Wolfram zu Mondfeld: Schiffsgeschütze 1350 bis 1870 Band I

Begonnen von Bradhower, 17. Juni 2010, 21:33:12

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Bradhower

Schiffsgeschütze    
1350 bis 1870 Band I

Autor: Wolfram zu Mondfeld, Anton Bayerlein, Marietta Klingenbrunn
Erscheinungsjahr: 1988
Format: ca. DIN A4
Umfang: ca. 334 S.
Illustrationen: durchgehend bebildert (95 % Zeichnungen von Schiffsgeschützen (insbesondere die Rohre) und Zubehör/ 5 % historische Illustrationen)
Bindung: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 3-7822-0447-6
Sprache: Deutsch
Preis: aktuell ca. 150 - 220 Euro (Amazon/ ZVAB) - evtl. über Ebay etwas günstiger (dort aber noch nie gesehen)

Vor einiger Zeit ist mir dieses Werk vom guten, alten Wolfram zu Mondfeld über ein örtliches Antiquariat in die Hände gefallen. Nun, nachdem ich es ausgiebig studiert habe, möchte ich die Gelegenheit nutzen dieses Werk einmal kurz vorzustellen.



Wie man am aktuellen Kaufpreis sieht, handelt es sich hier um ein schon lange vergriffenes, und wenn man Amazon und dem ZVAB (Zentrales Verzeichnis Antiquarischer Bücher) Glauben schenken darf – auch um ein sehr teures Buch.

Ursprünglich in drei Bänden geplant (Band II direkte Fortsetzung von Band I mit mehr Waffengattungen und Seenationen; Band III Schwerpunkt auf Carronaden, Haubitzen, Mörser, etc.), hat es wohl nur dieser erste Band bis in den Verkauf geschafft. Auf jedenfall konnte ich die Bände II und III bis jetzt noch nicht auftreiben ;)

Inhalt:
- Einführung
- Die historische Entwicklung (von den Chinesen und Arabern angefangen bis zum 19. Jahrhundert)
- Einige Fachausdrücke
- Maße und Gewichte
- Die Rohrtypen (u. a. Basilisk, Bastard-Geschütze, Bombarde, Colubrine, Kanone, Falkonett, uvm.)
- Die Schmiedeeisen-Rohre
- Die Kupfer-Rohre
- Die Bronze-Rohre
- Die Gußeisenrohre
- Das Gießen von Rohren
- Die Lafetten (u. a. Starre Blocklafette, Wangenlafette, Feldlafette, Kastenlafette, uvm.)
- Die Takelung
- Die Geschosse (u. a. Bolzen, Steinkugel, Spitzkugel, Kettenkugel, uvm.)
- Laden, Zielen, Schießen

Geschütze und deren Entwicklung nach Nationen:
- Dänemark
- Deutschland mit Hansestädten
- Frankreich
- Griechenland
- Italien + italienische Staaten
- Malta
- Niederlande
- Norwegen

Jedes Themengebiet bietet zahlreiche Zeichnungen der verschiedenen Geschütztypen aus den Epochen, Munitionssorten und Lafetten, dargestellt im Maßstab 1:25.




Das Wissen, was die Autoren hier verbreiten ist sehr umfangreich. Neben der Geschichte und Entwicklung/ Produktion der unterschiedlichen Schiffsgeschütze, wird nahezu jede gängige Bewaffnung aus diesem Zeitraum dargestellt bzw. als Zeichnung publiziert. Dazu mit entsprechenden Maßen und Formen bzw. Gestaltungsmöglichkeiten (Verzierungen, etc.) versehen.



Auch die in jenen Epochen verwendeten Munitionssorten werden aufgeführt. Hier wird neben der Konstruktion/ Funktion, auch auf die Wirkung der unterschiedlichen Geschosstypen eingegangen.



Fazit:
Mein erster Eindruck war, dass ich nicht gedacht hätte, dass man so viel über Schiffsgeschütze schreiben kann und zudem so detailliert. Zumal die ,,Großen Seenationen", wie England, Spanien, Portugal, USA, Russland oder Schweden, erst in Band II genannt werden.

Aber auch hier mit den relativ wenigen Nationen, verdient sich das Buch für sein Detailreichtum einen klaren Pluspunkt. Trotzdem fehlt natürlich irgendwie etwas, wenn England oder Spanien hier nicht genannt werden. Auch ist die Fülle an unterschiedlichen Geschützen und Formen für einen Militär-Historiker sicherlich interessant. Aber für die meisten Modellbauer, ist die Bewaffnung seines Schiffes meistens nur Beiwerk, wo er doch sein Hauptaugenmerk eher auf die Takelung legt ;). Diese wird im Buch mit drei Seiten abgespeist – dafür allerdings schön bebildert.

Wer allerdings eines der dargestellten Schiffsgeschütze historisch-exakt nachbauen möchte, der kommt an diesem Werk nur schwer vorbei und muss ggf. tief in die Tasche greifen.


Comet

Hallo zusammen!  :woist:

Das Buch habe ich mir zu Beginn der 90 er Jahre für ca. DM 20,- im modernen Antiquariat geholt (Neupreis damals ca. 80,- DM). War so begeistert von dem Buch, dass ich bezüglich der Folgebände beim Händler bzw. Verlag nachgehakt habe. Angeblich hat sich das erste Buch so gut wie gar nicht verkauft, daher sind die Folgebände niemals aufgelegt worden.

Schade!

Gruß
Comet

Bradhower

wirklich schade, dass es keine Folgebände gab - aber es ist ja wiederum auch "Very Special", wenn Herr Mondfeld noch ein paar Schiffe im Buch gezeigt hätte, hätte sich das Werk sicherlich besser verkauft ;)

Gruß Marcel

Comet

Hallo Marcel,

wenn wir Schiffsbauer in Deutschland hätten, vieleicht wären dann mehr Exemplare verkauft worden ... aber wie Du schon sagtest: "Very Special", aber sehr gut finde ich. Eines beiner Lieblingsbücher!

Ciao,
Dirk

McCool

Dieses Buch wurde kürzlich auch mal im Napoleon-Forum/LoB erwähnt. Ich kenne es nicht selbst, aber dort schrieb jemand, daß wegen wohl erheblicher Kritik am ersten Band der zweite, der hätte überarbeitet werden müssen, sowie der dritte nicht mehr erschienen.
Daß es Kritik gegeben haben soll, wundert mich allerdings nicht - Mondfeld halt, er ist sicherlich kein Artillerieexperte!
Leider scheint nach wie vor kein wirklich gutes Buch zu existieren, das einen Überblick über die frühe Schiffsartillerie gibt, und schon gar nicht in deutscher Sprache.

Bradhower

Hallo McCool,

ich habe bis dato auch kein besseres gefunden, dass sich so ausgiebig und bis ins kleinste Detail mit dieser Art der Schiffsbewaffnung beschäftigt hat. Die Auflage des zweiten Bandes ist seinerzeit wohl daran gescheitert, dass Bayerlein und Mondfeld sich nicht Grün waren. Da Bayerlein wohl sein Fachwissen über Schiffsgeschütze einfließen ließ, aber Mondfeld die Meriten geerntet hat. Von daher kann ich dich nur bestätigen - Mondfeld hat von Schiffsgeschützen nicht mehr Ahnung als wir... ;)

Gruß
Marcel

McCool

Da der 2. Band wohl schon fertiggestellt war, soll der Grund fürs Nichterscheinen offenbar inhaltliche Mangelhaftigkeit gewesen sein - die anderen Gründe wurden an o.g. Stelle nicht bestätigt...
Mondfeld ist ja auch Mitautor eines angeblich auf Tatsachen beruhenden Romans über einen "bedeutenden" (tatsächlich aber frei erfundenen) Tiroler Geschützgießer Dreyling, der  die Flotte Elisabeths I. mit so tollen Geschützen ausstattete, daß die Engländer 1588 die spanische Armada besiegen konnten. Die Unsinnigkeit dieser Sicht liegt ja schon darin, daß man ja genügsam weiß, daß die englische Schiffartillerie keinen allzu großen Schaden anrichtete.

Vertaueneinflößend ist auch nicht gerade, was Mondfeld in seinem Schiffsmodell-Handbuch zur Schiffsartillerie schreibt und zeigt - das vielleicht sogar der schwächste Teil des Buchs. Beispielsweise zeigt er eine "Granate" mit einer "Lunte". Eigentlich meint er wohl die Geschosse, die aus Mörsern abgefeuert wurden, und die nannte man gewöhnlich Bombe (Granaten waren die kleinkalibrigeren für Haubitzen). Außerdem hatten Bomben keine "Lunten", sondern spezielle Holzzünder. Mondfeld kennt offensichtlich nicht den Unterschied zwischen Kartätschen und Traubenhagel - er zeigt letzteren und nennt ihn Kartätsche. Ein ziemlich grober Fehler, der zumindest in den ersten Auflagen nicht korrigiert wurde, ist die Abbildung der Carronade mit der Behauptung, das sei ein "ab Ende des 17. jahrhunderts sehr verbreiteter Typ". Das Wort "Schildzapfengurt" hat Mondfeld offenbar erfunden, weil er den Fachbegriff nicht kannte: "Flappe". "Mündungsschlund" ist kein Fachbegriff.
Man bezeichnet keinen Teil des Kanonenrohrs als "Lauf". Die Bezeichnungen der Rohrabschnitte mit "Verstärkungen" findet sich zwar gelegentlich in Lexika, ist aber vielleicht eher eine Übersetzung aus dem Französischen denn echte deutsche Fachsprache gewesen zu sein. Wie auch immer, Mondfeld ordnet die Begriffe dann auch noch den falschen Abschnitten des Rohrs zu.
Jemand, der schon derartige Grundlagen nicht richtig hinbekommt, sollte wirklich kein Verfasser von Büchern über Schiffartillerie sein.
Soetwas wie einen Überblick über die Entwicklung von Vorderladergeschützen findet man ausgerechnet in einem Werk, das eigentlich die Schiffsartillerie der US-Marine behandelt: Spencer Tucker, Arming the Fleet. Da auch noch die Koloniale Zeit behandelt wird, gibt es einige Informationen zu Geschtützen z.B. französischer und besonders natürlich britischer Herkunft für die Zeit bis ins 18. Jhdt. hinein. Der, wenn mich recht entsinne, weitaus umfassendere Teil des Buchs behandelt allerdings dann die amerikanische Vorderladerartillerie des 19. Jhdts, während ausländische Entwicklungen dann nicht mehr gezeigt werden.