Luftwaffe Camouflage and Markings 1933-1945

Begonnen von Primoz, 08. Dezember 2007, 16:20:24

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Primoz

Luftwaffe Camouflage and Markings 1933-1945    


Titel:  Luftwaffe Camouflage and Markings 1933-1945
Autor:  Kenneth A. Merrick (Mitarbeit: Jürgen Kiroff)

Volume One
Pre-War Development
Paint Systems
Paint Composition
Patterns
Applications
Day Fighters

2004

ISBN:  1 903223 38 5

Volume Two
Code Systems & Markings
Night Fighters
Ground-Attack
Reconnaissance
Bombers
Maritime

2005

ISBN:  1 903223 39 3
Format:  303mm x 226mm; 2 Bände je 224 S.; viele Fotos (vereinzelt auch in Farbe)
Sprache:  Englisch
Preis ca. :  50 GBP; 75 - 100 €



1. Band
2. Band




Beschreibung:  

Dieses bedeutende Werk wurde lange sehnlichst erwartet, denn der Autor gilt als der größte Experte auf dem behandelten Gebiet. Der eher technisch geschriebene Text ist keine leichte Lektüre, doch das ist auch nicht die Absicht des Verfassers gewesen. Wer die Tarnanstriche und Markierungen der ehemaligen deutschen Luftwaffe studieren will, wird dieses gut recherchierte zweibändige Werk zu schätzen wissen. Man merkt, dass in diesen Büchern sehr viel Arbeit steckt, und es ist wohl klar, dass es viel schwieriger ist, so ein Werk zu verfassen, als ein schönes bebildertes Buch über den Einsatz der Luftwaffe an allen Fronten zusammenzustellen. Es gibt allerdings auch einige Wermutstropfen, die den insgesamt sehr guten Eindruck ein wenig trüben, wobei man jedoch fairerweise einräumen muss, dass die Anzahl der gefundenen Fehler auch nicht größer ist als in anderen Büchern – nur der Anspruch ist halt etwas höher, da es sich sozusagen um eine Art »heilige Schrift« handelt. Es ist ein sehr wertvolles Buch, man muss es aber einigermaßen polemisch lesen.

In den Bildunterschriften findet man einige Ungereimtheiten. Hier würde man sich wünschen, der Autor hätte etwas öfter die Wörter »probably« und »possibly« verwendet, wenn er Vermutungen äußerte. Die Grenze zwischen Erkenntnissen und Mutmaßungen ist nicht immer klar gezogen.

Einige Behauptungen sind nicht ganz nachvollziehbar – z.B. auf S. 278 bei einem bekannten Farbfoto einer Bf 109F der 7./JG 54 zu lesen »greens being used rather than the contemporary greys«, wobei die Tarnung weder hier noch bei anderen Reproduktionen dieses Fotos grün aussieht; die Möglichkeit, dass dieses Flugzeug wie andere aus diesem Geschwader womöglich gelbe Tragflächenvorderkanten hatte, bleibt unerwähnt. Auch beim Farbfoto einer Ju 188 mit sehr dunklen Punkten auf blassgrauem Untergrund würde man gerne wissen, woher der Autor die Überzeugung schöpft, die sehr dunklen Punkte wären »probably 81« und nicht etwa einfach schwarz (oder auch 66, 70 oder 83). Bei der auf einem Dach gelandeten Do 17R T5+NC auf S. 343 (die bereits in einem alten Flugzeug Foto-Archiv sowie in Luftwaffe im Focus veröffentlicht wurde) sollen die dunklen Motoren und der dahinter liegende Teil der Tragfläche eine »area of original camouflage« sein; es ist jedoch genauso gut möglich, dass diese Teile des Flugzeugs von allem Anfang an schwarz lackiert waren. Auch bei zwei Ju 88, 7A+GH und BH, kann man dem Autor nicht ganz folgen, wenn es behauptet, die beiden Flieger wären RLM 80 über 78/79 lackiert gewesen; es ist fast schon offensichtlich, dass der sandfarbene Anstrich auf eine dunkle Bemalung angebracht wurde.

Bei einer Bf 109E des JG 53 auf S. 52 wird behauptet »... colours 70, 71 and 02 were used on this machine ...«, wenn man aber die Farben der Oberseitentarnung zählt, merkt man gleich, dass es mindestens vier waren (moglicherweise sogar fünf oder sechs). Auch die Behauptung, die meisten Bf 109 in Spanien wären auf den Oberseiten im Farbton 62 lackiert gewesen, ist nicht ganz plausibel. Da würde ich eher Lynn Ritger glauben. Auch die Behauptung, die frühen Do 17 K hätten die frühe 61/62/63/65-Tarnung getragen, dürfte wohl falsch sein; höchstwahrscheinlich hatten auch die frühesten Do 17 K die vorgeschriebene jugoslawische (dunkelbraun/mittelgrün/sandfarbene) Tarnung, denn sie sehen ziemlich dunkel aus – und der verwendete orthochromatische Film hätte den Farbton 63 kaum so dunkel erscheinen lassen können, dass früher einige Autoren die 70/71-Tarnung vermuteten.

Auch bei der auf S. 366 gezeigten Ar 68E wird etwas vorschnell auf 71/02 geschlossen; da die helle Farbe etwa ein Drittel der Flächen einnimmt, wird es sich wohl um einen Dreifarbenanstrich der Oberseiten gehandelt haben, bei dem der Kontrast zwischen den beiden dunklen Farben sehr gering war.

Manchmal sind Vermutungen recht leicht als falsch zu erkennen, wie z.B. auf S. 248, wo bei der Bf 109E »Winkel Kreis« der III./JG 51 zu lesen ist: »In this instance the III. Gruppe marking was the vertical bar type«, obwohl der entsprechende Teil des Flugzeugs verdeckt ist und damals beim JG 51 noch keine derartigen Gruppenzeichen verwendet wurden.

Man wundert sich auch, dass in einigen Fällen die leicht identifizierbare Verbandszugehörigkeit als »unidentified« angegeben wird, wie z.B. im Falle einer Bf 109F der III./JG 27 mit für diese Einheit typischem, durchbrochenem Rumpfband auf S. 276. Auch bei der mit 25+E33 markierten He 111P aus dem Film »Kampfgeschwader Lützow« werden aus der Tarnbemalung zu schnelle Schlüsse auf den Zeitpunkt der Aufnahme gezogen.

Manchmal macht es sich der Autor etwas zu leicht mit der Beschreibung komplizierterer Bemalungen, wie z.B. bei der – auch von Revell als Markierungsvariante angebotenen – He 111H-6 S7+FA auf S. 318 – hier ist die Tarnung viel komplizierter als beschrieben, es wurden vermutlich sowohl helle als auch dunkle Flecken nachträglich angebracht. Ähnlich sieht es bei der Beschreibung der nachbehandelten Bemalung der Bf 109E von Herbert Ihlefeld auf S. 144 – da wird nicht erwähnt, dass die dunklen Segmente aufgehellt worden sind (vermutlich mit 02), obwohl es insbesondere auf der linken Landeklappe mehr als offensichtlich ist.

Hie und da wird auch der eine oder andere Flugzeugtyp falsch indentifiziert – z.B. eine He 111H-1 als He 111P, eine Ju 88A-5 als A-4, eine Fw 44 als He 72 (und umgekehrt), Fw 56 als Ar 76, besonders ulkig ist jedoch die Fehlerkennung einer Bü 131 als Go 145 auf S. 391, wo bei der Beschreibung der Tarnbemalung auch mutig behauptet wird: »... has 83 applied ...«, wobei man das Wort »possibly« schmerzhaft vermisst, denn es könnte sich ja um jede dunkle Farbe handeln.

Der Preis ist ziemlich hoch, aber angesichts des Inhalts und der langjährigen Recherchen sicherlich nicht überzogen. Er kann jedoch sehr variieren – der Unterschied kann sich bei beiden Bänden zusammen auf ca. 50 EUR belaufen.



Fazit:  

Dieses zweibändige Werk ist dem Experten sehr zu empfehlen, es ist fast schon ein Muss, da es auf diesem Gebiet in den nächsten 20 Jahren sicherlich nichts Besseres geben wird. Es ist sozusagen DIE Tarnbemalungs-Bibel für die absehbare Zukunft, man sollte sie aber cum grano salis lesen – vor allem die Bildunterschriften. Da gibt es einige Fehler und teils gewagte Hypothesen. Für den Interessierten trotzdem sehr empfehlenswert.


+  großes, bedeutendes, gut konzipiertes Werk
+  profunde Analyse der behandelten Thematik
+  viele interessante und gut ausgewählte Fotos

-  hoher Preis
-  einige Fehler in den Bildunterschriften
-  keine klare Abgrenzung zwischen Erkenntnissen und Mutmaßungen
Das Leben ist eine sexuell übertragbare unheilbare Krankheit mit tödlichem Ausgang

Hans

Eines noch zur Ergänzung: Beiden Bänden liegen Farbtafeln bei. Neben den in den 40er Jahren tatsächlich erschienenen Farbtafeln der RLM-Töne auch Tafeln der 'späten' Farben, für die das RLM keine Tafeln mehr fertigen liess. Der Gag: Die orginalen Tafeln sind von der selben Firma wie damals, die Farben nach den damaligen Rezepturen gefertigt. Die späten Tafeln dann nach dem selben Schema: Die Farben wurden nach den Originalrezepturen gefertigt und nach dem selben Prinzip publiziert.

Alleine diese Tafeln sowie die erstmals publizierte Historie über die technischen Hintergründe machen diese beiden Bände so wertvoll.

H.
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

Wolf

Hallo Primoz,
vielen Dank für die ausführliche Beschreibung dieses interessanten doppelbändigen Werkes.

Ich habe jetzt nicht alle von dir angesprochenen Kritikpunkte überprüft, muss dir aber sagen, dass deine Kritik bezüglich der falschen Bildunterschriften auch nicht ganz stichhaltig ist. So ist z.B. die auf Seite 391 angesprochene Maschine sehr wohl eine Gotha 145 und keine Bücker 131.

Was die Farben und die Zuordnung angeht, so schreibt Merrick im Laufe des Buches auch dass es Bereiche gibt in denen Interpretationen Fakten ersetzen müssen. Von daher ist sicherlich jeder gehalten sich sein eigenes Bild zu machen. Ich denke auch nicht dass man bei allen Bildzuschriften immer dazu schreiben muss "nach meiner Interpretation". Ich habe den Autor so verstanden dass es hier nicht um ein Factbook geht sondern eher um eine subjektive Analyse, wo möglich durch Fakten untermauert.

Ich kann im übrigen auch nicht alle Behauptungen oder Farbzuordnungen nachvollziehen. Ich würde aber auch nicht sagen dass dies andere unbedingt besser können. Es gibt eben eine große Grauzone in diesem Fachbereich. Und gerade das läßt mich entspannter Modelle bauen und über andere militante RLM Farbaktionisten unter den Modellbauern schmunzeln.
Wer Future hat, hat noch lange keine Zukunft

Primoz

Vielleicht habe ich mich bezüglich der Fehlinterpretation Go 145 - Bü 131 nicht klar genug ausgedrückt: die beiden Doppeldecker im Hintergrund sind in der Tat Gothas, während der Doppeldecker im Vordergrund ein Bücker Jungmann ist.
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