht:

Erstens: Einen britischen Kriegskutter um 1778. - Als Vorbild hat er die "Expedition" gewählt, die 1778 in Dover
gebaut wurde und die er mit Informationen vom Modell der "Hawke" aus dem National Maritime Museum (NMM)
ergänzt hat. - Ein ebenfalls sehr bekanntes Schiff gleichen Typs ist zum Beispiel auch die "H.M.S. Alert"

Hier eine Skizze des Schiffstyps (aus dem Buch):



Zweitens: Ein französischer Lugger von 1776. - Hier ist das Vorbild die "Le Coureur". - Die Le Coureur ist berühmt
geworden durch ihren Kampf mit der bereits erwähnten H.M.S. Alert am 17. Juni 1778. Von ihr existieren Pläne,
einerseits in Frankreich, wo sie gebaut wurde und andererseits in England, wo sie nach ihrer Eroberung
vermessen wurde.

Hier die Skizze der "Le Coureur":
 


Und als dritten Schiffstyp behandelt Petersson einen frühen amerikanischen Baltimore Clipper, der im Buch als
"American Schooner" läuft. - Hier ist eine gewisse Nähe zum amerikanischen Zollkutter "Alert" auch nicht zu
übersehen. - Trotzdem, das eigentliche Vorbild ist hier die "Experiment" aus New York von 1808.

Es existiert ein Modell der "Experiment" in Karlskrona, in Schweden, wo das Original 1812 als Versorgungsschiff
eintraf. Das Schiff beeindruckte den schwedischen Admiral Johan af Puke so sehr, dass das Schiff ein Jahr später
gekauft wurde und zum Prototyp für vier weitere Schiffe (Falk, af Puke, L'Aigle, Activ), die zwischen 1831 und 1847 gebaut wurden.

Hier eine Skizze der "Experiment":



Zu dem Buch ist sonst nicht mehr viel zu sagen. Es zeigt viele Details dieser kleinen Schiffe, die trotzdem
alle zusammen Platz auf nur 111 Seiten finden. - Nachdem es sich um weit verbreitete Schiffstypen handelt,
und Lennarth Petersson auch kein Unbekannter ist, ist das Buch sicher sein Geld wert.

Hier noch ein paar "Impressionen" aus dem Buch:

Auf diesem Bild finde ich interessant, wie das "Tackle" durch das Auge am Stag geführt wird...
 


Hier finde ich die Details für "Outhaul" und "Inhaul" interessant:



Und hier finde ich die "Lashings" interessant:





Fazit:  

Es ist etwas Schade, dass Petersson nicht wirklich "in die Breite" geht. - Aber auch nicht zeitlich in die Tiefe.
So hat sich die Takelage der britischen Marine-Kutter über die Jahrzehnte doch spürbar verändert. - Genauso
wie die der Baltimore-Clipper und auch die Lugger haben sicher die eine oder andere Veränderung erfahren.

So sind die vorgestellten Takelagen leider nur relativ eingeschränkt zu gebrauchen. Trotzdem sind sie wiederum
eine gute Basis für alle diejenigen, die sich mit einem einfachen Bausatz eines dieser Schiffstypen herumquälen
und nun ihre Takelage nach historisch fundierteren Informationen "aufpeppen" wollen.

Ein sehr guter Tipp ist dieses Buch für alle diejenigen, die sich zum Beispiel den Bausatz der Papiermodelle von
"Shipyard" der "Le Coureur" und der "Alert" gekauft haben, oder kaufen wollen.

(Kleiner Tipp am Rande: Man kann aus dem Bausatz nicht ENTWEDER die Alert, ODER die Le Coureur bauen,
sondern es sind tatsächlich BEIDE Schiffe komplett im Bausatz enthalten! - Damit bietet sich eine "Nachstellung"
der berühmten Schlacht zwischen den beiden Schiffen als Diorama förmlich an. - Wer noch mehr möchte: Shipyard
bietet auch die Belle Poule, die ebenfalls involviert war, als Bausatz im gleichen Maßstab an... - Es fehlt dann nur
noch die HMS Arethusa, um das Quartett vollständig zu machen.)


Pros und Contras kurz zusammengefasst:

+ Sehr guter Einblick in die Takelung der drei vorgestellten Schiffstypen
+ recht zuverlässige Quelle
+ sehr aufschlußreiche Bilder
+ Kaum Text, hier ist wirklich entscheidend, dass Bilder mehr sagen als viele Worte. Dadurch ist dieses
    Buch, genauso wie sein Vorgänger international gut verständlich. Dass das Buch auf Englisch ist, tut hier nicht
    so weh.
+ Es ist sehr preiswert, für das was es bietet
+ Es behandelt mal andere Takelagen, als die eines Vollschiffes

- Es ist englisch
- Es ist zeitlich sehr eingeschränkt und behandelt zu wenig die "Evolution" dieser Takelagen
- Es sind nur drei sehr spezielle Schiffstypen, zu einer bestimmten Zeit

Mit den bereits erwähnten Einschränkungen kann man mit diesem Buch sehr gut leben.

Wer zum Beispiel tatsächlich die Shipyard-Modell bauen möchte, für den stellt dieses Buch
fast ein "muss" dar.

Wer dagegen die Alert auf der Basis des AOTS-Bandes bauen möchte, wird
hier wenig Neues finden, da beide Rekonstruktionen auf dem Modell der "Hawke" im NMM basieren.

Wer die "Le Coureur" nach den Plänen von ANCRE baut, der wird mit den ANCRE-Unterlagen sicher
auch besser bedient sein.

Ein dicker Plupunkt ist mal wieder die "Sprachlosigkeit", die im Buch herrscht, da es dadurch keine
Sprachprobleme gibt.

Also eine Kaufempfehlung mit leichten Einschränkungen.


Ciao,

HWE
 :mariinee:

AnobiumPunctatum

Junge, junge,

kein Wunder, dass es mit dem Bau der Jolie Brise nicht weitergeht. Du sitzt ja nur noch vor 'm Kamin und liest.  X(  ;)

Danke für die Buchvorstellung.:P  Das Buch fehlt mir noch.
:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

hwe

ZitatOriginal von AnobiumPunctatum
Junge, junge,

kein Wunder, dass es mit dem Bau der Jolie Brise nicht weitergeht. Du sitzt ja nur noch vor 'm Kamin und liest.  X(  ;)
Murmel, murmel... ich habe noch eine vierte Buchvorstellung im Köcher. Ich habe sie nur gestern Nacht einfach nicht mehr fertig bekommen...  :pffft:
ZitatDanke für die Buchvorstellung.:P  Das Buch fehlt mir noch.
Gern geschehen! - Ich lerne hier ja auch immer eine Menge von euch! - Ob ihr's glaubt, oder nicht!  :meister:

Ciao,

HWE
 :mariinee:

McCool

Vielen Dank für diese gut bebilderte Besprechung des Buchs! Erst kürzlich war mir die Existenz dieses Bandes aufgefallen. Da ich mich seit längerer Zeit für Kutter interessiere, fragte ich mich natürlich, ob das Buch irgendwelche interessanten Informationen enthält.
"Expedition" von 1778 wäre da prinzipiell ein Kandidat. Da ist nur die Frage, wie zuverlässig sind die Zeichnungen, wo hat Petersson seine Informationen her? Bei der Takelage fällt mir die nicht unebdingt typische Form des Marssegels auf, das weit weniger stark ausgegillt ist (weil es ziemlich hoch sitzt), als bei vielen früheren und auch späteren Kuttern. Es scheint schwierig, darüber noch ein Bramsegel zu setzen. Auch wird die Stenge schon mit hölzernen Eselshaupten vorm Mast gefahren, nicht dahinter, wie es beim Zeitgenossen ALERT noch der Fall war.
Die weitestgehende Abwesenheit von Text empfand ich bei Peterssons vorangehendem Buch als extrem problematisch, zu den Gründen schrieb ich hier bei LoB. Wie ist das im Fall der Schratsegler? Werden die Grundlagen der Zeichnungen ausreichend erläutert?
Im Falle des Kutters bringt der Verweis auf Hawke vermutl. insofern nicht so viel, als dieser Kutter anscheinend größer war und seine Takelung doch deutlich anders aussah (Goodwin hat die Takelung vermutlich, und wenn ja wg. der Ähnlichkeit der Schiffe sicher gerechtfertigt, für ALERT als Vorlage genutzt).

hwe

Hallo Knut,
ZitatOriginal von McCool
Vielen Dank für diese gut bebilderte Besprechung des Buchs! Erst kürzlich war mir die Existenz dieses Bandes aufgefallen. Da ich mich seit längerer Zeit für Kutter interessiere, fragte ich mich natürlich, ob das Buch irgendwelche interessanten Informationen enthält.
Ich befürchte, das ist eher etwas unter deinem Niveau. Es ist eigentlich sehr speziell, dadurch dass es die Takelung von genau einem britischen Marine Cutter und genau der "Le Coureur" und genau einem frühen
Baltimore Clipper zeigt. - Wenn man nicht genau das jeweilige Schiff, in der richtigen Größe, aus dieser Zeit (also fast genau DIESE Schiffe) baut, dann hat das Buch eher allgemeinen, informativen Charakter und ist vielleicht eher als "Nachschlagewerk" nutzbar, wie man zu der Zeit etwas speziell getakelt hat, wenn man mal eine zweite Meinung zu einem Plan oder Bausatz braucht. - Diese Aussagen treffen für Leute mit hohem Niveau zu.

Für Einsteiger ist es dagegen eine wunderschöne Darstellung von drei Takelagen, wo man endlich mal viele Details gezeigt bekommt und das ganze ohne größere Sprachprobleme. - Man darf natürlich nicht den Fehler machen und andere Schiffe, anderer Nationen und aus anderen Zeit so zu takeln anfangen.
Das geht mit einiger Wahrscheinlichkeit nach hinten los...
Zitat"Expedition" von 1778 wäre da prinzipiell ein Kandidat. Da ist nur die Frage, wie zuverlässig sind die Zeichnungen, wo hat Petersson seine Informationen her?
Antwort siehe unten, ich hatte die "Expedition" zuerst mit der "Experiment" verwechselt.
ZitatBei der Takelage fällt mir die nicht unebdingt typische Form des Marssegels auf, das weit weniger stark ausgegillt ist (weil es ziemlich hoch sitzt), als bei vielen früheren und auch späteren Kuttern. Es scheint schwierig, darüber noch ein Bramsegel zu setzen. Auch wird die Stenge schon mit hölzernen Eselshaupten vorm Mast gefahren, nicht dahinter, wie es beim Zeitgenossen ALERT noch der Fall war.
Ich kann da nur hoffen, dass Petersson das Modell möglichst exakt kopiert hat... - Und dass das Modell zeitgenössisch ist. - Das weiss ich leider noch nicht.
ZitatDie weitestgehende Abwesenheit von Text empfand ich bei Peterssons vorangehendem Buch als extrem problematisch, zu den Gründen schrieb ich hier bei LoB. Wie ist das im Fall der Schratsegler? Werden die Grundlagen der Zeichnungen ausreichend erläutert?
Deine Kritik bei LoB trifft genauso auf dieses Buch zu. Der Stil ist einfach 1:1 übertragen und weitergeführt worden. - Keine Tabellen, keine Maßstäbe. - Man muss das Buch also mehr als groben "Leitfaden für Modellbauer" betrachten, damit man sieht, wie, wo welche Leine geführt und festgemacht wird. - Mehr kann man aus dem Buch nicht ziehen. - Es ist daher auch eher für Einsteiger geeignet, die einen Bausatz aufpeppen wollen...
ZitatIm Falle des Kutters bringt der Verweis auf Hawke vermutl. insofern nicht so viel, als dieser Kutter anscheinend größer war und seine Takelung doch deutlich anders aussah (Goodwin hat die Takelung vermutlich, und wenn ja wg. der Ähnlichkeit der Schiffe sicher gerechtfertigt, für ALERT als Vorlage genutzt).
Petterson nennt leider das Kind nicht beim Namen. Er schreibt nur, dass es sich hier um die Takelage eines Modells eines großen Marine-Kutters in London handelt. ("...is based upon a rigged model in the Science Museum in London. This model represents one of the larger naval cutters that were built in the second half of the eighteenth century..." --- "The dimensions measured from the 1:30 scale model are: length of gundeck 69 ft, length of keel 49 ft, beam 24 ft, and depth of hold 11 ft. The hull of this model is contemporary and it's dimensions conform closely to the draught of the Expedition, a cutter designed by Sir J Williams and built in Dover in 1778.")

Ich hoffe, das hilft dir (und anderen) weiter!?

Ciao,

HWE
 :mariinee:

McCool

Salut Herbert, dankesehr, jetzt wirds klarer!  ;)  Petersson hat also offenbar jenes anonyme Modell im Science-Museum  als Vorlage benutzt, das auch in Goodwins "Alert" auf drei Bildern zu sehen ist. Wenn Peterssons Zuschreibung als "Expedition" oder ähnlichen Schiffen zutrifft, ist das Schiff genauso groß wie ALERT. Jedoch datiert Goodwin das Modell auf "around 1785 showing am improved and standardised rig". Das Datum 1778 wäre wohl für die Takelage zu früh, und wenn man die von Goodwin für Alert gezeigte als korrekt auffaßt (und diese gleicht eben dem Rigg des"Hawke"-Modells). Also: "Hawke c.1777" und das "anonyme Modell c. 1785" kann man als zwei  aufeinanderfolgende Entwcklungsstufen der Kuttertakelage betrachten.  Die Datierungen muß man natürlich mit etwas Vorbehalt sehen, aufs Jahr genau sind die vermutlich nicht, aber die Reihenfolge mit einem gewissen zeitl. Abstand trifft sicherlich zu.

Seinen Zweck als übersichtliche Darstellung der drei Takelage-Typen erfüllt das Buch sicherlich und wird bestimmt vielen Modellbauern von Nutzem sein, wie ja auch der vorangegangene Band (obwohl die fatalerweise gar nicht erst gestellte Frage der Datierung des Modells der Fregatte Melampus hier wirklich ziemlich wichtig ist).